Eric Walz – Die Sternjägerin

  • Originaltitel:
    Die Sternjägerin


    Zum Autor:
    Eric Walz (*29. März 1966 in Königstein im Taunus) ist ein deutscher Schriftsteller. Er ist v.a. mit historischen Romanen bekannt geworden.
    Walz absolvierte nach der Schule eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann. Anschließend arbeitete er als kaufmännischer Angestellter bei einer Versicherung, einem Versandhaus sowie Telekommunikations- und Beratungsunternehmen, unterbrochen durch ein kurzes, jedoch nicht abgeschlossenes Studium (Germanistik). Auch schrieb er Kurzgeschichten für Zeitungen und Magazine. Nachdem Walz eine Zeit lang als selbständiger Personal Trainer für Unternehmen und freier Autor in Berlin gelebt hatte, entschied er sich im Alter von 35 Jahren schließlich, sich ganz auf das Schreiben zu konzentrieren.
    Im Jahr 2002 veröffentlichte er sein erstes Buch, Schwule Schurken, eine Sammlung von elf Porträts historischer Persönlichkeiten, die Walz mit Homosexualität in Zusammenhang brachte. Walz wollte mit diesen Darstellungen zumeist negativ besetzter Figuren nach eigener Aussage auch ein Gegengewicht zum herrschenden Zeitgeist setzen.
    Mit seinem Debütroman Die Herrin der Päpste um die römische Papstmutter Marozia hatte Walz 2003 auf Anhieb großen Erfolg. Sein Interesse an geschichtlichen Stoffen schlug sich auch in den historischen Romanen Die Schleier der Salome (2005), der Geschichte der judäischen Prinzessin Salome, und Die Sternjägerin (2006) über die Astronomin Elisabetha Hevelius nieder. Mit Die Glasmalerin legte Walz 2007 einen historischen Kriminalroman vor, der vor dem Hintergrund des Konzils von Trient spielt. Dessen Protagonisten, die Glasmalerin Antonia Bender und der Jesuit Sandro Carrissimi, tauchten auch in Die Hure von Rom wieder auf, wo sie in Rom ermitteln.


    Der erste Satz:
    „In dem Moment, als Elisabeth das Feuer entdeckte, schrie auch schon jemand von irgendwoher: 'Die Sternenburg brennt!'“


    Inhalt:
    Danzig im Jahre 1663: Elisabeth Koopman ist eine junge Frau, die mit ihrer Schwester Lil, ihrem Vater Cornelius, einem Danziger Kaufmann, ihrer Mutter Anna und ihrer Tante Hemma zusammen lebt. Das Haus ist trist, denn Tante Hemma ist der Meinung, dass alles Helle, Weiße, Schöne und Unterhaltsame nur die Sünden in das Haus holt und die Seele verdammt. In dieser Atmosphäre wachsen Elisabeth und Lil auf. Doch Elisabeth hat eine große Sehnsucht: Die Sterne. Seit Kindertagen ziehen sie die Sterne an, sodass sie nachts heimlich im Garten spazieren geht und Strafen riskiert. Als dann eines Tages der angesehene Stadtrat Johannes Hevelius, Kaufmann und Astronom, zu einer Gesellschaft einlädt, wittert Elisabeth ihre Chance: Sie möchte Johannes über die Sterne ausfragen und ihr Interesse bekunden. Doch dann geht alles schief: Elisabeth wird bei einem ihrer nächtlichen Spaziergänge erwischt und muss zur Strafe im Haus bleiben, sodass sie nicht mit auf die Gesellschaft gehen darf.. Doch durch eine List Annas entgeht Elisabeth dieser Strafe und fährt mit zur Familie Hevelius. Dort lernt sie den polnischen Soldaten Marek kennen. Doch Lil wünscht sich unbedingt eine Verlobung mit Marek, welcher diese aber nicht will. Als dann Anna Selbstmord begeht und Elisabeth den Haushalt übernehmen soll, geht alles rund: Sie fängt eine Liebelei mit Marek an, welcher sie heiraten möchte. Als Elisabeth nach Katharina Hevelius' Tod jedoch einen Antrag von Johannes Hevelius bekommt, muss sie sich entscheiden: Sie heiratet Marek, die Liebe ihres Lebens, oder sie heiratet Johannes und kann ihren Traum, Astronomin zu werden, verwirklichen...


    Meine Meinung:
    Insgesamt ist die Geschichte gut erzählt, sie ist in sich schlüssig und sehr anschaulich. Doch irgendwie stören mich ein paar Sachen an der Erzählung.


