Lynn Raven - Seelenkuss

  • Inhalt


    Prinzessin Darejan erkennt ihre ältere Schwester Seloran, Herrscherin über das Volk der Korun, nicht wieder.
    Die einstmals so mitfühlende Königin ist eiskalt geworden und herrscht mit harter Hand, lässt einen Gefangenen in den Kerkern hungern und an Durst leiden, jede Nacht auf brutalste Weise foltern. Angeblich ist er ein Spion der Nordreiche, welche einen Angriff auf das Reich der Korunkönigin planen.
    Doch Darejan erkennt die grausame Wahrheit: Der Körper ihrer geliebten Schwester wurde von einem dunklen Magier besetzt, der aus Rachegelüsten Land und Menschen unterwerfen will. Um ihre Schwester zu retten, begibt sich Darejan mit dem geheimnisvollen Gefangenen notgedrungen auf die Flucht, denn sie weiß, nur er kann ihrer Schwester noch helfen.


    Meine Meinung


    Von der ersten Seite an war ich von der Geschichte um Darejan und ihren mysteriösen Begleiter gefesselt.
    Trotz oder gerade weil die Geschichte mit vielen fantasievollen, beinahe unaussprechlichen Eigennamen, unzähligen Beschreibungen, ideenreichen Begriffen für Flora und Fauna gespickt ist. Denn gerade dadurch wird die hoch fantastische Welt um Seelenwächter, Seelenhenker, Seelenhüter, Seelensteine zum Leben erweckt, auch wenn man dabei anfangs mit recht vielen Informationen fast erschlagen wird.


    So entsteht beim Lesen eine fantastische und verzwickte Welt vor den Augen, in der die Angehörigen eines angesehenen Ordens Seelen aus den grauen Schleiern zurückholen, mit CayAdesh- Pferden kommunizieren können, oder in der die Korun Nachfahren eines Volkes aus dem Meer sind und daher noch zarte Schwimmflossen an den Armen tragen und Rudimente von Kiemen am Hals.
    Manch fantastisches Detail ist wichtig, verwirrt vielleicht sogar ein wenig ob der vielen Informationen, andere Kleinigkeiten scheinen eher unwichtig, sie beleben einfach nur die Atmosphäre. Eine Landkarte oder ein Glossar hätte ich schön und bereichernd gefunden, fand ich persönlich jedoch nicht notwendig.


    Mich hat die Geschichte um die forsche Prinzessin, aus deren Sicht die Geschichte hauptsächlich erzählt wird, einfach nur um den Finger gewickelt.
    Ihre ungeplante und überstürzte Flucht mit dem geheimnisvollen Fremden an ihrer Seite, der in wachen Momenten Darejan am liebsten den Hals umgedreht hätte - beschimpft er sie doch als „Mörderin“, „Hexe“ und „Verräterin“ -, der in den Augenblicken, in denen er sich aus sich selbst zurückzieht, weil man ihm im Kerker zu viele Schmerzen zugefügt, zu viele Erinnerungen genommen hat, bemitleidenswert und verzweifelt wirkt, aber nicht wie der Kämpfer, der er einstmals gewesen war.


    So türmen sich beim Lesen Fragen über Fragen:
    Was verbindet Darejan und den Fremden? Warum nennt er sie eine Mörderin? Warum ist er so in seinem Schmerz und seiner Verzweiflung gefangen? Findet er sein Gedächtnis wieder und somit einen Weg, die böse Seele aus dem Körper der Königin zu bannen und die Menschheit vor Versklavung und Vernichtung zu retten?


    Die Geschichte entwickelt sich dabei spannend und abwechslungsreich, glänzt mit Action, Fantasie, Überraschungen und Wendungen.
    Die (unweigerliche) Romantik, obwohl sich Darejan und „der Verrückte“, wie sie ihn immer nennt, mehr hassen als miteinander auskommen (von Zuneigung, gar Liebe kann keine Rede sein), kommt durch die vielen actionreichen Szenen und die Entwicklung der High Fantasy- Welt zwar ein wenig zu kurz, hat mich aber nicht weiter gestört. Ich fand die Gefühle und deren Entwicklung, ob Zuneigung, Zweifel, Misstrauen oder blanker Hass, dennoch nachempfindbar.


