J. Courtney Sullivan - Die Verlobungen/The Engagements

  • Inhalt:


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    Wieso verlässt Teddy seine Frau und die beiden gemeinsamen Töchter - wegen einer Frau, die er an einer Hotelbar kennenlernt? James fragt sich, wieso Sheila ausgerechnet ihn, der doch nur ein Versager ist, geheiratet hat. Delphine verlässt ihren Mann und ihr Leben in Paris, um ihrem Geliebten nach New York zu folgen, und wird es bitterlich bereuen. Kate lehnt die Ehe ab, doch nun wollen ihre besten Freunde heiraten, und zwar so richtig prunkvoll: Jeff und Toby. J. Courtney Sullivan erzählt in diesem Roman meisterhaft die Geschichte von vier Paaren, die einander gefunden, geliebt, geheiratet, betrogen und verlassen haben. Geschickt verwebt sie die Fäden miteinander und zieht den Leser immer wieder in ihren Bann.




    Meine Meinung:


    A Diamond Is Forever.
    Mit diesem Werbeslogan von Mary Frances Gerety beginnt 1947 die Etablierung des Diamanten als Zeichen der Liebe.
    Frances arbeitet für die Werbeagentur Ayer, die für die Werbung des Diamantherstellers De Beers verantwortlich ist.
    Der Siegeszug des Diamantrings beginnt.
    J. Courtney Sullivan erzählt in „Die Verlobungen“ neben der realen Geschichte von Frances Gerety auch vier fiktive: die von Gerald & Evelyn (1972), James & Sheila (1987), Delphine & Henri (2003) und Kate & Dan (2012).
    Zunächst wirken diese Geschichten alle unabhängig voneinander, lediglich verbunden durch die Werbung für Diamanten und die Liebe der einzelnen Figuren zueinander. Erst zum Ende hin wird ein roter Faden sichtbar, der ihrer aller Schicksal miteinander verbindet.
    „Die Verlobungen“ ist nicht nur ein Buch, das die Geschichte des Diamanten und seine Herkunft thematisiert, es setzt sich auch kritisch mit dieser auseinander und hat neben Musik, Werbung, die Ehe als Institution und die gleichgeschlechtliche Ehe auch das Leben als Rettungssanitäter zum Thema.
    Neben Frances’ Leben gewinnt man auch in das der anderen Protagonisten einen intensiven Einblick und durch die Themenvielfalt und kritische Auseinandersetzung mit der Ehe und der Diamantgewinnung entwickelte sich „Die Verlobungen“ auch schnell zu einem vielschichtigen Buch mit ordentlich Tiefgang.
    Besonders Sullivans flüssiger und abwechslungsreicher Schreibstil gefiel mir gut und ich habe sehr schnell Zugang zu den Personen und der Handlung gefunden.
    Man erfährt viele interessante Hintergründe zur amerikanischen Geschichte beginnend im Jahr 1948 und das feine Verweben der einzelnen Schicksale, machte das Buch dann auch zu einem facettenreichen Gesamtkunstwerk, das mir viel Freude bereitet hat.



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  • Frances Gerety arbeitet als Texterin für Ayer & Son in der Werbebranche. Dort schreibt sie vor allem Slogans und Werbungen für den Kunden De Beers, welcher Diamanten verkauft. Frances etabliert mit ihrem Spruch "A diamond is forever" ein Bewusstsein für den Verlobungsring mit Diamanten, welcher vorher nur den Reichen vorbehalten war.
    Der Einstieg in das Buch ist etwas beschwerlich und mühsam, da nacheinander fünf verschiedene Handlungsstränge, welche sich um das Thema Ehe drehen und in verschiedenen Jahrzehnten spielen, eingeführt werden. Die einzelnen Kapitel sind sehr lang und geben einen sehr ausführlichen Einblick in die Ausgangssituation, Verhältnisse und Gefühle der jeweiligen Personen. Auch wenn dadurch die Charaktere sehr detailliert beschrieben werden, dauert es durch die langen Kapitel, bis die vorherige Person wieder beschrieben wird und man vergisst dadurch wieder einiges und man hat Mühe in die jeweilige Handlung wieder einzusteigen. Dieses Problem verschwindet jedoch im Verlauf des Buches, wobei später die Handlungen nicht mehr der Reihe nach kommen, sondern in unterschiedlicher Reihenfolge und die Sprünge in der Zeit sorgen auch teilweise für Verwirrung.
    Trotzdem ist dieses Buch sehr gut konzipiert und sorgt am Schluss für einen Aha-Effekt, wenn die scheinbar losen Handlungsstränge doch irgendwie miteinander verknüpft werden. Dies ist sehr gut und genial umgesetzt. Des Weiteren werden unterschiedliche Aspekte der Ehe von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet. Man kann sich somit in verschiedene Sichtweisen hineinversetzen und ich ein eigenes Urteil bilden. Interessant ist dabei, dass es die Person Frances Gerety wirklich gab und somit viele Eckdaten dieses Handlungsstranges auf wahre Begebenheiten beruhen.
    Der Schreibstil ist sehr gut und ausführlich. Auch wenn der Erzählstil manchmal etwas langatmig ist das Buch sehr angehnehm zu lesen.

