Lisa O'Donnell - Bienensterben / The Death of Bees

  • Kurzmeinung

    aida2008
    unglaubwürdig und überzogen - der Schluss passend aber auch unglaubwürdig
  • Kurzmeinung

    Ambermoon
    verstörend, traurig, herzzerreißend, aber auch so unglaublich witzig - ein Lesehighlight
  • Da ich bisher noch keine Rezension zu diesem wirklich besonderen Buch finden konnte, will ich es euch hier mal vorstellen:


    Kurzbeschreibung von Amazon:
    Heiligabend in Glasgow: Die fünfzehnjährige Marnie und ihre kleine Schwester Nelly haben gerade ihre toten Eltern im Garten vergraben. Niemand sonst weiß, dass sie da liegen und wie sie dahin gekommen sind. Und die Geschwister werden es niemandem sagen. Irgendwie müssen sie jetzt allein über die Runden kommen, doch allzu viel Geld verdient Marnie als Gelegenheits-Dealerin nicht. So ist es ihnen ganz recht, als ihr alter Nachbar Lennie, stadtbekannter (vermeintlicher) Perversling, sich plötzlich für sie interessiert. Lennie merkt bald, dass die Mädchen seine Hilfe brauchen. Er nimmt sich ihrer an und gibt ihnen so etwas wie ein Zuhause. Als die Leute jedoch beginnen, Fragen zu stellen, zeigen sich erste Risse in Marnies und Nellys Lügengebäude, und es kommen erschütternde Details aus ihrem Familienleben zum Vorschein, was ihre Lage nur noch komplizierter macht.
    Mit schnörkelloser Präzision, großem Einfühlungsvermögen und finsterem Humor erzählt Lisa O Donnell die verstörend komische Geschichte dreier verlorener Seelen, die für sich selbst keine Verantwortung tragen können, aber füreinander bedingungslos einstehen.

    Zum Aufbau:

    Das Buch gliedert sich in sehr viele kurze Kapitel. Dabei wechselt in jedem Kapitel die Sichtweise und man bekommt die Geschichte von den 3 Hauptpersonen Marnie, Nelly und Lennie erzählt. Das Buch umfasst 319 Seiten und ist in einem starken kartonartigen Einband. Ich finde allerdings den Preis von 16,99 Euro für ein eher dünnes, broschiertes Buch doch sehr hoch gegriffen.


    Um eins vorweg zu sagen: Dieses Buch kann man im Regal definitiv in die Rubrik Besonders einordnen.
    Die Geschichte startet mitten im Geschehen und wirft einen direkt in die schräge Welt von den Geschwistern Marnie und Nelly. Die Beiden haben ihren Vater tot aufgefunden woraufhin ihre Mutter sich im Gartenhäuschen erhängt. Marnie und Nelly wissen sich nicht anders zu helfen und vergraben ihre Eltern im Garten, zumindest so lange bis Marnie 16 wird. Dann will sie die Vormundschaft für ihre 12 jährige Schwester Nelly übernehmen. Das Ganze vor dem Amt, der Schule und den Gläubigern ihrer Elten geheim zu halten, gestaltet sich allerdings schwieriger als gedacht. Da kommt es ihnen gerade recht, dass ihnen ihr Nachbar Lennie Hilfe anbietet.