    Trotzdem muss ich sagen, dass die Charaktere vor der fantasiereichen Handlung mit all ihren Tücken und Fallstricken, vor den Actionszenen und den endlosen Beschreibungen von Gesten, Natur und Atmosphäre ein wenig in den Hintergrund rücken.
    Obwohl der unter Amnesie leidende Gefangene nicht oft zu Wort kommt, kann man jede seiner Gefühlsregungen spüren, doch Darejan bleibt, obgleich sie trotz schwacher Momente recht schlagfertig und unerschrocken zu sein scheint, recht blass. Viel erfährt man über sie leider nicht.
    So beschwört Lynn Raven leider zu keiner Zeit die geschwisterliche Liebe zwischen Darejan und Seloran herauf – von Beginn an merkt man, dass Selorans Körper von einer fremden Macht unterworfen worden ist.
    Auch versäumt es die Autorin näher darauf einzugehen, wie sich Darejan fühlt, da sie ihre magischen Kräfte verloren hat.


    All diese Kritikpunkte kann ich persönlich jedoch vernachlässigen, weil mich nicht nur dieses ideenreiche und detailliert gestaltete, ausgeklügelte, durchdachte High Fantasy- Abenteuer eingenommen hat, sondern auch der doch recht blumige, üppige, uferlos beschreibende, fast schon überbordende und poetische Schreibstil Lynn Ravens.
    Aber genau so muss eine High Fantasy- Story mit Magiern, Hexen, Zauberwesen, Geheimbünden, seelenlosen Kriegern, rachsüchtigen Antagonisten, leidenden und liebenden Menschen geschrieben sein, um sich als Leser nicht nur in einer anderen Welt wiederzufinden, sondern um darin zu versinken!


    Fazit


    Trotz meiner kleinen Kritikpunkte hat „Seelenkuss“ nicht weniger als :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: verdient.


    Denn ich wurde auf nahezu 600 Seiten bestens unterhalten, berührt, geschockt.
    Lynn Raven hat gruselige und schöne Gänsehautmomente geschaffen, eine fantasievolle und verzwickte Hintergrundgeschichte um Totenbeschwörung und Seelenwanderung, und nicht zu vergessen eine traurig- schöne Liebesgeschichte.
    Dass ich keinen Vergleich zu „Der Kuss des Kjer“ habe, das von vielen Leserinnen so hochgelobt wird, war für mich beim Lesen vielleicht von Vorteil, da ich mit keinerlei Erwartungen an „Seelenkuss“ herangetreten bin.
    Auf jeden Fall hat Lynn Raven mit ihrem Pageturner – nichts anderes ist „Seelenkuss“ - bei mir die Lust geweckt, noch öfters in das Genre High Fantasy einzutauchen!

    :study: C L Wilson - Der Winter erwacht
    :) Gelesen 2013: 105 / 2014: 77 / 2015: 16
    8-[ SUB: Ich geb`s auf...



    Einmal editiert, zuletzt von Elskamin ()

  • So ich bin heute nach nur sehr kurzer Zeit mit dem Buch fertig geworden. Lynn Raven hat es mal wieder geschafft mich sofort zu fesseln. Zuletzt war das bei Blutbraut der Fall. Und wieder hat mir das Buch eigentlich sehr gut gefallen, doch hatte die Story für mich irgendwie einen komischen Beigeschmack.
    Kurz zuvor habe ich nämlich die Schattenprinz Reihe von Torsten Fink gelesen und ich sehe -meiner Meinung nach- überdurchschnittlich viele Gemeinsamkeiten. Das hat mir leider überhaupt nicht gefallen und hätte ich die Reihe nicht zuvor gelesen hätte mir Seelenkuss vermutlich noch sehr viel besser gefallen. Es wäre aber vermutlich nicht fair dem Buch gegenüber wenn ich darauf bezogen meine Sterne vergebe...
    Am Schluss hatte ich leider ein paar Verständnisprobleme, die aber eher ins Detail gingen und daher der Story selbst nicht geschadet haben.


    Mein kleiner Tipp also: Wenn euch die grobe Story gefällt, ihr aber wisst, dass euch Lynn Raven etwas zu emotional schreibt und ihr eine "männlichere" Version bevorzugen würdet, dann rate ich euch zu der Schattenprinz Reihe. Lest ihr aber gerne etwas gefühlsbetonter rate ich euch zu der "weiblicheren" Version von Lynn Raven ;)


    Jetzt zur Sternenvergabe: Das Buch konnte meiner Meinung nach nicht mit Blutbraut mithalten und hatte leider eben auch diese Ähnlichkeiten, die ich aber hier und jetzt versuche auszublenden. Ich vergebe also 4 Sterne

  • ich komme hier irgendwie nicht so vorwärts. Habe es erst auf ca. Seite 180 geschafft. Lynn Raven hat schon bessere Bücher geschrieben. Ich hoffe, es wird noch besser.

    "Aber sie hatten einander damals völlig natürlich verstanden und angenommen. So vollständig, dass es beinahe ein Wunder war"