Gavin Extence – Das unerhörte Leben des Alex Woods / The Universe versus Alex Woods

  • Wieder ein Buch über eine außergewöhnliche Freundschaft. Alex Woods ist 10, sein Nachbar Mr. Peterson an die 70 - und doch sind sie zwei verwandte Seelen, die sich viel zu sagen haben. Und die in den folgenden Jahren viel zusammen erleben.
    Die beiden gründen einen Leseclub, in dem sie die Bücher des gemeinsamen Lieblingsautors lesen und nachdem Alex mit seinen Schulkollegen nichts anfangen kann, verbringt er seine Zeit viel lieber mit seinen neuen Freunden. Dass er in der Schule keine Freunde findet, könnte natürlich auch damit zusammenhängen, dass Alex äußerst altklug und vielseitig interessiert ist. Seine Interessen haben aber nichts mit den Dingen zu tun, die Jungs inseinem Alter normalerweise interessieren, sondern betreffen eher klassische Musik, Physik, anspruchsvolle Literatur, Astronomie und den professionellen Anbau von Cannabis.
    Und da gibt es auch noch Elli, die Alex immer wieder auf den Boden der Realität holt. Elli, die ein paar Jahre älter ist als Alex und bei ihren Eltern rausgeflogen ist, und die nun bei Alex´ Mutter arbeitet. Elli, die mit Alex Kontakt hält, als dieser sieben Jahre nach ihrer ersten Begegnung mit Mr. Peterson aufbricht um eine sehr schwere Reise anzutreten. Denn ein Schicksalsschlag fordert Alex´ Loyalität und Charakterstärke heraus.
    Ein wundervolles Buch über Freundschaft und ihre Entwicklung; klug und unterhaltsam, lustig, traurig, sarkastisch mitunter, aber immer großartig und mit keinem Satz zuviel.

  • Autor: Gavin Extence
    Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat
    Seiten: 477
    ISBN: 978-3-7341-0098-7
    Verlag: blanvalet


    Autor:
    Gavin Extence wurde 1982 geboren und wuchs in der englischen Grafschaft Lincolnshire auf. 2013 veröffentlichte er seinen ersten Roman, der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. 2015 veröffentlichte er seinen zweiten Roman, der 2016 ins Deutsche übersetzt wurde. Der Autor lebt mit seiner Familie in Sheffield.


    Inhalt:Alex Woods ist zehn Jahre alt, und er weiß, dass man sich mit einer hellseherisch begabten Mutter bei den Mitschülern nicht beliebt macht. Und dass die unwahrscheinlichsten Ereignisse eintreten können - er trägt Narben, die das beweisen. Was Alex noch nicht weiß, ist, dass er in dem übellaunigen Mr. Peterson einen ungleichen Freund finden wird. Der ihm sagt, dass man nur ein einziges leben hat und immer die bestmöglichen Entscheidungen treffen sollte. Darum ist Alex, als er sieben Jahre später mit 113 Gramm Marihuana und einer Urne voller Asche in Dover gestoppt wird, einigermaßen sicher, dass er das Richtige getan hat... (Klappentext)


    Rezension:
    An sich ist es eine Geschichte, die ähnlich schon hundertfach erzählt sein dürfte. Eine sich langsam entwickelnde Freundschaft zwischen zwei Personen, die eigentlich nichts miteinander gemeinsam haben aber feststellen, dass sie einander brauchen und das Leben des jeweils Anderen mit Sinn erfüllen. So auch hier. Gavin Extence stützt sich auf dieses altbekannte Konstrukt, entwickelt daraus jedoch gleich auf den ersten Seiten eine Geschichte, die die Leser in ihren Bann zieht. Zunächst liegt das an den unheimlich symphatischen Protagonisten, den wir zu Beginn des Romans am Ende der Geschichte treffen und der diese dann gedanklich aufrollt aber auch an die verqueren Gegenparts von Alex Woods, der für sein Alter immer ein wenig zu altklug und sonderbar wirkt, den aber ein Naturphänomen entgültig zur lokalen Berühmtheit, zumindest zeitweilig, und zum Sonderling unter seinen Mitschülern macht. Und, es ist nicht der Himmel, der ihm auf den Kopf fällt.


    Einfühlsam beschreibt der Autor den nicht so ganz gewöhnlichen Alltag seines Protagonisten aus der Ich-Perspektive, welche eine Nähe zum Leser herstellt, die zweifelsfrei funktioniert. Fast hat man das Gefühl, daneben zu stehen und Alex' Erzählungen zu lauschen. Noch realistischer dadurch, dass keine der Figuren aalglatt wirkt, viele nicht gerade gesellschaftskonform. Ecken udn Kanten, die sich jedoch im Zeitraum von sieben Jahren, in dem die Geschichte spielt, weiterentwickeln dürfen, was extence behutsam, jedoch mit immer schnelleren Erzähltempo, vorantreibt.


    Dabei klingt der Plot der Geschichte in Form eines Himmelsobjektes zun#ächst einmal unglaubwürdig, doch gibt es ihn tatsächlich. Der deutsche Alex Woods heißt Gerry Blank und wurde als 14-jähriger 2009 von einem Meteoriten auf den Schulweg getroffen. Man darf also streiten, ob alles Gute wirklich von Oben kommt. Für andere, die sich weniger Gedanken darüber machen möchten, bleibt dieser feinfühlige Roman über einen sympathischen Nerd und seine Mitmenschen, die einem schnell ans Herz wachsen werden. Fast ist man traurig darüber, wenn man die letzte Seite umgeschlagen hat, doch ein wenig glücklicher als vor dem Lesen.


    Dieses Kleinod hat es nicht verdient, auf den Stapeln ungelesener Bücher dieser Welt auf seine Leser zu warten und sollte sofort hervorgeholt werden. Ein Meteoriteneinschlag kann schließlich dein Leben verändern. Für den Protagonisten Alex Woods tut er das ganz wundersam. Und als Leser bekommen wir eine wunderschöne Geschichte über Freundschaft, Halt und Familie. Darüber, dass es oft die Quer- und Andersdenkenden sind, die in der Gesellschaft vielleicht schief angesehen werden, aber insgesamt ihren Weg ohne größere Fehlschläge gehen und oft die für sie richtigen Entscheidungen treffen. Alex Woods macht dies so wunderbar, wie gavin Extence, den mit seinem Debütroman ein großartiger Wurf gelungen ist.

  • :love::love::love::love:
    Wie auch diese wundervolle Geschichte mit dem Ende beginnt, möchte ich auch bei meiner Rezi gleich zu Anfang mit dem abschließenden Fazit starten: Ein weiteres Buch wurde in meine Hallen der Lieblingsbücher aufgenommen und hat dort sogar einen Ehrenplatz erhalten.


    Ich kann gar nicht sagen, wann mich das letzte Mal ein Buch gleichermaßen so sehr beeindruckt, gerührt und gleichzeitig unterhalten hat wie dieses hier. Vor dem Lesen wusste ich wenig mehr, als dass sich die Geschichte um eine besondere Freundschaft zwischen einem Jungen und einem älteren Herren handelt - und dass dieser Junge im Vorfeld von einem Meteoriten getroffen wurde. Auf der einen Seite also eine Geschichte, wie sie schon vielfach erzählt wurde und auf der anderen Seite ein Ereignis, wie es unwahrscheinlicher kaum sein kann. Ich war sehr gespannt und wurde von der Intensität und des Tiefgangs der Geschichte absolut überrascht.


    Alex Woods ist eins dieser Kinder, die es niemals leicht haben in der Schule und denen man immer nur sagen kann, dass irgendwann alles besser wird. Er hat nämlich Qualitäten, die eher im Erwachsenenalter geschätzt werden: er ist belesen, reflektiert, interessiert sich für alles um ihn herum aber leider überhaupt nicht für Sport. Leider ist das an seiner Schule unabdingbar, um zu den coolen Kids zu gehören - was Alex aber eigentlich gar nicht möchte. Ihm ist es wirklich egal, was andere von ihm denken. Dass er bereits mit seinen 10 Jahren diese Einstellung vertritt, hat ihn für mich gleich extrem spannend gemacht. Alle anderen finden ihn eher deshalb spannend, weil ein Meteorit seinen Kopf getroffen hat und er trotzdem noch lebt. Leider ist er trotzdem nicht ganz unbeschadet davon gekommen und kämpft seitdem mit

    Generell ist es spannend, was man bei der Lektüre des Buches alles über das Weltall oder das menschliche Gehirn erfährt. Alex ist sehr wissbegierig und seine Begeisterung für die komplexesten Themen dieser Welt war absolut ansteckend.


