Lesen während Depression

  • Hallo,
    ich habe ja zwischendurch immer wieder mal mit Depressionen zu kämpfen :( und in dieser Phase habe ich dann selbst Schwierigkeiten beim Lesen - ich kann mich nur schlecht konzentrieren und muss mich durch die Lektüre regelrecht durchbeißen. Kennt Ihr das auch und wenn ja, was hilft dagegen? Ich bin für jeden Tipp dankbar!
    Liebe Grüße
    Anne

  • Schwierige Frage, vor allem weil man ja in der depressiven Phase auch ganz stark gegen die eigene Antriebslosigkeit ankämpfen muss und das so viel Energie kostet. Gleich vorweg: ich kenne die Lösung nicht, aber ich könnte mir vorstellen, dass es helfen kann wenn man sich eine schöne und gemütliche Umgebung schafft, eine ruhige Lesenische sozusagen mit Kerzen, Tee, allem was du halt magst und womit du dich wohl fühlst. Und dir dann auch bewusst Zeit dafür nimmst, quasi eineinhalb Stunden zum Beispiel nur dafür reservierst und alles andere, jeglichen Druck, alle Sorgen auf danach verschiebst (oder es zumindest versuchst, leicht ist es ja leider nicht). Ich glaub das Entspannung in der Phase ganz zentral ist. Aber wie gesagt, ich kann leider oder eigentlich zum Glück, nicht wirklich aus eigener Erfahrung sprechen, weil eine richtige Depression nochmal was anderes ist und so wahnsinnig viel Nerven und Energie frisst.
    Ich drück dir auf jeden Fall beide Daumen, dass du zum einen wieder das Lesen genießen kannst und viel wichtiger, dass du nicht lange in dieser Phase verweilen musst.

    "Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste."
    Heinrich Heine


      :study:

  • Hallo Anne,


    in meinen depressiven Phasen (seit 1991) bin ich antriebslos und kann mich auch nur äußerst schwer zu meinen Hobbies aufraffen. ABER, gerade beim Lesen bemerke ich, dass in einer Depression auch nur das lese, was mich gerade stark tangiert, meist sind es dann Biografien oder Sachbücher. Sachbücher sehr gern, weil große und normale Schrift oft abwechselt, auch mal Bilder drin sind und man es gut aus der Hand legen kann. Manchmal habe ich aber auch depressive Phasen, wo mir das Lesen von Liebe und Herzschmerz leichter fällt, auch wenn ich sowas sonst vielleicht nie lese, verstehst du was ich meine? So kann es sein, dass du dennoch ans Lesen kommst...


    Aber generell ist es wirklich schwer...


    LG Tanni

    Liebe Grüße von Tanni

    "Nur noch ein einziges Kapitel" (Tanni um 2 Uhr nachts)


  • Hallo, Anne!


    Mich hat damals das Lesen durch die Depression hindurch"gerettet", ich glaube sogar, dass ich die schlimmste Phase nur durch den Beistand meiner Familie und Freunde und durch das Lesen überwunden habe. Allerdings konnte ich in dem Zeitraum auch nur inhaltlich Leichtes lesen, humorvolle historische Krimis zum Beispiel (die Amelia Peabody-Reihe hat mir damals sehr zugesagt). Je entspannter das Leseumfeld war, desto leichter fiel mir das Lesen. Nur muss ich so im Nachhinein feststellen, dass von den Büchern, die ich damals inhaliert habe, inhallich kaum etwas bei mir hängen geblieben ist. Leider. Aber das ist wahrscheinlich auch ein Nebeneffekt der Krankheit, dass man da nicht so aufnahmefähig ist, wie man gerne wäre.


    Ich wünsche dir von Herzen, dass du die Lust am Lesen nicht verlierst und du die Kraft findest, die depressiven Phasen durchzustehen und dass diese dich bald aus ihren Klauen lässt.


