John Cowper Powys - Wolf Solent (ab 27.07.2014)

  • Haben Eure Ausgaben auch ein (recht kurzes) Vorwort von einem gewissen Robertson Davies?

    und ich war grade nach dem Lesen des Vorworts einfach neugierig, wer denn nun dahinter steckt - und siehe da, das ist nicht einfach irgend jemand, der da diese Lobeshymne verfasst hat :wink:wobei ich zugeben muss, dass ich noch nie von dem Herrn gehört hab :pale:


    Robertson Davies

  • >Powys, ob er es weiß oder ob es ihm noch verborgen ist, bekennt sich zu der gewaltigen Lehre der Harmoniker,
    die nicht nach dem Ursprung der Dinge, sondern nach ihrem Wesen, ihrem Dasein fragen. Nicht nach der Vergangenheit
    Gottes sondern nach seiner Gegenwart. denen das Gesetz mehr gilt als die Abstraktion von Gut und Böse.<


    Aus dem Nachwort von Rolf Italiaander



    Kapitel 1: (Das Gesicht auf den Bahnhofsstufen)


    Unsere Hauptfigur, Wolf Solent befindet sich im Zug der ihn zu seiner neuen Anstellung in Dorset bringen soll. Seine Gedanken- und Gefühlswelt scheint in
    großer Aufruhr ob des Wiedersehens mit dem Ort an dem er seine frühe Kindheit verbracht hat. Wir erfahren, dass seine Mutter nach dem Tod des Vaters
    Dorset verließ und soweit ich das verstanden habe, war der Vater in irgendeinen Skandal verwickelt. Wolf hat als kleiner Junge aber nur im Vater so etwas wie
    Verständnis und Wohlwollen erfahren und da er selbst seine Lehrertätigkeit aufgrund eines wilden Ausbruchs während einer Lehrveranstaltung verlor, scheint
    ihm das Blut des Vaters wohl recht nah zu sein. 10 jahre war er dort tätig, aber wenn er zurückblickt hört sich das so an: (S.17 d.Ü)


    Zitat

    Vielleicht habe ich die Wirklichkeit nie so kennengelernt, wie andere Menschenwesen sie kennen, dachte er. Mein leben ist arbeitssam gewesen, eintönig,
    geduldig. Ich habe wie ein Kamel meine Last getragen. Und ich war dessen fähig, weil es ja gar nicht mein wirkliches Leben war! Mythologie war mein wirkliches
    leben.


    Es wird schon früh klar, dass Wolf Solent wohl ein recht exzentrischer Mensch ist, der sich intensiv um seine Empfindungen kümmert und sich offensichtlich seine
    ganz eigene Realität schafft. Auf Seite 16 wird deutlich, dass er sich selbst als ein Außenstehender betrachtet.


    Zitat

    Zutiefst in seinem Wesen empfand er eine Verachtung, die in ihrer Überhebung über all die menschlichen Erscheinungen weltlichen Erfolges eigentlich bösartig
    war. Es war als wäre er ein Wechselbalg von einem anderen Planeten, auf dem all die Prozesse des Lebens - die großen dualistischen Kämpfe zwischen Leben und Tod -
    niemals aus dem Zauberkreise des privaten Bewusstseins des Individuums hervortraten.


    Wenn man sich eine längere Zeit mehr auf zeitgenössischen Bücher konzentriert, ist es gar nicht so einfach sich auf die Sprache Powys und die vielen inneren Monologe
    der Hauptfigur einzulassen. Aber ich denke, dass wird sich mit den nächsten Kapiteln wieder legen, zumal ich Cowper Powys Stil ja schon aus seinen anderen
    Werken kennengelernt habe. Bisher auf jeden Fall ungewöhlich aber sehr interessant zu lesen.


    Ach ja, hier noch etwas zu den Orten in Dorset. Cowper Powys hat einige einfach umbenannt. So ist Ramsgard eigentlich Sherborne und King`s Barton ist Bradford Abbas.
    ich kenne die Ecke aus einigen Fahrten im Südwesten Englands und vor allen Dingen Sherborne und Yeovil (bei Powys - Blacksod) sind wunderschön und haben eine fast
    unwirkliche Atmosphäre.


    Zum zweiten Kapitel dann später abends............


    lg taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Wenn man sich eine längere Zeit mehr auf zeitgenössischen Bücher konzentriert, ist es gar nicht so einfach sich auf die Sprache Powys und die vielen inneren Monologe
    der Hauptfigur einzulassen. Aber ich denke, dass wird sich mit den nächsten Kapiteln wieder legen,

    So geht es mir auch gerade - ich muss mich ziemlich umstellen im Moment :wink: weshalb ich grad durchs erste Kapitel "schnecke"


    soweit ich das verstanden habe, war der Vater in irgendeinen Skandal verwickelt

    Diesen Hinweis gibt Powys einfach herrlich im Original - das Du bestimmt auch bald in Händen hältst, @taliesin :wink:


    Zitat

    for it was from a respectable position as History Master in Ramsgard School that his father had descended, by a series of mysterious headlong plunges, until he lay dead in the cemetery of that town, a byword of scandalous depravity.

    :drunken:

  • Ich habe das erste Kapitel auch beendet und muss sagen: noch bin ich nicht drin in der Geschichte. Das liegt zum einen an Powys Stil, an den ich mich erst noch gewöhnen muss (ich mag es eigentlich lieber grad und schnörkellos, diese Detailverliebtheit liegt mir nicht ganz so sehr) und zweitens an dem sehr eigenwilligen Protagonisten, der ja irgendwie nur um sich selbst und seine "sensations" kreist. Das ist so gar nicht mein Typ Mensch 8-[ Ja, Barde, er ist sehr exzentrisch in meinen Augen….. und einer, der das Hotel Mama liebt :roll: auch nicht gerade das, was ich liebe.


    Allerdings haben die Details in Powys Beschreibungen auch ihren Reiz - so find ich die Beschreibungen von Solents Reisegefährten, der bluebottle fly, recht witzig :lol:

  • Hallo! Ich habe mich auch gerade durch die ersten zwei Kapitel "geschneckt". Dabei sind meine Eindrücke ganz ähnlich wie eure. Einige Sätze musste ich mehrfach lesen, um sie ganz zu erfassen, wobei ich erstaunt bin, welch Formulierungen Powy gefunden hat. Kapitel 2, S38:

    Zitat

    Das Resultat dieser völligen Verlöschung des Sonnenuntergangs war, dass die Welt zu einer Welt wurde, in der jeder grüne Gegenstand an ihrer Oberfläche eine fünffache Verstärkung seines Grüns erfuhr. Es war, als ob eine enorme grüne Flutwelle, bestehend aus einer Substanz, durchsichtiger als Wasser, über die ganze Erde gebrandet wäre; oder eher, als ob irgendeine diaphane Essenz all des durch lange Regentage geschaffenen Grüns an diesem einen Mittag verdampft wäre, nur um mit der Annäherung des Zwielichts in kaltem, dunklem, smargdfarbenem Tau niederzusinken


    :drunken: Wie lange brauchte Powy, um solche Sätze zu finden?? Und ganz verstehe ich einige Bilder nicht, hier als einfaches Beispiel:"grüne Flutwelle, durchsichtiger als Wasser"-ist das der Übersetzung zu verschulden oder einfach als (Unlogik der) Poesie zu verstehen?
    Das zweite Kapitel mit seinen Personenbeschreibungen und Handlung finde ich ewas griffiger, eigentlich sogar stellenweise amüsant, va. der Besuch bei der Dame. Insgesamt schwingt eine gehörige Portion Humor im Sinne karikaturistisch überzogener Personenbeschreibungen mit, oder verstehe ich da etwas falsch? Ich finde auch, das Wolf Solent im zweiten Artikel einen anderen Eindruck vermittelt. Weniger exzentrisch, durchaus der Aussenwelt angepasst, wenn auch weiterhin passionierter Beobachter. Bleibt abzuwarten, ob seine Beobachtungen zuverlässig sind ( :winken: Gruss an Hypocritia) .

    und einer, der das Hotel Mama liebt auch nicht gerade das, was ich liebe.


