Lena Klassen - Wild

  • Gezähmte Gefühle.
    Eine Welt ohne Krankheit und Kummer.
    Kein Leid und keine Leidenschaft.


    Einmal wöchentlich bekommt jeder in "Neustadt" seine Glücksinjektion. Trotzdem ist die siebzehnjährige Pi nicht so glücklich wie alle anderen. Stimmt etwas nicht mit ihr? Oder warum darf sie nicht mit Lucky zusammen sein, ihrem besten Freund? Anders zu sein ist gefährlich, denn hinter dem Zaun, der "Neustadt" umgibt, liegt die Wildnis. Dort herrschen noch Krankheit und Gewalt - und dorthin werden alle verbannt, die aus der Reihe tanzen. Dann geschieht etwas Unfassbares: Die Glücksdroge versagt. Und plötzlich steht Pi vor der Entscheidung ihres Lebens: Liebe oder Freiheit?



    Peas die Protagonisten lebt in einer Welt in der alle Menschen glücklich sind. Einmal in der Woche wird jedem in Glücksstadt eine Spritze verpasst. Durch das Medikament gibt es keine Leidenschaft und keinen Kummer, Konflikte, Kriege und Streit sollen so verhindert werden. Partnerschaften werden vom Staat bestimmt und Kinder mit besonderen Begabungen auf Bestellung geboren.
    Die folgen dieser Droge sind aber, das selbst Trauer und Mitgefühl verloren gehen. Egal ob ein Mensch stirbt oder der Partner fremdgeht, niemanden scheint dies zu kümmern.
    Peas ist aber anders. Sie ist melancholisch und hinterfragt die Glücksgabe. Ihre Beste Freundin wird ihrem Jugendschwarm Lucky zugeteilt. Da merkt Peas das, die Medikamente bei ihr vielleicht nicht so wirken wie bei allen anderen. Sie erwacht aus ihrem Nebeldasein und merkt schnell dass noch andere betroffen sind. Die Jugendlichen haben Angst als Strafe für ihr Unglücklichsein aus der Stadt in die Wildnis verbannt zu werden. Denn der Regierung passt das ganz und gar nicht. Sie wollen die Jugendlichen so schnell wie möglich wieder unter Kontrolle bringen um ihr Geheimnis zu bewahren.
    Und so beginnt eine Spannende und gut erzählte Suche nach Antworten. Warum hat das Medikament versagt? Was können wir tun? Und vor allem was liegt dort draußen hinter der Mauer, der so genannten Wildnis?



    Die Geschichte ist in kurze Kapitel gegliedert und lässt sich leicht und flüssig lesen. Das Cover ist total schön und passt super zur Geschichte. Auch im Innenteil ist das Buch liebvoll gestaltet. Die einzelnen Kapitel sind mit Blättern etc.verziert. Die Wortwahl ist oft sehr Jugendlich und der Stil erinnerte mich an Bücher wie Das Tal oder Hex Hall.


    Ich bin auf der Leipziger Buchmesse auf den kleinen Stand des Drachenmond Verlags aufmerksam geworden. Er befand sich gleich an der Fantasy- Leseinsel. Mir sind gleich die schönen Plakate zu Wild aufgefallen. Nach einer Leseprobe habe ich mich dann entschieden das Buch am Sonntag mit nach Hause zu nehmen.
    Ich lese gerne Dystopien und bin zufrieden mit dem Buch, einige Ideen fand ich neu und gut. Wenn ich mir auch manchmal mehr Tiefe, für die ein oder andere Person, gewünscht hätte. Das Buch hat viele Interessante Charaktere zu bieten, von dennen ich gerne mehr gelesen hätte. Es gibt ein Abgeschlossenes Ende, aber die Autorin hält sich genug Möglichkeiten für evtl. Fortsetzungen offen.

    Wer Dystopien und Bücher "die an Highschools spielen" mag der wird hier nicht enttäuscht werden.

    Du trägst dein Herz nicht nur auf der Zunge - es schlägt in deinen Augen.
    (Kai Meyer-Die Seiten der Welt)


    :study:  2020 gelesen: 2


    :musik: 2020 gehört: 16

    Einmal editiert, zuletzt von Sabella ()

  • Ich kann mich da größtenteils nur anschließen:


    Meine Meinung:




    Kennt ihr das, wenn man
    den ersten Satz eines Buches liest und dieser einen dann nicht mehr loslässt?
    Und die Freude, wenn man nach stundenlangen Suchaktionen endlich wieder das
    zugehörige Buch ergoogelt hat ;-)


    So ging es mir bei diesem
    Buch. Der erste Satz hat mich einfach verzaubert. Auch so ist das Buch auf gute
    Art sehr ungewöhnlich. Erst wird eine scheinbar perfekte Welt aufgezeigt, aber
    die drogeninduzierte Fröhlichkeit hier wirkt so perfekt, dass sie dem Leser nur
    aufgesetzt erscheinen kann und so etwas wie Abscheu hervorruft. Gerade als ein
    Tod im Nebensatz abgetan und belächelt wird, steigt das Entsetzen über diese
    Gesellschaft gewaltig.