  • Inhalt

    Obwohl mir "Sommer in Maine" nicht gefallen hat, habe ich mich von den Stichworten "de Beers" (südafrikanisches Diamanten-Monopol) und "alleinstehende berufstätige Frau im Jahr 1947" von Courtney Sullivans zweitem Gesellschaftsroman einfangen lassen. Fünf durch einen klassischen Diamant-Verlobungsring sehr lose miteinander verknüpfte Handlungsstränge spielen zwischen 1947 und der Gegenwart. Auf den Roman neugierig gemacht hat mich die Figur der Frances Gerety, Texterin des Werbeslogans "Diamonds are forever", die sich bewusst für ihre Karriere und gegen Heirat und Kinder entschied und damit Staub in der männlich geprägten Werbebranche aufwirbelte. Der Traum von verschwenderischen Märchenhochzeiten und kostspieligen Verlobungsringen steht bei Sullivan stellvertretend für Beziehungen, die in erster Linie gesellschaftlichen Konventionen genügen und die Träume der Eltern des Paares erfüllen sollen, anstatt das Hochzeitspaar selbst glücklich zu machen. Kate, die diese und andere Konventionen ablehnt und intensiv an ihrer Partnerbeziehung arbeitet, ahnt als einzige Figur, dass die Diamantenkäufe der amerikanischen Nachkriegsgeneration die Kassen des de Beers-Konzerns füllten und damit das südafrikanische Apartheidssystem stützten. Eine geplante Märchenhochzeit wird zwischen Kates Cousin Jeff und seinem Partner stattfinden. Kate muss während der Hochzeitsvorbereitungen zu ihrer großen Enttäuschung erkennen, dass sich trotz ihrer betont klischeefreien Erziehung in der folgenden Generation nichts geändert hat und kleine Mädchen noch immer mit Schmuck und schönen Kleidern zu beeindrucken sind. Evelyn und Gerald setzen überholte Konventionen fort, indem sie von ihrem Sohn erwarten, dass er seine Eltren durch Heirat und Familiengründung glücklich zu machen hätte. Der Handlungsstrang um Evelyn und Gerald spielt in den 70ern, als eine Scheidung oder Trennung - im geschilderten katholischen Umfeld - eine gesellschaftliche Katastrophe gewesen sein muss. Delphine aus Paris verliebt sich während des Verkaufs einer Stradivari in ihrem Geschäft in einen zwanzig Jahre jüngeren amerikanischen Musiker. James und Sheila, deren Lebensumstände von allen Paaren auf mich am realistischsten wirkten, kämpfen täglich ums Überleben, weil James mit einer 50-Stunden-Woche als Rettungssanitäter seine Familie kaum ernähren kann. Frances Geretys Schicksal (das mich am stärksten interessierte) bildet leider nur den Rahmen und wird nicht vertieft.


    Fazit

    Während ich die erste Hälfte des Romans mit Spannung gelesen haben, in der Hoffnung, über Frances Alltag mehr zu erfahren, entfernten sich in der zweiten Hälfte die Handlungsstränge durch Exkurse nach Paris-Montmartre und in die Geschichte der Homosexuellen-Ehe weiter voneinander, ehe sie in einem charmanten Schluss endlich doch noch zusammengeführt wurden. Sullivans ausgeprägtes Dozieren zum Thema Homosexuellen-Rechte lässt vermuten, dass sie in den USA nicht so selbstverständlich sind, wie man erwarten sollte. Selbst im Bewusstsein, dass sich die Welt 40 Jahre nach Evelyn und Gerald zum Glück weitergedreht hat, vermisse ich bei Cortney Sullivans Protagonisten ähnlich wie in "Sommer in Maine" den Mut zu neuen Lebensentwürfen, wenn die gewohnten Rollenmodelle nicht mehr passen. Ob der Diamantring als Ausdruck gegenseitiger Verpflichtung die Handlungsstränge verbindet oder doch eine andere Symbolik hat, wird jeder unterschiedlich sehen.


    "Verlobungen" empfehle ich Leserinnen, die sich für Beziehungen und Hochzeiten interessieren und die die Geduld für ein Buch aufbringen, das einen auch nach 300 Seiten noch im Unklaren darüber lässt, wohin die Handlung steuern wird.


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    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Weber - Bannmeilen (Paris)

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow