>In den Slums< von Jack London

  • Hallo @ll


    Ich >muss< euch dieses Buch vorstellen, von dem der aufmerksame BücherTreffler :wink: weiss, dass ich es vor einiger Zeit dringend gesucht, und dank einer lieben BücherTreff-Freundin dann auch als Geschenk erhalten habe. Von dieser Stelle, nochmals DANKE. :thumleft:


    Zum Inhalt (dem Buch entnommen):
    Jack London sollte im Auftrag einer amerikanischen Nachrichtenagentur nach Südafrika reisen, um über die Verhältnisse in den Burenstaaten nach dem soeben beendeten Krieg mit England zu berichten. Aber bereits auf dem Weg von Kalifornien nach New York spielt er mit dem Gedanken, statt dessen in London Station zu machen und das Leben in den dortigen Slums zu beschreiben.
    Dieser Plan lässt ihn nicht mehr los, und gegen den Rat seiner Freunde realisiert er ihn. Um zu erfahren, wie die Ärmsten der Armen in einer Grossstadt leben, warum und wofür, mischt er sich als ihresgleichen unter sie. In zerlumpten Kleidern stellt er sich dem Elend und der Armut und macht die erschütternde Erfahrung, dass sich bereits glücklich schätzen kann, wer mit seiner Familie ein eigenes Zimmer bewohnt und keine weiteren Untermieter darin aufnehmen muss.
    Arbeitslosigkeit, Alter und Krankheit zwingen viele, Zuflucht in einem der Obdachlosenasyle oder Armenhäuser zu suchen - menschenunwürdigen Orten, an denen sie aber wenigstens für ein paar Stunden Ruhe finden.
    Nicht alle haben dieses >Glück<.
    Auf eindringliche und ergreifende Weise schildert Jack London seine Erlebnisse in der >Stadt der Verdammten<, dem Londoner East-End, einem Bezirk, >wo die Reichen und die Machhaber< nicht wohnen, wohin der Reisende nicht kommt, wo aber zwei Millionen Arbeiter wohnen, sich vermehren und sterben.
    >Jack London< sagt dazu:
    "Es ist fast unmöglich, auch nur ein Zehntel von dem zu erzählen, was ich sah; das meiste lässt sich überhaupt nicht beschreiben.
    Mit wenigen Worten ausgedrückt: es war ein böser Traum, in dem gleichsam ein wimmelndes Leben auf dem Schlamm des Steinpflasters entstand, ein Chaos von unsagbaren Hässlichkeiten sich bildete, gegen das schreckliche nächtliche Treiben auf Piccadilly und Strand vollkommen verblasste".


    Mein erster Eindruck:
    Entsetzen, Erschütterung, Fassungslosigkeit, Kopfschütteln! Man kann es beinahe nicht glauben, dass Menschen unter diesen Bedingungen haben leben können (müssen). Da gerät meine Vorstellungskraft an ihre Grenzen; es ist (für mich) schwierig, die ich in einer Wohlstandsgesellschaft geboren und aufgewachsen bin, mir dieses Elend und den Schmutz vorzustellen.
    Aber, und auch darum lese ich Bücher mit dieser Thematik, um mir doch immer wieder vor Augen zu halten, wie gut es mir (uns) doch heute in einer sozial abgesicherten Welt (trotz aller Unzulänglichkeiten) doch geht.


    Gruss Bonprix :wink:

  • Danke für die Vorstellung, Bonprix.


    Ich glaube, ich brauche "In den Slums" jetzt auch noch :scratch::-, .


    Wenn man ständig Meckereien hört, wie schlecht es uns doch geht (obwohl mittlerweile auch der/die Letzte mitbekommen haben sollte, wie gut es uns doch eigentlich geht), muss man sich wirklich ab und an solche "Abhandlungen" zu Gemüte führen :!:


    LG,
    Wombatsbooks

  • @Bonprix


    Ich kann mich Deiner Empfehlung nur ganzen Herzens anschließen. "Erschütternd" ist wirklich das treffendste Wort dafür. Fast unerträglich in seiner Schonungslosigkeit - und aus diesem Grunde auch heute noch eine der Standardquellen für alle, die sich von historischer Seite für die Metropole London und das East End interessieren (und, etwas prosaischer, auch für alle, die sich einen Eindruck von der Welt von Jack the Ripper machen möchten, obwohl Londons Bericht etwas später geschrieben wurde). Wobei ich den englischen Titel, The People of the Abyss, sogar noch treffender finde, denn was London beschreibt, gleicht durchaus einem Höllenschlund. Zweifellos einer der aufrüttelndsten - und ehrlichsten - Texte aus jener Periode, in der das East End von Reformern und wohlmeinenden Gutbürgerlichen wimmelte, die den Gestrauchelten zurück zu Gott helfen wollten.


