Anika Beer - Wenn die Nacht in Scherben fällt

  • Nele zieht mit ihren Eltern in eine neue Stadt und gleich ihre erste Nacht in ihrem neuen Zuhause verläuft sehr ereignisreich. Normalerweise gehört Nele zu den wenigen Menschen, die ihre Träume selbst bestimmten können. Sie ist eine Klarträumerin. Doch dieses Mal ist es irgendwie anders, denn sie gelangt zufällig in den Traum des Wächters Seth, der an ihr Gefallen gefunden und nun seine ganz eigenen Pläne mit Nele hat.


    In der neuen Schule macht Nele die Bekanntschaft des Außenseiters Jari, der mit seinem gewalttätigen Vater und seiner alkoholkranken Mutter kein leichtes Leben hat. Als dieser Neles ehrliches Interesse an seiner Person registriert, öffnet er sich ihr vorsichtig und die beiden kommen sich langsam näher. Auch er hat eine besondere Fähigkeit, die ihn jedoch in eine gefährliche Situation führt. Denn plötzlich ist Jari verschwunden und nur Nele scheint ihm noch helfen zu können.


    Meine Meinung:


    Bei diesem Buch fällt einem gleich das wunderschöne Cover ins Auge. Die Farbwahl und auch die aus dem Buch ausgewählten Motive laden geradezu zum Lesen ein.


    Anika Beer erzählt ihre Geschichte aus verschiedenen Perspektiven in der dritten Person und gewährt so tiefe Einblicke in das Leben ihrer Protagonisten. Ihr Hauptaugenmerk liegt jedoch auf Nele, die sich ihrer besonderen Fähigkeit als Klarträumerin zwar schon lange bewusst ist, aber nie deren ganzen Umfang erfasst hat. Sie besitzt ein wirklich beneidenswertes Talent, doch erst im Ernstfall erkennt sie dessen Bedeutung und Verantwortung. Sie ist weder schüchtern, noch im Übermaße selbstbewusst und geht für ihr Alter sehr offen mit ihren Mitmenschen und allem anderen um. Ihr punkiges Äußeres verleiht ihr etwas Exotisches und damit eine beeindruckende Erscheinung.


    Jari ist für mich ein ganz besonderer Junge, der verzweifelt versucht, mit den Problemen in seinem privaten Umfeld fertigzuwerden. Sein letzte Zuflucht ist oft der Rückzug in sein Innerstes, um die Realität auszublenden. Trotzdem schafft er es, sich auf Nele einzulassen, die ihn mit ihrer offenen Art beeindruckt. Er hat weder sich, noch das Leben aufgegeben, obwohl ich ihm das in seiner Situation eigentlich nicht verdenken könnte.

    Die Beschreibung der Traumwelt fand ich sehr detailliert und gut beschrieben. Die Macht der Träume und ihre Bedeutung für die Menschen wird hier schön thematisiert und erhält durch die Traumwächter und ihr Reich eine wundervoll fantastische Nuance.


    Fazit:


    "Wenn die Nacht in Scherben fällt" ist ein sehr bildhafter Jugendfantasyroman der Autorin Anika Beer. Atmosphärisch dicht beschreibt sie die Welt ihrer Charaktere, die mir schnell zugänglich war. Ausgestattet mit viel Gefühl haben die Figuren mich für sich eingenommen und mich dabei verzaubert.

    "Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt." Arabisches Sprichwort :study::flower:

  • Klappentext
    Langsam lichtete sich die Schwärze, und Nele erkannte dunkles Anthrazitgrau mit silbrigen, wabernden Schlieren. Das Nachtglas. Die Grenze, die die Träume von der Unendlichkeit trennte. Was hatte das zu bedeuten? War Jari auf der anderen Seite? Nele starrte durch das Schlüsselloch. "Jari, kannst du mich hören?" - Schon immer hatte Nele die Fähigkeit, ihre Träume selbst zu steuern. Doch als sich nach dem Umzug in eine andere Stadt ein geheimnisvolles Wesen in ihre Traumwelt schleicht, ist sie verunsichert. Weit weg von ihren Freunden vertraut sie sich Jari an, einem Außenseiter an der neuen Schule. Auch er hat etwas zu verbergen, und beide fühlen sich zueinander hingezogen. Aber dann verschwindet Jari wie vom Erdboden verschluckt. Sein Spur führt Nele hinter das Nachtglas - dorthin, wo es nichts anderes als Träume gibt ...


