Matt Haig - Ich und die Menschen
Meinung:
Als ich die Geschichte um 'Nicht-Andrew-Martin' angefangen habe zu lesen, dachte ich mir, dass dürfte ein äußerst lustiges Buch werden. Es hat zwar bis zum Ende eine Spur Humor behalten, doch hat der Starthumor nicht bis zum Ende hin durchgehalten. Relativ schnell nahm das Buch einen ernsteren Ton an und wurde nachdenklicher.
Zu Beginn der Geschichte sieht man unsere Welt durch die Augen des namenlosen, außerirdischen Protagonisten, welcher das Leben und die Form Andrew Martins angenommen hat. Er sieht all die Dinge, die wir jeden Tag sehen und tun durch seinen außerirdischen Blick. Seine eigenen Rasse ist uns in Sachen Intelligenz weit voraus. Sie haben die letzten Rätsel der Naturwissenschaften gelöst, haben der Sterblichkeit entsagt und leben nicht als Individuum sondern als eine Art Kollektiv. Man kann sich nun denken, dass all unsere tollen technischen und gesellschaftlichen Errungenschaften auf ihn einen reichlich merkwürdigen Eindruck machen und das wird, gerade in der Anfangsphase des Buchs, auf eine doch recht sarkastische Art und Weise dargestellt. Gerade der Start überzeugt mit seinem Witz.
Im Verlauf des ersten Teils hatte ich aber etwas das Gefühl, dass die Erzählung nicht rund läuft. Man muss hierbei natürlich beachten, dass diese Geschichte eine Art Bericht für die Vorgesetzten von 'Nicht-Andrew' ist. Der Start des Buches macht das Lesen so anstrengend, da kurze Sätze dominieren, die Geschehnisse, Erklärungen gehen schnell ineinander über.
Im weiteren Verlauf der Geschichte verändert sich 'Nicht-Andrew' durch den Umgang mit seinen Mitmenschen. Fand er sie zu Beginn noch abstoßend und mittelmässig intelligent, so ändert er langsam seine Meinung. Er findet Gefallen am Menschsein, wenn es auch seine Tücken hat, so z.B. die Sterblichkeit. Er setzt sich mit dem Menschsein auseinander, mit den Gefühlen, die ihm so fremd sind. Für ihn ist die Liebe und der Zusammenhalt unter den Menschen (natürlich nicht bei allen) ein Rätsel. Er versteht nicht warum man sich umeinander kümmert.
Nach und nach kommt er hinter diese Geheimnisse und philosophiert viel über das Menschsein.
In diesem Teil der Geschichte blieb der anfängliche Humor reichlich auf der Strecke, die Geschichte wurde etwas ernster und auch langweiliger, wenn man so sagen will. Wurde zu Beginn ein doch reichlich humorvolles Buch angedeutet, so geht es hier schon eher in Richtung Drama. Der Leser begleitet 'Nicht-Andrew' auf seinem Weg zum Verständnis der Menschen, dem Dasein, der Liebe, dem Füreinander, ja sogar etwas zum Sinn des Lebens.
Mir hat hierbei gefallen, dass man, angeregt durch die Gedanken des Protagonisten, auch immer wieder selbst ein paar Gedanken zu diesen Themen macht. Was mir dabei nicht gefallen hat war das Thema 'Liebe'. Allerdings ist das ein persönliches Problem meinerseits. Ich fand es doch etwas kitschig, dass dieses Thema hier so breit ausgewalzt wurde. Es vergeht kaum ein Kapitel in dem es nicht doch immer wieder mal, wenn auch nur kurz, um dieses Thema geht. Für meinen Geschmack war das etwas zu viel.
Was das Schriftbild angeht, so kam es mir so vor, als dass die Sätze um einiges länger wurden, so wie eben die Gedanken tiefgründiger. Die Erzählung hat hier ihren 'Berichttouch' verloren und wurde eher zu einer kleinen Philosophie.
Fazit:
'Ich und die Menschen' ist ein gutes Buch. Es ist anfangs sehr witzig und nimmt das Menschsein auf die Schippe und im späteren Verlauf greift es Themen wie Tot, Sehnsucht, das Sein, den Sinn des Lebens, das Füreinander, Verlangen, Illusion, Schmerz und Liebe auf. Gerade das Thema Liebe war mir persönlich aber dann doch etwas zu viel des Guten.
Das Buch beschäftigt sich mit der Bürde des Fortschritts und damit, dass Unvollkommenheit manchmal eben doch wünschenswert ist. Es ist ein Buch, dass zum Nachdenken anregt, aber mich nicht völlig überzeugt hat.