    Mir scheint, Solent hat eigentlich kein gutes Verhältnis zu seiner Mutter.
    Kapitel 1, S.15:
    [/quote]In seiner Kindheit hatte die Mutter in ihrer oberflächlichen Art ihn oft deswegen verspottet...[/quote]
    Kapitel 2, S21:

    Zitat

    und da überkam ihn eine vage Erinnerung an einen Vorfall aus jenen frühen Jahren, bei dem seine Mutter bei ebendiesem schäbigen Fuhrwerk...gestanden war und mit einem Blick verächtlichen Spottes auf dem furchtgebietenden Gesicht ihm etwas Hartes und Ironisches gesagt hatte, von dem seine Eigenliebe getroffen wurde wie von einem Peitschenhieb.


    die Frage ist nur, warum er so ein enges Verhältnis zu ihr pflegt, er verspricht ihr ja auch, sie nachkommen zu lassen ?( . Zumindest erklärt diese Mutter ein bisschen, warum Solent sich so gerne "in seine Seele versinken" (S.14) lässt :wink: .
    Bis dann!

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)

  • Kapitel 2


    Wolf Solent ist also angekommen und besucht Miss Selena Gault - eigentlich kennt er sie ja gar nicht, dabei hatte ich zuerst den Eindruck, als wolle er eine alte Freundin von früher besuchen. Und dann stellt sich heraus, dass die Dame wohl irgendeine Form von Beziehung zu seinem Vater hatte und seine Mutter und sie sich von Kindesbeinen an gehasst haben. Aha…. :-s wie auch immer diese Beziehung ausgesehen hat, Miss Gault jedenfalls scheint Solents Vater noch immer nachzutrauern. Sie begleitet ihn zu dessen Grab und scheint dort oft hinzugehen. Auffällig fand ich ihre herablassende Art - sie nennt Solent ja auch immer nur "boy". Trotzdem fordert sie ihn zu weiteren Besuchen auf…. Warum hat Powys sie als so hässlich beschrieben - als Kontrast zu Wolfs Vater, der wohl sehr gut aussehend war? Als das Spiel mit Gegensätzen, auf das im Vorwort ja schon hingedeutet wurde?


    Wolf trifft dann im Hotel auf Mr. Otter, der ihn in den Nachbarort bringen soll und bei dessen Mutter Wolf auch ein Zimmer beziehen wird. Mr. Otter scheint ein sehr gepflegter Gentleman zu sein und die beiden sich auch gut zu verstehen - aber wirklich mehr erfahren wir nicht über diesen Herrn. In welcher Beziehung er wohl zu Wolfs künftigem Arbeitgeber steht? Er scheint aber auch einen Gegensatz zu Wolf darzustellen.


    Auf der Fahrt hab ich den Eindruck gewonnen, dass Wolf eigentlich ein recht furchtsamer Charakter zu Grunde liegt - immer hat er Angst als ob irgendetwas ihn bedrohen könnte. Ihn oder besser seine Scheinwelt, in die er sich immer flüchtet und die er wohl fast auf Kommando herbeirufen kann. Mir scheint er der introvertierte Typ zu sein. Aber ich schreibe es mal nicht der "bösen" Kindheit in London oder dem angespannten Verhältnis seiner Eltern zu, sondern einfach ihm als Charakter.


    Ich hab auch in diesem Kapitel noch sehr mit den extrem detaillierten Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen zu kämpfen, das liegt mir gar nicht ... :-?


    Und ganz verstehe ich einige Bilder nicht, hier als einfaches Beispiel:"grüne Flutwelle, durchsichtiger als Wasser"-ist das der Übersetzung zu verschulden oder einfach als (Unlogik der) Poesie zu verstehen?

