Hannah Kent - Das Seelenhaus / Burial Rites

  • Kurzmeinung

    Enigmae
    Hervorragend recherchierter Roman auf wahren Begebenheiten
  • Kurzmeinung

    Kapo
    Gute Geschichte, manchmal etwas dröge erzählt.
  • Auf die Inhaltsangabe verzichte ich wieder und teile meine Meinung mit :


    Ich mag historische Romane eigentlich gar nicht,aber mir ist dieses Buch immer mal wieder im BT über den Weg gelaufen und der Klappentext hat mich auch angesprochen.Also habe ich mir das Buch aus der Bücherei geliehen .


    Mich hat das Buch überzeugt-ich fand den Roman sehr bedrückend und atmosphärisch .Innerhalb von zwei Tagen war ich mit der Geschichte durch,aber das Buch bleibt mir sicherlich in Erinnerung .
    Ich habe keine Ahnung davon,wie die Menschen früher gelebt haben,aber ich finde,das Hannah Kent gut vermittelt hat,wie es gewesen sein könnte.
    Agnes und Margret haben mir gut gefallen-die Wandlungen waren toll


    Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich muss eine (längere) Lesepause einlegen, weil mir speiübel ist nach dem geschilderten "Massaker" im Wochenbett: eine junge Bäuerin, bei der Agnes als Pflegekind lebt, verblutet bei der Geburt. Ich habe zwar - mitgerissen vom Lesefluss - weitergelesen. Aber die Ekel-Passagen ziehen sich wie ein (blu.t)roter Faden durch den Roman: Schleim, stinkender Schweiß, etc. .... Ich möchte zurück ins Jahr 2017.


    Die Sprache, die Hannah Kent, Agnes in den Mund legt, ist unglaubwürdig. Auch wenn Agnes noch so intelligent sein mag, das kauf ich der Autorin nicht ab, das eine isländische Dienstmagd ohne Schulbildung (nur häuslicher Unterricht in Lesen, Schreiben) so geschliffen und mit einer recht komplizierten Syntax im Mündlichen daherschnattert.


    Aber ansonsten: "Chapeau, Miss Kent!" Ein Buch, das man nicht vergisst.

  • Agnes Magnúsdóttir war der letzte Mensch, der in Island 1830 zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Vorgeworfen wurde ihr Mord an zwei Männern, gemeinsam verübt mit Fridrik, einem jungen Mann und seiner Verlobten Sigga. Nach ihrer Verurteilung wird Agnes auf den Hof eines Dienstmannes gebracht, wo sie bis zur Vollstreckung ihres Todesurteils in Haft bleiben soll. Von dieser Zeit erzählt 'Das Seelenhaus' und wer sich nun eine spannende, krimiähnliche Geschichte erhofft, dürfte enttäuscht werden.
    Die Familie des Dienstmannes ist gegen die Unterbringung Agnes', hat aber keine Möglichkeit sich zu wehren. Sie dulden die Verurteilte und versuchen sie zu ignorieren, doch nach und nach entsteht zu einzelnen Familienmitgliedern ein Vertrauensverhältnis. Durch Gespräche mit dem Pfarrer, die die Totgeweihte führt, erfahren auch sie, welches Leben Agnes führte bis zu dem Mord an den zwei Männern.
    Auch wenn dieses Verbrechen im Zentrum des Romanes steht: Schwerpunkt des Buches sind die Darstellung der Lebensverhältnisse und -bedingungen, die in Island zu Beginn des 19. Jahrhunderts herrschten. Dies gelingt zum Einen durch die Schilderung des Lebens der Familie, bei der Agnes untergebracht ist; zum Andern durch die Verurteilte selbst, die in einem wunderbar poetischen Ton erzählt bzw. sich erinnert, wie ihr Leben verlaufen ist. Für heutige Verhältnisse scheint es unvorstellbar, wie Menschen so existieren konnten: in Torfhäusern, undicht, ständig feucht, beengt, dunkel. Fensterrahmen waren zum Schutz und um für etwas Licht zu sorgen, mit Fisch- oder Schafsblasen verhängt. Die frühen und langen Winter waren ein steter Kampf ums Überleben. Agnes, die als uneheliches Kind zum untersten Rand der Gesellschaft gehörte, war als Magd (wie auch alle anderen Mägde und Knechte) kaum mehr als eine Leibeigene. Es war ein erbärmliches Leben in einer hartherzigen Zeit in einem gnadenlosen Land.
    Ein wirklich beeindruckender Roman, der gekonnt Fiktion mit historischer Realität vermischt.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Eine Stadt ohne Seele


