Charles Ferdinand Ramuz - Die große Angst in den Bergen/La Grande Peur dans la Montagne

  • Bis vor wenigen Jahren noch führten Hörbücher ein Nischendasein, doch mittlerweile erscheint kaum ein halbwegs erfolgversprechendes Buch, das nicht gleichzeitig eine Audioversion im Schlepptau mit sich führt. Doch manche dieser Audiobooks sind weit mehr als nur ein Anhängsel einer papiernen Neuerscheinung: Sie sind ein Erlebnis ganz eigener Art. ,Die große Angst in den Bergen' von Charles Ferdinand Ramuz ist ein solches Erlebnis.
    Zwanzig Jahre, nachdem sich ein schreckliches Unheil auf der Alp Sasseneire ereignete, beschließt die nächste Generation gegen den Willen der Alten, wieder Vieh dort hinaufzutreiben. Und das Unfassbare geschieht erneut: Eine Seuche ergreift die Kühe, die Sennen dürfen die Alp nicht verlassen und das Dorf wird von neuem von furchtbaren Unglücksfällen erfasst.
    Was sich für uns rational denkende, moderne Menschen nur als eine Verkettung verhängnisvoller Ereignisse darstellen mag, ist für die Bewohner dieses Dorfes die Heimsuchung des Unbekannten, die Bestrafung dafür, dass sie ein verbotenes Stück Land erneut aufgesucht haben.
    Christian Brückner liest diese Geschichte - und wie er sie liest. Stellenweise vorsichtig, zögerlich, fast leise erzählt er, um dann unvermittelt wieder hervorzubrechen mit seiner rauen, etwas heiser klingenden Stimme. All das Grauen, das Unheil, das nur darauf zu warten scheint, über das kleine Dorf hereinzubrechen, hört, nein, man beginnt es zu fühlen, wenn er spricht. Es ist meisterhaft, wie seine Stimme, obwohl unverwechselbar, den unterschiedlichen Charakteren ihre Besonderheit verleiht: den Männern auf der Alp; dem unheimlichen Klu, der etwas zu verbergen scheint; Joseph, dem Liebenden, voller Verzweiflung und Sehnsucht nach seiner Braut; Bartholomä, der trotz Furcht vor dem was da kommen mag, voller Zuversicht an den Schutz seines Papieres glaubt, das er um den Hals hängen hat. Irgendetwas ist da in diesen Bergen, es wartet - und Christian Brückner bringt es einem so nahe, dass es einen schaudert und fröstelt. Schlicht und einfach: GENIAL!

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Danke für diese Vorstellung!


    Das ist wirklich toll, dass hier jemand ein Werk (bzw Hörbuch) von Ramuz bespricht, einem leider heute etwas in Vergessenheit geratenem schweizerischen Schriftsteller. Ich habe, was ich gelesen habe, sehr gemocht. Bekannte meinen, dass ihm damals der Nobel mal hätte zugesprochen werden sollen, doch vielleicht war er dafür zu "regionalistisch"? Bei einer Bemerkung stutzte ich ein wenig:


    Bis vor wenigen Jahren noch führten Hörbücher ein Nischendasein, doch mittlerweile erscheint kaum ein halbwegs erfolgversprechendes Buch, das nicht gleichzeitig eine Audioversion im Schlepptau mit sich führt. Doch manche dieser Audiobooks sind weit mehr als nur ein Anhängsel einer papiernen Neuerscheinung: Sie sind ein Erlebnis ganz eigener Art. ,Die große Angst in den Bergen' von Charles Ferdinand Ramuz ist ein solches Erlebnis.


    Das Original ist ja schon 1925 erschienen und auch eine deutsche erste Übersetzung erschien schon 1927. Hier handelt es sich eventuell also um die Neuübersetzung von 2009?


    Charles-Ferdinand Ramuz (* 24. September 1878 in Lausanne; † 23. Mai 1947 ebenda) war ein Schweizer Schriftsteller, Lyriker, Essayist und Nationaldichter und gilt als bedeutendster Vertreter der Schweizer Literatur in französischer Sprache. (siehe auch mehr hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Ramuz )


    1925

  • Das Original ist ja schon 1925 erschienen und auch eine deutsche erste Übersetzung erschien schon 1927. Hier handelt es sich eventuell also um die Neuübersetzung von 2009?


    Ja, beide Ausgaben sind zeitgleich erschienen. So begeistert wie du klingst, hole ich mir vielleicht doch noch die 'papierne' Ausgabe. Das Hörbuch ist ja eine gekürzte Version.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling


  • So begeistert wie du klingst, hole ich mir vielleicht doch noch die 'papierne' Ausgabe.


    Ich dachte dabei durchaus auch an andere Werke von Ramuz; sein Gesamtwerk (von dem ich selber zu wenig kenne, das aber gute Lesefreunde sehr schätzen) scheint auf sehr hohem Niveau zu liegen. Selber las ich vor Jahren Derborence auf Französisch. Hier eine Neuausgabe, übersetzung auf Deutsch: