Ich habe nur nicht verstanden, warum sie Stoner geheiratet hat, wenn sie von ihm nicht besonders fasziniert war.
Liebe €nigma, ich denke, für uns heutige Frauen ist es oft gar nicht leicht, das Verhalten unserer Geschlechtsgenossinnen vor rund 100 Jahren zu verstehen. Wir sind meist unabhängig, verdienen unser eigenes Geld und heiraten den Mann, den wir auch heiraten wollen. Außerdem haben wir die Möglichkeit mit dem Auserwählten auch unverheiratet zusammen zu leben, solange wir wollen, und wenn es nicht passt, trennen wir uns ohne großen Aufwand.
Damals war das sicher ganz anders und viele der Verhaltensweisen, die wir heute als selbstverständlich empfinden, wären unmöglich, ja geradezu ein Skandal gewesen. Die jungen Frauen aus gutem Hause saßen solange bei den Eltern, bis sie unter die Haube kamen, und haben den Angetrauten wohl oft erst in den folgenden Ehejahren so richtig kennengelernt.
Edith war sicher immer eine dominante Person, hatte aber das Glück, mit William Stoner einen ihren Launen nachgebenden Ehemann gefunden zu haben. Wer weiß, wie das mit einem Haustyrannen ausgegangen wäre. Oft ist es ja auch so, dass der Partner die Schwäche des anderen spürt, in Stoners Fall wäre das dessen friedfertiges Verhalten gewesen, wodurch es für Edith ein leichtes war ihn unter den Pantoffel zu zwingen.
Mir kam bloß diese unglaubliche Boshaftigkeit, die ja auch vor Grace nicht halt gemacht hat, etwas übertrieben vor. Gibt es solche Drachen tatsächlich oder muss man sie eher ins Reich der Fantasie verweisen und unter dichterischer Freiheit verbuchen?