Shereen El Feki - Sex und die Zitadelle/Sex and the Citadel

  • Die tunesische Revolution um Arbeitslosigkeit, fehlende Freiheiten und andere Missstände hat in vielen anderen Ländern Nordafrikas für Folgeaufstände gesorgt – so auch in Ägypten, wo der Vater der Autorin herkommt. Das Ägypten, das zunächst Morsi gewählt und dann abgesetzt hat, in dem am 25.11. der bekannte und in Ägypten mit einer Fatwa belegte Hamed-Abdal-Samed verschwunden ist und nun als entführt gilt und an dem am Tag zuvor das Versammlungsrecht extrem eingeschränkt worden ist. Dies sind neuere Entwicklungen, die das vorliegende Buch noch nicht mit berücksichtigen konnte.


    „Sex und die Zitadelle“ versteht sich als der Versuch einer Datensammlung und Analyse zu einem Thema, zu dem die meisten Regierungen gar nicht unbedingt so genaue Daten sammeln möchten um nicht aus religiös-sozialer Sicht in Handlungsdruck zu kommen. Die Zitadelle von Kairo, die vor etwa einem Jahrtausend von Salah al-Din erbaut worden ist , stammt aus einer Zeit, in der der muslimisch arabische Raum für die meisten Europäer in Bezug auf Sexualität und Erotik Sündenpfuhl und Honigtopf zugleich gewesen ist.


    In der folgenden Kapiteln geht es dann um Ehefrauen – sinnig übertitelt mit „Desperate Housewives“ -, das Singleleben in der arabischen Welt, das wirklich kein Zuckerschlecken ist, den Stand der sexuellen Aufklärung, Prostitution und die verschiedenen Spielarten der Homoerotik und der Trans- und anderer Sexualität. Dabei kann man dann beim Lesen eine Menge über die tatsächlichen Gesetze zu diesen Themen erfahren und auch die Auslegungen aus dem Koran und den Begleitschriften, die sich mit diesen Themen beschäftigen.


    Die Datenlage ist schwierig für viele der angesprochenen Themen, aber die studierte Immunologin, die lange für die UN Global Commission on HIV und the Law gearbeitet hat, weist immer wieder auf diese Unsicherheiten hin und zeichnet gerade dadurch ein sehr vielschichtiges und vom Gefühl her ausgeglichenes Bild der Situation zur Drucklegung des Buchs. Das Ergebnis ist mit Bezug auf den arabischen Raum ziemlich erhellend – und im Gegenzug für die westlichen Kampagnen LGBT-Bereich auch mit einigen überaus bedenkenswerten Ideen zur Identität versehen. Nicht unbedingt leicht zu lesen an allen Stellen, manchmal erschreckend, manchmal auch amüsant aber auf jeden Fall lesenswert.