Lisa Van Allen - Die Wünsche meiner Schwestern / The Wishing Thread

  • Inhalt


    Das Geheimnis der Magie liegt im Stricken.
    Zumindest bei den Frauen der Van Rippers, die diese Tradition schon seit langer Zeit hüten. Sie verweben die Wünsche ihrer Kunden in Wolle und Maschen und erfüllen deren Sehnsüchte. Den Preis, den die Van Rippers zahlen, ist ein Leben in Einsamkeit, am Rand der Gesellschaft, entweder belächelt oder als Hexen verflucht.


    Seitdem ihre Schwestern Meggie und Bitty vor vielen Jahren ausgezogen sind, lebt die 28jährige Aubrey mit ihrer Tante Mariah alleine in der Strickerei der Van Rippers im Bundesstaat New York.
    Erst der Tod der Tante führt die drei Geschwister wieder zusammen, doch sie müssen sich mit dem Vermächtnis ihrer Familie auseinandersetzen und jede Schwester scheint an einem eigenen Strang zu ziehen.


    Während Aubrey als Hüterin der Strickerei die Traditionen der Van Ripper- Frauen um jeden Preis bewahren und fortführen will, hegen Meggie und Bitty andere Wünsche, sind sie doch aus ganz bestimmten Gründen vor der Strickerei und dem damit verbundenen Leben geflüchtet.
    Darüber hinaus soll das Viertel, in dem die Strickerei beheimatet ist, einem großen Einkaufszentrum weichen.


    Doch irgendwann keimen auch in Aubrey Zweifel heran, schließlich verliebt sie sich zum ersten Mal. Ihr Wunsch, die Strickerei am Leben zu erhalten, gerät ins Wanken. Wünsche haben jedoch ihren Preis und erfordern den Regeln der Magie nach große Opfer. Wer wüsste das besser, als die Van Ripper- Frauen?


    Meine Meinung


    Ich war vom ersten Satz, von der ersten Masche an, von diesem Roman verzaubert, denn die Autorin verwebt in ihre Worte pure Poesie. Kaum ein Satz, über den man nicht lächeln, den man nicht in sein Herz schließen kann und will und den man nicht ausschneiden und mit sich herum tragen möchte.


    So hat man Tarrytown im Bundesstaat New York, welches in direkter Nachbarschaft zu Sleepy Hollow, ja zu DEM Sleepy Hollow, liegt, immer direkt vor Augen. Ein kleiner Film kann in jeder Szene im Kopf ablaufen.
    Durch Washington Irvings Legende vom kopflosen Reiter von Sleepy Hollow liegt immer ein Hauch Magie in der Luft, kriecht immer ein fröstelnder Nebel durch die Straßen. Aus jedem Hauseingang grinst einem beim Lesen ein frecher Kürbis entgegen. Wie gut, dass „Die Wünsche meiner Schwestern“ zum Großteil auch direkt vor Halloween spielt, sodass sich die Atmosphäre gemütlich und beschaulich entfalten kann.


    Genauso zauberhaft, liebenswert und skurril wie das Städtchen wirken auch die Van Ripper- Schwestern.
    Aubrey, die schüchtern und zurückgezogen ihr Leben den Traditionen der Strickerei geopfert hat, und sich zum ersten Mal verliebt.
    Bitty, die älteste Schwester, die nach dem High School- Abschluss mit ihrem Freund durchgebrannt ist, Meggie, die jüngste, die flatterhafte, die ruhelose Schwester, die vielleicht endlich in den Schoß der Familie zurückgefunden hat.


    Doch die so unterschiedlichen Schwestern müssen ihr Beziehungsgeflecht untereinander erst einmal wieder entwirren, alle Knötchen lösen – so wie man einen verhedderten Wollknäuel entwirren muss. Das braucht Zeit und Geduld.
    Und so werden die Schwestern auch Zeit brauchen, um wieder zueinander zu finden und um wirklich an einem Strang zu ziehen. „Die Wünsche meiner Schwestern“ zeigt, dass geschwisterliche Bande so stark wie ein Zwirn sein können, aber auch so fein wie Mohair...


