George Pelecanos - Der Totengarten/The Night Gardener

  • Zwanzig Jahre vor der eigentlichen Handlung des Buches bewachen die frischgebackenen Polizisten Ramone und Holiday zusammen die Absperrung zum Ablageort des dritten Opfers eines Serientäters: Wieder ein Kind, dessen Name ein Palindrom ist; leitender Ermittler ist die Legende Sergeant T.C. Coop.
    Zeitsprung nach 2005: Holiday ist aus dem Polizeidienst ausgeschieden, ist jetzt Alkoholiker mit Limosinenservice (unschöne Kombination, wenn ihr mich fragt); Ramone ist die Karriereleiter hochgeklettert, hat Frau und zwei Kinder; Coop ist längst pensioniert, hatte einen Schlaganfall und kann jetzt nicht mal mehr die Uhr lesen. Da wird eine weitere Kinderleiche gefunden, dessen Name sich von vorn und hinten gleich liest. Ramone ist hier zwar gar nicht Hauptermittler, zieht die Parallelen aber doch, ebenso wie Holiday, der die Leiche zufällig fand und dann Kontakt zu Coop aufnimmt.


    So weit, so gut. Leider ist das eben beschriebene gar nicht der Löwenanteil dieses Buches. Viel mehr Raum nehmen Holiday Sauftouren und Frauengeschichten sowie Ramones Familienprobleme mit Sorgenkind Diego ein. Superlangweilig! Drum herum werden weitere Storylines um ein paar pubertierende Möchtegernbösewichte aufgebaut, die wirklich so rein gar nichts mit dem Mord zu tun haben. Hinzu kommt ein fortwährendes Product Placement, dem man entnehmen kann, dass Menschen in Washington ausschließlich Nike tragen. Während ab und zu das Rassismusthema angeschnitten wird (Ramones Frau ist schwarz, sein Sohn wird nicht wie weiße Schüler behandelt), trieft das Buch vor Sexismus dass einem echt schlecht werden kann. Und die Auflösung des Falles, wegen der wir das Buch ja nun eigentlich lesen, ist dann am Ende nur noch ein schlechter Witz. Ich bin echt enttäuscht.

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    Die Worte waren bereits zu ihr unterwegs, und als sie ankamen, hielt Liesel sie wie Wolken in den Händen und wrang sie aus bis auf den letzten Tropfen.
    (M.Zusak, Die Bücherdiebin)



    „Es kommt auch darauf an, wie wir [die Welt] verstehen, oder nicht? Und wenn wir sie verstehen, fügen wir doch auch etwas hinzu, oder nicht? Und wenn das so ist, ist dann nicht das ganze Leben eine Geschichte?"
    (Y.Martel, Schiffbruch mit Tiger)

  • Autor: George Pelecanosn
    Titel: Der Totengarten
    Originalsprache: englisch
    Originaltitel: The Night Gardener


    Reihe: -
    Band: -
    Genre: Thriller, Krimi
    Seitenzahl: 460


    Verlag: Rowohlt
    Erscheinungsdatum: 01.09.2008
    Preis: 9.95€
    ISBN: 978-3-499-24786-6



    Was passiert
    Mittlerweile 20 Jahre ist es her, dass der so genannte "Palindrom-Mörder" sein Unwesen in Washington D.C. trieb. Er tötete drei Jugendliche, die neben ihrer dunklen Hautfarbe vor allem eines gemeinsam hatten: ihre Namen lesen sich vorwärts sowie rückwärts gleich. Ava, Eve und Otto, das waren die Opfer des Falls, der nie aufgeklärt wurde. Bis heute gibt es keine Spur des Täters.
    Doch dann wird die Leiche des 15-jährigen Asa Johnson gefunden. Der Junge wurde erschossen und in einem Gemeindegarten abgelegt, genau wie die drei anderen Teenager in den 80ern. Natürlich geht schnell die Vermutung um, dass es sich um den gleichen Täter handelt. Nun ist es an Gus Ramone und seinem Team, den Verantwortlichen zu finden. Doch sie sind nicht die einzigen, die Nachforschungen anstellen, denn auch Seargent T.C. Cook, der damals für die Ermittlung zuständig war und den der Fall nie los ließ, nimmt zusammen mit Dan Holiday, der ebenfalls bei den ersten Morden vor Ort war, auf eigene Faust die Spur eines Verdächtigen auf.



    Klappentext
    1985: In Washington D.C. geht ein Serienkiller um, Eve Drake ist bereits die dritte Tote. Der "Palindrom-Mörder" wählt sich Opfer, deren Namen von vorn und hinten gelesen gleich sind. Er lässt die Leichen mit Glasperlen im geflochtenen Haar im Park liegen.
    2005: Als man den 15jährigen Asa Johnson tot in einem Park auffindet, erinnert sich Sergeant T.C. Cook an die bizarre Mordserie, die nie gelöst wurde. Er setzt alles daran, zu verhindern, dass sie sich fortsetzt...



    Was ich denke
    Well... so weit, so gut. Das klingt nach einem richtig spannenden Roman, der sich hauptsächlich um den pensionierten Sergeant T.C. Cook dreht, richtig? Tja... da sieht man mal, wie irreführend so ein Klappentext sein kann. Tatsächlich taucht Cook im Laufe des Buches auf, genauso wie es stimmt, dass er versucht, den Täter zu finden, aber die eigentlichen Hauptpersonen des Buches sind Gus Ramone, Detective beim Violent Crime Branch (Gewaltverbrechen) des Manhattan Police Departements, und Dan "Doc" Holiday, ein Ex-Cop, der sich jetzt als Chauffeur durchschlägt. Beide Männer waren, genaus wie T.C. Cook, 1985 bei den Morden dabei, frisch von der Polizeischule.
    Während Gus Ramone ganz offiziell mit dem Fall betraut ist, erinnert sich Holiday beim Lesen der Zeitung an die alten Ereignisse und sucht daraufhin den Sergeant auf, um mit ihm über die Sache zu reden. Erst später treffen Gus und Doc dann aufeinander und beschließen, sich gegenseitig zu helfen.


    So viel also zur Ausgangssituation. Klingt eigentlich nach gutem Stoff, oder? Leider hält dieser aber nicht im Geringsten etwas von dem, was er verspricht. Eines wird ziemlich schnell klar: die Privatleben der beiden Hauptcharaktere sind viel wichtiger als der Mordfall. Die meiste Zeit geht es tatsächlich um Docs Sauftouren, auf denen er Frauen abschleppt und die schulischen Probleme von Gus' Sohn, der mit Asa befreundet war (was aber für die Handlung überhaupt keinen Mehrwert hat), die Ermittlungen im Mordfall geschehen eher nebenbei. Es gibt zwar ein paar Zeugenbefragungen, Tatortbesichtigungen oder auch Verhöre, aber das wars auch schon.
    Hinzu kommt, dass der Schreibstil aus meiner Sicht irgendwie leidenschaftslos ist. Er ist nicht schlecht oder holperig, aber z.B. die Dialoge fühlen sich komplett emotionslos an, was sicherlich daran liegt, dass es einfach untereinander aufgeführte Sätze sind, ohne Adjektive oder sonstiges. Ja, es wirkt irgendwie langweilig. Was mir persönlich auch noch negativ aufgestoßen ist, ist die sehr exakte Beschreibung der Umgebung bzw. besser ausgedrückt des Straßenplans von Washington. So dauert es manchmal eine halbe Seite, bis die Handlung weiter geht, weil vorher erst einmal haarklein erzählt werden musste, welche Straße er nun lang gefahren, an welcher er vorbei gekommen ist und wo er dann geparkt hat. Wenn man die Gegend kennt, ist das sicherlich ein Stück weit cool, weil man genau weiß, wo die Charaktere sich gerade aufhalten, aber mich hat das echt wahnsinnig gemacht.


    Es klingt ein wenig so, als hätte ich gar nichts Gutes über das Buch zu sagen... Aber so richtig schlecht war es gar nicht, immerhin habe ich es auch zu Ende gelesen ;) Die Geschichte an sich ist schon okay, aber eben nicht spannend oder gar fesselnd. Für mich ist es bei Weitem kein Thriller, eher ein Krimi. Da ich aber dennoch wissen wollte, wie der Fall aufgeklärt wird, habe ich den Roman zu Ende gelesen. Die Auflösung hat mich übrigens ein wenig überrascht, sie war anders als erwartet, aber nicht zu unrealistisch.


    Ach, über eine Sache muss ich mich nochmal auslassen. Und zwar läuft neben der Geschichte von dem Mord an Asa eine weitere Handlung. Darin geht es um einen Möchtegern-Gangsterboss namens Romeo Brock, der einen Dealer ausnimmt und dafür büßen soll. Und diese Story hat so überhaupt nichts mit dem eigentlichen Plot zu tun. Oftmals hat man es ja, dass zwei völlig unterschiedliche Handlungen am Ende doch zusammen laufen, aber das ist hier eben nicht der Fall. Und da frage ich mich: warum? In dem Fall ist nicht einmal die Polizei involviert, da die erst später eingeschaltet wird - ein paar Seiten vor Ende des Buches. Die Geschichte wirkt so völlig fehl am Platz und eingeschoben, dass ich mich wirklich frage, was sich der Autor dabei gedacht hat...



    Schlusswort
    Nach Lesen des Klappentextes habe ich mir von "Der Totengarten" von George Pelecanos wesentlich mehr von dem Roman versprochen. Ich dachte an einen spannenden Thriller, die Jagd auf einen Mörder und die Frage, ob es der selbe wie vor 20 Jahren ist. Leider kommt die Geschichte aber eher langweilig daher und stellt nicht die Ermittlungen in den Mittelpunkt, sondern das Privatleben der beiden Hauptcharaktere.
    Ich bin froh, dass ich das Buch nur geliehen und daher kein Geld dafür ausgegeben habe, das hätte mich wirklich geärgert. Ich kann es demnach nur eingeschränkt weiter empfehlen. Freunden von ruhigen Krimis könnte es gefallen, Fans von spannenden Romanen sollten die Finger davon lassen.