    Lisa O'Donnell hat in ihrem Buch drei herrlich veschiedene Charaktere geschaffen. Jeder ist für sich einzigartig und jeder hat seine guten und schlechten Seiten. Besonders gefallen hat mir, dass die Autorin auch die Charakterzüge wunderbar in den Schreibstil hat einfließen lassen. Man hätte selbst ohne die Kapitelüberschriften erkannt, wer gerade erzählt.
    Marnie ist die Ältere der beiden Geschwister und hat schon immer die Beschützer und Versorgerrolle für Nelly übernommen. Sie kennt es gar nicht anders da ihre Eltern meist nur durch Abwesenheit, einen Vollrausch oder Drogenkonsum glänzten. Sie hat schon viel mitgemacht in ihrem Alter was sich in ihrer ungeschönten Ausdrucksweise und ihr Verhalten anderen gegenüber zeigt. Dabei ist Marnie eigentlich hochintelligent und bräuchte nur ein bisschen Führung um sich im Leben zurecht zu finden.
    Nelly ist das krasse Gegenteil. Sie ist die ruhige, zurückhaltende, die ein großes Talent an der Geige hat und am liebsten alte Filme sieht. Das ganze spiegelt sich auch in ihrer herrlich altmodischen Ausdrucksweise, die mich mehr als einmal zum Lachen gebracht hat.
    Ihr Nachbar Lennie wird in der Nachbarschaft zu unrecht als Perverser beschimpft. Er hat einen Fehler begangen was man ihm aber irgendwie auch schnell verzeiht, da er einfach ein sehr liebenswerter Zeitgenosse ist der schwer unter seiner Einsamkeit zu leiden hat. Seit er seinen Partner verloren hat und ihm das Image als Perverser anhängt hat er kaum noch soziale Kontakte und konzentriert sich ganz auf sich und seinen Hund. Er merkt aber sehr schnell, dass die Mädchen plötzlich alleine im Haus leben und nimmt über Nelly Kontakt zu ihnen auf. Was mit einem einfachen Abendessen beginnt wird schnell zu einer familienähnlichen Gemeinschaft. Es ist wunderschön zu lesen, wieviel Spaß es Lennie macht, sich endlich wieder um jemanden zu kümmern und wie die Mädchen in dem Leben mit Lennie aufgehen.
    Als ihre Umgebung langsam Wind vom Fehlen der Eltern bekommt wird es leider unangenehm für die Gemeinschaft und sie haben so einige Hürden zu bestehen,die sie aber nur noch näher zusammenbringen.


    Lisa O'Donnell schafft es wunderbar die langsame Annäherung der Drei zu erzählen und geht dabei genau in dem richtigen Tempo vor. Bei Lennies Kapiteln musste ich mehr als einmal schwer schlucken weil man in vielen Zeilen seinen Schmerz und seine Einsamkeit einfach so echt herauslesen kann. Marnie schafft es oft zu schocken, vor allem hat mich ihre Abgestumpftheit erschrocken mit ihren gerade mal 15 Jahren. Nelly wehrt sich mit Händen und Füssen dagegen erwachsen zu werden, wer kanns ihr verübeln, wenn sie ihre Eltern als Vorbild hatte.


    Das Buch ist noch voll mit vielen anderen schrägen Charakteren auf die ich nicht viel weiter eingehen will, ich möchte ja nicht die ganze Geschichte vorweg nehmen :wink: .


    Zusammenfassend kann ich sagen, dass mich die Geschichte berührt, geschockt, bewegt, zum nachdenken und lachen gebracht hat und ich denke, dass ist mit das Beste, das ein Buch erreichen kann :loool: . Die Geschichte klingt nach und man denkt noch nach dem Beenden oft darüber nach.


    Ich vergebe für dieses besondere Buch :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: Sterne. Den halben Stern Abzug gibt es für den hohen Preis und das etwas konstruierte Auftreten von

    Das hätte man vielleicht etwas realistischer lösen können.

    "Er liebte sie so unbändig. So unbändig, dass er niemals wieder um ihre Lippen bat und ohne sie ins Grab gehen würde " (Die Bücherdiebin)

  • Ich war sehr gespannt auf dieses Buch. Leider kam ich nur sehr schlecht in die Geschichte rein. Sie liest sich nicht flüssig, was sicher am Erzähl-Slang lag. Die Geschichte ist in einzelne relativ kurze Kapitel gegliedert in denen jeweils aus der Sicht eines anderen Protagonisten erzählt wird. Das fand ich interessant, zumal man die Geschichte so aus verschiedenen Perspektiven erfährt. Die einzelnen Protagonisten sind allerdings alle sehr speziell mit eher schwierigen Charakteren. Die Kapitel sind jeweils in der Sprache des jeweiligen Protagonisten geschrieben und sie waren teilweise so kurz und strange, dass ich Mühe hatte den Überblick über die Geschichte zu behalten.


    Auch fand ich die ganze Geschichte ziemlich krass, ich musste vor allem am Anfang mehrmals schlucken. Es ist teilweise so abgestumpft und trocken erzählt, das hat mich nicht kalt gelassen.


    Das Buch ist nicht schlecht, definitiv eine besondere Geschichte mit besonderen, für mich eher gewöhnungsbedürftige Protagonisten. Die Autorin wollte mit dem Buch wahrscheinlich schocken, das hat sie bei mir sicher geschafft. Ich habe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: Sterne erteilt, da mich die Geschichte nicht so gepackt hat, wie erhofft und ich mit dem Schreibstil meine Mühe hatte.


    Wer das Buch lesen möchte, sollte sich auf eine schwierige Geschichte gefasst machen. Das Buch ist kein Buch, das man schnell mal so weg liest, das sollte man sich bewusst sein.

    :study:: Clara und die Granny-Nannys - Tania Krätschmar

    :musik:: Mr. Loverman - Bernadine Evaristo


  • Verlagsinfo


    Heiligabend in Glasgow: Die fünfzehnjährige Marnie und ihre kleine Schwester Nelly haben gerade ihre toten Eltern im Garten vergraben. Niemand sonst weiß, dass sie da liegen und wie sie dahin gekommen sind. Und die Geschwister werden es niemandem sagen. Irgendwie müssen sie jetzt allein über die Runden kommen, doch allzu viel Geld verdient Marnie als Gelegenheits-Dealerin nicht. So ist es ihnen ganz recht, als ihr alter Nachbar Lennie, stadtbekannter (vermeintlicher) Perversling, sich plötzlich für sie interessiert.


    Lennie merkt bald, dass die Mädchen seine Hilfe brauchen. Er nimmt sich ihrer an und gibt ihnen so etwas wie ein Zuhause. Als die Leute jedoch beginnen, Fragen zu stellen, zeigen sich erste Risse in Marnies und Nellys Lügengebäude, und es kommen erschütternde Details aus ihrem Familienleben zum Vorschein, was ihre Lage nur noch komplizierter macht.



    Mit schnörkelloser Präzision, großem Einfühlungsvermögen und finsterem Humor erzählt Lisa O’Donnell die verstörend komische Geschichte dreier verlorener Seelen, die für sich selbst keine Verantwortung tragen können, aber füreinander bedingungslos einstehen.

    Meine Meinung


    Ich weiß grade gar nicht so recht, wo ich anfangen soll. Ich hatte eher mit einer schwarzhumorigen Komödie gerechnet, was sie zum einen Teil auch ist, wobei ich stellenweise nicht wusste, ob ich tatsächlich lachen oder weinen sollte.

    Erzählt wird aus drei verschiedenen Perspektiven:


    ❇ Marnie ist 15 und denkt über sich selbst (Zitat auf Seite 12) "Zu jung zum Rauchen, zu jung zum Trinken und zu jung zum Ficken, aber wer sollte mich aufhalten?"

    Sie ist sehr direkt in ihren Gedanken, mit denen sie sich dem Leser mitteilt, auch wenn sie selbst es gar nicht weiß. Sie verbarrikadiert alles hinter hohen Mauern, verdrängt was nur möglich ist, um ihr Leben auch nur einigermaßen erträglich zu machen.


    ❇ Nelly ist 12 und ihre jüngere Schwester. Während Marnie sich jedoch ständig betäubt und seelische Schmerzen zufügt, um andere Schmerzen zu vergessen, flüchtet sich Nelly in eine absolut andere Welt. Sie redet wie eine Erwachsene, spielt Geige wie eine Virtuosin und biegt sich die Wirklichkeit so zurecht, wie sie sie gerade noch bewältigen kann.


    Beide sind klug, gewitzt und wahre Überlebenskünstler, denn das Leben, das ihre Eltern ihnen geboten haben, hat ihnen nichts geschenkt. Alkohol, Drogen, sexuelle Ausschweifungen und Vernachlässigung, das klingt so leicht dahin geschrieben aber wenn man liest, wie Marnie in ihrer spöttischen, bitteren Ironie erzählt was alles abgelaufen ist und wie sie damit umgeht, trifft es mitten ins Herz.


    ❇ Ins Herz trifft es auch Lennie, ihren Nachbarn. Einen älteren Mann, dessen Einsamkeit nur durch seinen Hund Bobby durchbrochen wird. Als er entdeckt dass die beiden Mädels plötzlich völlig alleine dastehen wird sein Beschützerinstinkt geweckt - und das Bedürftnis, das jeder in uns trägt: gebraucht zu werden.

    Man muss hier wirklich auf die Feinheiten achten und zwischen den Zeilen lesen, denn auch wenn Marnie unverblümt und scheinbar ohne Gewissen vieles recht locker sieht, merkt man wohl wie ihr alles zuviel wird und wie sie sich danach sehnt, Menschen um sich zu haben die sich um sie kümmern, ihr Geborgenheit und Liebe schenken. Denen es wichtig ist, was sie tut.