    Den Roman muss man ein bisschen lesen, wie einen Pulli stricken:
    Es gibt Stellen, die man nicht verpassen darf, wie bei einem komplizierten Zopfmuster, an dessen Schönheit man sich einfach erfreut. Andere Passagen langweilen dafür ein bisschen, zugegebenermaßen, als ob man einfach nur rechte und linke Maschen stricken würde.


    Durch die Poesie der Sprache, durch die renovierungsbedürftige und heruntergekommene Strickerei, die so wirkt, als ob das ganze Jahr Halloween herrschen würde, durch Tappan Square, dem Viertel, in dem die Zeit still zu stehen scheint, weil das Vergangene durch Historie und Legenden noch so lebendig wirkt, durch den nur leichten Hauch von Magie und den Zauber durch das Stricken, durch diese altmodische, dezente, aber nicht weniger gefühlvolle Liebesgeschichte zwischen Aubrey und Vic, durch Aubrey in ihrer süßen Zurückhaltung und durch Vic - diesen Jeans und Werkzeuggürtel tragenden Gentleman – könnte man denken, die Geschichte spiele zu einer anderen Zeit. Vor fünfzig oder hundert Jahren, aber sie spielt im Hier und Heute.


    Aber die Probleme, die die Charaktere bewältigen müssen, die Grenzen, die sie überwinden müssen, das Schicksal des Viertels sind aktuell, und werden es wohl immer sein.
    Vielleicht wirkt der Roman dadurch ein wenig altmodisch, auf viele vielleicht auch angestaubt, auf mich wirkt er einfach nur nostalgisch.
    Und ich könnte mir vorstellen, dass man daraus einen tollen Wohlfühlfrauenfilm machen könnte.
    Ich mag einfach das Dezente der Geschichte, die leise Lovestory, die Magie, die immer nur durchblinzelt, aber nicht in vollem Karacho auf uns niederprasselt, die lauernde Gefahr im Hintergrund durch die ungewisse Zukunft der Strickerei und von Tappan Square.


    Sehr entzückend finde ich auch die zwischendurch eingestreuten Auszüge aus dem "Großen Buch im Flur", eine Strickanleitung, ein Zauberbuch, das voller allgemein gültiger Lebensweisheiten steckt. Und so weiß man auch nie, ob tatsächlich Magie am Werk ist, oder ob es nur die eigene Sehnsucht, der starke Wille ist, die Träume wahr werden lassen.


    Fazit


    "Die Wünsche meiner Schwestern" hat mich immer wieder vom Grundtenor ein wenig an "Chocolat" von Joanne Harris erinnert oder an "Die Hüterin der Gewürze" von Chitra Banerjee Divakaruni, in deren Geschäften auch die geheimsten Wünsche und Sehnsüchte ihrer Kundinnen und Kunden erfüllt werden.


    Und dennoch ist der Roman von Lisa Van Allen etwas ganz Eigenständiges und Besonderes, manchmal bunt und farbenfroh und lebenslustig wie ein Wollstrang in Regenbogenfarben, flauschig wie ein Knäuel Mohairwolle, ein bisschen langweilig wie graue Baumwolle, ein bisschen kratzig wie raue Schafswolle, aber dennoch immer ein gefühlvolles Erlebnis.


    Obwohl "Die Wünsche meiner Schwestern" immer nur leise Töne anschlägt, musste ich mich beim Lesen beherrschen, nicht zum Ende vorzublättern, denn zu sehr gespannt war ich, zu erfahren, welches Schicksal die Autorin der Strickerei und Aubrey und Vic bereithält.


