Klappentext:
"Sie sagen, ich soll sterben. Sie sagen, ich hätte Männern den Atem gestohlen und jetzt müssten sie mir den meinen stehlen."
Island 1828. Agnes ist eine selbstbewusste und verschlossene Frau. Sie wird als hartarbeitende Magd respektiert, was sie denkt und fühlt, behält sie für sich. Als sie des Mordes an zwei Männern angeklagt wird, ist sie allein. Die Zeit bis zur Hinrichtung soll sie auf dem Hof eines Beamten verbringen. Die Familie ist außer sich, eine Mörderin beherbergen zu müssen – bis Agnes Stück um Stück die Geschichte ihres Lebens preisgibt.
Die Tat war grausam: zwei Männer erschlagen, erstochen und verbrannt. Die angeblichen Täter, neben Agnes Magnúsdóttir ein junges Paar, werden zum Tode verurteilt. Vor allem an Agnes will der zuständige Landrat ein Exempel statuieren.
Scheinbar ungerührt nimmt Agnes das Urteil hin, ebenso wie die Ablehnung der Familie. Erleichtert, dem Kerker entkommen zu sein, kann sie bei der Arbeit manchmal ihr Schicksal vergessen. Vieles hier ist ihr vertraut: die schroffe Landschaft, die ärmliche Torfbehausung, der harsche Ton der Hausherrin. Ihr ganzes Leben war davon bestimmt – bis sie einen Mann kennenlernte und sich nach langer Zeit erlaubte, sich ihre Sehnsucht nach Liebe und Zugehörigkeit einzugestehen. Der Schmerz über seinen Tod, der ihr nun angelastet wird, überlagert alles, auch die Angst vor dem eigenen Tod. Schließlich vertraut sich Agnes einem jungen Vikar an, der sie auf den Weg der Reue und Buße führen soll. Während der langen Gespräche, die die ganze Familie mithört, ist es vor allem
Margrét, die Hausherrin, die ahnt, dass die offizielle Wahrheit über Agnes vielleicht falsch sein könnte.
(Quelle: Verlagswebsite)
Über die Autorin:
Hannah Kent, 1985 in Adelaide, Australien geboren, hat während eines Schüleraustausch in Island zum ersten Mal die Geschichte von Agnes Magnúsdóttir gehört. Sie ist die Mitbegründerin und Herausgeberin der Literaturzeitschrift Kill „Your Darlings“ und studiert an der Flinders University. 2011 gewann sie den 'Writing Australia Unpublished Manuscript Award' für 'Das Seelenhaus'. Der Roman ist mittlerweile in 25 Länder verkauft. In ihrer Heimat Australien und in England stürmte ihr Erstling die Bestsellerlisten.
(Quelle: Verlagswebsite)
Aufbau/Allgemeines:
Das Buch umfasst 384 Seiten und ist in dreizehn Kapitel untergliedert. Die einzelnen Kapitel sind in einzelne Abschnitte unterteilt, die die Geschichte aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählen. Zum einen aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Agnes, zum anderen als allwissender Erzähler. Eingerahmt wird die Geschichte durch einen Prolog und einem Epilog. Abschließend gibt es ein kurzes Kapitel mit Anmerkungen der Autorin, eine Danksagung und eine kurze Erläuterung zu isländischen Namen samt ihrer Aussprache.
Eigene Meinung:
In den Anmerkungen der Autorin Hannah Kent, berichtet diese, dass es sich bei der Geschichte um Agnes Magnúsdóttir zwar um eine fiktionale Erzählung handle, die jedoch auf wahren Begebenheiten beruht. So sei Agnes Magnúsdóttir die letzte Person Islands gewesen, die exekutiert wurde. Hannah Kent hat viele Jahre diese Geschichte recherchiert und sich anhand von Kirchenregistern, Gemeindearchiven, heimatkundlichen Büchern und Überlieferungen ein Bild über den damaligen Mord und der anschließenden Hinrichtung gemacht. Dabei sind viele Personen in „Das Seelenhaus“ historisch belegt und auch historische Originalquellen, wie Briefe und Gedichte, haben ihren Weg in das Buch gefunden, das es für den Leser noch authentischer macht. Hannah Kent sagt von sich selbst, sie habe in ihrem Roman versucht „ein vielschichtigeres Porträt dieser Frau zu zeichnen“.
Dieses Ziel ist der Autorin gelungen.
Hannah Kent schafft es mit Bravour das Leben und die Menschen aus dem Jahre 1828 zum Leben zu erwecken. Vielschichtig skizziert sie unterschiedliche Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten und so echt und plastisch wirken, als würde man sie als Leser direkt vor sich sehen. Ebenso verhält es sich mit der kargen Landschaft und den einzelnen Höfen, auf denen die Geschichte spielt. Man spürt die Kälte und die Einsamkeit an stillen Wintertagen und man riecht das Heu bei der Ernte. Über 384 Seiten taucht man in das Island des 19. Jahrhunderts ab. Doch diese Zeit ist alles andere als idyllisch oder gar romantisch. Die harte Arbeit und die Armut der einfachen Leute wird so realistisch beschrieben, dass man sich glücklich schätzen kann in der Gegenwart zu leben. Agnes, die Protagonistin, wird des Mordes beschuldigt und zum Tode verurteilt. Die Zeit bis zu ihrer Hinrichtung verbringt sie auf einem Hof, auf dem sie die Arbeiten einer Magd übernimmt und mit einem Vikar viele Gespräche führt. Die Familie, die auf dem Hof lebt, beäugt Agnes skeptisch und voller Furcht. Es herrscht eine kühle Distanz, die sich im Laufe der Geschichte langsam verflüchtigt. Der Leser erfährt viel über Agnes Vergangenheit. Über ihre Kindheit, über ihre Arbeit an verschiedenen Höfen, bis hin zu der Nacht, als der Mord geschah. Man erhält Einblicke in Agnes Gefühle und Gedanken und stets schwingt die Axt der Hinrichtung über der gesamten Geschichte.
Besonders hervorheben muss man zudem die Sprache, die Hannah Kent in ihrem Buch verwendet. Sie ist zugleich poetisch, aber auch hart, wie das Leben zu der damaligen Zeit. Sie schafft es Bilder hervorzurufen, die wie ein Film vor den Augen des Lesers abgespult werden.
Das Buch ist gespickt mit Abschriften von Briefen oder Gedichten, die historisch belegt sind. Oftmals werden diese einem Kapitel vorangestellt und schaffen einen Übergang in einen neuen Abschnitt. Gerade diese Quellen führen den Leser vor Augen, dass es sich bei der Person der Agnes Magnúsdóttir um eine wahre Person des 19. Jahrhunderts handelt.
Hannah Kent hat mit ihrem Roman „Das Seelenhaus“ ein herausragendes Debüt geschaffen, dass durch seine atmosphärische Dichte und den authentischen Figuren besticht. Eine eindeutige Leseempfehlung!
Fazit:
Authentisch, poetisch, beklemmend – ein beeindruckendes und atmosphärisches Debüt!