Patrick Modiano – Im Café der verlorenen Jugend / Dans le cafe de la jeunesse perdue

  • Drei verschiedene Erzaehler erinnern sich an eine geheimnisvolle Frau, Louki, die in ihren Leben auftaucht, vorbeigeht und... letztlich verschwindet. Ein Cafe in Paris, le Conde, ist eines der Orte, an dem man sie, zunaechst alleine und isoliert, auftaucht. Aus den Perspektiven eines Studenten, eines von ihrem Mann beauftragten Detektiven und ihres letzten Begleiters, und in einem Zentralkapitel aus ihrer eigenen Sicht ergibt sich das Bild eines Menschen, der von Kindheit an mehr oder weniger auf sich alleine gestellt ist, auch da deren Mutter im Moulin Rouge arbeitete. Schon als Minderjaehrige wird sie nachts auf mehr oder weniger ausgedehnte Streifzuege gehen, ohne rechten Halt, ohne rechtes Ziel, mehrmals von der Polizei aufgegriffen. Spaeter wird sie eher zufaellig und ohne grosse Ueberlegung einen aelteren Mann heiraten, der sie eher vaeterlich umsorgt. Doch aus den verschiedenen Hinweisen der Erzaehler verstehen wir, dass sie diese Art Haeuslichkeit nicht aushalten wird und eher sich in den Cafestunden und endlosen Streunereien durch die Strassen Paris verliert bis zum dramatischen Abschlus der Erzaehlung. « Verlorene Jugend ».


    Aus den (mindestens?) vier Erzaehlperspektiven kann man sich zwar langsam ein kleines Bild von Louki machen, dennoch bleibt fuer meinen Geschmack manches zu angerissen, zu wenig ausgearbeitet. Selbst wenn gerade darin auch der Reiz eines solchen Buechleins bestehen mag: es herrscht etwas Ungewisses, Nicht Greifbares, auch Dramatisches ueber dem Leben und Handeln von Louki, sie wird der Inbegriff des verlorenen, sich verlierenden Menschen ohne absolut einschneidendes Drama, aber in einer Art unvermeidlicher, fuer sie vielleicht unertraeglicher Banalitaet, die sich dann auch mischt mit dem Konsum von Drogen, der ihr wohl im rechten Augenblick die Urteilsfaehigkeit rauben wird? Am liebsten wuerde man schweben oder, Louki? Neben der unmoeglichen Beschreibung innerer Befindlickeiten stehen mehr oder weniger definierte Orte, Strassen, Viertel Paris, auch Buecher oder Treffen in etwas abgehobenen Kreisen, denen eine aehnliche Grauzone zugeschrieben wird: sie gehoeren auch nicht so richtig weder hierhin, noch dorthin.


    Je laenger ich nun ueber diesen Zeilen sitze, desto besser erscheint mir das Buch...


    http://www.amazon.fr/Dans-jeun…oks&qid=1198757507&sr=8-1


    Broché: 148 pages
    Editeur : Editions Gallimard (4 octobre 2007)
    Collection : Blanche
    Langue : Français
    ISBN-10: 2070786064
    ISBN-13: 978-2070786060

  • Hallo Tom,


    ich bin eine große Verehrerin von Patrick Modiano und habe die meisten seiner schmalen Bücher gelesen. Das von dir beschriebene Ungreifbare und Ungewisse fasziniert mich immer wieder bei Modianos Werken. Zu meinen liebsten Romanen gehört "De si braves garçons" (aber auch "Dora Bruder", "la petite bijou", und, und, und...)


    herzlichst: Alixe, die demnächst "un pedigree" lesen wird...

    [i][color=#000066][font='Verdana, Helvetica, sans-serif']Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand. [size=8](Erasmus von Rotterdam)

  • Jetzt erst entdeckt, dass es tatsächlich eine deutsche Übersetzung gibt! Ich empfehle dieses Büchlein hiermit nochmals ausdrücklich: Modiano gehört zu den besten französischen zeitgenössischen Schriftstellern!


    Im Café der verlorenen Jugend


    Paris in den 60er Jahren: Schon als junges Mädchen ist Louki aus der Wohnung der Mutter, einer Platzanweiserin im Moulin Rouge, immer wieder weggelaufen. Den Vater hat sie nie gesehen. Ihren Mann, einen wohlsituierten Immobilienmakler, verließ sie ein Jahr nach der Heirat wieder. Mit ihrem Geliebten, dem angehenden Schriftsteller Roland, streift sie tagelang durch die große Stadt. Im Café Le Condé, dem "Café der verlorenen Jugend", glaubt Louki Zuflucht zu finden, während der Detektiv ihres Mannes schon ihre Spur aufgenommen hat. Mit „Im Café der verlorenen Jugend“ hat Patrick Modiano einen seiner schönsten Romane geschrieben. Die Kritik feierte ihn als „den größten zeitgenössischen Schriftsteller Frankreichs“ (Lire).
    (Quelle: Produktbeschreibung bei amazon)


    Bitte an einen Moderator um Titelerweiterung! Danke!

