Brian Azzarello, J. G. Jones & Lee Bermejo - Before Watchmen: Comedian/Rorschach

  • Comedian


    Edward Blake, bekannt als der Comedian, war früh ein gutter Freund der Kennedy-Familie und erledigte für sie den ein oder anderen delikaten Auftrag – bis er schließlich unter einem anderen amerikanischen Präsidenten nach Vietnam geschickt wurde und dabei die Absurditäten des Krieges kennenlernte. Und diese seinen bereits schon deutlich ungewöhnlichen Geist für immer in etwas veränderten, das für viele Leute überaus erschreckend sein musste.


    Brian Azzarellos Erzählung dieser alternativen Geschichte ist – bis auf ein Element – sehr genau an Alan Moores und Dave Gibbons Vorlage angelehnt und gibt einem ein wesentlich tieferes Verständnis dieses überaus kranken Mannes – und davon, was seine Seele so krank gemacht hat. Jones‘ und Bermejos Kunst dazu macht die Bilder überaus eindringlich und gleichzeitig das Buch zu einem Gesamtkunstwerk, das durchaus eine Altersbeschränkung verdienen würde.


    Rorschach


    Was für “Comedian” gilt, was die Darstellung angeht, gilt für Rorschach fast noch mehr. Denn in dieser Geschichte – zusammen mit einigen Teilen aus „Nite Owl“ erfährt man viel über die Dinge, die Walter zu dem gemacht haben, was er schließlich werden sollte. Wir lernen seine Kompromißlosgkeit und seine Hoffnungslosigkeit kennen, seine Selbstzweifel, die er extrem übersublimiert und die Enttäuschungen des Lebens, mit denen dieses immer wieder seine schwarze Welt- und Menschensicht zu bestätigen scheint.


    Beide Erzählungen sind sehr eindringlich und formen zusammen mit den anderen „Before Watch-men“-Folgen ein sehr umfassendes Bild unserer beiden Hauptpsychopathen in der Serie. Dabei kann „Comedian“ ganz gut für sich alleine bestehen, während „Rorschach“ zunächst einmal ein wenig vorhersagbar wirkt – bis auf einige kleine Hoffnungsschimmer zwischendrin. Diese Figur gewinnt in erster Linie durch die Reflektion in den Erinnerungen anderer. Auf jeden Fall ist dieser Band aber eine gute Ergänzung des Gesamtkonzepts der „Before-Watchmen“-Reihe.

  • Before Watchmen - Paperback 2



    “Rorschach”



    Von Brian Azzarello, Lee Bermejo




    Inhalt: Auf seinem Feldzug gegen die Unterwelt trifft Rorschach auf einen brutalen Drogen- und Zuhälterring, der von „Rawhead“, ein im Gesicht entstellter, ehemaliger Vietnamkämpfer, angeführt wird. Gleichzeitig hält eine schreckliche Mordserie die Stadt in Atem. Offenbar ist der Täter, der von den Medien mit dem Namen „Der Barde“ getauft wurde, ein Ritualmörder, denn seine weiblichen Opfer weisen ungewöhnliche Verletzungen auf: Ihnen werden subtile Parolen in die Haut geritzt!



    Meinung: Bei der vorliegenden Geschichte handelt es sich um einen Spin-off aus dem Superheldencomic „Watchmen“des Starautors Alan Moore, welcher von vielen als Opus Magnum dieses Genres gesehen wird. Ich muss gestehen, dass ich daher ohne große Erwartungen an dieses Werk herangegangen bin, denn diese vierteilige Miniserie mit „Watchmen“ direkt miteinander zu vergleichen, halte ich persönlich für ungeeignet. Die Bedeutung der beiden Werke ist einfach zu unterschiedlich. Das liegt unter anderem auch in der Natur der Sache, denn Rorschach war in Watchmen nur ein kleines, wenn auch sehr wichtiges Mosaiksteinchen in einem großen Bild. Hier in dieser Geschichte hat diese Figur alleine die gesamte Handlung zu tragen. Abgesehen von der Hauptfigur Rorschach hat diese Story daher auch nicht allzu viele Gemeinsamkeiten mit Alan Moores Hauptwerk.



    Autor Brian Azzarello erzählt zwei parallel verlaufende Storylines, die sich gradlinig durch die Ausgaben ziehen und nur wenige Verbindungen miteinander haben. Der Autor hat dabei sehr gut daran getan, sich nicht allzu stark in die Entstehungsgeschichte und Hintergründe von Rorschach zu ergehen. Jedoch hat er Alan Moores Idee von Rorschachs Tagebuch aus Watchmen aufgegriffen, um so die Hintergründe dessen Handelns zu untermauern. So ist diese Geschichte ein solider Thriller mit einer hoffnungslosen und düsteren Atmosphäre im Stile eines Comic Noirs geworden, die sich nicht lange damit aufhält, den Figuren Tiefe zu verleihen.



    Lee Bermejos Artwork ist sehenswert und verfügt über passende Colorierungen mit dosierten Farb- und Schattenspielen. Und trotz aller Genauigkeit, die mitunter fast schon Opulenz erreicht, geht niemals die Dynamik verloren, so dass Gesichtsausdrücke und Bewegungen nie statisch wirkten. Vor allem sollte man sich Zeit nehmen, die gut ausgearbeiteten nächtlichen Straßenansichten der Vergnügungsviertel mit ihren Pornokinos und Sextheatern zu betrachten, die an alte US-Krimiserien der 70er und 80er Jahre erinnern. Allein diese Hintergründe sagen viel darüber aus, was Rorschach antreibt und zu dem gemacht hat, was er ist. Meine Ansprüche an eine gute und spannende Comicunterhaltung konnte die Story so durchaus erfüllen.



    Fazit: Ein brutaler Thriller, der mit einem sehenswerten Artwork besticht, welches bei näherer Betrachtung viel mehr über die Figur Rorschach erzählen kann, als die beiden etwas zu gradlinig geratenen Handlungsfäden.

    Das Amt des Dichters ist nicht das Zeigen der Wege, sondern vor allem das Wecken der Sehnsucht.



    H.H.