Klappentext:
1764. Auch nach Ende des Siebenjährigen Krieges kommt das westfälische Lippstadt nicht zur Ruhe: Eine gewaltige Explosion macht die Stadt beinahe dem Erdboden gleich. Ein Unfall? Menschen verschwinden. Zufall? Eine Zunge wird gefunden. Ein Zeichen? Das Schicksal des Lippstädter Kaufmanns Ferdinand Overkamp beschäftigt einen jungen Studenten, Oliver Thielsen. Dieser stößt nicht nur auf ein lang gehütetes, finsteres Geheimnis, sondern findet auch seine große Liebe …
(Quelle: Verlagswebsite)
Über den Autor:
Rita Maria Fust ist 1971 in Paderborn geboren und studierte dort Literatur- und Medienwissenschaft. Seit 2000 lebt sie mit ihrer Familie in Lippstadt, wo sie als freiberufliche Autorin, Texterin und Referentin für Kulturelles und Literarisches arbeitet. Ihr Fokus richtet sich auf die (Stadt-)Geschichte Lippstadts und Stadtdarstellungen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Mit dem historischen Roman »Der Kaufmann von Lippstadt« gibt sie ihr Debüt im Gmeiner-Verlag.
(Quelle: Verlagswebsite)
Aufbau/Allgemeines:
Das Buch umfasst 339 Seiten, in dem auf zwei zeitlichen Ebenen erzählt wird. Eine im Jahre 1764, die andere in der Gegenwart 2010. Zwei Stadtpläne aus dem jeweiligen Jahr bieten die Möglichkeit zur Orientierung. Darüber hinaus ist ein Nachwort enthalten und die Quellen, die für die Recherche benutzt wurden.
Inhalt:
Lippstadt, 1764: Der wohlhabende Kaufmann Overkamp steht vor Problemen in seiner Familie, die es für ihn zu lösen gilt. Seine Tochter erwartet ein uneheliches Kind. Dies kann der angesehen Kaufmann nicht hinnehmen. Die Ereignisse überschlagen sich. Eine große Explosion erschüttert die Stadt. Menschen verschwinden spurlos.
Lippstadt, 2010: Der Student Oliver Thielsen reist nach dem Tod seiner Oma nach Lippstadt, um der Geschichte des Kaufmanns aufzudecken. Immer tiefer dringt er in die damalige Geschichte ein und erfährt Dinge, die er nicht für möglich gehalten hat.
Eigene Meinung:
Der Roman basiert auf vielen historischen Fakten aus der Stadt Lippstadt. Zu Beginn des Romans fällt auf, dass die Autorin Rita Maria Fust ihre Recherchearbeiten sehr ernst gemeint hat. Dies belegt insbesondere die vielen wörtlichen Zitate mitsamt Fußnoten und Quellenangaben, die die einzelnen Seiten reichlich spicken. Es entsteht der erste Eindruck, man habe es eher mit einer wissenschaftlichen Arbeit zu tun, als mit einem historischen Roman. Ebenfalls fallen zu Beginn des Romans einige sprachliche und stilistische Schwächen auf. Weder mit rhetorischen Fragen, noch mit der Mehrfachverwendung von Satzzeichen wird gegeizt. Besonders die kurzen Sätze stechen hier ins Auge, die den Lesefluss stark beeinflussen. Sprachlich und stilistisch kann die Autorin im Laufe des Buches aufholen, doch die Vorliebe für rhetorischen Fragen und die Satzzeichen bleibt.
Es macht den Anschein, als sei der fiktive Roman letztendlich nur in die historische Geschichte eingebettet. An vielen Stellen wirkt der Roman stark konstruiert. Dies fällt überwiegend am Anfang des Buches auf. Die Beweggründe für das Handeln von Ferdinand Overkamp 1764 und die des Studenten Oliver Thielsen 2010 bleiben für den Leser unverständlich und unrealistisch. Hat man sich jedoch als Leser mit diesem missglückten Start abgefunden, erwarten ihn viele Wiederholungen und eine durchschaubare Geschichte. Wettgemacht wird diese ernüchternde Geschichte mit den vielen historischen Fakten, die lobenswert bis ins Detail recherchiert wurden. Hier sollte man darauf verweisen, dass die Autorin all ihr geballtes Wissen über die Stadt in die knapp 340 Seiten einfließen lässt. Es gibt in dem gesamten Roman kaum eine Seite, auf der man sich kein Stadtwissen, sei es aus der damaligen oder gegenwärtigen Zeit, einverleiben kann.
Die zum Teil fiktiven, wie auch realen Charakteren bleiben leider sehr eindimensional in ihrem Handeln und Denken. Hier hätte man sich mehr Tiefe gewünscht. Speziell fällt hier der Kaufmann Overkamp auf, der sich stets mit seinen Gedanken und seinen Verhaltensweisen im Kreis zu drehen scheint. Ein gleichermaßen unsympathischer Zeitgeist stellt der Student Oliver Thielsen dar, dem nichts besseres einfällt, als seine Angebetete mit ermüdenden Fakten über seine Wahlheimat Lippstadt zu versorgen.
Das Buch ist für Leser geeignet, die sich ein Bild über das historische Lippstadt des Jahres 1764 und das 825jährige Bestehen der Stadt im Jahre 2010 machen wollen und bei denen der Roman selbst ruhig an zweiter Stelle stehen kann.
Fazit:
Ein äußerst detailliert recherchiertes Buch, das ohne den konstruiert wirkenden Roman mehr Gehalt hätte.