Christine Wirth - Furchtlos zum Himmel

  • Klappentext:


    England 1932
    Der Bergsteiger Gareth Preston begibt sich mit einem Expeditionstrupp erfahrener Alpinisten nach Tibet, um als Erster den höchsten Berg der Welt zu besteigen. Auf der abenteuerlichen Reise über den Ozean und durch Indien lernt er den blutjungen Neuling im Team kennen und schätzen, sehr zum Missfallen der übrigen Expeditionsteilnehmer. Timothy Milford scheint etwas zu verbergen, das Gareth auf persönlicher Ebene reizt, bei den anderen Veteranen jedoch Argwohn hervorruft.


    Christine Wirth erschafft, wie auch schon in „Vom Ernst des Lebens“ und „Das Bildnis des Grafen“, vielseitige und interessante Charaktere.
    Auf der Reise zum Berg lernen wir diese Charaktere mit ihren verschiedensten Eigenschaften und Macken kennen.
    Da ich mich im Thema Bergsteigen so gut wie gar nicht auskenne, war es interessant zu verfolgen, womit die Truppe um Gareth Preston so zu kämpfen hat.
    Unwillige Sherpas, gesundheitliche Probleme wie Übelkeit und Atemnot aufgrund der Höhenlage.
    Manches hat mich wirklich erstaunt und man erfährt einige interessante Dinge - besonders wenn man im Thema Bergsteigen nicht so bewandert ist.


    Schlicht und einfach nicht nachvollziehbar, fand ich teilweise das Verhalten von Gareth Preston. Als erfahrener Bergsteiger erschien er mir manchmal erschreckend unvorbereitet und gedankenlos.
    Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es bei einer Expedition in solche Höhen aufgrund der Sauerstoffunterversorgung schwer ist, immer seine Sinne beisammen zu haben.


    Etwas störend fand ich manche Wiederholungen, wenn Milford und Preston sich näher kommen oder zusammen klettern, das lief mir für mein Empfinden oft zu sehr nach dem gleichen Muster ab.
    Auch einige aus meiner Sicht unglaubwürdige Handlungsweisen oder Geschehnisse empfand ich etwas störend.


    Milford war mir teilweise etwas zu perfekt, es gibt kaum etwas, was er nicht kann.


    Da ich mich mit Klettern und Bergsteigen gar nicht auskenne, habe ich mich bisweilen etwas gewundert, wie schnell sich angeschlagene Personen erholen. Doch ich denke, dass es wohl so ähnlich ist, wie bei Seekrankheit. Da geht es einem ja nach Verlassen des schwankenden Schiffes auch fast schlagartig besser.
    Trotz einiger Kritikpunkte hat mir die Geschichte gut gefallen, wenn ich sie auch nicht ganz so gut wie "Das Bildnis des Grafen" oder vom Ernst des Lebens" fand.
    Lange war ich in Gedanken bei einer Bewertung von drei Sternen.
    Doch die letzten ca 150 Seiten wurden noch mal spannend und ich habe mich gedanklich auch lange nach dem Ende des Buches mit diesem Roman beschäftigt.
    Die Charaktere und die Geschichte haben einen bleibenden Eindruck hinterlassen und es gibt auf diesen letzten Seiten einiges, was mich überrascht und beschäftigt hat, was erschreckend oder erfreulich war.
    Deshalb hat sich meine Bewertung dann doch noch mal gewandelt und ich vergebe vier Sterne.
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Vielen Dank für die tolle Rezension, Pandämonium! :friends: Es freut mich, dass dich der Roman gut unterhalten und beschäftigt hat und er obendrein noch lehrreich war.


    Tatsächlich waren besonders die Briten kurz nach dem Ersten Weltkrieg, der aufgrund des Giftgases so viele Opfer forderte (der Roman spielt im Jahr 1923) davon besessen, etwas "Bleibendes" zu schaffen bzw. ihren Ruf als "Eroberer" wiederherzustellen. Dafür nahmen einige Menschen große Risiken in Kauf. Gareth Preston war einer davon. Die Figur ist zwar fiktiv, basiert aber auf dem Vorbild von George Mallory, der in Großbritannien schon zu Lebzeiten so etwas wie ein Volksheld am Berg war - ähnlich wie bei uns Luis Trenker. :wink: Um sein Ziel zu erreichen, schlägt er gegen Ende, als der Gipfel zum Greifen nah scheint, jede Vorsicht in den Wind; genau wie George Mallory, dem diese Einstellung zum Verhängnis wurde.


    Die Figur Timothy Milford ist an Mallorys Begleiter Andrew Irvine angelehnt, der Mallory blind vertraute und der in der Tat ein Anfänger im Bergsteigen war, es jedoch mit unglaublichem Geschick geschafft hat, zu Mallorys zweitem Schatten zu werden und ihn auf dem letzten Abschnitt begleitet hat.


    Als ich davon las und auch Dokus anschaute, habe ich oft gedacht, dass diese Geschichte einen tollen Film abgeben würde, und da ich kein Produzent oder Regisseur bin, habe ich sie zu Papier gebracht. Es gab übrigens tatsächlich Pläne, Mallorys und Irvings Geschichte zu verfilmen. Zuerst von David Lean, der dann stattdessen "Lawrence von Arabien" gemacht hat, da der technische Aufwand in der 1960er Jahren zu groß war, und Anfang 2000 mit Ralph Fiennes als George Mallory. Leider ist nie was aus diesem Projekt geworden...

  • Ich muss meiner Aufregung hier noch mal kurz Luft machen: Die Geschichte von George Mallory und Andrew Irvine, auf der mein Roman lose basiert, wird nun vermutlich nach Jeffrey Archers Version "Paths of Glory" verfilmt und jetzt kommt's - mit Benedict Cumberbatch als George!!!! Hier mal der Link: Everest mit Benedict Cumberbatch. Das wäre gigantisch!!!! :bounce::cheers::applause::pray: