London, 1553: Der junge Brendan Prescott ist ein Findelkind und auf dem Landgut der Dudleys aufgewachsen. John Dudley ist inzwischen zum Duke of Northumberland aufgestiegen und regiert derzeit England, da der junge König Edward VI, noch minderjährig und zudem schwer krank ist.
Lady Dudley holt Brendan an den Hof des Königs und er erhofft sich eine steile Karriere, denn die Zeiten haben sich geändert, man muss in diesen Tagen kein Adliger mehr sein, um sich am Hof unentbehrlich zu machen.
Doch vorerst soll er der Kammerdiener von Robert Dudley werden. Schon am ersten Abend bekommt Brendan einen Auftrag seines jungen Dienstherren - er soll Prinzessin Elizabeth einen Ring und eine Botschaft überbringen. Brendan ist sofort von ihr hingerissen und da sie an diesem Abend in eine unschöne Situation gerät, kann er ihr sofort zu Diensten sein.
Brendan kommt schon nach kürzester Zeit hinter die Intrige, die die Dudleys gegen die jungen Tudors ersonnen haben. Da seine Loyalität Elizabeth gehört, gerät er als "Doppelagent" schon sehr schnell zwischen die Fronten.
Mir hat dieser historische Krimi sehr gut gefallen, er ist temporeich, spannend und war in kürzester Zeit weggelesen. Die historischen Tatsachen biegt sich der Autor allerdings ein wenig so zurecht, dass es zur Handlung seines Romanes passt, beispielsweise in diesen beiden Punkten:
Spoiler:
Elizabeth besteht darauf, von ihrem sterbenden Bruder Abschied zu nehmen, und auch Maria besucht ihn vor seinem Tod - die beiden Besuche gab es allerdings nicht.
Christopher Gortners Handlung basiert darauf, dass Northumberland den König gezwungen hat, die Thronfolge dahingehend zu ändern, dass Maria und Elizabeth von der Thronfolge ausgeschlossen werden, und ihm stattdessen Jane Grey (und damit sein Sohn Guildford) nachfolgt, was historisch nicht nachgewiesen, aber natürlich auch nicht ausgeschlossen ist.
Ich fand diese Anpassungen nicht so schwerwiegend, da sie die Tatsachen nicht völlig verdrehen, beziehungsweise im Rahmen des Möglichen liegen. Wem historische Korrektheit sehr wichtig ist, der wird sich vermutlich doch daran stören.
Brendans Aufstieg zum Doppelagenten ging für meinen Geschmack ein wenig zu schnell, gerade war er noch Stallbursche auf irgendeinem vergessenen Landgut und kaum ist er am Hof angekommen, interessieren sich die bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit für ihn und trauen ihm zu, die höfischen Ränkespiele zu durchschauen. Brendan ist der Ich-Erzähler der Handlung, man sieht also nur durch seine Augen. Ich mag diese Perspektive in Krimis sehr gerne, da man als Leser immer nur dieselben Informationen wie der Erzähler hat und quasi mit ermittelt. Der Nachteil ist definitiv, dass schon im Vorfeld klar ist, dass Brendan sich aus jeder brenzligen Situation irgendwie wieder herauswinden wird. Die übrigen Charaktere sind bis auf wenige Ausnahmen sehr schwarz-weiß gehalten, was ich aber aufgrund der Erzählperspektive ganz gut verzeihen konnte - Brendan kann sie eben leiden oder nicht.
Wenn man schon viel über die Tudors gelesen hat, kann man die Handlung natürlich sehr gut voraussehen und da Gortners Personal ohnehin sehr prominent ist, weiß man auch ziemlich genau, in welche Richtung die Geschichte gehen wird. Und auch das Geheimnis um Brendans Herkunft ist nicht ganz so undurchschaubar, wie es der Autor bestimmt gerne gehabt hätte .
Dennoch war es durchgehend spannend und dieser Krimi hat mich sehr gut unterhalten. Ein besonderer Pluspunkt war meiner Meinung nach, dass die Handlung sich diesmal nicht um Heinrich VIII dreht, sondern seine Kinder im Mittelpunkt stehen. Über Elizabeth wurde natürlich schon viel geschrieben, aber über Edward und Maria findet man ja eher seltener etwas.
Tudor-Fans können bei diesem Titel auf jeden Fall zugreifen. Aber auch wer noch nicht viel über die Tudors gelesen hat, kann hier einen interessanten Titel finden - darf allerdings nicht alle Details der Handlung für bare Münze nehmen. Ich werde definitiv auch den zweiten Teil lesen, wenn er erschienen ist.
Von mir gibt's Sterne.