Inhalt:
Nach einem tragischen Unfall liegt Elle im Koma, ohne Hoffnung auf Heilung. Schon immer hat sie sich gegen lebensverlängernde Maßnahmen ausgesprochen.
Doch dann erfährt ihr Ehemann: Seine Frau ist schwanger - und er weigert sich, die Maschinen abstellen zu lassen.
Was bedeutet es, über Leben und Tod eines geliebten Menschen, der keine Stimme mehr hat, entscheiden zu müssen? Davon handelt dieser weise Roman und erzählt zugleich eine unglaublich anrührende Liebesgeschichte.
Meine Meinung:
Himmel, was für ein Leseerlebnis!
Vor einigen Wochen hatte ich mir bei Amazon die Leseprobe auf den Kindle geladen, weil mich die Beschreibung des Inhaltes und das Cover sehr neugierig gemacht haben.
Nach der Lektüre dieser Leseprobe (bei der es sich um das erste Kapitel des Buches handelte) hatte ich den Eindruck, dass es sich hier um eine, zwar recht interessante, aber auch schwülstig-kitschige und vor allem seichte Liebesromanze handeln würde, die ich irgendwann einmal quasi zwischen Tür und Angel lesen könnte.
Ich habe das Buch also gekauft und es erst einmal auf meinen virtuellen SUB verschoben.
Das war, wie schon erwähnt, vor mehreren Wochen.
Jetzt stecke ich mitten im Examen und habe das Buch zum Ausgleich von der Lernerei heute morgen nur anlesen wollen – tja und nun habe ich es beinahe ausgelesen (laut Kindle fehlen noch etwa dreißig Minuten Lesezeit) und heute überhaupt gar nichts für meine Prüfung gelernt.
Was im ersten Kapitel wie eine schnulzig-seichte Liebestragödie begann, entpuppte sich im Handumdrehen zu einem hochspannenden Pageturner, den ich nicht mehr aus der Hand legen konnte.
Der Schreibstil der Autorin ist flüssig und niveauvoll und sie zieht den Leser in eine äußerst brisante Thematik, in deren Verlauf man unweigerlich irgendwann selbst Stellung zu der Frage beziehen muss, ob das Recht auf den würdevollen Tod eines Menschen das Recht auf das Leben eines anderen Menschen aushebeln darf.
Wessen Leben und wessen Würde wiegt schwerer?
Pricsille Sibley verknüpft hier auf äußerst geschickte Weise eine tragische Liebesgeschichte mit den Grundzügen eines spannenden Gerichtsthrillers und ethisch-moralischen Grundsatzfragen. Sie beleuchtet den Hintergrund aller beteiligten Protagonisten und bringt dem Leser dadurch völlig gegensätzliche Standpunkte nahe.
Ohne den moralischen Finger zu erheben.
Und ohne ihren Protagonisten eine Patentlösung in den Mund zu legen. Weil es keine Patentlösung gibt.
Ich bin bei Romanen, in denen es um kranke und/oder pflegebedürftige Menschen geht, auch sehr schnell von schlecht recherchierten medizinischen Kenntnissen abgeschreckt. Da ich selber seit Jahren in der Pflege arbeite, fallen mir viele
(Pflege-)Fehler schon auf – in diesem Roman habe ich, bis auf ein oder zwei Kleinigkeiten allerdings nichts dergleichen entdecken können.
Die Autorin schafft den, meiner Meinung nach, äußerst schwierigen Balanceakt eine hochemotionale, tragische Geschichte zu erzählen ohne dabei ins kitschige abzugleiten.
Nicht viele Schriftsteller können in ihren Geschichten wirklich tiefgründige Emotionen rüberbringen ohne unglaubwürdig zu wirken oder den Fremdschäm-Mechanismus des Lesers in Gang setzen.
Pricsille Sibley hat aber genau diese Gabe und sie hat damit einen grandiosen Roman geschaffen, den man nicht so schnell wieder vergessen wird.
Ich werde ihn jedenfalls so schnell nicht wieder vergessen.
Volle fünf Sterne von mir und ich würde noch mehr geben, wenn ich könnte (auch wenn mich dieser Roman einen kompletten Lerntag gekostet hat… )