    Liebe Grüße
    Buchfresser

  • Es gibt bei mir zwei Dinge, die ich dann tue:


    Genau das lesen, worauf ich Lust habe. Egal, ob dann 10 angefangene Bücher für Monate liegen bleiben oder ich in der Zeit kein einziges Buch beende. Hauptsache, das Lesen bringt mich auf andere Gedanken.


    Und meistens habe ich in solchen Phasen das Bedürfnis, Bücher, die ich schon einmal gelesen habe, noch mal zu lesen. Hat für mich irgendwie etwas tröstliches, die Charaktere und die Welt, in der ich mich schon mal wohl gefühlt habe "wieder zu erleben" (die Harry Potter Reihe ist da bei mir z.B. so ein Kandidat).


    Alles Gute dir!

    "You may, however, rest assured there are no ghosts in this world. Save those we make for ourselves."
    Sherlock (BBC) - The Abominable Bride


    "Please don't put a label on me - don't make me a category before you get to know me!"
    John Irving - In One Person

  • In den Phasen der Depression ist es echt schwierig sich auf das Lesen zu konzentrieren. Allerdings kann auch ich zum Glück nur aus der Vergangenheit schreiben. Ich weiss, Depressionen sind nicht heilbar, aber mir geht es seit 3 jahren gut. In meiner damaligen depressiven Phase bin ich das erste Mal auf Hörbücher gestossen. Mit dem Stöpseln in den Ohren verliess ich die reale welt und schlief auch des öfteren in der Hörbuchwelt ein. Bei mir lief damals immer "der Hobbit" und es gab immer wieder stellen die mir neu waren, obwohl ich das Buch gelesen hatte.
    Heute gibt es eine Mischung aus Hörbuch und Lesebüchern für mich. Ich meine, dass mir meine Depressionen den Weg zu Hörbüchern geebnet haben.
    Ich wünsche Dir alles Gute.

  • Hallochen,
    mir geht es derzeit leider ziemlich mies :( , mich haben meine Depris wieder voll im Griff, trotz Medikamente. Die Klinik wäre eine Alternative, aber da sind auch Wartezeiten und ich bin dann eh nur 3 Wochen zur Akutbehandlung dort - will ja nun zu einer psychosomatischen Reha(Kur) fahren, weil ich mir davon mehr verspreche. Vorher wollte ich eigentlich nicht mehr in die Klinik...
    Das Schlimme an der ganzen Geschichte ist, daß ich selbst an den meisten Büchern nur wenig Spaß finde ](*,) und nun schon mehrere Fehlgriffe getan habe. Vielleicht habe ich ja jetzt mehr Durchhaltevermögen.
    Kennt Ihr das auch und wenn ja, was hilft eventuell dagegen?! Bin dankbar für jeden Tipp!

  • @anne0815 Erst mal tut es mir sehr leid, dass es dir wieder so schlecht geht. :friends:


    Ob man jetzt aber zu was raten kann, weiß ich nicht, um ehrlich zu sein, weil ja jeder anders tickt. :-k Hm. Wenn du gerade nicht so die Lust am Lesen hast, wären dann vielleicht humorvolle Hörbücher was für dich? Ansonsten wüsste ich jetzt nicht, was ich machen würde. Sich zu etwas zu zwingen, ist ja wahrscheinlich gerade jetzt nicht unbedingt sinnvoll. Hm ...


    Ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen und hoffe, dass es dir schnell besser geht.


