Nina Sahm - Das letzte Polaroid

  • Die 14-jährige zurückhaltende Anna fährt mit ihren Eltern für die Sommerferien an den Balaton in Ungarn. Dort lernt sie die gleichaltrige frühreife Kinga und deren Eltern Eva und Csaba kennen, die dort leben und für den Sommer ihre Nachbarn sind. Die beiden Mädchen freunden sich schnell an, spucken Kirschkerne um die Wette, fahren Tretboot und gehen schwimmen. Kinga hat immer ihre Polaroidkamera dabei und macht bei ihren Treffen jede Menge Schnappschüsse. Schnell sind die Ferien zu Ende, und Anna reist mit ihren Eltern zurück nach München, doch die Freundschaft zu Kinga bleibt über Jahre durch Briefe bestehen. 10 Jahre später fährt Anna nach Budapest, um der Einladung von Eva zu folgen und Kinga zu besuchen, die durch einen Unfall im Krankenhaus im Koma liegt. Die Erinnerungen an die Vergangenheit begleiten Anna während ihres Aufenthaltes in Budapest und bei Kingas Familie, sie fühlt sich wohl bei Eva und Csaba, liebt ihre warme Art, fühlt sich hingezogen zu deren Familienleben, denn ihr eigenes war so ganz anders. Anna streift ihr eigenes Leben ab und macht sich auf Kingas Spuren und eignet sich nach und nach deren Leben an, ihre Familie, ihre Freunde, ihren Freund. Nebenbei erlebt sie die politischen Umbrüche in Ungarn mit. Doch wo bleibt sie – Anna? Was wird aus ihr?


    Nina Sahms Debütroman „Das letzte Polaroid“ besticht durch einen wunderschönen, poetischen Schreibstil, der sich herrlich flüssig lesen lässt und den Leser ab der ersten Seite in den Bann schlägt. Die Seiten fliegen nur so durch die Finger, ist man von der Geschichte doch so verzaubert, dass man gar nicht von ihr lassen kann. Man begleitet Anna auf ihren Streifzügen durch Budapest und hat den Geruch von Kaffeehäusern und köstlichen Torten in der Nase. Aber auch die politische Lage und die Lebenssituation der Menschen in Ungarn werden von der Autorin sehr schön in die Geschichte mit eingebaut. Die Charaktere sind auch wunderbar herausgearbeitet. Während Anna eher scheu und zurückhaltend ist, eine zerrüttete Familie hat, in der wenig von Liebe und Wärme zu spüren ist, ist Kinga frühreif, offen und lebenslustig und -hungrig. Gerade diese Lebenslust fasziniert Anna, sie sehnt sich geradezu danach, auch einmal dieses Gefühl zu haben und schlüpft deshalb in Kingas Rolle. Dabei wird offensichtlich, wie einsam Anna eigentlich ist und wie sehr sie sich nach Liebe und Geborgenheit verzehrt. Annas Charakter spaltet die Gefühle des Lesers, mal möchte man sie in den Arm nehmen, weil man sie bemitleidet, dann möchte man sie schütteln, weil man ihr Verhalten nicht nachvollziehen kann. Doch immer wieder wird man nachdenklich, was Wünsche und Sehnsüchte aus einem Menschen machen können.


    Nina Sahm ist mit ihrem Roman ein kleines Kunstwerk gelungen, das den Leser nicht loslässt, auch wenn die letzte Seite schon längst gelesen ist. Unbedingt lesen!!!


    Dafür vergebe ich unheimlich gern :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: !

    Bücher sind Träume, die in Gedanken wahr werden. (von mir)


    "Wissen ist begrenzt, Fantasie aber umfasst die ganze Welt."
    Albert Einstein


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