    Und dann ist da natürlich die wunderbare Freundschaft, die Alex und Mr. Peterson verbindet und die zeitgleich unheimlich witzig und unheimlich traurig ist. Alex und Mr. Peterson teilen nicht nur ihre Liebe zu Büchern sondern auch einen sehr ähnlichen trockenen Humor. Dieser sorgt auch dafür, dass die Geschichte trotz der unheimlich komplizierten Thematik, die vor allem das letzte Drittel des Buches ausfüllt, nicht zentnerschwer auf dem Leser lastet.
    Als kleinen Kritikpunkt hätte ich höchstens anzuführen, dass


    Aber wie gesagt: ich bin völlig und absolut von diesem Buch begeistert und es wird mich in Gedanken sicherlich noch eine ganze Weile beschäftigen.

  • Der siebzehnjährige Alex Woods wird an der Grenze angehalten, eine Urne auf dem Beifahrersitz, 113 Gramm Marihuana in seinem Besitz, und gibt dem Grenzbeamten merkwürdige Antworten. Der ist natürlich wenig erbaut über diesen komischen Vogel - aber es gibt für alles eine Erklärung, und zwar nicht die, die auf der Hand zu liegen scheint ...


    So beginnt das Buch, in dessen Mittelpunkt Alex steht, der mit zehn Jahren berühmt wurde, weil ihm ein ziemlich bizarres Unglück geschehen ist - er wurde von einem Meteoritenbrocken am Kopf getroffen und überlebte den heftigen Zusammenprall. Allerdings nicht ohne Folgeschäden, denn seitdem leidet er an epileptischen Anfällen und Migräne, und dass er in der Schule wegen des Unfalls lange aussetzen musste und überdies eine Mutter hat, die einen Esoterikladen führt und (angeblich) hellsehen kann, macht sein Außenseitertum in der Klasse auch nicht gerade viel besser.


    Und so ist Alex mit fünfzehn ein stiller, zurückhaltender und ziemlich nerdiger Junge, der sich lieber mit Büchern und Naturwissenschaft beschäftigt als mit seinen Altersgenossen, zu denen er sowieso keinen Draht findet. Doch eines Tages stolpert er, mal wieder auf der Flucht vor den stumpfsinnigen Klassenrüpeln, in den Garten von Mr. Peterson, einem amerikanischen Exsoldaten, der ebenfalls ein zurückgezogenes (und unerwartet unkonventionelles) Leben führt.


    Der ist von dem Eindringling gar nicht begeistert, doch mit der Zeit entsteht zwischen den beiden vermeintlichen Eigenbrötlern ein ganz besonderes Verhältnis mit viel Vertrauen, Aufrichtigkeit und Liebe zu (Kurt Vonneguts) Büchern. Sie tun einander einfach gut, und als es hart auf hart geht, wächst Alex über sich hinaus, um seinem Freund beizustehen.


    Weder der halbwüchsige, sozial nicht übermäßig kompetente Teenager mit ungewöhnlichen Interessen noch der knorzige ältere Herr sind sonderlich originelle Figuren, und dass der alte Grantler irgendwann von einem jungen Menschen aufgetaut wird, ist auch nichts, was einem nicht schon in zig Filmen oder Büchern begegnet wäre. Somit überraschen manche Entwicklungen auch nicht unbedingt und auch nicht einige Figurentypen.


    Trotzdem fesselt das Buch, nicht zuletzt durch Alex' unverstellte und selbstironische Art, seine verrückte Lebensgeschichte zu erzählen. Immer wieder sieht er sich mit den ganz großen Fragen des Lebens konfrontiert und versucht auf seine ganz eigene Weise, darauf Antworten zu finden. Das ist oft berührend, macht nachdenklich, kann aber auch ziemlich witzige Momente haben.