    Nein, das ist kein Übersetzungsfehler, es steht genau SO auch im Original geschrieben, die ganze von Dir zitierte Passage. Ganz im Gegenteil scheint der Übersetzer doch sehr gut zu sein, er bringt dieselbe Stimmung hoch wie Powys.

  • als Kontrast zu Wolfs Vater, der wohl sehr gut aussehend war? Als das Spiel mit Gegensätzen, auf das im Vorwort ja schon hingedeutet wurde?


    Ich habe dieses Vorwort nicht in meinem Buch, aber mir ist aufgefallen-teilweise hat es mich manchmal irritert-dass Stimmungen, Beobachtungen, Sympathie/Antipathie ganz schnell umschlagen können (Beispiele morgen). Mal schauen ob das so bleibt.

    Aber ich schreibe es mal nicht der "bösen" Kindheit in London oder dem angespannten Verhältnis seiner Eltern zu, sondern einfach ihm als Charakter.


    Diese Zuschreibungen sind so ein berufsbedingter Tic von mir ;)
    Nur als kurzes Blitzlicht: habe jetzt Kapitel 3 durch und bin plötzlich voll dabei, nur muss ich jetzt langsam aufhören, bin so müüüüde. Gute Nacht, Squirrel (und den anderen eventuellen Nachtschwärmern ;)) !!!

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


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  • Auf der Fahrt hab ich den Eindruck gewonnen, dass Wolf eigentlich ein recht furchtsamer Charakter zu Grunde liegt - immer hat er Angst als ob irgendetwas ihn bedrohen könnte. Ihn oder besser seine Scheinwelt, in die er sich immer flüchtet und die er wohl fast auf Kommando herbeirufen kann.


    Er schrieb ja schon, dass seine gesamte Zeit als Lehrer für ihn auf einer Ebene war die sein wahres Leben, seine Mythologie nicht berühren soll. Aber natürlich kann
    er das nicht so einfach trennen. So fühlt er sich von der ihm unbekannten Zukunft bedroht und spürt auch wie dieses Element in ihm an die Oberfläche dringt.
    Am Ende des zweiten Kapitels beschreibt er dieses Gefühl sehr deutlich: S. 43.


    Zitat

    Was immer diese geheimnisvolle Erregung sein mochte, sie kroch jetzt vor, dem neuen Element entgegen, als wäre sie sich dessen bewusst, dass sie eine
    macht in sich trug, ebenso furchtbar, ebenso unberechenbar wie irgendetwas anderes, dem sie hier begegnen konnte.


    Ich habe dieses Vorwort nicht in meinem Buch, aber mir ist aufgefallen-teilweise hat es mich manchmal irritert-dass Stimmungen, Beobachtungen, Sympathie/Antipathie ganz schnell umschlagen können (Beispiele morgen).


    Solent wirkt manchmal sehr beeinflussbar und sich seiner Stimmungen und Beobachtungen nicht ganz sicher. Anfangs findet er Selena hässlich, aber bald entdeckt er dann
    ihre schönen Hände, ihr einnehmendes Lächeln etc. Ich denke, wir müssen hier sehr aufpassen, ob er da so zuverlässig ist unser Herr Solent.


    Squirrel: An die detalllierten Landschafts- und Stimmungsbeschreibungen werden wir uns gewöhnen müssen, denn davon lebt Powys Schreibstil. Seine Mythologie ist
    ganz eng mit der Natur und den Stimmungen verbunden.


    lg taliesin

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  • Kapitel 3: (Eine Chronik von Dorset)


    Also, dass ist schon eine ziemlich skurrile Ansammlung von Typen die uns hier begegnen. Man fühlt sich zuweilen wie in einem alten schwarz/weiß
    Gruselfilm aus den 20ern. Das wirkt bewusst überzeichnet und teilweise urkomisch.


    Es beginnt mit dem verdammten Weihrauchstreuer der sich in der falschen Kneipe aufhält, setzt sich mit alten Haushaltshilfe fort, die Solent förmlich
    aus dem Haus treibt, damit Master Darnley ihn nicht zum Herrenhaus begleitet und geht weiter mit dem äußerst skurrilen Empfang durch den Diener
    im Herrenhaus und findet dann den Höhepunkt mit dem Chef des Hauses, Herrn Urquhart. "Was hör ich da, eh? Was hör ich da, eh?" :loool:


    Solent fühlt sich wohl im Hause des alten Herrn und jener kommt direkt zum Thema. Solents Aufgabe besteht darin eine Chronik von Dorset und wohl


    speziell eine Chronik von Ramsgard zu verfassen. Was dem alten Herrn aber ganz besonders am Herzen liegt, sind wohl die Skandale in der Historie.


    Zitat

    Wir dürfen nur das aufnehmen, was Mark hat und Saft und Salz. Sachen wie Ehebrüche, Mordtaten und Hurereien.


    Damit hört der alte Kauz aber nicht auf, nein, er setzt noch einen drauf:


    Zitat

    Ich dachte, dass ich gerne jene Perspektive zu den menschlichen Ereignissen bekäme, die die Bettpfosten in Bordellen sich im Laufe der Zeit
    erwerben müssen - und die Schanktische der Kneipen - und die Zimmer der Haushofmeister in alten Häusern - und die schlammigen Gräben in viel
    und lang von Liebespaaren frequentierten Straßen.


    Der Squire ist schon eine seltsame Person und es scheint nicht nur ein wenig Boshaftigkeit zu sein was da in ihm brodelt. Solent sieht ihn als seinen
    Antagonisten und merkt schnell, dass ihm hier eine schwere Aufgabe bevorsteht. Dann erfährt er ganz nebenbei, dass sein Vorgänger entlassen wurde,
    bzw. bei seiner Arbeit verstarb. Der gute Squire wirkt langsam wie eine modernere Version des alten Count Dracula.


    Ganz besonders beeindruckt ist Solent von des Squires Beschreibung des Priesters. Er nennt ihn Tilly-Valley und lässt keinen Zweifel daran, dass der arme
    Priester so etwas wie eine Marionette ist, die tanzt wenn er an der Strippe zieht.


    Zu Hause eingetroffen begegnet Solent dann noch dem Weihrauch schwingenden Dichter, der es sich in seinem Zimmer bequem gemacht hat. Viel mehr
    geht nicht. Unser Herr Solent befindet sich offensichtlich in einer Vereinigung von aüßerst seltsamen Figuren wieder, die einerseits skurril und komisch
    wirken, andererseits aber auch etwas sehr unangenehmes, oder bessser aufdringliches haben.
    So hat Solent dann später auch seltsame Visionen die zwischen Wachen und Träumen einhergehen und wohl seine Verwirrung ob all der Erlebnisse des Tages
    widerspiegeln.


    Dieses dritte Kapitel hat mir sehr gut gefallen. Vor allem die Beschreibung der Personen sind gut gelungen und teilweise zum schreien komisch.
    Bin gespannt wie es weiter geht, denn das vierte Kapitel trägt die Überschrift >Gerda<. Wer weiß, was und da nun erwartet????


    lg taliesin

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Ich winke hier nur mal schnell rein :winken: . Verfolge Eure LR still mit, sehr interessant. Respekt, wer solche Bücher auf englisch liest. :pray: Ich glaube da würde ich Jahre brauchen :mrgreen: Viel Spass Euch noch !

  • Kapitel 3: (Eine Chronik von Dorset)

    Barde, wohin so eilig?


    Zu meiner Schande: ich hänge zwischen Besuch und den Seiten von Kapitel 2, habe aber überhaupt keine Beschwerden oder Klagen anzubringen (yeah, endlich bin ich mal die positive Leserin) bis jetzt. Ich genieße die exzentrisch-überschwengliche Sinnlichkeit des Wolf Solent (soll das "einsamer Wolf" bedeuten?) - er ist jung und fühlt wie alle jungen Menschen, dass etwas ganz Besonderes in ihm steckt (dachte ich früher im Stillen schließlich auch immer - naja, es kam anders, aber was soll's 8-[ ). Seine jugendliche Durchgeknalltheit kommt so schön sinnlich-amüsant rüber, dass ich das als angenehm zu lesen empfinde (ich mochte auch in "Glastonbury Romance" die merkwürdige Verflechtung zwischen Natur und Mystik, die Powys aus dem keltischen und christlichen Bereich und der aristotelischen Philosophie entlehnt und auf ganz eigene Art interpretiert und gemixt hat - jedem Theologen würden wahrscheinlich die Haare vor Entsetzen zu Berge stehen, aber ich genieße das ...).
    Warum sollten auch immer nur Typen vornehmer Herkunft wie Evelyn Waughs Sebastian Flyte durchgeknallte Exzentriker sein dürfen, warum nicht auch solche von einfacher Herkunft wie Wolf Solent? Er hat halt nicht das Geld, das ihm erlauben würde, seine Exzentrik offen ausleben zu können (denn bei Familien mit Geld hat man doch mehr Nachsicht gezeigt), aber diese energetischen und ein bisschen spinnerten individuellen Gedanken darf er von mir aus gerne haben.


    Gefällt mir gut bisher, das Buch. Schön, wie ungewöhnlich Powys schreibt. :thumleft:

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog

  • Barde, wohin so eilig?


    :lechz: Es ist mit mir durchgegangen, vor allem weil das dritte Kapitel einfach herrlich geschrieben ist.


    Zu dieser von dir erwähnten Verflechtung von Natur und Mystik und dem Entsetzen der Theologen hier ein Zitat aus dem Nachwort von R. Italiaander.


    Man hat ihn mit D.H. Lawrence verglichen. Beide postulieren, dass die Weisheit der Sinne wesentlicher sei als die Weisheit des Intellekts; beide glauben,
    dass christliche Liebe enerviert und die Menschen in ein müdes Herdendasein führt, indem das Mysterium und die Schönheit des Lebens erniedrigt und
    vulgär gemacht werden. Für beide ist Weisheit etwas Kosmisches und Zeitloses, etwas, das wohl Laotse, Buddha, Plato und Christus einschließt, aber letzten
    Endes in einer viel weiter zurückliegenden Vergangenheit wurzelt.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


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  • Also, dass ist schon eine ziemlich skurrile Ansammlung von Typen die uns hier begegnen. Man fühlt sich zuweilen wie in einem alten schwarz/weiß
    Gruselfilm aus den 20ern. Das wirkt bewusst überzeichnet und teilweise urkomisch.

    bei Monk musste ich an Igor von der Nordwand denken :totlach: die Typen sind allesamt einfach irgendwie genial - jetzt wird es auch für mich endlich interessant :lol:


    Der Squire ist schon eine seltsame Person und es scheint nicht nur ein wenig Boshaftigkeit zu sein was da in ihm brodelt.

    so ein bisschen erinnert er mich an Effing :-, Euch nicht auch???


    Seine jugendliche Durchgeknalltheit

    nee, irgendwie kann ich Dir da nicht ganz folgen :-s durchgeknallt ist für mich anders und jugendlich schon ganz und gar. Ich mein, der Kerl ist 35…. :shock: spinnert trifft es da eher, das Wort fällt mir zu Wolf Solent bisher ein…. :loool:


    vor allem weil das dritte Kapitel einfach herrlich geschrieben ist.

    da stimme ich Dir zu, taliesin - jetzt wird die Geschichte für mich spannend mit all diesen skurrilen Typen.

  • so ein bisschen erinnert er mich an Effing Euch nicht auch???


    Ein wenig vielleicht, aber Effing hat wohl auf seine schroffe Art versucht dem jungen Spund Halt und Stärke im Leben zu vermitteln, wogegen der Squire
    wirkt, als hätte er mit seiner Chronik vor halb Dorset bloßzustellen. Der Kerl hat sicher eine sehr dunkle Seite. Aber lesen wir weiter.