    "Sie sagen, ich soll sterben. Sie sagen, ich hätte Männern den Atem gestohlen und jetzt müssten sie mir den meinen stehlen."

    Inhalt: Island 1828. Agnes ist eine selbstbewusste und verschlossene Frau. Sie wird als hart ­arbeitende Magd respektiert, was sie denkt und fühlt, behält sie für sich. Als sie des Mordes an zwei Männern angeklagt wird, ist sie allein. Die Zeit bis zur Hinrichtung soll sie auf dem Hof eines Beamten verbringen. Die Familie ist außer sich, eine Mörderin beherbergen zu müssen – bis Agnes Stück um Stück die Geschichte ihres Lebens preisgibt.


    Die Tat war grausam: zwei Männer erschlagen, erstochen und verbrannt. Die angeblichen Täter, neben Agnes Magnúsdóttir ein junges Paar, werden zum Tode verurteilt. Vor allem an Agnes will der zuständige Landrat ein Exempel statuieren. Scheinbar ungerührt nimmt Agnes das Urteil hin, ebenso wie die Ablehnung der Familie. Erleichtert, dem Kerker entkommen zu sein, kann sie bei der Arbeit manchmal ihr Schicksal vergessen. Vieles hier ist ihr vertraut: die schroffe Landschaft, die ärmliche Torfbehausung, der harsche Ton der Hausherrin. Ihr ganzes Leben war davon bestimmt – bis sie einen Mann kennenlernte und sich nach langer Zeit erlaubte, sich ihre Sehnsucht nach Liebe und Zugehörig­keit einzugestehen.


    Der Schmerz über seinen Tod, der ihr nun angelastet wird, überlagert alles, auch die Angst vor dem eigenen Tod. Schließlich vertraut sich Agnes einem jungen Vikar an, der sie auf den Weg der Reue und Buße führen soll. Während der langen Gespräche, die die ganze Familie mithört, ist es vor allem Margrét, die Hausherrin, die ahnt, dass die offizielle Wahrheit über Agnes vielleicht falsch sein könnte.


    "Sie wissen nichts von mir. Und ich schweige. Ich will mich vor der Welt verschließen, ich will mein Herz verhärten und an den Dingen festhalten, die mir noch nicht genommen sind. Ich darf nicht zulassen, dass ich vergehe. In meinem Innersten werde ich an mir festhalten und dort all die Dinge bewahren, die ich gesehen und gehört und gefühlt habe. Ich will alles versenken, was mir noch bleibt, und unter Wasser Zuflucht finden. Ich werde in Luftblasen sprechen, wenn ich spreche. Und es wird ihnen nicht gelingen, meine Worte einzufangen. Sie werden nur die Hure sehen, die Verrückte, die Mörderin, das Weib, das Blut im Gras vergoss und lachte, den Mund voller Dreck. Manche werden vielleicht auch das Lammsehen, von Krähen umkreist, das nach seiner verlorenen Mutter blökt. Aber mich werden sie nicht sehen. ich bin nicht da."


    Bewertung: Das Buch lag schon länger auf meinem SUB - Regal, obwohl ich es sehr anziehend fand. Ich bin froh, dass ich zu aller erst das Nachwort gelesen habe. Dort habe ich erfahren, dass das Buch auf wahren Begebenheiten beruht - was nirgends am Buch vermerkt ist! Das finde ich immer sehr schade! Ich hätte das Buch ganz anders beim Lesen wahrgenommen, wenn ich es nicht gewusst hätte! (Also, es lohnt sich, zuerst das Nachwort zu lesen ;) ).


    Agnes war die letzte Frau, die in Island hingerichtet wurde. Und das, wie viele andere, unschuldig! Dieser Fall zeigt mal wieder, das die Todesstrafe mehr als falsch ist, wenn man mal alle unschuldigen Todesopfer auflisten würde... und wie schnell ein jeder von uns in so eine Situation geraten kann.


    Die Autorin hat ein gut recherchierten Roman aus dem Schicksal Agnes gemacht, mit wechselhafter Erzählweise. Mal als dritte Person, mal als Ich - Erzählerin der Agnes. Mit Original - Dokumenten an den Kapitelanfängen lässt sich ein gutes Bild über die damalige Situation und der Zeit machen.



    Ein beeindruckendes Portrait, das sich zu lesen lohnt! Und einen nicht loslässt!



    "Die Geschite von Agnes Magnúsdóttir fesselt und führt den Leser in eine lang zurückliegende Zeit und in ein Leben, das wir uns heute nicht mehr vorstellen können."
    (Märkische Allgemeine)

    :study: In Büchern zu lesen bedeutet zu träumen :study:

    :friends:Lesen & lesen lassen :friends:

    :-,Reich bestückte Scheichin mit einem exklusiv vielseiteigen Harem:-,

    :twisted: Wer zu viel ironiert, bekommt einen Sarkasmus! :twisted:


    :queen: Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. :king:

    (Abraham Lincoln)




  • "Das Seelenhaus" lag einige Jahre auf meinem SuB, und ich habe mich aufs Lesen gefreut. Eine Geschichte, historisch verbürgt, die in Island spielt, eine Magd, bäuerlich-karges Leben, Mord, Gletscher, Vulkane und Lavafelder, raue See - das alles hat das Buch für mich spannend gemacht.


    Die erste Irritation kam aber recht schnell: das Cover. Das abgebildete Mädchen hat blonde Haare - aber Agnes hat doch schwarze Haare? Und eisblaue Augen, also ein keltischer Typ? Na gut, nicht so wichtig.


    Der Roman bietet eine atmosphärisch dichte Beschreibung des kleinbäuerlichen Lebens zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Hier hat die Autorin gut recherchiert, und an manchen Stellen (z. B. das Schlachten) hat man den Eindruck, dass sie ihre Kenntnisse vermitteln will.

    Auch die historischen Tatsachen wirken gut recherchiert, die vielen Originalzitate sollen das belegen. Aber auch hier habe ich mich gewundert. Bei einer 14tägigen Studienreise durch Island habe ich u. a. gelernt, dass dort ein anderes Namenssystem verwendet wird: die Vornamen entscheiden, Familiennamen in unserem Sinne gibt es nicht (prinzipiell). Wieso aber kürzt die Autorin bei der Wiedergabe offizieller Dokumente dann immer wieder die Vornamen ab, so wie es bei uns gebräuchlich ist, und verwendet den Vaternamen als Familiennamen?

    Ebenso haben mich die verschiedenen Anreden gestört. Das verwendete "Sie" ist Anfang des 19. Jhdts unüblich, in Island erst recht.


    Meiner Ansicht nach liegt da der große Schwachpunkt des Romans: dass der damaligen Zeit unsere heutige Brille verpasst wird. Z. B. erinnert der Streit der Schwestern an zeitgenössische Dialoge: "Mir doch egal", sagt die eine. Und sagte man 1828 tatsächlich schon "Baby", "pochieren", "ignorieren" oder "Monster"? Oder "Brandy"? "Kolik"? Wurden Vater und Mutter mit "Mama" und "Papi" angeredet?

    Ich müsste nachschlagen, aber eines weiß ich genau: dass ein Bauernhof in Island nicht "Farm" hieß und dass Konfirmation und Kommunion zweierlei Paar Stiefel sind.


    Entscheidender sind aber meiner Meinung nach weniger die sprachlichen (vielleicht durch die Übersetzung bedingt?) als die inhaltlichen Anachronismen.

    Die Magd Agnes wird als verschlossen charakterisiert - aber sie redet mit einer Eloquenz, die nur erstaunen kann. Sie psychologisiert, und sie ergründet mit einem hohen Maß an Reflexion ihre eigene psychische Befindlichkeit und die der anderen. Sie motiviert ihr Tun, sie bezeichnet sich als "denkende Frau" und ist der Auffassung, dass sie aufgrund ihres Intellekts kein Mitgefühl erwarten kann.

    Mit diesen Reflexionen wird viel zerredet, und der Roman verliert erheblich an Wucht, die er bei dem Thema durchaus hätte entfalten können.

    Dazu trägt auch bei, dass der Mord, für den Agnes verurteilt wird, zu einem Gnadenstoß umgedeutet wird. Das ist das gute Recht der Autorin, Faktualität und Fiktionalität gegeneinander abzuwägen, aber auch hier vergibt die Autorin Chancen zu einer differenzierten Erzählung zugunsten einer gewissen Trivialisierung.


    An einer Stelle rutscht der Roman ins schwer auszuhaltende Banale ab. Es geht um die bevorstehende Hinrichtung der Agnes, und Margret - eine ansonsten klar konturierte, sympathische Frau - tröstet sie: "Du schaffst das!"

    Wie bitte? Eine Hinrichtung? "Du schaffst das"? :shock:


    Und an einer anderen Stelle hatte ich das dringende Bedürfnis, die historische Agnes vor der Erzählerin zu schützen. Auf dem Ritt zur Hinrichtung wird erzählt, dass sie einnässt und einkotet. Das mag vielleicht so gewesen sein - aber muss ich das erzählen? Und wenn es nicht so war, ist es schlecht erfunden.

    :study: Edvard Hoem, Der Heumacher.


    "Der echte Bibliophile liebt mehr als Form und Inhalt eines Buches seine Existenz; er muss es erst gar nicht lesen" (Werfel, Die vierzig Tage des Musa Dagh, S. 49).

  • Die Geschichte von Agnes fand ich an sich nicht schlecht, auch der Schreibstil der Autorin hat mir gefallen. Auch wenn ich derartiges jetzt nicht ständig lesen möchte. Ich fand die Geschichte ziemlich düster und schwermütig, ja sogar hoffnungslos. Es lief ja doch auf das Unweigerliche hinaus. Sehr gut gefallen haben mir die Beschreibungen der Natur und des Lebens im isländischen 19. Jahrhundert. Dass es für einfache Menschen kein leichtes Los war, zu dieser Zeit zu leben, zeichnet sich auf jeder Seite ab. Die Protagonistin hatte von Geburt an kein leichtes Schicksal und war sicherlich auch Opfer einiger Umstände, aber dieses ständige Festhalten an diesem seltsamen, unsympathischen Natan, hat mich irgendwie abgestoßen weil es doch wie ein dunkler Fleck auf dem Charakter von Agnes war, den die Autorin doch oft so hervorheben wollte. Nachdem es ziemlich langsam los ging, wurde man am Ende fast durch die Geschichte gehetzt, was einerseits durch Agnes' ablaufende Zeit verständlich war, andererseits aber auch nicht zum ruhigen Beginn passte. Und als am Ende

    Fazit: Eine gute Geschichte mit einem ausschmückenden Schreibstil und leichten Schwächen im Ablauf.

    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: