Myriam Bellinger träumt von einer großen Schauspielkarriere. Bisher befindet sie sich jedoch noch ganz unten auf der Karriereleiter. Mit "Missing", einer Internetserie in der sie ein Entführungsopfer spielt, ging es nun jedoch die erste Sprosse hinauf. Doch noch vorm Abschluss der ersten Staffel wird Myriam gekidnappt. Kurz darauf erscheint auf der Fanpage zur Serie ein Videoblog, in dem die Fans die gefesselte und misshandelte Myriam sehen können. Von da an werden in regelmäßigen Abständen neue Videos veröffentlicht, die stets zeigen, wie sich ihr Zustand verschlechtert. Die Öffentlichkeit ist schockiert und die Seite erlangt immer mehr Aufmerksamkeit. Ganz im Sinne der Entführer, denn diese verlangen ein Lösegeld in Höhe von zwei Millionen Euro, welche über Crowdfunding finanziert werden sollen.
Nach dem tollen Roman "In guten wie in toten Tagen" war für mich klar, dass ich auch Mayers neuen Thriller für junge Erwachsene lesen würde. Die Handlung ist topaktuell, da sie das Zeitalter rund um Projekte im Internet, soziale Netzwerke und Crowdfunding zum Finanzieren von neuen Vorhaben behandelt. Anfangs kam mir Mayers Schreibstil etwas abgehackt vor, da ich über viele sehr kurze Sätze gestolpert bin. Dieses Gefühl hat sich dann aber recht schnell gegeben und ich konnte in die Geschichte abtauchen.
Genial fand ich die Verknüpfung der Hauptgeschichte mit ihren Nebensträngen, denn neben der Entführung passieren noch zahlreiche andere Begebenheiten, die durchaus Raum einnehmen, aber die Haupthandlung und den Leser nicht erdrücken. Dieses hat mir sehr gefallen und hat die Geschichte komplexer gemacht. Durch diese Nebenstränge mit unterschiedlichen Charakteren fällt es jedoch schwer die wahren Protagonisten ausfindig zu machen. Die entführte Myriam, die jedoch nur in Videos in Erscheinung tritt, die Hauptkommissarin Amelie Fröhlich, die zum ersten Mal so einen wichtigen Fall leitet, einer der Verdächtigen, ... Dass der Leser nicht ein oder zwei Figuren direkt an die Hand bekommt, zu denen er eine tiefere Beziehung aufbauen kann, wäre vielleicht ein kleiner Kritikpunkt. Aber mich hat das Gerüst aus mehreren Handlungssträngen darüber hinweg getröstet.
Der Roman bleibt bis zum Ende spannend, da Mayer zahlreichen möglichen Szenarien Platz einräumt und ich nicht wusste, worauf sie abzielt und wie die Geschichte letztendlich aufgelöst werden würde. Somit hat mich die Autoren auch in ihrem zweiten Script5 Roman bestens unterhalten können und ich hoffe, dass im nächsten Jahr wieder ein Roman von ihr in diesem Genre erscheinen wird.
Fazit: Mit "Alle Augen auf dich" ist Gina Mayer erneut ein interessanter Jugendthriller gelungen, der mit einer komplexen, aber nicht erdrückenden Handlungsbreite gekonnt unterhält. 4,5 Sterne für diesen Roman, die ich auf 5 Sterne aufgerundet habe.
Broschiert: 336 Seiten