    Ich warte, bis ihr alle das dritte Kapitel durch habt..............


    lg taliesin

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  • als hätte er mit seiner Chronik vor halb Dorset bloßzustellen

    wer weiß, welch dunkle Geheimnisse wir noch entdecken :mrgreen: ich bin schon im 4. Kapitel, aber erst am Anfang.. heut Abend bin ich aber unterwegs und von daher schweigsam :wink:

  • Ich wollte gestern Abend noch etwas schreiben, aber dann ist mir zuerst der Akku leergelaufen , dann kam die Wartung ](*,)
    Diesen Tiefschlag muss ich erstmal verkraften :wink: . Setzte mich heute Abend also lieber noch ein bisschen auf die Terrasse und lese weiter. Ich bin übrigens im 5. Kapitel, ich möchte ein bisschen vorarbeiten, weil nächste Woche bei mir die Zeit knapp wird. Also, bis bald!

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  • Aber es scheint keine Übersetzung auf Deutsch zu geben, oder? (in der ich das Buch gelesen hätte, falls ich es vor vielen Jahren einmal gelesen haben könnte )


    Hypocritia. Es gibt eine deutsche Übersetzung des Romans von Huxley- Hier ist sie



    Ach ja, ich habe ein wenig geforscht und konnte für Solent nichts finden was auf >einsam< hinweist.
    Es könnte aber vom lateinischen Verb >solari< hergeleitet sein. Das bedeutet trösten oder stärken

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  • Hallo!
    Ich möchte kurz auf das 4. Kapitel eingehen, bevor ich zu weit weiterlese und wieder alles vergesse (auch wenn heute nicht mein bester Tag ist, wie Hypocritia schon mitgeschnitten hat).


    4. Kapitel Gerda


    (Eigentlich müsste das Kapitel ja Gerda und Christie heissen, denn es tauchen gleich zwei Frauen auf, die wahrscheinlich den Verlauf des Romans wesentlich mitbestimmen werden :wink: )


    Solent erwacht, in seiner Hypersensibiltät zutiefst irritiert einerseits durch die großen Gemälde in seinem Schlafzimmer, andererseits durch den nächtlichen Besuch des Otter-Bruders. Zwar finde ich es nachvollziehbar, dass er sich in seiner Privatsphäre gestört fühlt, dennoch wirkt Solent irgendwie putzig in seiner Empörung: :wuetend: . Überhaupt erscheint er mir bisher wie ein großes Kind, das zum ersten Mal die Welt entdeckt, alles ist neu, Eindrücke prasseln überdeutlich auf ihn ein, insbesondere Details und die Atmosphäre nimmt er dabei wahr, ohne sie ausgiebig zu filtern, und er selbst scheint dadurch in seiner Stimmung schnell beeinflusst zu werden, was wiederum seine Wahrnehmung beeinflusst. Viele der bisher eingeführten Figuren sind überzeichnet, wahrscheinlich verzerrt dargestellt und haben etwas Fratzenartiges, so dass ich denke, wir haben es tatsächlich wieder mit einem unzuverlässigen Erzähler zu tun, oder :-k ?


    Solent nimmt sich an diesem Morgen wieder Zeit, über Erlebtes nachzudenken, arbeitet die Begriffe “Mythologie” und “Fetischverehrung” heraus, die für ihn das Gefühl der Verschmelzung mit der Natur und die Liebe zu den Seelen bedeutet.
    Hier ein paar Ausschnitte zum Thema Fetischverehrung:

    Zitat

    Es war eine Verehrung all der abgesonderten, mysteriösen, lebenden Seelen, denen er nahekam


    Zitat

    Was immer diese Fetischverehrung sein mochte, sicherlich war sie von Liebe unterschieden. Liebe war eine besitzheischende, fiebrige, anspruchsvolle Gemütsbewegung.Sie verlangte Erwiderung. Sie forderte gegenseitige Aktivität. Sie zog Verantwortlichkeit nach sich