    Eins der beherrschenden und ziemlich heiklen Themen des Buches hätte ich von der Beschreibung her so nicht vermutet - es geht um viel ernstere Dinge, als man vielleicht annehmen würde, und sie werden einfühlsam, aber ohne zuviel Pathos behandelt.


    Aufgrund der schon angesprochenen etwas vorhersehbaren Elemente hat mich das Buch nicht ganz so von den Füßen gerissen wie manche anderen Leser, was ich etwas schade fand, es hat mir aber dennoch viel Freude gemacht, sowohl die skurrilen als auch die gefühlvollen Augenblicke.

  • Meine Meinung:


    Mir hat das Buch von vorne bis hinten gut gefallen. Ein kleiner, altkluger Junge und ein älterer knorriger Mann begegnen sich eher zufällig und bauen doch eine interessante Freundschaft auf die für beide Seiten gut ist. Ich fand den Verlauf des Buches sehr interessant und habe hinter dem Titel auch nicht so ein ernstes Thema, welches gut und flüssig geschrieben wurde, erwartet. Großartig viel werde ich auch nicht weiter schreiben müssen, außer, dass ich für dieses Buch eine klare Lese - Empfehlung gebe, denn mir hat das Buch sehr gefallen.


    Fazit:


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study: Feuerkind (Stephen King) 34 / 542 Seiten

    :study: Mit Nachsicht (Sina Haghiri) 50 / 268 Seiten


    SUB: 857

  • Als ich diesen Roman vor 7 Jahren las, überraschte er mich mit seinem erfrischenden Stil. Damals war ich hin und weg :thumleft:, doch heute kann ich mich an kaum etwas erinnern. Die Rezensionen hier halfen meinem Gedächtnis auf die Sprünge, und es gibt nichts hinzuzufügen ausser einigen Zitaten, dich ich damals rausschrieb und mich auch huete noch ansprechen:


    "For each of us the brain creates a whole, unique universe. It contains everything we know. Everything we see or touch. Everything we feel and remember. In a sense, our brains create all of reality for us. Without the brain there’s nothing." S. 60


    "A book's … a great way of sharin’ ideas, but beyond that, it’s just pulped trees." S. 181


    Und dann noch dieses Plädoyer für Bibliothekare (und Verwaltungen, die Bibliotheken am Leben halten):

    "I liked the librarians because they were extremely calm and orderly and quiet – and helpful, too. […] The council paid because the council thought that reading was good for the soul, and wanted to encourage it in any way they could. I thought it must be very satisfying to work for an institution with such lofty ideas” S. 184

    She wanted to talk, but there seemed to be an embargo on every subject.
    - Jane Austen "Pride and prejudice" - +

  • Zahlreiche Bücher über Freundschaften zu Sonderlingen, Autisten oder zu schwer Kranken in ihrem letzten Lebensabschnitt füllen bereits meterlange Bücherregale. Mit den Themen Bücher, Buchclub, Gehirn, Krankheit, Sterben, sowie der für ihren einzigen Sohn peinlich hippiehaften Mutter fährt G. Extence ein Feuerwerk an Themen auf. Der noch sehr junge Autor gewinnt dem Thema dennoch einen neuen und trotz Alex bizarrer Lebensumstände absolut glaubwürdigen Blickwinkel ab. Das gelingt ihm sowohl durch seine respektvolle Darstellung der Epilepsie aus Alex Sicht, wie auch durch die Schilderung Alex' exzentrischer, streng wissenschaftlicher Denkweise, die jeden Wissenschaftler in seiner Umgebung glücklich macht. Alex' rührende Freundschaft zu Mr. Peterson lässt den Jungen außergewöhnlich schnell reifen, ein völlig glaubwürdiger Rollenwechsel, wenn man sich die geballte Exzentrik mal kurz wegdenkt.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

    :study: -- Damasio - Gegenwind

    :study: -- Naylor - Die Stimme der Kraken

    :musik: --


    "The three most important documents a free society gives are a birth certificate, a passport, and a library card!" E. L. Doctorow