  • Klappentext:
    Schon als junges Mädchen ist Louki aus der Wohnung der Mutter, einer Platzanweiserin im Moulin Rouge, immer wieder weggelaufen. Den Vater hat sie nie gesehen. Ihren Mann, einen wohlsituierten Immobilienmakler, verließ sie ein Jahr nach der Heirat wieder. Sie verkehrt in einem esoterischen Zirkel, schnupft mit einer Freundin ab und zu ein bisschen »Schnee« und verliebt sich schließlich in den angehenden Schriftsteller Roland. Gemeinsam streifen sie tagelang durch die große Stadt. Im Café Le Condé, dem »Café der verlorenen Jugend« in Saint-Germain-des-Prés, glaubt Louki Zuflucht zu finden, während der Detektiv ihres Mannes schon ihre Spur aufgenommen hat. (von der Verlagsseite kopiert)


    Zum Autor:
    Patrick Modiano, 1945 geboren, ist einer der bedeutendsten französischen Schriftsteller der Gegenwart. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den großen Romanpreis der Académie française und den Prix Goncourt. 2012 wurde ihm der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur verliehen. Den deutschsprachigen Lesern wurde Modiano durch die Vermittlung Peter Handkes bekannt, der auch zwei seiner Romane übersetzte. Zuletzt erschienen die beiden Romane ›Place de l'Étoile‹ (2010) und ›Im Café der verlorenen Jugend‹ (2012). Patrick Modiano lebt in Paris. (von der Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Dans le café de la jeunesse perdu
    Erstmals erschienen 2007 bei Éditions Gallimard, Paris
    Aus dem Französischen übersetzt von Elisabeth Edl
    In vier Teile ohne Kapitelkennung gegliedert, in dem jeweils ein anderer Ich-Erzähler Louki darstellt, ein Cafégast, ein Detektiv, sie selbst und ihr derzeitiger Freund. Neben der Figur der Louki steht die Stadt Paris im Mittelpunkt, die die Ich-Erzähler zum Teil gemeinsam mit Louki durchwandern.
    158 Seiten


    Inhalt:
    Es sind immer dieselben Typen, die sich im Café Condé treffen, Bohemiens, Studenten, Möchtegern-Künstler. Unter ihnen ist Louki die einzige Frau. Eigentlich heißt sie Jacqueline Delanque, aber man kennt sie nur unter ihrem Spitznamen, den ihr ein Besucher des Cafés einst gab.
    Sie scheint eine Verlorene, Heimatlose zu sein, unschlüssig darüber, was sie mit ihrem Leben anfangen soll. Mit der Ehe hat sie es versucht, doch nach einem Jahr etwa verließ sie ihren Mann. Seitdem streunt sie mit wechselnder Begleitung durch die Pariser Arrondissements und lässt sich treiben.


    Eigene Meinung / Bewertung:
    Es ist ein zartes, sanftes Porträt einer Frau, das Mondiano hier zeichnet. Auch wenn man Louki durch all die Beschreibungen, die andere über sie abgeben, und auch ihren eigenen Worten über sich folgt, hat man als Leser nie das Gefühl, sie zu kennen. Sie entgleitet, lässt sich nicht festlegen, bleibt ein Stück weit unsichtbar. Real scheint nur Paris zu sein, die Straßen, Metrostationen, die Parks, die Spazierwege der Seine entlang, dennoch hat Loukis Paris nichts gemein mit der hektischen Großstadt, sondern macht den Eindruck eines gemütlichen Dörfchens, das zu Entspannung und Müßiggang einlädt – und das war Paris in den 60er Jahren, der Handlungszeit des Buches, auch schon nicht mehr.


    Die gesamten Figuren bleiben schemenhaft, zumal niemand eine wirkliche Bedeutung für Louki hat. Sie sind allesamt Begleiter oder Beobachter für eine gewisse Zeit und erfüllen damit ihre Rolle; sie drehen sich um Louki wie Monde um einen Planeten: Sie sind einfach nur da.


    Eine Handlung oder eine Entwicklung sind nicht vorgesehen, so dass die gesamten Schilderungen wie immer weitere Zustandsbeschreibungen des Anfangs wirken. Und doch muss, geht man vom Ende aus, etwas geschehen sein. Der Leser hat es allerdings nicht mitbekommen, kann es nur ahnen.
    Eine fassbare Handlung hätte das Buch belebter, griffiger und konkreter gemacht.



    Fazit:
    Ein zurückhaltendes Porträt einer Frau, die ständig auf der Flucht ist.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich hatte dieses Buch schon vor längerer Zeit rezensiert, kann es aber von DIESEM Computer hier nicht verlinken. Bitte nur bei Modiano nachschlagen und beide Freds zusammenfüugen.


    Ja, Modiano ist für mich ein ganz großer franzözischer Autor. Er schreibt an einem guten Gesamzwerk!