    Auch Nelly, bei der man noch schwerer hinter die Kulissen schauen kann, ist völlig überfordert und klammert sich an den einzigen Halt den sie in ihrem bisherigen Leben vor einem Absturz bewahrt hat: ihre große Schwester.

    Lennie hingegen fühlt sich schuldig. Auch in seinem Leben lief nicht alles rund, aber im Herzen ist er ein guter Mensch und ein Segen für die beiden Mädchen.

    Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen! Eine Katastrophe folgt der nächsten, ich war schockiert, bestürzt, hoffnungsvoll und gerührt, während diese drei Menschen alles versuchen, um das Leben in den Griff zu bekommen.


    Die Kapitel sind sehr kurz und wechseln ständig zwischen den Charakteren ab - ein sehr guter Aufbau, weil man so auch öfters die Situationen aus den verschiedenen Sichtweisen erleben konnte. Es geht um Schuld, Scham, Verantwortung und Wiedergutmachung, um das Gefühl gebraucht zu werden, gesehen, angenommen, geliebt zu werden. Ohne dabei jedoch den anderen zu ersticken, sondern im die Luft zum Atmen, zum Leben zu lassen. Eben das, wonach sich jeder Mensch tief im Inneren sehnt.


    Der Kern dabei war für mich auch die große Verantwortung die Eltern tragen, und warum manche das nicht können. Natürlich kommt hier die Frage nach der Schuld auf, doch die Autorin hat hier sehr schön gezeigt, dass man es sich damit oft zu leicht macht. Denn auch die Eltern hatten Eltern, unter denen sie aufgewachsen sind, und auch diese hatten Eltern, die ihnen ihren Stempel aufgedrückt haben. Es ist sehr schwierig, hier eine Grenze zu ziehen und obwohl ich hier natürlich die Eltern als Schuldige sehe (die wirklich bis ins letzte alles falsch gemacht haben), hatten sie durch ihre Vorgeschichten ebenfalls wenig Chancen, es anders, es besser zu machen.


    Man kann nur hoffen, dass irgendwer mal diesen Kreislauf durchbricht, dass Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene auf Menschen treffen die ihnen helfen können und sie einen Weg finden lassen, der Hoffnung auf etwas besseres verspricht. Und nein, das ist nicht leicht und nicht jeder kann das.

    Aber auch die Vorurteile werden thematisiert, gerade Jugendlichen gegenüber, denn auch wenn man oft denkt, wie schlimm und schlampig und aggressiv und respektlos sie sich aufführen, hinter jedem dieser Menschen steckt eine Vergangenheit die wir nicht kennen, steckt ein Leben mit dem sie leben müssen und man darf sich kein Urteil erlauben bevor man nicht weiß, was sie zu dem gemacht hat, der sie jetzt sind. Die Autorin hat eine sehr entwaffnende Art, die Situationen auf eine witzige, tiefgründige und nachdenklich machende Weise zu erzählen, die mich sehr beeindruckt hat.


    Kinder sind sehr anpassungsfähig und lieben ihre Eltern, egal was sie tun oder nicht tun, aber sie bezahlen dafür mit einem seelischen Schaden, der selten zu heilen ist. Sie leben, natürlich, die Frage ist nur: wie.

    Solche Narben spürt man ein Leben lang und man kann nur hoffen, dass sie darüber hinaus wachsen, mit Menschen, die sie unterstützen und ihnen zeigen, dass sie es wert sind.


    Fazit: 5 Sterne


    © Aleshanee

    Weltenwanderer

  • Heiligabend in Glasgow: die fünfzehnjährige Marnie und ihre kleine Schwester Nelly haben gerade ihre toten Eltern im Garten vergraben. Niemand sonst weiß, dass sie da liegen und wie sie dahin gekommen sind. Und die Geschwister werden es niemandem sagen. Irgendwie müssen sie jetzt allein über die Runden kommen, doch allzu viel Geld verdient Marnie als Gelegenheits-Dealerin nicht. So ist es ihnen ganz recht, als ihr alter Nachbar Lennie, den fälschlicherweise alle für einen Perversling halten, sich plötzlich für sie interessiert. Lennie merkt bald, dass die Mädchen seine Hilfe brauchen. Er nimmt sich ihrer an und gibt ihnen so etwas wie ein Zuhause. Als die Leute jedoch beginnen, Fragen zu stellen, zeigen sich erste Risse in Marnies und Nellys Lügengebäude, und es kommen erschütternde Details aus ihrem Familienleben zum Vorschein, was ihre Lage nur noch komplizierter macht....(Klappentext)


