Helmut F. Kaplan Schopenhauers Pudel: Warum unsere Liebesobjekte austauschbar sind

  • >> Schopenhauers Erläuterungen zur Liebe sind äusserst erhellend: Dinge, die einem vorher völlig unverständlich waren, etwa die ungeheure Kraft und Macht, mit der uns die Liebessehnsucht verfolgt, bekommen plötzlich eine plausible Erklärung. Eines bleibt freilich vorerst weiterhin rätselhaft: Wie kommt es zu den merkwürdigen, abgehobenen Inhalten unserer Liebesphantasien? Der Schlüssel zum Verständnis liegt in der "unendlichen Seligkeit", die uns die Vereinigung mit dem Liebesobjekt verheißt.<< (Klappentext)


    Die lang von mir sehnsüchtig :lechz: erwartete, soeben aktuell erschienene Forsetzung der Digitalen Höllenfahrt: Zum Katastrophenpotential virtueller Kommunikation vom Philosophen, Ethiker, Autoren Dr. Helmut F. Kaplan: Schopenhauers Pudel- Warum unsere Liebesobjekte austauschbar sind. Die Begeisterung durch die "Digitale Höllenfahrt" hat mich sehr begierig auf dieses neue Werk von Kaplan warten lassen.


    So interessierte es mich doch sehr, wie der Nachfolger ausfallen würde, nachdem mich die Digitale Höllenfahrt-ein Buch das man mehrmals lesen kann- sehr fasziniert hat; wie würde es weitergehen....... Keine 08/15 Literatur, anders als so vieles (v.a. ‘neuzeitlicherer’ Autoren) was man ansonsten kennt. Philosophisch real erlebtes, ‘Seelenstriptease’ wie auch im Vorgänger - hier zu erwarten war.


    Prosaisch, melancholisch, dramatisch, schwermütig, beharrend, leidend, verzweifelt, hoffend, Sehnsucht - und mehr. Vorab zu erkennende Tendenzen festigen sich.
    Man hätte ‘es’ auch "Schopenhauers Erbe" nennen können. Oder...."eine sehnsuchtsvolle Liebe zum Ideal, das zur Besessenheit wurde und zur Selbsterkenntnis führte". :-k:!:


    Kaplan, in erster Linie bekannt für seine vielzähligen Bücher zur Tierethik und Tierrechte (beispielsweise der in mehrere Sprachen übersetzte Klassiker Leichenschmaus: Ethische Gründe für eine vegetarische Ernährung ), setzt sich auch weiterhin mit seiner einseitig *unglücklichen* Internetliebe auseinander, dem idealisierten Bild, was er durchs virtuelle Netz geschaffen hat, die vermeintlich, erhoffte `Traumfrau’ die er kennenlernte - und nach der Beendigung des Kontakts in vielem/vielen `wiedererkennt’ bzw. mit der er abschliessen will - und doch nicht kann, obwohl so sehr verletzt.
    Schwermütig, zwanghaft und extrem fixiert - analysiert er sich, die vergangene `Netzliebe’ und seine Gefühle .......


    Nach der Einleitung erfolgen, wie auch im Vorgänger Digitale Höllenfahrt, Tagebucheinträge, die Einflüsse von Arthur Schopenhauer, Martin Walser, Friedrich Nietzsche, Sigmund Freud beeinhalten. Sehr stark dringt - ohne Bezugnahme - der Weltschmerzanderer Autoren wie beispielsweise Emil M. Cioran mit ein. Desweiteren auch hier, wie bereits im Vorgänger, durch Kaplans langjährige Arbeit als Tierrechtler und Tierethiker in einigen Tagebucheinträgen: das Leid der Tiere - durch den Menschen.


    Interessant die abschliessende `Theorie’:
    -Liebesphänomen, wie sich sich aufgrund von Digitale Höllenfahrt, nachfolgenden Erwägungen und Einbeziehung psychoanalytischer Begriffe darstellen, Schopenhauers Willenstheorie, Freuds Triebtheorie, Schopenhauers Liebes-Dynamik und - Phänomenologie, `Unendliche Seeligkeit’.


    Ein paar Zitate bzw. Tagebucheintragungen aus Schopenhauers Pudel:


    *Jetzt weiß ich, warum die Menschen gläubig sind, an etwas glauben, an `etwas höheres’ glauben: Weil es viel, viel einfacher ist, sich einer Illusion hinzugeben, als der kalten Wirklichkeit in die Augen zu sehen.*


    *Sie ist in ihre Bestandteile zerfallen und hat sich in nichts aufgelöst. Jede Frau ihrer Attraktivitätsklasse ist besser - weil noch keine einen so schauerlichen Charakter offenbart hat.*


    *Liest man die Zeitung und sieht, wie unendlich dumm und schlecht die Menschen sind, kann man sich des Eindrucks nicht erwehren: Mit dem Menschen geht ein gewagtes Experiment grausam schief. Das Problem: Die Hauptleidtragenden sind die Tiere*


    *Wir verstecken uns vor dem Grauen, wir decken das Grauen zu, aber das Grauen ist immer da.* usw. usw.


    Schopenhauers Pudel erscheint (noch) schwermütiger, die Fixierung wird deutlicher. Ein sehr interessantes, allerdings schwer zu beschreibendes Buch. Und da dies eine Rezension und keine Charakteranalyse des Autoren werden soll ........., bleibt dem geneigten Interessenten: es zu lesen, damit sich jeder sein eigenes Bild von diesem unbeschreiblichen Werk machen kann.


    Wem (oder auch Kaplans andere philosophische Werke Leben, Lieben, Leiden: Aphorismen bzw. Freude, schöner Götterfunken: Glück zwischen Schmerz und Tod) gefallen hat/haben, dürfte Schopenhauers Pudel ebenfalls liegen - zumal hier noch die weiteren Zusätze der jeweiligen Theorien enthalten sind, dies Werk, im Gegensatz zu anderen Büchern mit Thematik `Netzliebe’,’Obsession’,’Selbsttäuschung* usw., ein *real erlebt (gefühltes)* Buch darstellt.


    Ein etwas anderer Einblick, tiefgehende Aussagen, philosophisch, besondere Zitate, Extreme Gefühle = Schopenhauers Pudel von Helmut F. Kaplan.


    Kaufempfehlung: Lesen, denken, fühlen - ein sehr faszinierendes Buch zur aktuellen Thematik Netzliebe, Liebeskummer, (Selbst)lüge, Bewältigung, Psychoanalyse und in erster Linie: Philosophie, Ethik.


    5***** :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:
    Ein tolles Buch (wie eigentlich alle von diesem Autoren, ich :love: es :pray: )