Laut Lorrie Moore ist es ja so: “a short story is a love affair, a novel is a marriage”, und wenn es ums Lesen geht, bin ich anscheinend eher der Heirats-Typ. Ich möchte tagelang in einer Geschichte versinken können um danach völlig benommen wieder aufzutauchen. Dass ich mir durch diese Einstellung vielleicht etwas entgehen lasse, wurde mir klar, als ich Etgar Keret und seine Kurzgeschichten kennenlernte.
Teilweise sind diese Geschichten völlig absurd und irreal – „A Souvenir of Hell“ dreht sich zum Beispiel um ein Dorf in Usbekistan, das am Eingang zur Hölle steht. Die Dorfbewohner haben sich schon daran gewöhnt, dass in regelmäßigen Abständen Leute im Dorfladen einkaufen oder in der Kneipe ein Bier trinken, die ein wenig nach Schwefel riechen, und die nach einer Weile wieder zurückmüssen, weil ihr Freigang beendet ist.
Andere Geschichten schildern Episoden aus dem Leben. In „Breaking the Pig“ freundet sich der kindliche Erzähler so mit seinem Sparschwein an, dass ein Schlachten desselben gar nicht mehr in Frage kommt.
Und dann sind da wiederum die hochpolitischen Geschichten wie „Cocked and Locked“, in denen sich israelische Soldaten und Palästinenser gegenüberstehen.
Genau so vielseitig wie die Themen um die sich diese Geschichten drehen, sind auch die Reaktionen und Emotionen die sie hervorrufen: Lautes Lachen, ungläubiges Schnaufen, unsägliche Traurigkeit, die dann wiederum von einem warmen Glücksgefühl abgelöst wird. So gesehen ist vielleicht jede Geschichte für sich eine Affäre, doch die Sammlung als Ganzes ist tatsächlich eine teils wunderbare, teils herausfordernde, Ehe.
Übrigens: Eigentlich träumt Etgar Keret ja davon, irgendwann einmal einen Roman zu schreiben ... warum es dann doch jedes Mal wenn er schreibt anders kommt, erklärt er (auf Englisch) in einem netten, kurzen Interview hier.