Schwierige Bücher - Welche Erfahrungen habt ihr mit "unlesbarer" (aber fesselnder) Literatur?

  • Ich greife einfach mal @Maries Anregung auf, die in den Kommentaren zur @Hypocritias Rezension von Nabokovs Roman Fahles Feuer aufgekommen ist. Fahles Feuer ist anscheinend ein sehr komplexes Werk, das schwierig zu lesen bzw. schwierig zu verstehen ist. Eine literarische Provokation. Sehr intellektuell - oder ein großer Spaß. Die Kommentare zu dem Buch schweiften recht schnell ab zu anderen "schwierigen Büchern", unter anderem zu Ulysses von James Joyce, David Foster Wallaces Unendlicher Spaß, Peter Nadas Parallelgeschichten, Umberto Ecos Das Foucaultsche Pendel oder Thomas Pynchons Die Enden der Parabel.


    Da das Thema wirklich einer separaten Beschäftigung würdig ist, möchte ich einmal in die Runde fragen:


    Welche "schwierigen" Bücher kennt Ihr? Welche Erfahrungen habt Ihr mit unverständlichen, nahezu unlesbaren Romanen?


    Wann glaubtet Ihr, aufgeben zu müssen? Was war Euch zu hoch - so dass Ihr schließlich tatsächlich aufgegeben habt?


    Oder: Warum habt Ihr trotz aller Schwierigkeiten eben nicht aufgehört mit Lesen? Und was hattet Ihr davon? Glücksgefühle, neue Einsichten, Erschöpfung? :wink:


    Ist es manchmal nicht besser, Dinge einfach ausdrücken zu können? Oder kann man sich manchen komplexen Themen einfach nicht anders nähern als "kompliziert"?



    Im "Süddeutsche Zeitung Magazin" habe ich dazu einen alten Artikel gefunden, der sich mit dem Thema beschäftigt - und der auf andere Fundstellen im Internet verweist, unter anderem auf eine Top-Ten nahezu unverständlicher Bücher, die das US-Online-Magazin "The Millions" im Jahr 2009 zusammenstellte. Auf dieser Liste finden sich - vielleicht als Anregung - folgende Bücher:


    Nightwood (dt. Nachtgewächs) von Djuna Barnes,
    A Tale of A Tub (dt. Märchen von einer Tonne) von Jonathan Swift,
    Phänomenologie des Geistes von Georg Friedrich Wilhelm Hegel,
    To The Lighthouse (dt. Zum Leuchtturm) von Virginia Woolf,
    Clarissa, Or the History of a Young Lady (dt. Clarissa. Die Geschichte eines vornehmen Frauenzimmers) von Samuel Richardson,
    Finnegans Wake (dt. u.a. auch als Finnegans Wehg) von James Joyce,
    Sein und Zeit von Martin Heidegger,
    The Faerie Queene (dt. Die Feenkönigin) von Edmund Spenser,
    The Making of Americans (dt. The Making of Americans. Geschichte vom Werdegang einer Familie) von Gertrude Stein und
    Women & Men (keine deutsche Übersetzung, knapp 1200 Seiten!) von Joseph McElroy.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (54/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 56 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Also ich habe noch keines solcher Werke gelesen, vertrete aber die Ansicht, dass man, wenn man ein Buch geschrieben hat, das hinterher niemand versteht, eventuell irgendetwas falsch gemacht hat :D

    "I went down the road, the road was a-muddy.
    I stubbed my toe, my toe was a-bloody.
    You all there?
    Count two an three an four an fi'!
    My true love's a butterfly!"


    aus "Der Anschlag" von Stephen King

  • vertrete aber die Ansicht, dass man, wenn man ein Buch geschrieben hat, das hinterher niemand versteht, eventuell irgendetwas falsch gemacht hat


    Oder die wenigen Leser, die damit etwas anfangen können, fühlen sich dann als intellektuelle Elite. :mrgreen:
    Bei mir ist es so, dass ich Bücher, die ich nicht verstehe, bzw. denen ich keinen besonderen Sinn zuordnen kann, abbreche. Dabei ist es egal, ob das Bücher wie die oben genannten sind, die allgemein als schwierig gelten oder Bücher, die vielen Lesern gefallen, wie z.B. "Das Buch in dem die Welt verschwand", mit denen ich aber nichts anfangen kann.
    Ich lese, um mich angenehm unterhalten und möglichst auch noch ebenso angenehm "belehren" zu lassen, wie z.B. bei den Romanen von Edward Rutherfurd. Mit Philosophie hatte ich es nie besonders und ich möchte auch nicht meine restliche Lebenszeit mit solchen ungeliebten Dingen verschwenden. Früher musste ich oft genug Pflichtlektüre lesen...
    Wenn mich das zu einem simpel gestrickten Proll macht, kann ich damit leben... :lol:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • wenn man ein Buch geschrieben hat, das hinterher niemand versteht


    "Niemand" ist wohl ein relativer Begriff. Wenn ich ein Buch nicht verstehe, heißt es nicht, dass keiner es versteht; erstens.
    Zweitens dient Lesen in meinen Augen nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Bildung, der Auseinandersetzung mit fremden Gedanken und der Lust, fremde Ideen zu verfolgen und zu verstehen.
    Das auf der Liste als "nahezu unverständliche" Werk von Heidegger, "Sein und Zeit" habe ich gelesen. Weil es Pflichtlektüre für ein Philosophie-Seminar war, das sich mit der Ontologie und dem Sein bei Heidegger beschäftigte, habe ich es am Ende sogar verstanden.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Wenn ich ein Buch nicht verstehe, heißt es nicht, dass keiner es versteht

    Genau! Für viele kann es ein großer Gewinn sein. Und außerdem ist es natürlich auch gar nicht schlimm, wenn man ein Buch nicht versteht. Manchmal liest man es auch nur zur falschen Zeit oder in der falschen Stimmung. Wie auch immer: Unverständnis ist ja nicht (nur) Sache des Autors. Als Leser handelt man für sich ja immer seine eigene Bedeutung und sein eigenes Vergnügen aus. Manchmal sind halt die Angebote, die ein Buch macht, nichts für einen (in diesem Moment, in diesem Lebensabschnitt). Das ist doch ein ganz normaler Vorgang der Weltaneignung oder in diesem Fall: der Lektüre. Ein simpel gestrickter Proll wäre man dabei höchstens, wenn man stolz darauf ist, manches nicht zu verstehen und die Gegenmeinung bzw. den Schriftsteller mit seinem Buch lächerlich macht. Aber das macht ja hier keiner!


    Ich möchte noch einen Roman erwähnen, den ich schwierig zu lesen fand: Letzte Instanz/A Frolic of His Own von William Gaddis. Ein über 700 Seiten dicker Wälzer, der eigentlich nur in Dialogen erzählt wird. Es gibt keinen Erzähler, der die Dinge für den Leser ordnet, erleichtert oder kommentiert. Ich bin jedoch ziemlich froh, das Buch ausgelesen zu haben, da der Schreibstil mich dann doch mit der Zeit in einen seltsam trance-artigen Taumel zu versetzen vermochte. Es geht in dem Buch um die amerikanische Unsitte, sich ständig gegenseitig wegen aller möglichen Vorfälle zu verklagen. Alle beteiligten Figuren sind in irgendwelche dubiosen Justizverfahren verstrickt. Alles wiederholt sich und fängt immer wieder von vorne an ... Hätte ich mittendrin aufgehört, hätte ich "die Absicht des Autors" zwar schon auch verstanden, aber nur über den ganzen Weg bekommt man die Regelmäßigkeit und Sinnlosigkeit des Immergleichen zu spüren. Eine große Gesellschaftssatire!

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  • "Niemand" ist wohl ein relativer Begriff. Wenn ich ein Buch nicht verstehe, heißt es nicht, dass keiner es versteht; erstens.


    "Niemand" ist hier natürlich, wie so oft, als Hyperbel zu verstehen. Und es ging ja im Bücher, die allgemein als schwer verständlich gelten, was bedeutet, dass sich neben dir auch noch eine Vielzahl anderer Leute finden ließe, die es ebenso nicht verstanden haben :wink:


    Zweitens dient Lesen in meinen Augen nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Bildung, der Auseinandersetzung mit fremden Gedanken und der Lust, fremde Ideen zu verfolgen und zu verstehen.


    Kommt natürlich darauf an, was ich lese. Wer einen Roman liest, der will vermutlich in den meisten Fällen in erster Linie unterhalten werden. Wenn es sich natürlich um ein offenkundig philosophisches Werk handelt, wie das von dir erwähnte "Sein und Zeit", dann ist der Anspruch sicher ein anderer. Dennoch gilt hier wie auch in der Schule: Wenn ich jemandem etwas erklären und beibringen möchte, dann sollte ich das so tun, dass er es auch versteht, ansonsten macht das ganze Unterfangen doch wenig Sinn.

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    aus "Der Anschlag" von Stephen King

  • Mir ist gerade mein persönliches unlesbares Buch eingefallen. Es ist "Der Mann ohne Eigenschaften". Alle Jahre wieder beginne ich nochmal damit und schaffe es wieder nicht. Aber mein Ehrgeiz (und die Tatsache, dass es das Lieblingsbuch meines Vaters war, der für meinen Lesegeschmack prägend war), lassen mich immer wieder beginnen und scheitern. Ich habe mir gerade die Buchbesitzer angesehen; bei vielen steht es unvollendet oder ungelesen im Regal.


    Wer hat es tatsächlich gelesen? Natürlich @Hypocritia , die Furchtlose. ( :mrgreen: = grün = Neid = :wuetend: )

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  • Dennoch gilt hier wie auch in der Schule: Wenn ich jemandem etwas erklären und beibringen möchte, dann sollte ich das so tun, dass er es auch versteht, ansonsten macht das ganze Unterfangen doch wenig Sinn.

    Da wäre ich etwas anderer Meinung. Ein Schriftsteller will doch einem Leser nichts beibringen. Selbst ein Philosoph schreibt Dinge auf, die ihn bewegen und die er so, auf seine bestimmte Weise, mitteilen möchte, nicht aber automatisch um Leute zu bilden (es sei denn es wäre ein sehr überheblicher Mensch). Daran sich zu bilden (oder daran, sich zu vergnügen) ist ja höchstens der Leser interessiert. Ansonsten würde eine "gelungene" Lektüre ja auch nur dann passieren, wenn man die Ansichten und Äußerungen des Schriftstellers eins zu eins übernehmen oder verstehen könnte. Aber so liest man doch nicht. Der Leser ist doch nicht die Maus, die dem Schriftsteller in die Falle geht. Es gibt ja zum Beispiel auch noch subversives Trash-Vergnügen an anders gemeinten Texten. Das muss ja auch als eine in Maßen gelungene Lektüre mit einigem Vergnügen gewertet werden (auch wenn der Autor es anders beabsichtigt haben mag).
    Ich glaube, man kann die Lektüre eines dicken Buches nicht mit Schulunterricht vergleichen. Für Gespräche und Unterricht mag es gelten, dass man das, was man sagen will, so deutlich wie möglich machen sollte. Das ist ja aber auch "direkte Kommunikation". Ein Buch zu lesen ist schon noch "was anderes".

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  • Ich glaube auch, dass man erstmal unterscheiden muss, mit welcher Ambition man ein Buch liest.
    Ist es entweder, weil ich es muss (Pflicht),
    oder weil ich mich nach Feierabend entspannen möchte,
    oder ist es, weil ich mich selbst weiterbilden will.
    Das eine muss natürlich das andere nicht zwangsläufig ausschließen.


    Ich kann @€nigma Aussage nachvollziehen, wenn sie sagt, dass möchte keine Bücher lesen, die sie einfach nicht versteht, da sie in erster Linie aus Spaß an der Freude und damit wohl 'Freizeitbeschäftigung' liest. Eine Art Hobby. Wahrscheinlich um einfach ein paar Stunden abzuschalten, sich zu entspannen. Habe ich diesen Moment, dann möchte ich mich selbst auch nicht mit einem komplizierten Buch auseinandersetzen, bei dem ich womöglich die Sätze wiederholt lesen muss, ganze Abschnitte zwei-/dreimal lesen muss. Da reicht es mir, wenn ich einen simplen Inhalt habe, vielleicht ein wenig aus einer bestimmten Epoche mitnehme, angeregt werde mir Gedanken zu machen, aber das Ganze in einer verständlichen Sprache.


    Dann gibt es natürlich die Art Bücher zu lesen mit dem Vorsatz sich weiterzubilden.
    In meinem Fall bin ich besonders durch mein abgeschlossenes Philosophie-Studium zum Teil mit schwierigen Texten konfrontiert worden. Doch es ist oft so, wie es schon @Marie schrieb, je mehr man sich mit den jeweiligen Text und Autor auseinandersetzt, desto wahrscheinlicher ist es, dass es irgendwann Klick macht. Mir persönlich hat es auch immer besonders viel geholfen, mich mit anderen Leser über die Texte auszutauschen. Dies liegt in einem Studium natürlich nahe und erfolgt dann auch direkt in den jeweiligen Seminaren mit anderen Studenten und Dozenten. Dadurch entdeckt man manchmal erst wirklich die Bedeutung einer Aussage, die man zuvor vielleicht anders gedeutet hatte oder als nicht wichtig erachtet hat. Also ja, ich finde den Austausch essentiell bei dem Verstehen schwieriger Texte.

  • Mir persönlich hat es auch immer besonders viel geholfen, mich mit anderen Leser über die Texte auszutauschen.

    Genau, darum soll es ja hier vor allem auch gehen! :wink: Nicht so sehr um ein generelles Ja oder Nein zu "schwierigen" Büchern, das würde sich ja recht schnell erschöpfen ... :)

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  • Genau, darum soll es ja hier vor allem auch gehen! :wink: Nicht so sehr um ein generelles Ja oder Nein zu "schwierigen" Büchern, das würde sich ja recht schnell erschöpfen ... :)

    Mh, dein Startbeitrag klingt ja eher allgemein gefasst. Es wird sich wohl eher schwierig gestalten, wenn man hier anfängt über bestimmte Bücher genau zu diskutieren (wofür dann ja auch der Rezensionsbereich gedacht ist). Stimmt allerdings schon, dass hier Beispiele genannt werden. Hatte es allerdings eher so aufgefasst, dass es um die Thematik "Schwierige Bücher - wie geht ihr damit um? Wie? Wo? Was?" hier im Fokus steht.

  • Hatte es allerdings eher so aufgefasst, dass es um die Thematik "Schwierige Bücher - wie geht ihr damit um? Wie? Wo? Was?" hier im Fokus steht.

    Jeder kann natürlich alles schreiben, was ihm dazu einfällt. :wink: Und auch richtig: Detail-Diskussionen wird hier wirklich nicht viele Leute lange interessieren. Bisher war ja auch alles informativ, was hier so geschrieben wurde. :thumleft: Aber natürlich ist für alle auf lange Sicht mehr gewonnen, wenn hier nicht nur mehrmals steht, dass jemand persönlich lieber andere Bücher, die nicht "schwierig" sind, liest, solche, die gemeinhin eher mit "Unterhaltung" bezeichnet werden.


    Richtige Berichte des eigenen Scheiterns, die darüber berichten, warum "es nicht sein sollte zwischen Leser und Buch" - oder noch schöner: Erfolgsgeschichten, die anderen, noch Unentschiedenen zeigen, bei welchen Büchern das Dranbleiben lohnt ... das wäre natürlich noch toller zu lesen! :-,

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  • Ich möchte noch einen Roman erwähnen, den ich schwierig zu lesen fand: Letzte Instanz/A Frolic of His Own von William Gaddis.

    Hah! :mrgreen: Als ich eben den Titel dieses Themas las, dachte ich sofort an diesen Autor.


    Allerdings nicht an "Letzte Instanz" sondern vielmehr an ein anderes Buch von ihm, das ich sehr schwierig zu lesen fand: JR


    Das ich ein über 1000 Seiten langes Buch, das ebenfalls zu etwa 90 - 95 % aus Dialogen besteht, wobei leider von Seiten des Autors nicht unbedingt deutlich gemacht wird, wer eigentlich gerade spricht und mit wem (es sind nämlich auch schon mal Selbstgespräche dabei). Außerdem hat das Buch extrem viele Protagonisten, deren Beziehungen untereinander auch ziemlich schwierig nachzuvollziehen sind. Und das Buch wartet auch mit mehreren Themenkreisen auf, die ihrerseits teilweise wieder ziemlich speziell sind.


    Kurz gefasst geht es um einen elfjährigen Jungen namens JR, der an der Börse spekuliert und ein Firmenimperium aufbaut, wofür er als Strohmann einen seiner Lehrer - der auch ein mäßig erfolgreicher Komponist ist - benutzt, der seinerseits übrigens bei seinen beiden alten Tanten lebt (mit denen das Buch beginnt) und der in eine komplexe Erbangelegenheit verstrickt ist, bei der zu klären ist, ob er denn überhaupt der Sohn seines Vaters ist oder doch seines Onkels, und der außerdem im Laufe der Zeit feststellt, dass all die schönen Wertpapiere, die er von anderen alten Tanten geerbt hat irgendwie doch nichts wert sind (ähnlich übrigens, wie die von JR erhandelten Aktien) und und dessen Cousine - in die er verliebt ist - ihn besucht als er sich im Krankenhaus befindet, weil sie eigentlich zu ihrem Mann müsste, der im selben Krankenhaus im Sterben liegt, genauso wie ein ebenfalls in diesem Krankenhaus befindlicher Manager, der seinem Anwalt noch vor seiner geplanten Herztransplantation lauter geschäftliche Anweisungen erteilt.


    Noch kürzer gefasst: In diesem Buch geht es um Geld.


    Und ich habe mich damit tatsächlich ziemlich gequält. Ich fand es anstrengend zu lesen und vor allem anstrengend zu verstehen. Aber gleichzeitig war es auch wieder wahnsinnig komisch. Deshalb habe ich es auch bis zum Ende durchgelesen.


    Gekauft habe ich mir das Buch nur deshalb, weil ich vorher das von dir oben angesprochene "Letzte Instanz" gelesen habe.


    Dies Buch wiederum fand ich definitiv nicht unlesbar. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich hinsichtlich der dortigen Thematik schlicht vorbelastet bin. Der Inhalt von "Letzte Instanz" ist einfach mein Thema, das Buch fand ich einfach nur genial. Der Schreibstil von Gaddis ist zwar auch in dem Buch schwierig und man kann es nicht mal eben leicht weglesen sondern muss sich durchaus darauf konzentrieren aber wenn die Thematik für den jeweiligen Leser stimmt, dann lässt es sich im Grunde ganz gut lesen.



    Ich selbst habe dafür andere Themen, mit denen ich gar nicht klarkomme. Philosophie zum Beispiel. Was habe ich zu diesem Thema nicht schon alles zu lesen versucht und letztlich war ich eigentlich immer irgendwie genervt. Bücher, die in diesen Bereich fallen (und zwar ganz gleich ob es Sachbücher oder Romane sind), sind für mich persönlich unlesbar.



    Aber genau deshalb kann man nicht sagen, dass manche Bücher schlechthin "unlesbar" seien. Es gibt Bücher, die für bestimmte Leser nicht lesbar sind, wobei das bei einigen Büchern durchaus für sehr viele Leser gilt.

    Bemerkung meines Vaters beim Anblick meiner Bücherberge: "Wir haben ja alle unsere Macken... und du hast deine Bücher!"

  • Ich fand es anstrengend zu lesen und vor allem anstrengend zu verstehen. Aber gleichzeitig war es auch wieder wahnsinnig komisch. Deshalb habe ich es auch bis zum Ende durchgelesen.

    William Gaddis hat einen recht eigenwilligen, sarkastischen Humor! Auch "Letzte Instanz" war ziemlich komisch! Bei diesen dauernden Dialogen und Monologen muss man sich allerdings tatsächlich stäker konzentrieren beim Lesen, als wenn zwischendurch mal Sachverhalte indirekt zusammengefasst werden. Man kommt leicht raus aus dem Fluss, jedenfalls wenn man das Buch in der vollen S-Bahn liest. :wink: Es steht ja natürlich nicht dauernd da: "Peter sagt" oder "dann antwortet Roberta" ... Und dann sind Gerichtsprozesse und Geldgeschäfte ja auch so ungriffige Themen. Die Leute reden irgendwie über "Nichts". Faszinierend. Und anstregend. Laut Wikipedia wurde der J.R. Ewing aus der Öl-Serie "Dallas" ja nach diesem Roman benannt. Was es nicht alles gibt... :wink:

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  • Das nenne ich ein schwieriges Buch. :twisted:

    Oha, das hört sich nach was an ... :twisted:

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  • Meine ‚schwierigen‘ Bücher sind gelegentlich mit der Sprache verbunden. Ich habe bemerkt, dass ich häufig einen Roman in der Originalversion besser verstehe als seine Übersetzung, und sollte auch das nicht helfen, dann nehme ich Übersetzungen in andere Sprachen zur Hilfe, um über schwer verständlich Passagen zu kommen.


