Stuart M. Kaminsky - Aus meinem Leben / He Done Her Wrong

  • Der 2009 verstorbene US-amerikanische Vielschreiber Stuart M(elvin) Kaminsky hatte zeitlebens mehrere Krimireihen zur gleichen Zeit am Laufen, zum Beispiel die Reihe mit dem sowjetischen Inspektor Porifirij Petrovich Rostnikov in Moskau, mit dem verschrobenen Polizeidetektiv Abe Lieberman in Chicago oder dem Privatschnüffler und Ex-Staatsanwalt Lew Fonseca in Florida. Er verfasste auch drei Based-on-CSI:NY-Romane. Die 24 Einträge zählende Toby-Peters-Reihe (geschrieben zwischen 1977 und 2004) versammelt jene fiktiven Fälle eines Privatdetektivs im Kalifornien der 1940er-Jahre, die mit bekannten Größen der US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie und der High Society jener Zeit zu tun haben, unter anderem Errol Flynn, Judy Garland, den Marx Brothers, Bela Lugosi, William Faulkner, Charlie Chaplin, Albert Einstein, Joe Louis und Howard Hughes. Darin liegt hauptsächlich der Reiz. Gebrochene Figuren und tiefschürfende Auslassungen über Schuld und Sühne, Schein und Sein sind eher nicht zu erwarten, dafür abgedrehte Wendungen und skurrile Nebenfiguren.


    Im achten Band mit dem Titel "Aus meinem Leben" (im Original 1983 erschienen) soll Toby Peters das verschwundene Manuskript der Autobiografie von Filmdiva und Sexidol Mae West wiederfinden, in dem auch über das lasterhafte Treiben einiger Schauspielkollegen berichtet wird. Es kommt zu unliebsamen Begegnungen mit einer dubiosen Familie, waffenstarrenden Schlägern und uneinsichtigen Nervenärzten. Das Ende ist verdammt campy, wenn es zu mörderischem Rabbatz auf einer Mae-West-Lookalike-Party kommt.


    Der Roman liest sich im besten Sinne so weg. Er steckt voller lieb gewonnener Klischees aus klassischen Harboiled-Geschichten über Privatdetektive, die allerdings etwas zu ungebrochen reanimiert werden. Wenigstens kann man behaupten, die Klischees verblieben in der Zeit, in der sie entstanden, auch wenn der Roman etwa 40 Jahre später geschrieben wurde. Die Geschichte versucht hartgesotten zu sein, ist aber nicht "dreckig" erzählt, vielleicht insgesamt etwas zu glatt für eine Beschreibung der verruchten Filmbranche der 1940er-Jahre, aber sehr unterhaltsam, wenn auch nicht zynisch, noir oder desillusioniert. James Ellroy und Konsorten hätten aus dem Thema einen wortreichen Strudel aus Schuld, Sex, Rotz und Gewalt gegossen. Stuart Kaminsky dagegen eben nicht: Er verpackt die alten Klischees neu, arrangiert für unterhaltsame Leichtlesestunden.

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


    :king: Jahresbeste: Gray (2024), Brookner (2023), Mizielińsky (2022), Lorenzen (2021), Jansson (2020), Lieberman (2019), Ferris (2018), Cather (2017), Tomine (2016), Raymond (2015)

    :study: Gelesen: 55 (2024), 138 (2023), 157 (2022), 185 (2021), 161 (2020), 127 (2019), 145 (2018), 119 (2017), 180 (2016), 156 (2015)70/365)
    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)

  • Der Originaltitel lautet "He Done Her Wrong". Zuerst veröffentlicht wurde der Roman 1983. Es gibt "natürlich" eine englische Kindle Edition und eine ungekürzte MP3-Lesefassung mit Tom Parker. So schön knallig sieht übrigens die 1995er Neuauflage von Warner Books aus:

    White "Die Erkundung von Selborne" (103/397)

    Everett "God's Country" (126/223)


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    O:-) Letzter Kauf: Martinson "Schwärmer und Schnaken" (15.04.)