    Rezension
    Das Cover ist ein wahrer Blickfang - es ist nicht nur besonders künstlerisch, sondern spiegelt Titel des Buches als auch Handlung perfekt wider. Darauf zu sehen: ein nachtblauer Hintergrund, der sich bei genauem Hinsehen als Sternenhimmel herausstellt - davor schemenhaft der Schatten einer Katze auf einem Ast, hinter der verheißungsvoll der Mond den Himmel erhellt. Im Vordergrund lässt sich eine Glasscheibe erahnen, die in Scherben zerfällt. Damit hebt sich dieses Buch zumindest von seiner Umschlaggestaltung schon einmal sehr von anderen ab - wirkt somit aber eher wie ein Kinder- als ein Jugendbuch.


    Was macht ein Jugendbuch zu einem Jugendbuch? Generell empfinde ich dieses Genre als ein sehr schwieriges - immerhin ist die "Jugend" breit gefächert und Jugendliche haben, je nach Altersgruppe, verschiedene Interessen. Diese allgemeine Bezeichnung ist also reichlich kompliziert, denn ein Neunzehnjähriger möchte andere Inhalte lesen als ein Vierzehnjähriger. Dieses Buch lässt sich eher in die Altersklasse 14-16 Jahre einordnen, was nicht heißt, dass die Lektüre dieses Romans sich auf dieses Alter beschränkt. Jedoch werden für ältere Altersklassen interessante Themen nur sehr kurz angeschnitten (beispielhaft hierfür tiefergehende Liebesbeziehungen, denen Hindernisse in den Weg gesetzt werden), der Fokus liegt ohne Zweifel auf der Welt der Träume, die sehr bildhaft und bunt gestaltet wurde. Auch die Protagonistin wirkt eher kindlich als jugendlich, obgleich sie schon etwas älter zu sein scheint.


    Der Schreibstil ist jedoch sehr fortgeschritten und besonders ausführlich, zeitgleich aber auch sehr bildhaft - der Leser kann sich genau in diese fremde Welt denken, in der Nele sich einen Großteil der Handlung befindet. Die Traumwelt unterscheidet sich sehr von der Welt, in der wir leben - sie ist etwas fantastisches, das wir so noch nicht kennen - hier ist es Aufgabe der Autorin, einen Zugang zu dieser Welt zu gewähren, sodass der Leser sie versteht. Etwas, das Beer eindeutig verstanden und auch umgesetzt hat, die Ereignisse des Buches wirken sehr nah und leicht zugänglich.


    So ausführlich die Parallelwelt der Träumer beschrieben wurde, so sehr hakt es bei der Nachvollziehbarkeit der Handlung - einige Passagen lang passiert überhaupt nichts, sie lassen sich ohne Weiteres überspringen, sind schlichtweg kaum relevant für die Handlung an sich - an anderen Stellen hat man das Gefühl, unheimlich viel verpasst zu haben. Gedankengänge und Entscheidungen einzelner Charaktere lassen sich nicht schlüssig nachvollziehen, so ist beispielsweise der Charakter des Wächters Seth sehr uneinsichtig und sein Handeln nicht wirklich für den Leser nachvollziehbar. Doch nicht nur an den Charakteren hakt es: auch das Geschehnis an sich braucht unheimlich lange, um zum Punkt zu kommen, eine wirkliche Spannungskurve existiert nicht.


    Dennoch ist das Buch sehr athmosphärisch erzählt - die Sachverhalte sind so sehr einzigartig, Fantasy, die sich in der Welt der Träume abspielt ist nicht besonders weit verbreitet. Die Autorin hat eine große Menge Kreativität bewiesen und Ideen einfließen lassen, die man so sicherlich noch nicht gesehen hat. Diese Geschichte ist also etwas für die Menschen, die offen für neues sind und sich von umschweifenden Beschreibungen nicht abschrecken lassen. Ein Leser, der besonders viel Wert auf die fantastischen Elemente legt, sollte mit dieser Geschichte sehr glücklich werden.


    Fazit
    Ich habe das bekommen, was ich vom Klappentext erwartet habe - eine Geschichte, die mit stimmungsvoller Fantasy überzeugt. Der Schreibstil war packend und bildhaft, die Idee wirklich etwas neues. Eine schöne Mischung aus der alltäglichen Welt und einer Art von Fantasy, die ich bisher noch nicht kannte - genau richtig für mich, denn ich bin eher ein kleiner Fantasy-Muffel und fühle mich von zu vielen Elementen in der Hinsicht leicht erschlagen. Minuspunkte gibt es für die Undurchsichtbarkeit der Story - hier hätte schneller zum Punkt kommen können.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: