Marko Hautale - Leichentücher

  • Klappentext:
    An einem Tag im Mai 1995 wird ein Kind grausam ermordet. Ein einsamer alter Mann, Olavi Finne, gesteht die Tat, kann sich aber nicht erklären, wie es dazu gekommen ist, und wird in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Mehr als zehn Jahre danach wird die Pflege des ehemaligen Kindsmörders dem dreißigjährigen Mikael übertragen. Mikael befindet sich mitten in einer Lebenskrise: Seine Frau Saana ist unheilbar krank, und er selbst kämpft mit den Folgen eines gewalttätigen Zwischenfalls mit einem früheren Patienten. Zunehmend ziehen die verrückten Geschichten des seltsamen Alten - Geschichten von der Möglichkeit ewigen Lebens und dem Sieg über den Tod - den verunsicherten Mikael an. (von der Verlagsseite kopiert)


    Zum Autor:
    Marko Hautala, 1973 im finnischen Kauhava geboren, ist Lehrer für englische Sprache und Literatur und gibt Kurse für kreatives Schreiben. Zuvor arbeitete er als Pfleger in einer psychiatrischen Klinik und als Übersetzer. 2010 erhielt er den Kalevi-Jäntin Preis für junge Autoren, eine der wichtigsten Auszeichnungen in Finnland. (vom Vorblatt kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Käärinlinnat
    Erstmals erschienen 2009 bei Tammi, Helsinki
    Aus dem Finnischen übersetzt von Gabriele Schrey-Vasara
    Aus der personalen Perspektive von Mikael erzählt
    45 Kapitel auf 287 Seiten


    Inhalt:
    Mikael arbeitet in der psychiatrischen Klinik auf der Station mit Schwerkranken. Nachdem er im Dienst von einem Patienten angegriffen wird und ihn absichtlich verletzt, als er ihn schon überwältigt hat, versetzt man ihn auf eine Station mit friedlichen Patienten. Es gelingt ihm, seine Tat zu vertuschen. Auf der neuen Station wird er freundlich empfangen, alle Kollegen haben Verständnis, denn Mikaels Frau Saana leidet an einer unheilbaren Krebserkrankung. Ihm wird der Patient Olavi Finne zugewiesen, der vor vielen Jahren ein Kind tötete, nun aber den ganzen Tag still auf seinem Bett liegt.
    Zwischendurch werden Ereignisse aus dem Finnlandkrieg geschildert, die man zunächst nicht zuordnen kann, die sich aber als wichtig für Olavis Krankheit entpuppen.


    Eigene Meinung / Bewertung:
    Auf dem Cover steht „Psychothriller“, und das Buch beginnt mit der Ermordung des Kindes, Olavis Festnahme und seinem Verhör, in dem er sich schuldig bekennt, aber dennoch wirres Zeug redet, das auf Halluzinationen hinweist.
    Ein geübter Thriller-Leser hat mehrere Optionen für seine Erwartungen: Olavi war es nicht, und ein anderer Mörder wird ermittelt. Olavi mordet in der Psychiatrie weiter. Mikael findet heraus, warum Olavi den Mord begangen hat.


    Doch: Es geht in dem Buch primär nicht um Olavi, sondern um Mikael. Glaubt man zunächst, die Handlung steuere auf eine Annäherung zwischen Patient und Pfleger zu, sieht man sich immer weiter vertröstet, so dass sich die Passagen dahin ziehen und zu keinem Ergebnis kommen. Derweil begleitet man Mikael während seines Alltags zwischen Klinik und schwerkranker Ehefrau zuhause.
    Denn im Zentrum steht Mikael und nicht der Mörder oder sein Verbrechen.
    Dies entdeckt der Leser jedoch erst mit einer umwerfenden Pointe, die sich durch keinen Fingerzeig erahnen lässt und auch einen geübten Krimileser überwältigt. Danach muss man das Buch anders lesen, und die Frage, wer krank und wer gesund ist, stellt sich neu.


    Bedauerlich, dass die innere Spannung und Zerrissenheit des Protagonisten zu kurz kommt und dass dadurch auch die Spannung der Handlung eher flau wirkt. Neugierig machen zunächst die ägyptischen Motive des Totenkults, doch leider sind auch sie nicht bestimmend in die Handlung eingewoben und dürfen lediglich als schmückendes Beiwerk herhalten.


    Fazit:
    Ein Roman aus der Psychiatrie, ein wenig geheimnisvoll, ein wenig alltäglich, aber als Psychothriller zu spannungsarm.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Vielen Dank, Marie, für diese aufschlussreiche Rezi. Ich bin eigentlich kein Freund von Psychothrillern, aber es klingt doch sehr interessant, sodass dieses Buch auf meiner Wunschliste gelandet ist. :)

    3 gel. Bücher
    1084
    gel. Seiten
    Ich lese gerade Der Traum der Hebamme (Sabine Ebert),Blutrote Schwestern (Jackson Pearce)

  • Ich bin eigentlich kein Freund von Psychothrillern,


    Keine Sorge, das Wort "Psychothriller" steht zwar auf dem Cover (und daher habe ich den Roman bei den Thrillern einsortiert), doch es handelt sich eher um die Geschichte eines unglücklichen Mannes.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)