Deutschland in den Monaten des Zusammenbruchs der Jahre 1945/46: Die Siegermächte nahen, im Osten des Landes kann es nicht mehr lange dauern, bis die russische Armee eintrifft. Viele packen ihr Hab und Gut und fliehen in den Westen, denn wenn der Russe kommt... Doch die Dolls in einem kleinen mecklenburgischen Dorf freuen sich, ganz im Gegensatz zum Rest der Bewohner. Zunächst sieht es gut für das Paar aus: Trotz Verleumdungen wird Dr. Doll vom russischen Kommandanten zum Bürgermeister ernannt. Doch die Arbeit fordert mehr von ihm als er zu leisten fähig ist und so kommt er, gemeinsam mit seiner ebenfalls kranken Frau, ins Krankenhaus. Mehr oder weniger genesen gehen beide nach Berlin, wo Frau Doll noch eine Wohnung besitzt. Doch als sie dort ankommen, wird ihnen nicht geöffnet: Ihre Wohnung ist besetzt, ihr Hab und Gut verstreut. Mitten im zerstörten Berlin stehen sie wie tausend Andere auch vor dem Nichts...
Es ist die Geschichte Hans Falladas, und die Aussage des Vorwortes, das Buch sei autobiographisch inspiriert, halte ich persönlich für stark untertrieben. Zuviele der handelnden Personen sowie der Geschehnisse des Romanes stimmen mit dem realen Leben Falladas überein. Und mir erklärt es den stark Ich-bezogenen Ton, der das ganze Buch durchzieht. Doll/Fallada krankt an den Verbrechen die das deutsche Volk verübte ebenso wie an dem stillen Mitläufertum, das das Alles erst ermöglichte und wozu er sich auch selber zählt. Er verurteilt ohne Ausnahme einschließlich seiner eigenen Person und wird erst angesichts konkreter Armut und Hilfsbedürftigkeit milde und mitfühlend, aber auch dann ohne jede Einschränkung. Kein Gedanke daran, dass auch diese Menschen vielleicht überzeugte Nazis oder Mitläufer waren - hier zählt plötzlich nur der Mensch. Diese Einseitigkeit des Protagonisten, egal in welche Richtung, ist vermutlich der Krankheit Dolls/Falladas zuzuschreiben, der zeit seines Lebens an Depressionen litt, was es mir aber schwermachte, mich mit Doll als Romanhelden anzufreunden. Unter dem Aspekt Biographie betrachtet ist es jedoch ein ungemein ehrliches wie auch schonungsloses Zeugnis einer Zeit, die schlimmer kaum hätte sein können.
Es gibt auch (wenige) humorvolle Stellen, an den durchschimmert, welch 'anderer' großer Erzähler Fallada ebenfalls war. Ich werde mir in jedem Falle seine weiteren Werke früher oder später zu Gemüte führen.

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Buchdetails
Titel: Der Alpdruck
- Hans Fallada (Autor)
Verlag: Aufbau Taschenbuch
Bindung: Taschenbuch
Seitenzahl: 285
ISBN: 9783746631554
Termin: November 2015
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Bewertung
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Inhaltsangabe zu "Der Alpdruck"
Berlin, Stunde null – ein bedeutender Fallada Ein fast vergessener Roman und ein tief bewegendes Zeugnis: Niemand hat die Monate des Zusammenbruchs 1945/46 so eindringlich geschildert wie der Autor von 'Jeder stirbt für sich allein'. Dieses Buch über die verworrene Zeit zwischen Krieg und Frieden, in der mecklenburgischen Provinz und ganz besonders in der für ihre historische Schuld abgestraften Stadt Berlin, ist in seiner dennoch menschlich warmen und zugleich lebensnahen Schilderung ein echter Fallada. April 1945: Der Krieg ist vorbei, doch nachts verfolgen den Schriftsteller Dr. Doll Träume vom Bombentrichter, der ihn nicht freigibt. Er will etwas tun gegen den Alpdruck der Mitschuld, doch er kann es niemandem recht machen als Bürgermeister einer Kleinstadt, eingesetzt von der Roten Armee. Er stiehlt sich fort und flüchtet in den Drogenrausch. Im Chaos des zerbombten, nur auf dem Schwarzmarkt funktionierenden Berlin entgleitet ihm seine junge, morphiumsüchtige Frau, und er hat um zwei Leben zu kämpfen, als er zaghaft beginnt, wieder an eine Zukunft zu glauben. Erst nachdem sich Fallada den 'Alpdruck', die Geschichte des erkennbar eng aus seinem eigenen Erleben geschöpften Protagonisten Dr. Doll, von der Seele geschrieben hatte, konnte er sich der Arbeit an 'Jeder stirbt für sich allein' stellen. Mit einem Vorwort und Hintergrundmaterial. »Ein spannendes Dokument.« Literarische Welt »›Der Alpdruck‹ ist Symbol für das, was sich in Deutschland nach der Kapitulation abspielte.« Der Tagesspiegel »Fesselnd und lebendig geschrieben.« Berliner Zeitung „Ein höchst ehrliches Buch, ein menschliches Dokument.“ Frankfurter Neue Presse „Meisterhaft sind die letzten Monate des Kriegserlebnisses geschildert.“ ZwiebelfischWeiterlesen -
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