    Zitat

    Da schien es ihm, das das, was er sowohl für Dinge als auch für Menschen fühlte, wenn er sie unter bestimmten Beleuchtungen sah, ein Art triumphierender Vermengung von Vision und Sympathie war…. und zwischen seiner Seele und der Seele dessen, was er eben zufällig betrachtete, schien eine schwankende und subtile Gegenseitigkeit hergestellt zu sein



    In der daraufflgenden Begegnung mit dem Dichter-Otter erfährt er, das dieser sich mit der herkömmlichen Form von Mythologie und Götzenverehrung auseinandersetzt und reagiert darauf mit einem Gefühl der Befremdung.


    Weiter im Kapitel erhält Solent von seinem Meister, den Auftrag, Erledigungen in der Stadt zu tätigen: wegen des Grabsteins für seinen Vorgänger nachzufragen und ein Buch abzuholen. (Von Monk erhält er zudem noch den Auftrag, Würste mitzubringen. Welche Rolle spielt dieser Typ eigentlich, und was treibt er da den ganzen Tag :-s ???)


    Beim Steinmetz erblickt Solent zum ersten Mal die Tochter des Hauses :lechz: , die schöne und schweigsame Gerda, die für Solent ein solches Versprechen von Sinnlichkeit darstellt, das er im Folgenden gänzlich beeinflusst von seiner Geilheit (Wort wurde direkt so verwendet, sorry) sich kaum mehr auf irgendwas in der Stadt konzentrieren kann. Der kleine Bruder Lob reibt ihm zudem noch ein paar zweideutige Fotos seiner Schwester unter die Nase, um ein paar Pennys zu verdienen, aber Solent bleibt hart (dann doch!) und bekommt in einer frivolen Szene mit, dass der Metzgerssohn auch auf das Mädel steht und das Bild ersteht.


    Noch halb im Rausch betritt Solent den Buchladen, wo er dem alten Malakite begegnet, der seinen Vater noch kannte, und ihn in seiner Ernsthaftigkeit wieder etwas auf den Boden zurückbringt. Ein Geheimnis scheint hier zu lauern 8-[ . Zufällig taucht der nette Otter-Bruder auf, und alle drei zusammen ziehen sich nach oben zum Teetrinken zurück, wo Solent die zweite Frau trifft, die etwas ätherische, intellektuelle, nymphenhafte Tochter des Buchhändlers, Christie. Obgleich eine Art Seelenverwandtschaft zwischen ihm und ihr zu bestehen scheint, fühlt sich Solent nicht sexuell hingezogen, sondern spricht mit ihr sogar seine Chancen bezüglich Gerda durch, die eine Freundin von ihr ist. Christie belehrt Solent, dass er viele Rivalen habe und Gerda ohnehin schwer zu erobern sei.


    An dieser Stelle möchte ich pausieren und auf euch warten, das Kapitel ist so lang...
    Nur noch kurz ein paar Gedanken/Fragen:


    Habt ihr nicht auch irgendwie das Gefühl, dass hier etwas homoerotisches mitschwingt (wie er Darnley betrachtet, oder auch die zwei Mädchen?)


    Außerdem: Lese ich da ein bisschen Erzältradition wie bei “Jane Eyre” raus oder stehe ich noch zu sehr unter dem Einfluss meiner zweiten Lektüre. Aber die ausgiebigen Naturbeschreibungen, die äußeren Stimmungen, die im Zusammenhang mit den inneren Stimmungen stehen, erinnern mich sehr an das Buch. Außerdem wirkt Christie fast wie eine Reinkarnation von Jane….


    Sind die Schwestern irgendwie als zwei Pole der Liebe, zu sehen irgendwie im Sinne Erotik vs. platonischer/geistiger Liebe zu sehen , oder später: Himmel und Erde?
    Soweit erstmal!
    Bis dann!

    :study: Junge mit schwarzem Hahn- Stefanie vor Schulte


    No two persons ever read the same book (Edmund Wilson)