    Ein warmherziger und melancholischer und feinfühliger Wohlfühlroman über Schwesternschaft, Liebe, Magie, Selbstbestimmung und Bürgerverantwortung, der perfekt in den Herbst passt, und an dem keinesfalls nur leidenschaftliche Strickerinnen ihre Freude haben werden.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: C L Wilson - Der Winter erwacht
    :) Gelesen 2013: 105 / 2014: 77 / 2015: 16
    8-[ SUB: Ich geb`s auf...



  • Vielen lieben Dank euch Zweien!


    War trotz der kleinen Längen zwischendurch eine wunderschöne, magische und vor allem poetische Lektüre, und ich kann den Roman uneingeschränkt weiterempfehlen.

    :study: C L Wilson - Der Winter erwacht
    :) Gelesen 2013: 105 / 2014: 77 / 2015: 16
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  • Danke für deine Rezi, Elskamin. :thumbdown: Auf meiner Wunschliste sind derzeit ungefähr eine Handvoll Bücher, die mich sehr, sehr reizen und nach denen ich regelmäßig in meiner Bibliothek Ausschau halte. "Die Wünsche meiner Schwestern" gehört dazu, leider hat meine Bibliothek es noch nicht angeschafft. Ich hoffe aber, dass sich das bald ändert. :bounce:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • "Die Wünsche meiner Schwestern" hat mich immer wieder vom Grundtenor ein wenig an "Chocolat" von Joanne Harris erinnert oder an "Die Hüterin der Gewürze" von Chitra Banerjee Divakaruni, in deren Geschäften auch die geheimsten Wünsche und Sehnsüchte ihrer Kundinnen und Kunden erfüllt werden.

    "Die Wünsche meiner Schwestern" stand bereits auf meiner Wunschliste - doch nachdem du "die Hüterin der Gewürze" (ein wunderschönes Buch übrigens) erwähnst, wird es schneller als gedacht in mein Regal wandern :D

  • Danke für deine Rezi, Elskamin. :thumbdown: Auf meiner Wunschliste sind derzeit ungefähr eine Handvoll Bücher, die mich sehr, sehr reizen und nach denen ich regelmäßig in meiner Bibliothek Ausschau halte. "Die Wünsche meiner Schwestern" gehört dazu, leider hat meine Bibliothek es noch nicht angeschafft. Ich hoffe aber, dass sich das bald ändert. :bounce:

    Och, das ist auch ein Buch, das sich dauerhaft gut im Regal macht :wink: .


    "Die Wünsche meiner Schwestern" stand bereits auf meiner Wunschliste - doch nachdem du "die Hüterin der Gewürze" (ein wunderschönes Buch übrigens) erwähnst, wird es schneller als gedacht in mein Regal wandern :D

    Allerdings ist "Die Hüterin der Gewürze" schon ein paar Jährchen her, das ich das gelesen habe :-, .
    Aber es gibt einfach Parallelen, die nicht von der Hand zu weisen sind: Das Erfüllen von Sehnsüchten der Kunden bei gleichzeitiger Untersagung der eigenen Träume.
    Und am Ende steht die Frage: Magie oder Mann?

    :study: C L Wilson - Der Winter erwacht
    :) Gelesen 2013: 105 / 2014: 77 / 2015: 16
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  • Oje, Elskamin, da habe ich doch tatsächlich den falschen Smiley gesetzt. Tut mir leid! Natürlich sollte es dieser hier sein: :thumleft: :thumleft: :thumleft: . Sorry! :friends:

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    Hape Kerkeling


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  • Inzwischen konnte ich das Buch tatsächlich in meiner Bibliothek ergattern. Und hier kommt meine Meinung:


    „Die Wünsche meiner Schwestern“ war ein Buch, das mich bis auf eine kleine Ausnahme von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat. Ich nehme den kleinen Kritikpunkt mal vorweg, der dazu sehr persönlich ist und den andere Leser bestimmt auch anders einschätzen werden: Aubrey hat an einer Stelle des Buches eine ganz bestimmte Entscheidung getroffen, die ich einfach nicht nachvollziehen konnte oder wollte. Sie war für mich durchweg ein sehr stimmiger und authentischer Charakter und diese Entscheidung passt auch voll zu ihr. Aber ich hätte mir eine andere Entscheidung von ihr gewünscht. Und auch wenn das, wie gesagt, ein sehr persönlicher Kritikpunkt ist, muss ich dafür doch einen halben Stern in meiner Bewertung abziehen, denn dadurch stehe ich einfach nicht hundertprozentig hinter dem Buch. Aber das wird jeder Leser vermutlich anders einschätzen, von daher: Lasst euch von diesem minikleinen Kritikpunkt nicht davon abhalten, das Buch zu lesen. ;-)


    So, nun komme ich aber auch gleich zu den positiven Dingen. Schon allein die Aufmachung des Buches hat mich begeistert. Ich finde das Cover toll, es passt perfekt zur Stimmung des Buches. Und auch die Kapiteleinteilung ist einzigartig, denn die Überschriften ergeben eine Strickanleitung. Ich weiß nicht, wofür, und ich glaube auch, dass ein paar ergänzende Anweisungen fehlen, aber allein schon Überschriften wie „Beginne mit dem Kreuzanschlag“, „Nimm zwei Maschen auf“ oder „Stricke einen Platzhalter“ finde ich einfach total originell. Und sie wecken dazu noch mein Interesse am Stricken, denn irgendwie frage ich mich jetzt, was sich hinter diesen Anweisungen verbirgt. ;-)


    Über dem Buch liegt eine ganz besondere und vor allem einnehmende Atmosphäre. Das heruntergekommene Haus mit seinen knarzenden Treppenstufen und der vergilbten Tapete hat einen ganz speziellen Charme und trotz des Alters des Hauses glaube ich doch, dass ich mich in ihm sehr wohl fühlen würde. Und irgendwie haben sich seine Bewohner dem Charme des Hauses angepasst, denn vor allem Aubrey, die noch nie verliebt war und einen Igel als Haustier hält, wirkt auf den ersten Blick etwas verschroben, ist aber bei genauerem Hinsehen einfach total liebenswert. Und auch Meggie und Bitty und die weiteren Charaktere des Buches sind ganz lebendig gezeichnet und mit ihren Eigenheiten und Macken versehen, die sie so authentisch machen. Jeder Charakter hat seine ganz eigene Geschichte zu erzählen und dabei bleiben auch einige Emotionen nicht aus. Denn für Meggie und Bitty stellt die Rückkehr nach Tarrytown, in ihr Zuhause, nicht nur einen großen Schritt dar, sondern auch eine Art der Vergangenheitsbewältigung.


    Einen weiteren, ganz besonderen Reiz des Buches macht die Magie aus. Man weiß nie so richtig, ob die Gerüchte nun stimmen oder ob die Wünsche der Menschen, aufgrund derer sie das Haus der Van Rippers aufsuchen, einfach aufgrund positiven Denkens oder Zufalls in Erfüllung gegangen sind. Und dann ist da noch die Tatsache, dass Tarrytown ganz in der Nähe des sagenumwobenen Ortes Sleepy Hollow liegt. Irgendwie scheint dieser Ort doch auf Tarrytown und seine Bewohner abzufärben...


    „Die Wünsche meiner Schwestern“ ist ein Buch der leisen Töne. Es geht ganz sanft und behutsam mit seinem Leser um, gibt ihm ein Gefühl von Wärme und Sicherheit, wie ein warmer Strickpullover. Man fühlt sich einfach wohl beim Lesen und lässt sich von dem fast poetischen Schreibstil der Autorin gefangen nehmen.


    Mein Fazit:


    „Die Wünsche meiner Schwestern“ ist ein Buch wie ein Lieblings-Strickpullover: warm, kuschelig, möchte man einfach nie mehr hergeben.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


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