    Helfen tun mir auch öffentliche Lesungen oder das Hörbuch vom ‚schwierigen‘ Roman. So habe ich nach mehreren Versuchen, die mich nie über Seite 50 hinausbrachten, Ulysses von James Joyce bis zum Ende gelesen, nein zuerst in monatlichen Lesungen gehört und bis zur folgenden Lesung auch im Text nachgelesen. Jetzt fehlt mir nur noch der Besuch Dublins an einem 16. Juni, um Vorort den Roman nachzuempfinden.


    Auch eine Verfilmung kann mir einen Roman näher bringen, den ich sonst immer vor mir hinschob. Bei Berlin Alexanderplatz von Alfred Döblin war das der Fall, wo erst die Verfilmung von Rainer Werner Fassbinder den Leseknoten bei mir löste.

  • Ich denke auch, dass die Frage, ob man etwas versteht, oder nicht versteht, nicht zwingend mit dem Intellekt zu tun hat, sondern vielmehr damit, ob einem dieses eine Buch irgendetwas zurück geben kann, oder eben nicht. Wie z.B. Ulysses. Ich kann absolut verstehen, dass das nicht jedermanns Sache ist, mir hat er trotzdem gefallen und ich glaube auch nicht, dass ich deswegen irgendwie schlauer, besser oder toller als die anderen Leute bin.


    Mir geht es da wie Enigma - wenn irgendwo Philosophie drauf steht, kann ich praktisch damit rechnen, dass ich irgendwo aussteigen werde. Das ist einfach nicht meine Welt. Über Fragen wie "Was kommt nach dem Tod" möchte ich keine 100 Seiten Abhandlungen lesen, das werde ich bezeiten schon sehen - oder eben auch nicht.


    Bei manchen Büchern bleibt auch ein unklares Gefühl zurück. So mein Versuch letztes/dieses Jahr, Dostojewski zu lesen. Teilweise war mir "Der Idiot" sowas von zu hoch, ich habe die Problemchen der Leute nicht verstanden und mehrere Monate Pause eingelegt. Stellenweise mochte ich das Buch wirklich gerne leiden. Was ich nun davon halte? Gute Frage, ich weiß es bis heute nicht.

  • Die Frage ist doch, was ist denn überhaupt "schwierig". Das wird jeder für sich anders definieren. Für mich hängt und fällt ein Buch vor allem mit dem Schreibstil und wenn der nicht auf meiner Wellenlänge liegt, empfinde ich das Buch als schwierig zu lesen und dann fällt es eben hinunter. Wobei ich jeden Buch die Chance gebe. 100 Seiten bei kleinen Büchern halte ich schon durch und meist lese ich den Rest dann auch noch, auch wenn mir das Buch insgesamt nicht gefällt. Ein Buch, welches erst schwierig war und dann immer besser zu lesen, war z.B. "Krieg und Frieden". Ein wahrer Wälzer. Und da musste ich erst einmal 500 Seiten lesen, bis ich mit der Geschichte warm wurde. Warum war das so? Wegen der ganzen russischen Namen, den Kosenamen, der Sprache und den Einflechtungen von französischen Sätzen, die mich im Lesefluss störten. Dann nahm mich aber die Historie gefangen und das Buch las sich plötzlich sehr flüssig.


    Ich empfinde z.B. den Stil von Günther Grass oder Zuzsa Banks schwierig. Schreib- und Erzählstil einfach nur langweilig und ermüdend. Von Grass habe ich noch kein Buch geschafft, bin immer so nach 50-100 Seiten eingeschlafen und habe es nach dem vierten Versuch, die "Blechtrommel" zu lesen, aufgegeben. Dann habe ich den Film versucht, mir anzuschauen und habe es nicht einmal zu den pubertär interessanten Stellen geschafft, wach zu bleiben. Einen so ermüdeten Film habe ich noch nie gesehen. Und das, wo das Thema eigentlich in meinen Interessensbereich liegt.


    Bewundere jeden, der Bücher lesen kann, die ich für schwierig halte. Wobei mir selbst hier schon gesagt wurde, ich würde schwierige Bücher zu Hauf lesen. So unterschiedlich sind die Ansichten.