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • Danke für die aufmunternden Worte! :flower:
    Stimmt, es ist in einer solchen Situation schwierig, etwas zu raten, aber manchmal hilft ja auch das.
    Wenigstens halte ich " Die Frau vom Checkpoint Charlie" einigermaßen durch, worüber ich schon froh bin... ist halt immer eine Achterbahnfahrt für mich

  • Ich stecke momentan leider auch (wieder) in so einer Situation. Aber ohne Medikamente. Weil diese imho nicht die Ursachen beheben sondern nur die Symptome dämpfen. Ich bin ein absoluter Gegner von Psychopharmaka. Aber das handhabt jeder anders und ist ein Thema was jetzt hier nicht relevant ist.
    Zu Deiner Frage. Das Schlimme an einer Depression ist (wie Schokopraline schon schrieb) der täglich immer wieder neue ständige Kampf gegen diese innere Antriebs- und Lustlosigkeit. Was man früher mal so ganz locker nebenher noch mit gemacht hat, kostet jetzt schon fast übermenschliche Anstrengung. Ich kann mich bspw. überhaupt nicht mehr lange konzentrieren, ermüde wahnsinnig schnell. Und lies mal ohne Dich zu konzentrieren. Schwierig.
    Ich mache das dann so, dass ich diverse Bücher einfach mal anlese. Da wo der Funke überspringt, bei dem oder diesen bleibe ich. Ich brauche Äonen länger dafür um diese durchzulesen wie in normalen Zeiten. Shit happens, wen interessiert es ? Und wenn man mal einige Tage oder länger gar nicht liest wird sich die Erde auch weiterdrehen. Und wenn manche Leute 20 Bücher im Monat lesen und ich vllt. nur ein oder zwei, auch egal. Verstehst Du, was ich meine ? Setz Dich selbst nicht unter Druck mit der Leserei. Die Bücher rennen nicht davon :wink: Wenn es eine Zeitlang mal gar nicht geht dann ist es eben so.
    Alles Gute für Dich !

  • Eine gute Freundin, die seit Jahren immer wieder Depressionen hat, sagt, immer wenn es ihr wieder mal so schlecht geht, dass selbst der Gang zur Toilette für sie zu einer schweren Last wird, sie dann weiß, dass sie jetzt wieder Urlaub hat.


    Als sie mir das mal so erzählte und in meine Augen voller Fragezeichen schaute, erläuterte sie, dass sie dann von allen Verpflichtungen befreit sei.
    Sie müsse nur noch was trinken, um nicht zu verdursten, ein bisschen was essen, zur Toilette gehen und sich die Zähne putzen, alles andere existiere für sie nicht.
    Selbst ihr liebgewordene Gewohnheiten würden für sie dann nicht mehr gelten - sie sei einfach frei.


    Und manchmal hätte schon dieses Gefühl, jetzt endlich keine Verpflichtungen mehr zu haben, auch sich selbst gegenüber nicht, dazu geführt, dass sie sich wieder besser gefühlt habe.
    Voraussetzung sei allerdings für sie, dass sie sich wirklich fallen lässt, sagte sie.


    In so einer Verfassung habe sie z.B. einmal ein Buch in die Hand genommen, von dem sie sonst glaubte, dass es absolut nichts für sie sei, ein totaler Fehlkauf - und sie konnte dann das Buch nicht mehr aus der Hand lassen.
    Sie erklärte es sich nachher damit, dass sie, befreit von allem, sich erlaubt hätte, Seiten in ihr auszuleben, die sie sich sonst verbieten würde.

  • Guten Morgen,


    ich leide hin und wieder auch an Depressionen, ist aber schon deutlich besser geworden. War auch in Klinik, Medis genommen etc.


    In so einer Phase habe ich selten gelesen. Man hat ja eh teilweise schon so einen inneren Druck, irgendwas tun zu müssen, obwohl man es nicht kann. Ist sehr schwierig, das auszuhalten. Auch für das Umfeld.


    Ich hätte auch nur den Tipp, etwas zu lesen, was man schon kennt und was einem besonders gut gefällt. Oder ein neues Buch vom Lieblings-Autoren. Letztendlich kann man die Phase nur abwarten. Wenn man sich zu etwas zwingt, was einem dann vielleicht doch nicht gut tut, wird es wohl nicht besser.


    Viel Kraft und alles Gute, liebe Grüße, Elke.