Witold Pilecki - Freiwillig nach Auschwitz

  • Er war der erste und einzige Mensch, der freiwillig ins das Konzentrationslager Auschwitz ging. Als engagiertes Mitglied einer polnischen Widerstandsgruppe, die zunächst gegen die Nazis kämpfte und nach dem Krieg gegen die kommunistischen Machthaber, ließ sich Witold Pilecki schon 1940 bei einer Razzia absichtlich festnehmen.


    Sein Ziel war, ins KZ Auschwitz zu kommen um dann von dort genaue Informazionen nach draußen zu schmuggeln und im Innern eine Widerstandsorganisation unter den Gefangenen aufzubauen. Schon sehr bald ließ er Teile seiner hier zum ersten auf Deutsch erschienenen Aufzeichnungen schon 1941 den Amerikanern und Briten zukommen, doch die zögerten zweifelnd. Doch die Tatsache des Massenmords an Juden und anderen konnten sie nicht mehr von der Hand weisen. Pileckis Bericht, dessen historischer Hintergrund von Jarek Garlinski zu Beginn des Buches erhellt wird, erzählt in knappen Sätzen, fast wie ein Drehbuch, vom Alltag im Lager, von den Schikanen der Aufseher und vom gelegentlichen Widerstand einzelner Gefangener, den Pilecki immer zu unterstützen suchte.


    Im April 1943 floh er mit seinen Aufzeichnungen aus dem Lager und schloss sich dem Widerstand im Warschauer Ghetto an. Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstands 1944 wurde er als Kämpfer verhaftet, und verbrachte die Zeit bis zum Kriegsende in einem deutschen Internierungslager. Nach dem Krieg kehrte er im Auftrag der polnischen Exilregierung im Westen als Verbindungsoffizier zu den antikommunistischen Widerstandsgruppen nach Polen zurück. Trotz der Gefahr, verhaftet zu werden, blieb er 1947 im Land. 1948 wurde er wegen Spionage zum Tod verurteilt und hingerichtet. Erst nach dem Ende der sowjetisch dominierten Regimes wurde Witold Pitecki rehabilitiert und seine Aufzeichnungen erst 2012 in den USA veröffentlicht.


    In der Einleitung der bei Orell Füssli in Zürich veröffentlichten deutschen Ausgabe schreibt der britische Historiker Norman Davies: „Pileckis Name steht für das tragische Schicksal von Millionen, die im Westen vergessen sind. Erst wenn man das wahre Grauen seines Schicksals erfasst, versteht man, worum es im Zweiten Weltkrieg in Europa wirklich ging.“


    Ein wichtiges und bewegendes historisches Zeugnis eines mutigen Menschen.

  • Hallo,



    ich habe das Buch gerade beendet. Es ist erschütternd was die Menschen dort alles erleiden mussten. Ich musste bei einigen Buchabschnitten eine Pause machen. Ich bin erschüttert mit wieviel Brutalität manche Menschen auf andere losgehen. Leider ist das ja heute auch noch der Fall :(

  • Ich lese gerade diese Rezi. Natürlich erschütternd, wenn es um diese Themen geht...

    Er war der erste und einzige Mensch, der freiwillig ins das Konzentrationslager Auschwitz ging. Als engagiertes Mitglied einer polnischen Widerstandsgruppe, die zunächst gegen die Nazis kämpfte und nach dem Krieg gegen die kommunistischen Machthaber, ließ sich Witold Pilecki schon 1940 bei einer Razzia absichtlich festnehmen.

    Da wiederum bich ich mir nicht ganz sicher. Vielleicht der Erste? Aber nicht der Einzige. Angesichts ihrer Möglichkeiten oder ihres Informationsstandes haben wahrscheinlich einige mehr Menschen relativ bewusst diesen schweren Weg eingeschlagen. Es könnte sein, dass Witold Pilecki bei seiner Festnahme 1940 trotz aller Gräuel in Auschwitz nicht wusste, was dann auf ihn zukommen würde?


    Zumindest Etty Hillesum wiederum ging diesen Weg nach dem Beschluss der Wannseekonferenz und ihr wahrscheinlich bekannten Infos :


    Zitat

    1942 erhält Etty eine Position beim „Joodsche Raad“ (Judenrat) von Amsterdam, einer von den deutschen Besatzern geschaffenen Beratungs- , Auskunfts- und Verwaltungsstelle für die Juden in den Niederlanden. Damit hätte sie einen gewissen Schutz vor Deportation gefunden. Als ihr klar wird, dass die Stelle eingerichtet ist, die Verfolgung, Deportation und Vernichtung der niederländischen Juden zu flankieren und mit vorzubereiten, kündigt Etty die Stelle binnen zweier Wochen.


    Im August 1942 wird sie ins Sammellager Westerbork deportiert. Ihr noch gültiger Sonderausweis des Judenrates ermöglicht ihr noch mehrmals eine Rückkehr nach Amsterdam. Sie deponiert ihr Tagebuch über ihre Freundin Maria Tuinzing bei der befreundeten Familie Smelik. Sich in Sicherheit bringen oder unterzutauchen lehnt sie aus Solidarität mit ihren jüdischen Schwestern und Brüdern ab. (Quelle:

  • Witold Pilecki war polnischer Widerstandskämpfer und ließ sich 1940 freiwillig und in voller Absicht unter Angabe falscher Personalien in Warschau verhaften, um ins Konzentrationslager Auschwitz zu gelangen. Er hatte den Plan, von dort aus Informationen über das Lager an die Öffentlichkeit zu bringen und im Lager eine Widerstandsorganisation aufzubauen. 947 Tage verbrachte er schlussendlich in Lagerhaft, bis er in einer unglaublichen Aktion fliehen konnte.


    Jeder, der sich für die deutsche Geschichte interessiert, wird eine gewisse Kenntnis von den Zuständen in den Konzentrationslagern haben, möglicherweise auch besonders von Auschwitz, weil dieses Lager sehr bekannt war/ ist. Auch ich habe das Lager schon einmal besucht.

    Witold Pilecki beschreibt in seinen Aufzeichnungen sehr detailliert das (Über-)Leben im Lager, die Tagesabläufe, die unterschiedlichen Arbeitskommandos, geht auch auf Freundschaften und zwischenmenschliche Beziehungen ein, und er beschreibt sehr eindringlich die kursierenden Krankheiten und Folter- bzw. Mordmethoden der SS. Es ist wirklich grauenhaft und unfassbar menschenunwürdig und schrecklich gewesen.


    Pilecki konnte sein Ziel erreichen und eine Untergrundorganisation im Lager aufbauen, die ihn bzw. sich gegenseitig nie verraten hat, auch nicht unter Folter. Gemeinsam konnten sie zumindest teilweise ihren Kameraden im Lager helfen und Berichte nach draußen schmuggeln.

    Anfangs war Pilecki zur Arbeit im Bau eines der Krematorien eingesetzt, später konnte er geschickt verschiedene, auch "bessere" Arbeitsplätze im Lager ergattern, die ihm noch dazu die Möglichkeit gaben, seine Kameraden davon profitieren zu lassen, in dem er ihnen z.B. Essen von dort mitbrachte oder ihnen auch einen Posten dort besorgte. Zuletzt hatte er im Lager auch bei den Kapos ein recht hohes Ansehen, da er eine "alte" Häftlingsnummer hatte, an der man sehen konnte, dass er schon sehr lange im Lager war und es bis jetzt geschafft hatte, zu überleben.

    Der Hunger, die Kälte und die Krankheiten waren in der ersten Zeit sehr schlimm, doch im Laufe der Zeit verbesserten sich die Bedingungen im Lager zumindest dahingehend ein wenig. Jedoch darf man nicht aus den Augen verlieren, dass es dennoch nach wie vor ein Vernichtungslager war und Mord an der Tagesordnung. Unabhängig von den Häftlingen im Lager wurden tagtäglich mehrere tausend Menschen in den Gaskammern umgebracht. Heute geht man davon aus, dass allein in Auschwitz 1,1 Millionen Menschen ihr Leben geben mussten.


    Witold Pilecki war ohne Zweifel ein unfassbar mutiger und kluger Mann, der das Ziel der Allgemeinheit stets über seine eigenen, privaten Ziele und Wünsche stellte. In gewisser Hinsicht war er definitiv ein Märtyrer. Er konnte vielen seiner Kameraden im Lager und auch davor/ danach helfen, indem er ihnen eine bessere Arbeit beschafft hat, sein Essen mit ihnen geteilt oder ihnen seine eigenen Fluchtpläne überlassen hat, die er dann selbst nicht mehr benutzen konnte, da einmal benutzte Fluchtwege von der SS natürlich rigoros versperrt wurden.

    Allerdings kommt man nicht umhin, ihn auch als ein wenig hochmütig zu bezeichnen, wenn man sein Buch gelesen hat, denn er ist sich seiner Cleverness und auch seines "Märtyrertums" durchaus bewusst und lässt das zwischendurch in kleinen Spitzen durchklingen, z.B. hier:

    Zitat

    Zitat Witold Pilecki, S. 78


    Aber welchen Sinn hat es, Lesern mit vollem Magen den Hunger zu beschreiben... oder Lesern, die immer Pakete von zu Hause oder dem Roten Kreuz erhielten und keine Zwangsarbeit leisten mussten, sich aber dennoch nachher beklagten, wie hungrig sie immer gewesen waren.

    Die Erzählung seiner Flucht, die er mit zwei anderen Kameraden plante und durchzog, war unglaublich spannend und sehr knapp. Leider hat es das Schicksal dennoch nicht sehr gut mit Witold Pilecki gemeint, denn er wurde am 8. Mai 1947 vom polnischen Ministerium für Öffentliche Sicherheit als westlicher Spion angeklagt und kurz darauf zum Tode verurteilt. Er wurde am 25. Mai 1947 in Warschau hingerichtet...


    Um seine Familie nicht zu gefährden, hat Pilecki in den Jahren seiner Haft keinen Kontakt zu ihnen (er hatte Frau und zwei Kinder) aufgenommen und auch anfangs nach seiner Flucht nicht. Das Buch bzw. der Bericht, der es ursprünglich war, war natürlich für seine Vorgesetzten bestimmt und wurde zu militärischen/ politischen Zwecken verfasst - somit ist es verständlich, dass seine Familie dort keine Erwähnung findet. Dennoch fiel mir das irgendwie negativ auf, seine politischen Ziele in allen Ehren. Immerhin hat er sich ja absichtlich verhaften lassen, und seine Familie dadurch in den auch so schon schweren Kriegszeiten im Stich gelassen.


    Insgesamt ein sehr informativer und erschütternder Bericht über das Vernichtungslager Auschwitz und den Überlebenskampf seiner Häftlinge. Das Buch geht unter die Haut, macht wütend und traurig und wird noch lange nachhallen. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: mindestens verdient dieses Buch schon alleine, um den Mut und Kampfgeist von Witold Pilecki zu würdigen.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Witold Pilecki: Freiwillig nach Auschwitz“ zu „Witold Pilecki - Freiwillig nach Auschwitz“ geändert.