    Doch jetzt erst einmal zu den Personen:
    Elisabeth Koopman ist die Protagonistin in diesem Roman. Sie ist neugierig, trotzig, testet die Grenzen gerne aus und hält sich nur widerwillig an Konventionen. Seit Kindertagen ist sie vernarrt in den nächtlichen Sternenhimmel, sodass sie heimlich nächtliche Spaziergänge im häuslichen Garten unternimmt. Diese Leidenschaft ist aber gefährlich: Tante Hemma, ihre bösartige Tante, versucht alles, um Elisabeth loszuwerden, sie schlecht und ihr das Leben zur Hölle zu machen. Als Elisabeth aber eines Tages erwischt wird und deswegen nicht auf eine Gesellschaft mitgehen darf, hilft ihr Mutter Anna Koopman durch eine List. Auf dieser Gesellschaft lernt Elisabeth den jungen Soldaten Marek kennen. Sie bewundert und verliebt sich in ihn, weil er frei ist, offen spricht und offen handelt, und niemandem Rechenschaft ablegen muss.
    Marek Janowicz ist ein freilebender, unkonventioneller polnischer Soldat und Frauenheld. Man kann sagen: Egal, wo er ist, an jeder Hand hat er mindestens zwei Frauen parat. Dabei ist es ihm egal, ob die Frauen noch Jungfrauen sind, verheiratet oder verwitwet. Eines Tages macht er Lil Koopman, Elisabeths Schwester, den Hof und stiehlt ihr einen Kuss. Dieses Ereignis bringt ihn in äußerste Bedrängnis: Lil ist nun der felsenfesten Meinung, dass Marek sie liebt und sie heiraten will. Elisabeth und er treffen sich auf Hevelius' Gesellschaft zum ersten Mal: Elisabeth ist in erster Linie da, weil sie das Observatorium von Johannes Hevelius sehen möchte, Marek hingegen ist eingeladen worden, weil Cornelius Koopman die bevorstehende Verlobung mit Lil besprechen möchte, von der Marek aber nichts weiß. An diesem Abend beginnt eine heimliche Liebelei zwischen Marek und Elisabeth.
    Lil Koopman, Elisabeths ältere Schwester, ist eine herzliche, glückliche junge Frau, die aber auch sehr eitel und arrogant ist. Lil ist der Meinung, dass sie diejenige ist, hinter der alle Männer her sind und Elisabeth es nicht verdient hat, begehrt zu werden. Sie sieht sich selbst als die schönere der beiden Schwestern an und tut alles, um in der Danziger Gesellschaft beliebt zu sein. Doch dann wendet sich das Schicksal: Marek will Lil nicht heiraten und sie versinkt so tief in Selbstmitleid, dass sie Realität von Fantasie nicht mehr unterscheiden kann. Nach dem Tod Annas und der Heirat ihrer Schwester, dreht Lil komplett am Rad: Sie als ältere Schwester muss nun den elterlichen Haushalt führen und wird nicht heiraten. Sie kocht vor Wut, Eifersucht und Neid und hat auch kein Problem damit, Elisabeth das Leben so schwer wie möglich zu machen. Doch dies zeigt sie nicht offen, denn sie hat sich über die Jahre angewöhnt, eine perfekte Schauspielerin zu sein.
    Johannes Hevelius ist ein angesehener Stadtrat, Bierbrauer, Kaufmann und Astronom. Er lebt zusammen mit seiner Frau Katharina im gemeinsamen Haus, ist jedoch kinderlos. Seine große Leidenschaft ist die Astronomie, der er allen anderen Tätigkeiten vorzieht. Katharina geht ihm dabei zur Hand, indem sie die Brauerei führt und kaufmännische Tätigkeiten verrichtet. Er ist von sich selber ziemlich eingenommen, wünscht sich jedoch eine Partnerin, die seine Begeisterung für die Astronomie mit ihm teilt (Katharina interessiert das nämlich alles nicht). Nach Katharinas Tod will er Elisabeth Koopman heiratet, weil er von ihr begeistert ist: Sie liebt die Astronomie wie er, ist neugierig und sie bewundert ihn aus tiefstem Herzen. Außerdem ist sie noch unverheiratet.
    Zum Schluss bleibt noch Tante Hemma. Sie ist Cornelius' Koopmans Schwester und quasi die Tyrannin des Hauses. Sie ist eine bösartige, fanatische alte Frau, die hinter jeder Ecke Sünden sieht und diese bis aufs Blut bekämpft. Nach dem Tod ihres Mannes zog sie bei ihrem Bruder ein und tyrannisiert seitdem die komplette Familie: Sie hat sehr starre Zeiten eingeführt, die jeden Tag unbedingt eingehalten werden müssen. Sie hat die Fenster verhüllt, damit kein Licht und damit keine Helligkeit ins Haus kommt. Sie hat Musik, Kunst und Wissenschaft aus dem Haus verbannt, weil dies Sünden seien und die Seele gefährden. Freundliche Gemälde sind dunklen Kerzen oder Kreuzen gewichen, helle Farben eher grau und schwarz. Und Hemma gehört ein besonderer Platz in der Geschichte: Sie ist DIE Intrigenspinnerin, die vor Lügen, Betrügen, Psychoterror bis hin zum Kindsmord nicht zurückschreckt.


