Halluzinationen in Büchern

  • Ich möchte mich gerade ein wenig vor der Arbeit drücken und durchstöbere nebenbei meine Youtube-Playlisten. Dabei bin ich auch auf einen Filmausschnitt gestoßen, in dem sehr bild- und tongewaltig eine Halluzination dargestellt wird. Es handelt sich um eine Szene aus dem tollen Spielfilm Der Höllentrip/Altered States des britischen Kino-Derwischs Ken Russell (eine Verfilmung des phantastischen Romans Die Verwandlungen des Edward J. von Paddy Chayefsky) über einen radikalen Wissenschaftler, der Bewusstseinszustände früherer Evolutionsstufen nachempfinden möchte (hier übrigens der Youtube-Link).


    Unwillkürlich dachte ich beim Anschauen: Wie könnte das geschriebene Wort in Belletristik oder Fachliteratur jemals ein solches Einprasseln von Sinneseindrücken, eine solche Gleichzeitigkeit von Reizen, ein solches Delirieren in Farben und Klängen in ähnlich überwältigender Weise wiedergeben?


    Gewiss, einige literarische Versuche in die Richtung kenne ich schon, habe ich doch als Heranwachsender die Bücher des Anthropologen Carlos Castaneda über seine Begegnungen mit dem mexikanischen Yaqui-Indianer Don Juan geradezu verschlungen (bis es mir dann etwas zu esoterisch geriet und nach und nach auf bewusstseinserweiternde Kakteen-Drogen verzichtet wurde :wink::geek: ).


    Euch fällt bestimmt noch viel mehr ein! Deswegen frage ich in die Runde: Welche Beschreibungen von Halluzinationen in der Literatur kennt ihr? Welche haltet ihr für gelungen, welche weniger?



    Zuvor erscheint es mir jedoch angeraten, den Begriff HALLUZINATION kurz mithilfe von Wikipedia zu definieren, damit nicht jede simple Geistererscheinung aus einem phantastischen Roman als Halluzination gewertet wird - was mitnichten heißen soll, dass es in Fantasy- und Horrorromanen keine Halluzinationen gibt!):


    Es handelt sich bei Halluzinationen um Sinneseindrücke ohne nachweise Reizgrundlage. Man sieht zum Beispiel Objekte, die nicht anwesend sind. Neben optischen Halluzinationen gibt es auch akustische Halluzinationen (etwa: Stimmenhören). Der Halluzinierende hält das Wahrgenommene in jedem Fall für real. Es handelt sich um eine Wahrnehmungstäuschung ähnlich - aber nicht identisch mit - einer ILLUSION. Denn Illusionen unterscheiden sich von Halluzinationen dadurch, dass bei ihnen ein realer Sachverhalt verändert wahrgenommen wird. (Außerdem gibt es noch Pseudohalluzinationen, bei denen der Wahrnehmende merkt, dass seine "seltsame" Wahrnehmung nicht der Wirklichkeit entspricht. Bei Schlafentzug oder beim Übergleiten vom Wachzustand zum Schlafen erlebt man solche Phänomene manchmal.)


    Gewissermaßen als Mittelweg lassen sich vielleicht auch religiöse VISIONen verstehen: Nicht sinnlich Erfahrbares wird wahrgenommen, wofür dann eine religiöse oder spirituelle Erklärung aus einer jenseitigen Welt angenommen wird.


    Halluzinationen können unter anderem durch Psychosen oder durch Drogeneinfluss hervorgerufen werden. Diese Felder werden wahrscheinlich am häufigsten in der Literatur beackert werden. Denkbar sind aber natürlich auch pathologische Ursachen, wie zum Beispiel im Zusammenhang mit Epilepsie oder Schizophrenie.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Es handelt sich um eine Szene aus dem tollen Spielfilm Der Höllentrip/Altered States des britischen Kino-Derwischs Ken Russell


    An diesen Film erinnere ich mich heute noch sehr gut, obwohl es lange her ist, dass ich ihn gesehen habe. Sehr empfehlenswert. Ich wusste allerdings nicht,
    dass es eine Buchvorlage gibt.


    Ich beginne mal mit dem in den 60ern zum Kult gewordenen Erfahrungen von Herrn Huxley. Er erzählt hier von seinen Erlebnissen mit der Droge Mescalin (Peyote Pilz).
    Es gehr um Bewusstseinserweiterung, um schöne aber auch höllische Erfahrungen mit der Droge. Unterteilt ist das Ganze deshalb auch in Heaven & Hell.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Dieser autobiografische Roman von de Quincey beschreibt nicht nur die Halluzinationen bzw. Träume sondern ein ganzes Leben
    mit der Droge Opium. Sehr offen und direkt geschildert.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Hast Du da schon an Dostojewski gedacht? Es gibt verschiedene Szenen, ob zB im "Idioten", in "Verbrechen und Strafe" oder im "Doppelgänger" ... Auf jeden Fall lesenswert.