Richard Ford - Wild leben / Wildlife

  • Was für ein tolles Buch! Nahezu jede Szene ist perfekt. Wenige Worte sind nötig, doch es sind immer genau die richtigen, um aus vermeintlich harmlosen Situationen das Höchstmaß an emotionaler Verworfenheit herauszuholen.


    Inhalt laut Buchumschlag: Es ist das Jahr 1960. Great Falls in Montana scheint für Joes Vater der rechte Ort zu sein, um gutes Geld zu machen und es zu einigem Wohlstand für seine Familie zu bringen. Doch der sechzehnjährige Junge weiß schon bald, dass die Bemühungen des Vaters ihren Sinn verloren haben. Joes Mutter hat sich in einen anderen Mann verliebt und ist bereit, für ihre neue Liebe Mann und Sohn zu verlassen ...

    ... außerdem hat der Vater, fälschlich eines Diebstahls bezichtigt, seinen Job in einem renommierten Golf-Klub verloren. Als er hört, dass dringend Helfer benötigt werden, die grassierenden Waldbrände zu löschen, bricht er - von juvenilem, auf sich selbst zielenden Tatendrang beseelt, in die Wälder auf. Während seiner Abwesenheit von ungewisser Dauer drängen die heimischen Beziehungsprobleme auf eine Entscheidung ...


    Die Geschichte aus der Sicht des "unbeteiligten" (eher passiven, stillen, sprachlos am Alten hängenden) Sohnes zu erzählen, bringt eine sehr anregende Komponente in die Geschichte, fordert das den Leser doch gewissermaßen dazu auf, eine eigene Position zwischen den unterschiedlichen An- und Absichten der Eheleute einzunehmen, wenn beide Elternteile versuchen, den Sohn an ihrer jeweiligen Sicht der Dinge teilhaben zu lassen, sein Verständnis zu erhalten. Und überhaupt: Romane über Eheprobleme kann ja eigentlich jeder schreiben, so vielfältig sind die zur Verfügung stehenden Klischees bereits ausgewalzt, aber auch in Standardsituationen nur die interessanten, neuen und wichtigen Aspekte zu beleuchten, wie es Richard Ford hier tut, ist hohe Kunst! Stille Verzweiflung, Trägheit der Gefühle, kleine Veränderungen im häuslichen Alltag, erstarrtes Beobachten. Und man kann problemlos mit allen Parteien mitfühlen, ihre Lage, Wünsche und Absichten verstehen. Ein Buch, das ganz ruhig alles über den Haufen wirft! Auch wenn sich im Anschein nichts geändert haben mag, ist danach alles ganz anders ...


    Richard Ford ist ein 1944 geborener US-amerikanischer Schriftsteller, vor allem bekannt für seine dickleibigen Romane rund um die Hauptfigur Frank Bascombe ("Der Sportreporter / The Sportswriter" (1986), "Unabhängigkeitstag / Independence Day" (1995) und "Die Lage des Landes / The Lay of the Land"(2006)) und seine hoch geschätzte Kurzgeschichtensammlung "Rock Springs" (1987). Der Roman "Wild leben" ist von 1990 und mit zirka 200 Seiten eher überschaubar ausgefallen. Richard Ford wird der Stilrichtung des "Dirty Realism" zugerechnet. Andere Vertreter sind unter anderem Raymond Carver, Tobias Wolff, Frederick Barthelme, Cormac McCarthy und Jayne Anne Phillips - und wenn man so will auch Charles Bukowski und Carson McCullers. "Dirty Realism" zeichnet sich durch eine sparsame, schmucklose Sprache, detailreiche Beschreibungen und einen Blick auf die düster-gewöhnlichen Seiten des alltäglichen Lebens aus. (Quelle: Internet)

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (54/151)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 56 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Kuhl "Helenes Familie" (23.04.)

  • Die englische Neuauflage von 2006 des im Original "Wildlife" betitelten Romans von 1990 mit 176 Seiten ( - eine preiswerte Kindle-Ausgabe ist ebenfalls erhältlich):

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Manner "Das Mädchen auf der Himmelsbrücke" (54/151)


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