Claire Winter - Die Schwestern von Sherwood

  • Inhalt:
    Die beiden Erzählungen ergänzen sich wirklich gekonnt. Immer wenn Melinda in ihren durch die Zusendung des geheimnisvollen Pakets ausgelösten Nachforschungen Fortschritte macht, werden im nächsten Kapitel die dazu passenden Ereignisse aus Amalias Leben ergänzt. Die Erzählung aus dem 19.Jahrhundert gibt interessante Einblicke in die damalige Gesellschaftsordnung und Moralvorstellungen sowie Sitten der höheren Gesellschaftsschichten. Auch über den Umgang mit behinderten Menschen, Gehörlosen, erfahren wir viel. Ich habe die Therapieversuche durch völlig sinnlose Sprechübungen und die Ablehnung der aufkommenden Gebärdensprache unter tauben Menschen als zunehmend grausam dem Menschen gegenüber empfunden. Wenn gleich es die Medizin, die Menschen damals vielleicht einfach noch nicht besser wussten.
    Die Erzählung aus dem 20.Jahrhundert ist ebenfalls spannend, kann man der Protagonistin Melinda doch durch die Nachkriegszeit in Deutschland und England folgen und sehen, wie sehr der Krieg die Charaktere oder Züge eines Menschen verändert. Dies hat die Autorin sehr authentisch geschildert, ich kann mir sehr gut vorstellen, dass viele Menschen noch jahrelang unter dem Kriegstrauma gelitten haben.
    Sehr gelungen ist die Charakterisierung der Protagonisten. Die Autorin beschreibt sehr glaubwürdig den geschichtlichen Kontext im Zusammenhang mit einigen der Handlungen, Reaktionen der Fíguren. Diesen sollte man nicht vergessen, sodass man als Leser vielleicht doch eher Verständnis hat, wenn gleich man sich eine andere Reaktion wünschen würde.
    Ich habe jedenfalls, sehr oft, mit den Charakteren, allem voran Amalia, mitgelitten.
    In ihrem persönlichen Schicksal erwarten den Leser viele emotionale und berührende Szenen und es fällt leicht, das Gefühlsleben der Charaktere nachzuvollziehen. Erschreckend jedoch wirken die Reaktionen der Eltern, die Amalia total aus dem öffentlichen Leben ausschließen, aus Angst um den Ruf ihrer gesamten Familie.
    Aufbau/Struktur/Stil:
    Der Roman ist in zwei Zeitebenen geschrieben und wird abwechselnd von Melinda im Jahr 1948 und von Amalia, ab 1895, erzählt. Zu Beginn des Buches werden auch einige Kapitel von anderen Charakteren geschildert. Die vielen verschiedenen Namen und Charaktere waren für mich zunächst etwas verwirrend, was sich jedoch nach kurzer Zeit gegeben hatte.
    Beiden Frauen gibt die Autorin gleich viel Raum in ihrem Buch und versteht es gekonnt, beide Geschichten geschickt miteinander zu verbinden. Claire Winter ist es wirklich gelungen, beide Erzählungen rätselhaft und spannend zu schildern, was sicher auch an ihrem sehr bildhaften Schreibstil liegt. Sie schafft es die Spannung während der gesamten Geschichte konstant zu erhöhen und den Leser immer wieder mit Wendungen in der Handlung zu überraschen, was mir sehr gefallen hat.
    Fazit:
    Ein berührendes Buch, das mich mit seiner Handlung und dem emotionalen, mitreissendem Schreibstil überzeugt hat. Klare Leseempfehlung!

  • Dieses Buch war wieder eins derjenigen, um die ich lange rumgeschlichen bin. Meine Wichtelmama @Rapunzel beendete diese Reise dann schließlich für mich und hat, so viel kann ich schon jetzt sagen, mit ihrer Entscheidung golrichtig gelegen.


    Was mir sofort beim Lesen auffiel, war die unglaublich schöne Sprache, die die Autorin benutzt und die schon so oft gelobt wurde. Es war angenehm, sich von ihr durch die Geschichte um die Sherwood-Schwestern tragen und in ihre Welt entführen zu lassen. Ich hatte sofort Personen und Schauplätze vor Augen und konnte mich von der ersten Zeile an auf die Geschehnisse einlassen.


    Auffällig war aber auch Winters Talent, ihren Charakteren Leben einzuhauchen. Selbst die kleinste Nebenfigur wird mit so viel Herz und Energie bedacht, dass man sie nicht missen möchte. Die Personen, die mir in "Die Schwestern von Sherwood" begegneten, waren greifbar, manchmal erschreckend realistisch, vor allem aber tiefgründig und facettenreich. Die eine hätte ich am liebsten zum Teufel gejagt, die andere in den Arm genommen. Da jede Figur ihre ganz eigene Art hatte, kam garantiert keine Langeweile auf. Mir gefiel es, die Beziehungen zwischen den Protagonisten und ihren Mitmenschen zu beobachten und zu verfolgen. Allein hieraus ergab sich schon eine beachtliche Spannung, die zum Weiterlesen animierte.


