Ludwig Tieck – Weihnacht-Abend

  • Original : Deutsch, 1835


    Mit einem Nachwort von Uwe Schweikert (in der unten verlinkten Ausgabe)


    INHALT :
    Der große Weihnachtsmarkt in der Breiten Straße in Berlin bildet den Hintergrund von Tiecks Novelle. Hier tummeln sich die Menschen am Heiligen Abend des Jahres 1791, und hierhin richten sich die sehnsüchtigen Blicke eines kleinen Mädchens, das mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen in einer nahe gelegenen Dachkammer wohnt.


    Das Schicksal dieser Familie und die glückliche Auflösung, das »Weihnachtswunder«, erzählt Tieck in dieser klassischen Weihnachtsgeschichte. (Quelle : Insel-Verlag)


    BEMERKUNGEN :
    Auf den Anfangsseiten schildert ein später nicht mehr auftauchender Erzähler, Medling, von der besonderen Atmosphäre, der Poesie der vorweihnachtlichen Tage und ihrem Markte in den Strassen Berlins : In diesen 80iger und 90iger Jahren des 18. Jahrhunderts geht es dabei natürlich nicht um die « Profitgier, Prahlerei und dem vornehmtuerischen Überbieten », sondern eher um die Buntheit, den Zauber, das bei so vielen hervorgerufene echte Staunen angesichts all der dargebotenen kleinen und großen Kostbarkeiten.


    Erst danach zoomt sich die Geschichte heran an die eigentliche Geschichte, zieht in eine Stube ein, wo um 1791 eine verarmte Stickerin und ihre Tochter in Schulden stecken und sich kein rauschendes, angemessenes Weihnachten leisten können. Die der Mutter vom Zimmervermieter angebotene Stelle in einem offenen Laden wäre wohl der Tod (im Winter) und eher erlebt als unzumutbare Aussicht, selbst wenn dessen Schwester von einer möglichen Heirat mit dem Kauze spricht. Ah, was für eine scheinbare Großzügigkeit !


    In einer einfachen Rede spricht die arme Witwersfrau, woher sie eigentlich kommt, wie sie « alles gehabt » und verloren hat... : Dabei greift der Autor auf alte Motive zurück : der Verlust von allen und allem, Verarmung. Bringt auch dieses Weihnachten nur Furcht und Bedrängnis ? Dann wiederum bleibende Würde und Ehrbarkeit. Und schließlich vielleicht eine Wende , eine wunderliche Begebenheit ?


    Vielleicht schreibt man heute nicht mehr so, wird das Buch als zu fromm oder gar einfach gestrickt empfunden? Aber es mag zum Weihnachtsfeste passen, wo ich diese kleine Novelle in kurzer Zeit genossen habe.


    Das Werk ist in der verlinkten Ausgabe in angenehm großer Schrift editiert, insofern sehr lesefreundlich. Die Sprache klassisch, teils mit älteren Wendungen, aber sehr verständlich, geschmeidig. Ludwig Tieck gehört zu jener großen Riege deutscher Schriftsteller am Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts, die in ihrem schreibenden Suchen und Ringen Literaturgeschichte geschrieben haben.


    Das Nachwort von Uwe Schweikert gibt noch einige Verständnisschlüssel und betonen insbesondere nicht so sehr das Wunderbare eines Außergewöhnlichen, sondern die « Poetisierung des Alltäglichen ».


    AUTOR :
    Johann Ludwig Tieck (* 31. Mai 1773 in Berlin; † 28. April 1853 ebenda) war ein deutscher Dichter, Schriftsteller, Herausgeber und Übersetzer der Romantik. Er publizierte auch unter den Pseudonymen Peter Leberecht und Gottlieb Färber. Er wuchs als Sohn eines Seilermeisters zusammen mit seinen jüngeren Geschwistern Friedrich und Sophie auf. Er besuchte seit 1782 das unter Friedrich Gedikes Leitung stehende Friedrich-Werdersche Gymnasium und studierte Geschichte, Philologie, alte und neue Literatur in Halle (Saale) (1792), Göttingen (1792/1793, 1793/1794) und Erlangen (1793). Das eigentliche Ziel des Studiums war ihm wohl die Ausbildung zum freien Schriftsteller; schon damals beschäftigte er sich eingehend mit Shakespeare.

