Wolfram Huncke (Hg). Gestern ist heute

  • Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich als junger Pfarrer Anfang der 80 er Jahre von meiner Kirchenleitung nach Biblis geschickt wurde um dort mitten in einem sich zuspitzenden Konflikt als Gemeindepfarrer zu arbeiten und wenn möglich zwischen den Positionen zu vermitteln.


    Ich kann mich im Rahmen meines damals stark mit den ökologischen Themen zusammenhängenden Literaturstudiums auch erinnern an zwei mittlerweile schon lange verstorbenen Wissenschaftler, die damals neben anderen mit ihren gegensätzlichen Positionen die gesellschaftliche Debatte mitbestimmten. Heinz Haber als populärer, in den Medien schon damals stark präsenter "Fernsehprofessor , der die Entwicklung von Wissenschaft und Technik als Fortschritt für die Menschheit wahrnahm und sich dafür auch einsetzte. Und auf der anderen Seite der linke Robert Jungk, der schon in den fünfziger Jahren begonnen hatte, die Gefahren der Atomwirtschaft und eines ungezügelten Wirtschaftswachstums zu kritisieren und sich einzusetzen für das, was man später dann allenthalben auf den Lippen führte, die "nachhaltige Gesellschaft". Er war es, der den Gedanken nach Europa brachte, den man Dann die Technikfolgenabschätzung nannte.


    Haber und Jungk verband trotz oft sehr gegensätzlicher Ansichten eine lange intensive Freundschaft, die schon nach dem Zweiten Weltkrieg in den USA begann. Zwischen Anfang und Mitte der achtziger Jahre führte der Journalist Wolfram Huncke mit den beiden Wissenschaftlern mehrere längere Gespräche, die er nun unter dem Titel "Gestern ist heute - Heinz Haber und Robert Jungk im Disput über die Zukunft" im Hirzel Verlag herausgegeben hat.


    Die Veröffentlichung ist zu begrüßen, denn die Themen der Gespräche der beiden sind aktueller als je zuvor. Vor allem der Weitblick Jungks in der Frage der Gefahren der Atomtechnik hat sich durch Tschernobyl und jetzt durch Fukushima auf das Schlimmste bewahrheitet. Beeindruckend auch die Gesprächskultur und der gegenseitige Respekt voreinander, mit dem sie ihren Disput führen, etwas, was man in den aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen etwa um Stuttgart 21 schmerzlich vermisst.


    Bei allen Kontroversen sind sie sich immer wieder einig darüber, ihre Hoffnung auf ein besseres Bildungssystem und die Einsicht der nachwachsenden Generationen zu setzen.


    Und wenn man ehrlich resümiert: es ist doch so einiges geschehen seit Anfang der achtziger Jahre, wo man als ökologisch argumentierender Mensch und Theologe in Biblis jedenfalls noch in die Nähe von Terroristen gerückt wurde. Es hat lange gedauert, aber nun ist Biblis abgeschaltet und wird es wohl auch für immer bleiben. Die Gefahren die von den dort gelagerten Brennelementen allerdings ausgehen, werden die Bevölkerung noch über viele Jahrzehnte bedrohen.