    Erst kann man sich noch
    damit abfinden, dass uns das ja nicht passiert. Den perfekten Menschen zu
    züchten und dumme, glückliche Organspender zu halten. Nun, Geschichtsbücher auf
    – unter Nazideutschland nachschlagen.


    Was an diesem Buch so
    anders war – Dystopien gibt es ja viele – war, dass auch die Rebellen nicht das
    Gelbe vom Ei waren. Auf andere Weise waren sie ebenso. Mit dem einzigen
    Unterschied, dass es dem Individuum erlaubt war, auch ohne Drogen (un)glücklich
    zu sein. Da ist es verwirrend für den Leser (auf positive Art), Partei zu
    ergreifen.


    Auch die Sprachverwendung
    war anders, als ich es aus Büchern kenne. Viele Kurze Sätze, die
    Wahrnehmungsfetzen schildern. Schon zusammenhängend, jetzt nicht irgendwie wirr
    zusammengewürfelt. Zur Thematik passt das super, auch wenn man sich daran
    gewöhnen muss. Mein Lieblingsschreibstil ist das zwar nicht, aber ohne Zweifel
    besonders und auf keinen Fall störend.


    Zur Vorhersagbarkeit der
    Story: Dazu kann man nur sagen, dass sie nicht vorhanden ist. Wie eine längere
    Kurzgeschichte schildert der Roman (?) eine wichtige Episode aus Pis Leben. Und
    nicht die Geschichte einer Rebellion oder so. Das Ende ist somit zwar abgeschlossen,
    aber es gab keinen Gesellschaftsumsturz und so weiter. Da die Gesellschaft und
    ihr System so real ausgeführt wurden, wäre da das
    Ein-Held-rettet-die-Welt-Schema auch denkbar unrealistisch gewesen. So
    funktioniert das hier einfach nicht, anders als in vielen weiteren Dystopien.


    Diese ist einfach ein
    Plädoyer für den Individualismus, durch und durch. Und dafür, seine Gefühle zu
    schätzen, die guten, die schlechten, die, über die man sich nicht ganz einig
    ist. Und ein wunderbares Beispiel dafür, dass es ein Schwarz und Weiß nicht
    gibt. Das Buch ist sicherlich nicht für jeden etwas, aber mir hat es sehr gut
    gefallen. Ich kann es jedem empfehlen, der sich gerne die Augen öffnen lässt,
    und von Büchern nicht nur eingelullt werden will.

  • In Neustadt sind alle Menschen glücklich, es gibt keine Krankheiten, keine Gewalt – aber auch keine echten Gefühle, denn alle erhalten wöchentlich ihre Glückdosis. Peas, genannt Pi, hat das Glück allerdings nicht gepachtet, sie ist nicht wirklich glücklich, sondern schwebt eher auf einer grauen Wolke, ihre Eltern hatten nicht genug Geld, um ihr ein Geburtsdesign angedeihen zu lassen, weswegen sie nicht so perfekt ist wie die meisten anderen Jugendlichen, z. B. ihre Freundin Moon, ihr Name beruht auf einem Schreibfehler und sollte eigentlich Peace lauten und ein Freund wurde ihr auch noch nicht zugeteilt.


    Eines Tages stimmt etwas mit der Glücksdosis nicht und Pi fällt mit vier weiteren Neustädtern aus dem Glücksstrom. Plötzlich sind da Gefühle und der Wunsch, weiterhin man selbst zu sein und nicht in der Glückswatte zu versinken. Keiner darf merken, was passiert ist und die Außenwelt, die Wildnis um Neustadt, die bisher No-Go-Gebiet war, denn dort wimmelt es nur so vor Keimen und Verbrechern, scheint plötzlich der einzige Ort zu sein, an dem die Fünf sicher sind. Doch auch in Neustadt ist nicht alles so, wie gedacht …


    Die Autorin lässt Pi ihre Geschichte selbst in Ich-Form erzählen und so erfährt man das Geschehen aus erster Hand, ist als Leser zusammen mit Pi verwirrt, erfreut und geschockt. Mir gefällt, wie die Autorin den Leser und Pi nach und nach in die Geheimnisse ihrer Welt einführt, während Pi vollkommen naiv an die Dinge herangeführt wird, ahnt der Leser schon Einiges, aber das ganze Ausmaß erschreckt dann doch. Nicht jeder Charakter wird am Ende überlebt haben, so dass Pi und den Leser manche sehr emotionale Szene erwartet, die die Autorin alle gut gemeistert hat. Wer glückliche Enden liebt, könnte enttäuscht werden. Ich allerdings mag realistische Enden und die sind eben nicht immer happy.


    Lena Klassen hat eine interessante dystopische Welt geschaffen und auch ihre Charaktere gefallen mir gut. Die Geschichte wartet mit einigen überraschenden Wendungen auf und ist sehr spannend.


    Das Ende schreit nach einer Fortsetzung und mit „Wach“ gibt es diese auch. Das Ebook ruht bereits auf meinem Reader und ich bin gespannt, was noch auf Pi und ihre Gefährten zukommt. „Wild“ hat mich gut unterhalten und erhält von mir 4 Sterne und eine Leseempfehlung.