    Erste dichterische Arbeiten verfasste er bereits in Berlin, bevor er das Studium begann. 1794 brach Tieck das Studium ab und kehrte nach Berlin zurück (bis 1799). Dort begann er noch ein Jurastudium, was er ebenfalls abbrach. Unterhaltungsliteratur und literarische Experimente aus dem Geiste der späten Aufklärung veröffentlichte er als Gemeinschaftsarbeiten mit seiner Schwester Sophie. Es erschienen seine ersten Erzählungen und Romane.


    Ende des Jahres 1797 traf Tieck erstmals mit Friedrich Schlegel zusammen. Nachdem er 1798 in Hamburg eine Tochter des Predigers Alberti geheiratet hatte, hielt er sich 1799–1800 in Jena auf, wo er zu den beiden Schlegels (August Wilhelm Schlegel und Friedrich Schlegel), Novalis, Clemens Brentano, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling, August und Friedrich Schlegel in freundschaftliche Beziehungen trat.

    Auch Goethe und Schiller lernte er kennen. Ab 1801 wohnte er in Dresden, dann Ziebingen und Berlin bis 1819. 1819–1841 lebte er in Dresden.

    Als Dramaturg des Hoftheaters gewann er namentlich in den 1820er Jahren eine bedeutende Wirksamkeit, die ihm freilich durch Kabalen und Lügen der trivialen Gegenpartei oft verleidet wurde. Als Dichter bediente er sich seit der Niederlassung in Dresden beinahe ausschließlich der Form der Novelle. Die Gesamtheit seiner Novellen zeigte sein großes Erzählertalent.

    1841 rief König Friedrich Wilhelm IV. den Dichter nach Berlin, wo er, durch Kränklichkeit zumeist an das Haus gefesselt und durch den Tod fast aller näheren Angehörigen sehr vereinsamt, ein zwar ehrenvolles und sorgenfreies, aber im ganzen sehr resigniertes Alter verlebte. Ludwig Tieck starb am 28. April 1853 und wurde auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof II beigesetzt.
    (gekürzt; Quelle und mehr, auch insbesondere zur weitläufigen Bibliographie : wikipedia.de )


    Taschenbuch: 106 Seiten
    Verlag: Insel Verlag; Auflage: 1 (28. Oktober 2002)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3458341315
    ISBN-13: 978-3458341314

  • Aber es mag zum Weihnachtsfeste passen, wo ich diese kleine Novelle in kurzer Zeit genossen habe.


    Es geht auch außerhalb von Weihnachten :) Gestern hatte ich eigentlich nur kurz reinblättern wollen und habe mich an der Geschichte festgelesen und konnte erst aufhören als sie zu Ende war. Mit gerade mal 91 Seiten (mit dem interessanten Nachwort von Uwe Schweikert 107 Seiten) keine große Kunst.


    Auf den Inhalt gehe ich jetzt nicht mehr groß ein, da kann man bei tom leos Rezension nachlesen. Ich bin etwas zwiegespalten mit der Geschichte. Zum einen freut sich natürlich mein Leserherz über eine Geschichte die positiv endet, denn nicht immer hat man Lust auf große Tragödien und Dramen mit negativen Ende. Zum anderen empfand ich den Schluss

    doch als etwas zu konstruiert.



    Vielleicht schreibt man heute nicht mehr so, wird das Buch als zu fromm oder gar einfach gestrickt empfunden?


    Da könnte ein Knackpunkt liegen. Als einfach gestrickt empfand ich die Erzählung nicht gerade. Wie gesagt, der Schluss empfand ich als etwas zu konstruiert, aber dem Rest merkt man doch eine gute Komposition an, finde ich und eine sehr schön erzählte Geschichte dazu. Bei etwas zu fromm, da bin ich bei dir, dass könnte dem einen oder anderen nicht so gut gefallen.


    Ich mag das Büchlein jedem empfehlen, der wunderbare Geschichten zu Weihnachten lesen möchte. Allerdings, wie man bei mir sieht, ist das nicht zwingend erforderlich. Ich bin aber auch ein ganz großer Weihnachtsfan und mag diese Zeit (nicht den Konsum, aber die Vorfreude, die Stille, das Miteinander....).

    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


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