John Harwood: Das Haus der vergessenen Bilder/The Ghost Writer

  • Hallo an alle
    Ich möchte euch gerne folgendes Buch empfehlen: "Das Haus der vergessenen Bilder" von John Harwood.




    Zum Inhalt

    Gerard lebt mit seinen Eltern Phyllis und Graham in dem kleinen Städtchen Mawson in Australien. Sein Leben verläuft eher gleichförmig: mittelmäßig in der Schule, kaum Freunde, keine besonders aufregende Stadt – einziger Lichtblick sind da die Erzählungen seiner Mutter über ihre Kindheit und Jugend in England, in einem wunderschönen Haus in der kleinen Ortschaft Staplefield, in der sie glückliche Tage mit ihrer Freundin verbrachte.

    Seine Mutter ist Gerard ja etwas rätselhaft: immer überbesorgt, ihm könne etwas geschehen – was soll schon geschehen in dem Kaff namens Mawson???? – und dann erst ihre komischen, fast paranoiden Reaktionen, die sie manchmal an den Tag legt! Gut, Gerard hat in ihrer Kommode geschnüffelt, was man eigentlich ja nicht macht.... aber dass sie ihn dann fast wie von Sinnen schlägt? Und eine Erklärung, wer die schöne Frau auf dem Bild ist, das er in ihrer Kommode gefunden hat, gibt sie ihm auch nicht.... mehr will er aber doch eigentlich gar nicht!
    Das Rätsel bleibt ungelöst: beim nächsten „Nachschauen“ in der Kommode sind sowohl Bild als auch Zeitung? (Gerard weiß es gar nicht mehr genau, was er da gesehen hat) weg.

    Dann gibt es endlich ein bisschen Abwechslung für Gerard: eine gemeinnützige Organisation fragt bei ihm an, ob er nicht Lust auf eine Brieffreundschaft habe. Na und ob! Gleich schreibt er zurück. Als seine Mutter davon erfährt, flippt sie mal wieder total aus und will ihm das Briefeschreiben verbieten. Aber diesmal nicht: Gerard setzt sich durch!


    Das ist der Beginn einer wundervollen Brieffreundschaft, die ihn über Jahre trösten und begleiten wird, mit Alice Jessell, einem Mädchen ungefähr in Gerards Alter, die – ausgerechnet!- in England lebt. Seit einem Unfall sitzt sie im Rollstuhl; das ist für sie ein Grund, jedweden näheren Kontakt – zum Beispiel ein Treffen, das sich Gerard doch im Verlauf der Jahre immer stärker wünscht- abzublocken. Er solle sich doch lieber eine Freundin suchen, mit der er auch mal tanzen gehen kann – als ob Gerard das will, er will doch nur endlich! endlich! Alice kennenlernen.

    Die beiden werden ein mehr oder weniger platonisches Liebespaar; Alice kann Gerard alles anvertrauen, auch seine Gedanken über die spannenden Geschichten, die er dann doch eines Tages in der Kommode seiner Mutter wiederfindet: Kurzgeschichten von V.H. – seiner Urgroßmutter Viola Matherley. Sie ziehen ihn magisch in ihren Bann.

    Aber all das ist nichts gegen den Tag, an dem Gerard (mittlerweile 22 Jahre) endlich im Flugzeug nach England sitzt – offiziell, um ein geeignetes Haus für seine Mutter zu suchen – inoffiziell, um hoffentlich! mit Alice zusammenzutreffen. Nein, wieder nichts......


    Eine mysteriöse Andeutung seiner Mutter kurz vor ihrem Tod, eine von Violas Geistergeschichten sei wahr geworden, macht Gerard mal wieder neugierig. Als er das nächste Mal nach England fliegt, nimmt er sich fest vor, das Haus zu finden, in dem seine Mutter ihre Kindheit verbracht hat. Aber auch hier haben sich im Laufe der Jahre viele Ungereimtheiten ergeben, Dinge, die seine Mutter einfach erfunden hat, Andeutungen und geheimnisvolle Hinweise auf einem Foto: was soll Gerard damit anfangen?


    Eine Suchanzeige in der Zeitung bringt ihn weiter: eine alte Dame meldet sich, die ehemals beste Freundin seiner Tante Anne. Gerards Mutter Phyllis soll eine Schwester gehabt haben???
    Immerhin bekommt Gerard so Zugang zu Ferriers Close, dem Haus, in dem seine Mutter früher gelebt hat. Dort erwartet ihn eine düstere, unheimliche Atmosphäre, überall Geräusche, knarrende Dielen, Rascheln, das Gefühl, nicht allein zu sein. Die überall fehlenden Porträts und ein Quija- Brett machen die Sache für Gerard nicht besser: wohl fühlt er sich dort nicht, aber er will endlich dem Geheimnis seiner Mutter auf die Spur kommen!
    Na, hätte Gerard mal gewusst, was da auf ihn zu kommt! Und auch das Treffen mit Alice verläuft ganz unplanmäßig......


    Meine Meinung

    „Das Haus der vergessenen Bilder“ ist ein wunderbares, super spannendes, unheimliches, verwirrendes – einfach nur tolles Buch!


    Gefesselt von der ersten Seite an – man weiß da eigenlich noch nicht genau, was einen so fasziniert – begleitet der Leser Gerard über viele Jahre vom Kind bis zum Mann in den 30ern. Erlebt seine Freuden durch seine Korrespondenz mit Alice, ist mit ihm verstört bei den Ausbrüchen seiner Mutter, hofft mit ihm, endlich Alice kennenzulernen, schmökert mit ihm die Kurzgeschichten seiner Urgroßmutter.
    Dieser Abschnitt macht auch den größten Teil des Buches aus: der Klappentext lässt eher vermuten, die Geschichte spiele in einem unheimlichen Haus in England. Dort jedoch verbringt Gerard vergleichsweise wenig Zeit, wenn es auch da zum fulminanten Höhepunkt kommt, der einen schon etwas umhaut.

    Ich hatte ein paar Vermutungen, lag auch mit einigem richtig, muß aber zugeben: das Ende konnte ich nicht voraus ahnen, das war echt eine Überraschung. Wirklich mal etwas Neues!

    Sowohl „Das Haus der vergessenen Bilder“ selbst als auch die „Geschichten in der Geschichte“ (die Kurzgeschichten) stehen in bester Tradition eines Schauerromans; man fühlt sich an Wilkie Collins erinnert, einer der ganz großen Autoren des 19. Jh. und einer meiner Lieblingsschriftsteller.
    Kleine Spielereien mit Namen machen das Buch amüsant zu lesen: kennt man die Geschichte, auf die sie anspielen, kommt man evt. einen Schritt weiter, aber eigentlich ist man da schon bei der Lösung- sehr gelungen!

    Unbedingt lesen, mehr kann ich dazu nicht sagen!



    Liebe Grüße


    Ich kann nicht anders: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Hallo Tinkerbell,
    vielen Dank für deine Rezension. :)
    Das Buch klingt spannend, aber wäre es vielleicht möglich künftig etwas weniger über den Inhalt zu verraten
    LG
    Emili

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Hallo Emili


    aber wäre es vielleicht möglich künftig etwas weniger über den Inhalt zu verraten
    LG


    Danke für deine Rückmeldung. Soooviel habe ich aber wirklich nicht verraten, darauf achte ich nämlich eigentlich.



    Liebe Grüße


    Sylvia, Brownie, Pearly und Gimli
    :study::study::study:

    :study:Jack McDevitt: Hexenkessel




  • Danke für deine Rückmeldung. Soooviel habe ich aber wirklich nicht verraten, darauf achte ich nämlich eigentlich.

    gern geschehen, es soll auch keine Kritik sein.Ich hatte nur, nach dem Lesen der Inhaltsangaben, das Gefühl, dass ich nun in etwa alles in groben Zügen aus der Handlung erfahren habe. Abgesehen vom Ende :wink:
    Als Leserin kannst du natürlich besser beurteilen, ob du schon zu viel verraten hast. Aber solange man das Buch noch nicht gelesen hast, und das evt. gerne möchte, kann man das schwer sagen.

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  • Hallo Emili


    Ich hatte nur, nach dem Lesen der Inhaltsangaben, das Gefühl, dass ich nun in etwa alles in groben Zügen aus der Handlung erfahren habe.


    Das ist interessant, welchen Eindruck die Inhaltsangabe bei dir hinterlassen hat! So habe ich das gar nicht gesehen, denn wie alles wirklich ist, ahnt man meiner Meinung nach dadurch noch nicht.
    Danke für den Hinweis :flower:


    es soll auch keine Kritik sein


    Na, ist aber doch richtig, darüber dann mal zu sprechen, nur so kann man ja lernen. Zumal man ja auch etwas betriebsblind ist, eben weil man das Buch kennt - da kann es sicher passieren, daß man die Lage des zukünftigen Lesers nicht mehr richtig sieht.


    Ich selbst mag es ja auch gar nicht, wenn ich nach dem Lesen einer Rezi das Gefühl habe, ich brauche das Buch nicht mehr.



    Liebe Grüße