    ❁❁❁❁❁


    "..., um sie richtig zu begraben, und weil Gene am meisten stank,
    haben wir beschlossen, ihn zuerst zu beerdigen und Izzy in den Kohlekasten zu quetschen;
    klar würde sie verwesen, aber so kamen wir an sie ran
    und konnten zur Not Desinfektionsmittel drüberschütten."
    (S. 21)


    Gleich zu Beginn sollte erwähnt werden, dass dieser Roman nicht ohne Trigger-Warnung auskommt und dieses Buch daher nicht für jeden geeignet sein könnte.

    Trigger: Pädophilie, sexueller und psychischer Mißbrauch von Minderjährigen


    Man liest aus drei Perspektiven.

    Allen voran Marnie - 15 Jahre, Drogendealerin mit einem äußerst derben Wortschatz, nach außen hin stark und kühl, im Inneren jedoch immer noch ein bisschen Kind.


    Nelly - 12 Jahre und die Schwester von Marnie; ein geigespielendes Genie und redet als wäre sie aus dem frühen 19. Jahrhundert entsprungen. Sie zerbricht sich über manche Dinge wochenlang den Kopf.

    Beide hatten bisher alles andere als eine leichte Kindheit - aufgewachsen im Glasgower Ghetto, Eltern alkohol- und drogenabhängig, liebevoller Umgang Fehlanzeige. Innerhalb von zwei Tagen sterben ihre Eltern, aber nachtrauern tun die beiden Mädchen den beiden nicht wirklich. Sie beschließen die Leichen im Garten zu verbuddeln, denn in ein Heim wollen sie beide nicht. Doch rasch wächst ihnen alles über den Kopf und da tritt Lennie auf den Plan.


    Lennie - ein alter Nachbar, schwul und fälschlich wegen Pädophilie im Strafregister von Sexualstraftätern aufgeführt. Dadurch wird er von allen in der Nachbarschaft geächtet. Jedoch betrauert er den Tod seines Lebensgefährten und hätte einfach nur gerne jemanden zu reden. Die Mädchen tun ihm leid und so hat er ein Auge auf sie und nimmt sich ihrer schließlich an.


    "Klar haben wir Angst, weil, irgendwann wird er ja wissen wollen, wo sie ist. Jetzt glaubt er, sie sind irgendwo im Grünen. Sind sie ja auch, nur nicht so, wie er denkt." (S. 187)


    Der Schreib- und Erzählstil der Autorin ist einfach nur unglaublich und niemals hätte ich gedacht, dass dies ein Debüt ist.

    Je nach Perspektive ändern sich Ton und Jargon. Es wird hauptsächlich aus Marnies Sicht erzählt - hier ist die Sprache eher derb und manchmal erschreckend kühl und emotionslos. Wenn man bedenkt, was die Mädchen schon alles durchmachen mussten, in gewisser Weise verständlich.

    Nelly kommt meist nur kurz zu Wort, aber diese wenigen Zeilen haben es oft mächtig in sich. Beide Perspektiven ermöglichen somit auf sehr eindringliche Weise einen Blick in zwei kaputte Kinderseelen. Lennies Perspektive zeigt hingegen Besonnenheit, Reife und viel Trauer.

    Daher ist dieser Roman auch vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet interessant und packend, denn zwischen all den coolen und derben Sprüchen, zwischen all den verschiedenen Gedankengängen, verbirgt sich so einiges. Wenn man die Augen beim Lesen öffnet, kann man nämlich ganz tief in die Herzen und Seelen der Protagonisten sehen.


    Obwohl die Story bedrückend,morbide und auch zeitweise verstörend ist, wird diese durch herrlich schwarzen Humor und abstrus witzige Ereignisse und/oder Handlungen aufgelockert. In einem Moment war ich schockiert, im nächsten musste ich schmunzeln. Vor allem Marnie hat einen herrlich schwarzen Humor, der vor Sarkasmus nur so trieft.