    Erschreckend ist, wie wenig sich (tatsächlich bis in die heutige Zeit) im East End geändert hat. Derzeit wird hier Roberta Taylors Autobiographie Too Many Mothers hoch gehandelt, und das nicht zu Unrecht. Selbst Frank McCourt (Die Asche meiner Mutter) nannte es - nicht nur für den Klappentext - die beste Schilderung von Armut, die er je gelesen hat. Und dieses Buch spielt in den Fünfzigern und Sechzigern des 20. Jahrhunderts ...


    Gruß
    Ute

  • Ute "Too many mothers"
    gibt es das Buch nur auf Englisch, oder gibt es auch eine deutsche Übersetzung ?

    Liebe Grüsse
    Wonneproppen
    ;-)


    Ich lese gerade "Im Dunkel der Wälder" von Brigitte Aubert
    Es gibt nur ein Leben für jeden von uns: unser eigenes. Euripides

  • Wonneproppen


    Derzeit gibt es das Buch leider nur auf Englisch. Ich weiß nicht, ob ein deutscher Verlag es aufgekauft hat (vielleicht hat sich da auf der Buchmesse etwas ergeben). Das Problem könnte sein, daß Roberta Taylor in Großbritannien eine recht bekannte Schauspielerin, in Deutschland aber praktisch unbekannt ist - damit ist das Buch für deutsche Verlage eine "Prominentenbiographie" ohne eingebaute Fan-Leserschaft. Ich hoffe allerdings, daß sich das Buch vielleicht für seinen Eigenwert durchsetzen kann, wie es das auch hier tut, denn es schildert schlicht und ungeschminkt eine Kindheit im East End, wobei die Autorin eher zufällig eine Schauspielerin ist.


    Gruß
    Ute

  • Ein deutsche Übersetzung des Buchs von Jack London heißt auch "Menschen der Tiefe". Es dürfte auch besser passen, denn das Orginal heißt "People of the Abyss".

    "Jede Art zu schreiben ist erlaubt-
    nur nicht die langweilige." Voltaire

  • m.w.haefner


    "Menschen der Tiefe" ist leider eine Fehlübersetzung des Originaltitels. "Abyss" ist auf deutsch "Abgrund" in all seinen (auch übertragenen) Bedeutungen, vor allem auch in der religiösen Bedeutung "Höllenschlund". Londons Titel bezieht sich auf Menschen, die am Abgrund bzw. sogar im Abgrund leben (was auf deutsch leider nicht geht), oder noch genauer auf Menschen, die in der Hölle leben. "In den Slums" trifft es damit, wenngleich keine wortwörtliche Übersetzung, sinngemäß noch besser als "Menschen der Tiefe" (die "Tiefe" hat gemeinhin die Konnotation "Meer" oder "Meeresgrund").


    Gruß
    Ute

  • Liebe Ute,
    leider weiß ich nicht was diese Sophisterei bedeuten soll. Ich würde mir nie anmaßen so etwas als falsch oder nicht richtig zu bezeichnen. Man soll eine persönliche Meinung haben, aber Belehrungen dieser Art schenke Dir in Zukunft besser.
    Gruß
    Manfred

  • Zitat

    Original von Anonymous


    aber Belehrungen dieser Art schenke Dir in Zukunft besser.


    Schadet es, etwas dazuzulernen?


    Egal, ob es z.B. um Abseitsregeln im Fußball geht, um Erklärungen zu einer bestimmten Teesorte (:wink: @ Kasalla) oder um eine fachgerechte Übersetzung, ich lerne gern dazu. (Und habe auch keine Problem damit, wenn jemand in irgendeiner Sache besser Bescheid weiss als ich.)


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Hallo Ihr Beiden :wink:


    Nachdem ihr nun beide eure Meinung zum Thema/Buchtitel geäussert habt, die so verschieden sie auch sein mag, und euch unbenommen ist, sollten wir doch wieder zu einem "normalen" >Diskussionston<, ohne persönliche Angriffe zurückfinden. :idea:
    Ich bin der Meinung, dass dieses ungewöhnlich starke, und bewegende Buch eine sachlichere (freundlichere) Besprechung verdient hat.


    Gruss Bonprix :wink:

  • Bonprix hat es auf den Punkt gebracht und ich habe die Beiträge, die meines erachtens den Streit förderten (sowohl von Ute, als auch von Haefner) nun gelöscht.
    Ich hoffe die Sache ist damit geklärt und nun geht es weiter mit dem ursprünglichen Thema!


    Viele Grüße!


    Mario

  • Zitat

    Original von m.w.haefner


    Welcher Streit ?
    Gruß
    Manfred


    eben, war alles nur Einbildung ;-)

    Liebe Grüsse
    Wonneproppen
    ;-)


    Ich lese gerade "Im Dunkel der Wälder" von Brigitte Aubert
    Es gibt nur ein Leben für jeden von uns: unser eigenes. Euripides