    Was der Autorin außerdem gelungen ist, ist die Handlung. Die Geschichte wurde von der ersten bis zur letzten Seite gut durchdacht und folgt einer Spur von Sehnsucht, Intrigen und Geheimnissen, die ihresgleichen sucht. Immer wieder gab es Fragen, die beantwortet werden wollten, Puzzlestücke, die zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden mussten. Dabei habe ich sehr viel Spaß daran gehabt, zwischen der Zeit der Sherwood-Schwestern und der jungen Journalistin Melinda zu springen. Dies war besonders angenehm, da diese Zeitsprünge sehr gut voneinander abgegrenzt, in kurze Kapitel gegliedert wurden und nie zu lang oder zu kurz geraten waren. Es ergab sich daraus ein angenehmer Lesefluss, bei dem ich immer wieder dachte: Hier kannst du jetzt nicht aufhören. Ein kleines Kapitel geht noch. Tja ... und dann wurden daraus gern auch mal drei oder vier Kapitel.


    "Die Schwestern von Sherwood" ist ein Buch, dass ich nur sehr schwer ins Regal zurückstellen kann. Es gab zwar die eine odere andere Kleinigkeit, die ich nicht ganz verstanden habe

    , aber diese sind so verschwindend gering, dass mein Gesamteindruck von der Geschichte davon überhaupt nicht berührt wird.


    Ich habe mich in dieses Buch verliebt. Auf jeder einzigen Seite merkt man, wie viel Herzblut wohl die Autorin in diese Zeilen hat fließen lassen. Ich hatte eine ganze Menge Spaß und konnte mich dem Charme der Charaktere und der Handlung nicht eine Sekunde lang entziehen. Für eine bitter-süße, wunderschöne Geschichte, die mich absolut begeistert und süchtig gemacht hat, vergebe ich sehr gern :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: . Ich bin wirklich dankbar, dass ich sie lesen durfte und freue mich auf weitere Veröffentlichungen von Frau Winter.


    ~ Was mich im Alltag auffängt, ist die Möglichkeit, mich einfach mal fallen lassen zu können. ~

  • Die Autorin (Quelle: Buecher.de)
    Claire Winter studierte Literaturwissenschaften und arbeitete einige Jahre als Journalistin, bevor sie entschied, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Sie liebt es, in fremde Welten einzutauchen und hat schon immer eine Schwäche für die mystischen Landschaften Englands und Schottlands gehabt. Die Autorin lebt heute in Berlin.


    Produktinformation (Quelle: Amazon)

    • Taschenbuch: 576 Seiten
    • Verlag: Diana Verlag (8. Dezember 2014)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3453358333
    • ISBN-13: 978-3453358331



    Ein spannendes Familiengeheimnis


    Südengland 1881, Prolog. Jemand hatte sie von zu Hause fortgebracht. Sie war krank, sehr krank. Und diese Krankheit hatte Folgen...
    Berlin 1948. Melinda wohnte zusammen mit anderen Mitbewohnern in einer Fünfzimmerwohnung. Die Vermieter waren sehr neugierig, aber bei ihr gab es nichts zu finden. Im Moment war sie für eine Bewerbung unterwegs….
    Zurück zu Hause erfuhr sie, dass sie ein Paket bekommen hatte. Der Inhalt verwirrte sie sehr, denn es gab keinen Absender…
    Sie bekam die Arbeitsstelle zunächst zur Probe und durfte sogar für eine Fortbildung nach London fahren. Das gefiel ihr sehr gut. Konnte sie dies doch evtl. mit einer Suche nach ihren englischen Wurzeln verbinden….
    Doch sie ahnte nicht, welchen Staub sie damit aufwirbeln würde….
    Dann gab es da noch die Kapitel, die viel früher spielen, siehe Prolog. Über diese Familie gab es immer wieder zwischendurch viel zu berichten….
    Und Melinda wollte alles wissen, und begab sich dabei auch noch in Gefahr….
    Welche Krankheit hatte sie? Und was waren dies für Folgen dieser Krankheit? Wo wollte Melinda sich bewerben? Was war in dem Paket, das Melinda erhalten hatte? Wieso gab es keinen Absender? Was suchte Melinda in England? Was ein Teil, oder gar beide Eltern, englischer Herkunft? Wieso wirbelte sie mit Ihrer Familienrecherche so viel Staub auf? Haben die früher spielenden Kapitel etwas mit Melinda zu tun? In welche Gefahr geriet Melinda bei ihrer Recherche? Alle diese Fragen – und noch viel mehr – beantwortet dieses Buch.


    Meine Meinung
    Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen. Es war gleich von Anfang an spannend. In der Geschichte war ich schnell drinnen und konnte mich auch gut in die Protagonisten hineinversetzen. Der Schreibstil war unkompliziert, es gab keine Fragen über den Sinn von Wörtern oder gar ganzen Sätzen. Amalia tat mir unendlich leid. Mir war gar nicht mehr bewusst, welche Folgen die Krankheit Amalias haben konnte. Die Mutter habe ich verflucht. Der ging es doch immer nur ums eigene Wohlergehen. Was Amalias Mutter getan hat ist durch nichts zu entschuldigen! Ich kann aber auch ihren Vater nicht verstehen, mit dem sich doch das Mädchen besser verstanden hatte, dass er letztendlich da noch mitgemacht hatte. Jeder, der das Buch liest wird wissen, was ich meine. Im Grunde ist diese Mutter an allem schuld gewesen….. Das Buch habe ich in einem Rutsch gelesen, konnte es einfach nicht aus der Hand legen, wenn es denn nicht unbedingt sein musste. Es hat mir sehr gute gefallen und bekommt von mir eine Lese-/Kaufempfehlung und volle Bewertungszahl!

    Liebe Grüße
    Lerchie



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    nur wer aufgibt, hat schon verloren

  • Berlin 1948. In der durch den Krieg zerstörten Stadt versucht die junge Melinda sich irgendwie als Journalistin durchzuschlagen. Als sie nach einem Vorstellungsgespräch bei einer Zeitung nach Hause kommt, findet sie in ihrem Zimmer ein geheimnisvolles Paket ohne Absender. Darin enthalten sind Liebesbriefe, in englischer Sprache verfasst, und Zeichnungen von einer geheimnisvollen Moorlandschaft, dem Dartmoor im südenglischen Devon. Dank ihrer kürzlich verstorbenen Mutter, die aus England stammte, kann Melinda die Briefe zwar verstehen, aber sie hat keine Ahnung, wer sie geschrieben hat oder für wen sie gedacht waren. Alle stammen anscheinend aus dem Jahr 1895. Dank einer Fortbildung kann sie nach England reisen und nutzt die Gelegenheit Nachforschungen anzustellen. Im Dartmoor hört sie die Geschichte zweier Schwestern, die Ende des letzten Jahrhunderts beide nacheinander im Moor zu Tode gekommen sein sollen. Beide lebten im Herrenhaus Sherwood...ein Name, den Melinda auch auf den geheimnisvollen Zeichnungen findet.
    Allerdings sind einige Bewohner des Moores nicht sehr begeistert von ihren Fragen. Liegt das nur daran, dass sie Deutsche ist und der Krieg erst vor kurzem beendet wurde? Oder ist Melinda einem Geheimnis auf der Spur, das eigentlich nie ans Licht kommen sollte?


    Was für ein tolles Buch! Ich bin wirklich begeistert von der Geschichte und konnte einfach nicht aufhören zu lesen. Der Schreibstil der Autorin hat mir sehr gut gefallen, die Sprache ist wunderbar bildhaft und plastisch. Ich konnte beim Lesen die Trümmer von Berlin ebenso vor mir sehen wie die karge und doch wunderschöne Landschaft des Dartmoors und das viktorianische London. Ich war übrigens im Mai letzten Jahres selbst im Urlaub in Südengland und teile die Begeisterung für das Dartmoor.
    Claire Winter gelingt es wunderbar, die Geschichte nach und nach schlüssig zu erzählen und immer wenn man denkt, jetzt weiß man, was passiert ist, kommt wieder eine neue Wendung. Oft ist das Ganze sehr emotional, aber trotzdem nicht kitschig.


    Melinda und Amalia mochte ich gleich. Zwei starke Frauen, die zu ihren Lebzeiten das Beste aus ihrer jeweiligen Situation machen. Auch Cathleen war mir sympathisch, denn im Grunde ist sie ein Opfer und ein Spielball des Ehrgeizes ihrer Eltern, besonders ihrer Mutter. Ich hätte mir für sie ein anderes Ende gewünscht, aber angesichts der Umstände kann ich dieses sehr gut nachvollziehen.
    Edward ist in meinen Augen auch ein Opfer der damaligen Zeit, der Umstände und seiner Stellung in der Gesellschaft. Er ist seiner Familie verpflichtet und kann nicht anders handeln, auch wenn sein persönliches Glück dabei auf der Strecke bleibt. Und gerade deswegen fand ich das Ende dann doch wieder sehr schön.


    "Die Schwestern von Sherwood" kann ich jedem empfehlen, der die Bücher von Kate Morton, Lucinda Riley oder Katherine Webb mag. Ein perfektes Buch, um für einige Zeit in eine besondere Geschichte einzutauchen.


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