    Es ist aber auch traurig und herzzerreißend zu lesen, was die Mädchen und auch Lennie schon alles durchmachen mussten und sie dadurch zu dem wurden was sie sind - kaputte Kinderseelen und ein trauernder, einsamer alter Mann.


    Und doch enthält dieser Roman so viel mehr als gut gezeichnete Charaktere, tollen Schreib- und Erzählstil und packende Story. Denn trotz dieses schwarzen Humors, der oft derben Ausdrucksweise und bedrückenden Thematik, liest man immer wieder wunderschöne Passagen voller Tiefe und Weisheit, welche einen kurz inne halten lassen.


    "Ich bin froh, dass die Mädchen einander haben, denn sonst ist es eine einsame Reise,
    und deshalb lasse ich ihnen ihre Geheimnisse und das, was sie miteinander teilen.
    Es verbindet sie, so bleiben sie stark. Und darauf kommt es an,
    stark zu bleiben, es bindet einen an das Leben und zwingt einen zum Weitergehen,
    selbst wenn es nur mit einem Hund ist."
    (S. 71)


    Fazit:

    Für mich persönlich war dieser Roman DAS Lesehighlight im Genre Roman.

    Obwohl es nicht unbedingt leichte Kost war, übte die Story einen unvergleichbaren Sog auf mich aus und schickte mich durch ein Wechselbad der Gefühle. Die Geschichte ist nämlich bedrückend, traurig, verstörend, aber auch herzzerreißend und witzig.

    Ein Buch über Mut, Zusammenhalt und Loyalität und eine Story die einem lange im Gedächtnis bleibt. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    © Pink Anemone

  • Inhalt

    Marnie und Nelly haben ihren toten Vater im Garten vergraben und die Leiche ihrer Mutter versteckt. Damit das Jugendamt nicht auf die beiden allein lebenden Jugendlichen aufmerksam wird, müssen sie den Tod der Eltern verheimlichen und nach außen ein möglichst normales Leben inszenieren. Beide Mädchen waren schon einmal im Heim. Vor einer Wiederholung dieser Erfahrung will Marnie die jüngere Nelly dringend schützen. Marnie musste schon als kleines Mädchen die Hausarbeit erledigen und ihre jüngere Schwester betreuen. Da die Mädchen schon immer von den Eltern vernachlässigt wurden, wird es kaum auffallen, wenn die "Totalausfälle" von Eltern angeblich verreist sind. Izzy und Gene haben gesoffen, gekifft, das Haus vermüllt. Mindestens eine der Töchter wurde sexuell missbraucht. Vermutlich würde die Scheinwelt der Schwestern schon bald entdeckt, wenn nicht der Nachbar Lennie die Mädchen versorgen würde. Lennie ist alt und nach dem Tod seines Lebenspartners einsam. Er geht darin auf, für die Mädchen zu kochen und ihnen ein schönes Zuhause zu schaffen.


    Die Zweckgemeinschaft mit Lennie kann nur so lange gutgehen, wie der Sozialhilfescheck regelmäßig kommt, Marnie und Nelly sich nicht verraten und niemand ernsthaft nach Gene und Izzy sucht. Marnie, für ihr Alter deprimierend erfahren in den Abgründen von psychischer Krankheit, Sucht und Drogenhandel, mimt die fürsorgliche ältere Schwester. Nelly nimmt im Team der beiden die Rolle des Sonderlings ein. Sie spielt Geige, sorgt sich um den Zustand der Welt und das Bienensterben und drückt sich so geschraubt aus, als hätte sie ein Wörterbuch verspeist. Falls diese Rollenverteilung aus dem Takt geraten sollte, wäre das Arrangement mit Lennie bedroht. Kurz nacheinander taucht zuerst Mick bei den Schwestern auf, der mit Gene Geschäfte gemacht hat, sowie ein Mann, der behauptet, der Großvater der Kinder zu sein. Marnie misstraut dem angeblichen Opa zutiefst; sie ist überzeugt, dass man ihn besser nicht mit Nelly allein lassen sollte. Die groteske Ausgangssituation mit zwei Leichen war offenbar noch nicht der Tiefpunkt im Leben der vernachlässigten Schwestern, sondern erst der Anfang vom Ende.


    Fazit

    Lisa O'Donnell lässt Marnie, Nelly und Lennie jeweils aus ihrer Sicht die mehr als krassen Ereignisse beschreiben. Alle drei beschönigen dabei die Tatsachen und klammern sich an ihre Sicht der Dinge. Vernachlässigte Kinder können aufgrund ihrer Erfahrung die Welt nur durch die Brille von Kiffen, Saufen und Vernachlässigung beurteilen, muss der Leser ziemlich schnell einsehen. Bei den Figuren des Buches und auch beim Leser macht es mehrmals deutlich "Klick", wenn Schein und Realität sich voneinander trennen und wieder eine Hoffnung auf ein Happy End für die Mädchen den Bach runtergeht. Fiktion sind deprimierende Schicksale wie die von Marnie und Nelly leider keine. Die individuelle Sprache der unterschiedlichen Schwestern macht Bienensterben zu einem beeindruckenden Leseerlebnis.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Ravik Strubel - Blaue Frau

    :musik: -- Catton - Gestirne; Rehear


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow

  • Weihnachten 2010 ist Marnies 15. Geburtstag - und der Tag, an dem sie und ihre jüngere Schwester Nelly ihre Eltern im Garten begraben (oder es zumindest versuchen).


    Die Bezeichnung "Eltern" hatten Izzy und Eugene gar nicht wirklich verdient, findet Marnie, die viel zu früh lernen musste, für sich und Nelly zu sorgen. Dem Jugendamt ist die Familie nicht unbekannt. Ein Grund mehr, warum der Tod der Eltern nicht bekannt werden darf, denn dann würden die Mädchen mit Sicherheit im Heim landen und womöglich getrennt werden. Also legen sie selbst Hand an und versuchen sich mehr schlecht als recht durchzuschlagen.


    Lennie, der Nachbar der beiden, ist selbst ein Außenseiter; nachdem er mit einem minderjährigen Strichjungen erwischt wurde, gilt er als "Perverser". Was wirklich geschehen ist, scheint niemanden zu interessieren, weswegen er sich immer mehr zurückgezogen hat.


    Er beginnt zu ahnen, dass nebenan etwas nicht stimmt, nimmt Kontakt zu den Mädchen auf und versucht ihnen zu helfen, wobei er natürlich nicht die ganze Wahrheit kennt.


    Der Aufhänger des Romans, die im Garten verbuddelten toten Eltern, erinnert an Ian McEwans "Zementgarten". Inwiefern das Absicht ist, kann ich nicht beurteilen; mir hat "Bienensterben" unabhängig davon sehr gut gefallen.


    Man wird zu Beginn direkt und unvermittelt hineingeworfen in Marnies Welt und merkt sofort, dass sie kein Blatt vor den Mund nimmt und in ihrem kurzen Leben schon ziemlich viel erlebt und ertragen hat. Marnie ist eine Macherin, getrieben vom Mut der Verzweiflung und dem Wunsch, sich selbst und ihrer Schwester ein besseres Leben zu ermöglichen, auch wenn sie nicht so recht weiß, wie das funktionieren soll und dabei öfter mangels Alternativen auch Wege geht, die man besser nicht gehen sollte.


    Nelly ist das krasse Gegenteil ihrer Schwester, sie drückt sich schon fast altjüngferlich gewählt aus, kleidet sich eigentümlich und leidet unter den Wandlungen der Pubertät, sie tut sich schwer mit dem Erwachsenwerden und flüchtet sich in die Welt der Bücher.


    Lennie, die dritte Erzählstimme, stellt sich bald als einfühlsamer Mann heraus, der das Etikett des Perverslings zu Unrecht trägt, sehr unter einem persönlichen Verlust leidet und - ähnlich wie Nelly - hauptsächlich nicht auffallen möchte, doch aus Sorge um die Mädchen über sich hinauswachsen kann.


    Die drei sehr unterschiedlichen Perspektiven verbinden sich zu einem ungewöhnlichen Ganzen, das mir sehr gut gefallen hat. Ob man die Fassade im wirklichen Leben dergestalt hätte aufrechterhalten können, erschien mir manchmal etwas fraglich, aber die sehr unterschiedlichen Ansätze der Schwestern, mit der Situation umzugehen, fand ich sehr plausibel und habe regelrecht mitgefiebert, wie lange es ihnen gelingt, den Schein zu wahren - wohl wissend, dass das vermutlich nicht ewig gutgehen wird.