    Die Personen an sich sind schön ausgefeilt, sind abwechslungsreich und gut aufeinander abgestimmt. Jedoch bleiben die Charaktere zum größten Teil in ihrer Rolle und eine Veränderung, die einmal eingetreten ist, wird niemals wieder zurück gemacht. Die ein oder andere Person ändert sich im Laufe der Geschichte mehr oder weniger, doch im Großen und Ganzen bleiben die Personen in ihrer Rolle stecken. Teilweise über die 17 Jahre, in der der Roman spielt.
    Und das ist für mich ein Knackpunkt: Sie ändern sich kaum. Es ist so gut wie keine charakterliche Entwicklung festzustellen. Lil ist die einzige, die sich von Grund auf ändert, und das nicht zu ihrem Vorteil. Auch Marek verändert sich, jedoch schon ziemlich früh und sehr abrupt. Elisabeth hat sich nur minimalst geändert, jedoch ist dies meistens nicht unbedingt der Rede wert. Man kann nur geringe charakterliche Entwicklungen mitverfolgen, selbst nach großen Schicksalsschlägen.


    Insgesamt ist die ganze Geschichte aber gut aufgebaut. Gut, sie ist teilweise vorhersehbar, wenn man die historische Geschichte dahinter kennt (siehe Johannes und Elisabetha Hevelius). Doch die zusätzlichen Personen könnten die Geschichte theoretisch unberechenbar machen, doch leider bleiben sie so in ihrer Rolle, dass nichts unerwartetes passiert. Es gibt nur kleine Punkte, an denen die Geschichte auf der Kippe steht, doch die werden so schnell wie möglich wieder gerade gebogen.
    Teilweise fand ich die Storyline auch sehr... willkürlich. So kann ich mich an eine Stelle erinnern, an der die Geschichte fast einen anderen Verlauf genommen hätte, als die Historie es vorgegeben hat. Dann wurde mit Hilfe des Zufalls alles wieder so hin gebogen, dass es wieder zur Historie passt und die Geschichte diesen Verlauf nimmt. Das fand ich ziemlich schade, denn den Bogen zur ursprünglichen Historie hätte man auch anders legen können als ganz abrupt, weil der Zufall und das Schicksal es so wollen, aus heiterem Himmel. War nicht die optimale Lösung.
    Doch ansonsten ist die Geschichte in sich logisch, gut strukturiert und hat ganz klare Schwerpunkte. Und diese Schwerpunkte werden auch konsequent eingehalten.


    Der Schreibstil ist angenehm zu lesen. Er ist nicht so auf bildliche Beschreibungen aus, die Fantasie des Lesers wird oftmals angeregt, weil oftmals einfach nicht beschrieben wird, wo sich jetzt bestimmte Personen aufhalten. Diese stehen oftmals in der Schwebe, der Leser muss sich den Raum bauen. Ansonsten ist er angenehm, ist einfach und gut lesbar.


    Alles in allem gebe ich dem Roman 3 Sterne. Er ist gut, übersichtlich, strukturiert und den Schreibstil kann man gut lesen. Leider hat der Roman auch größere Schwächen, die zwar nicht unbedingt beim aller ersten Lesen auffallen, aber mir sehr ins Auge gestochen sind. Diese Schwächen wurden aber einigermaßen kaschiert und gut verpackt.


    Bewertung:
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:



    Weiterführende Links (Hintergrundinformationen):
    http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Hevelius
    http://de.wikipedia.org/wiki/Elisabetha_Hevelius

    *~* Ich sage euch: man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. (Friedrich Nietzsche) *~*


    :study: tbc


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