Johannes Groschupf - Der Zorn des Lammes

  • Jazz und Milan. Zwei junge Menschen in Berlin. Zwei Geschichten. Zwei Perspektiven. Die eigentlich nichts miteinander zu tun haben. Jazz kennt Milan, den etwas seltsamen Tellerwäscher aus der Kantine des Tagesspiegel, nur ganz flüchtig. Doch für Milan ist Jazz alles. »In jeder Nacht sitze ich hier und schreibe an sie. An sie, deren Namen ich nicht einmal kenne. Du bist schön wie der Mond.« Milan ist besessen von Jazz und schleicht sich nach und nach in ihr Leben …


    Johannes Groschupf, 1963 in Braunschweig geboren, studierte Germanistik, Publizistik und Amerikanistik. Heute lebt er als freier Journalist in Berlin und schreibt für Die ZEIT, die FAZ, den Tagesspiegel, die Berliner Zeitung u.a. Er hat bereits zwei Romane für Erwachsene veröffentlicht und erhielt 1999 den Robert-Geisendörfer-Preis für das NDR-Feature „Der Absturz“.


    Der Autor hat hier ein Cover geschaffen, was einem sofort ins Auge sticht. Das Lamm, wie es ja auch im Titel des Buches vorhanden ist, wurde hier wunderbar ins Bild gebracht. Der Kopf im oberen Abschnitt mit rot abgesetzt, ebenso der Titel des Buches was eine recht großen Bereich einnimmt. Es springt einen förmlich an und man mag es in die Hand nehmen um den Klappentext zu lesen. Der Rest ist in schwarz weiß gehalten und ähnelt dem Fell eines Lammes. Der Einband hat einen ganz tollen Reliefdruck!


    Die beiden Hauptpersonen in diesem Jugendthriller sind Jazz und Milan.
    Zum einen Jazz, eine junge Frau die mit aller Gewalt von den Eltern weg will und alleine in die Großstadt zieht. Sie weiß was sie möchte, gibt sich nach außen hin aber nicht ganz so selbstbewusst. Arbeitet bei einer Berliner Tageszeitung wo sich auf Milan trifft.
    Auf der anderen Seite Milan, ein junger, sehr verstörter Mann, der sich unsterblich in das Mädchen verliebt hat. Doch er scheint eine Vergangenheit zu haben, die nicht sehr einfach gewesen ist. Er redet sich ein, dass auch Jazz in ihn verliebt ist und würde alles für sie tun!
    Die beiden sind gut ausgearbeitet, man kann sich gut in sie hinein versetzen und Ihre Gedanken nachvollziehen!


    Der Autor einen reinen ganz tollen, leichten und flüssigen Schreibstil, der genau den Geschmack von den jugendlichen trifft. Die Kapitel werden aus verschiedenen Sichtweisen gehalten und von Jazz und Milan erzählt. Interessant wie zwei Standpunkte zu ein und der selben Situation doch so unterschiedlich angesehen werden. Die einzelnen Abschnitte haben eine ansprechende Länge.
    Ortschaften sind gut und genau beschrieben, so hat man sie bildlich vor Auge. Gute Recherche seitens des Autors liegt vor, wie man ja auch in dem Interview erfahren kann!


    Durch diese Psychose von Milan schafft der Autor es, den Leser an das Buch zu fesseln. man denkt die ganze zeit, nein so irre kann einer alleine doch gar nicht sein, was redet er sich eigentlich alles ein und doch ist es so, das ist gleichzeitig faszinierend und auch sehr erschreckend, verursacht eine Gänsehaut beim lesen. Situationen eskalieren, man leidet richtig mit!


    Ein Buch, dem eine sehr gute Recherche zu Grunde liegt. Orte und Handlungen werden genau beschrieben, die Art und Weise des denkens wird versucht, dem Leser näher zu bringen. Aber man kann und mag sich das gar nicht so genau vorstellen. Eine einfache Geste oder Handlung, ohne das man sich etwas dabei gedacht hat, kann von einer anderen Personen völlig unterschiedlich interpretiert werden. Es werden sich Hoffnungen gemacht wo keine sind, man verliert den Bezug zur Realität und bringt sich und andere in Gefahr!


    Ein Thriller, der definitiv zum nachdenken anregt und auch ein beklemmendes Gefühl bei dem Leser hinterlässt!



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  • Jazz und Milan sind zwei junge Menschen die sich noch nie zuvor begegnet sind. Ihre Wege kreuzen sich in Berlin in einem Bus der Linie 29, mit dem Beide immer wieder quer durch die Stadt fahren. Während Jazz den jungen Mann nur beiläufig registriert, ist Milan sofort völlig vernarrt in das Mädchen. Er ist sich sicher: Sie sind füreinander bestimmt.
    Die Geschichte wird abwechselnd aus den Perspektiven der beiden Protagonisten erzählt, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Einmal Jazz, die direkt nach der Schule aus einer Kleinstadt nach Berlin gezogen ist, um dort ein Praktikum bei einer Zeitung zu machen. Sie hat noch schwer mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen, durch die ihr Leben bei den Eltern stark eingeengt wurde. Und dann Milan: Auch ihn plagt seine Vergangenheit, wenn auch in völlig anderer Art und Weise. Er hört Stimmen in seinem Kopf die ihm heftig zusetzen, immer wieder und wieder, doch er ist sich sicher, sie bezwingen zu können. Ebenso wie er sich sicher ist, dass Jazz und er zusammengehören.
    Es ist eine beklemmende Lektüre, Jazz in ihrer Unbedarftheit zu erleben und gleichzeitig zu wissen, welche verrückte Ideen Milans Denken beherrschen. Man ahnt worauf alles hinausläuft und dann - tja, das werde ich hier natürlich nicht schreiben ;-)
    In jedem Fall lässt einen die Geschichte nicht so schnell wieder los, denn das Alles wirkt derart realistisch, dass es so und genau so überall immer wieder passieren könnte. Ein klasse Thriller, der zwar als Jugendbuch annociert wird, aber ohne Weiteres auch im 'Erwachsenenbereich' mithalten kann. Und jetzt besorge ich mir noch das erste Buch des Autors ;-)

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling