Ursula Poznanski: Blinde Vögel

  • Kurzmeinung

    frettchen81
    tolle Figuren mit Ecken, die Verbindung über Facebook klasse gemacht, aber das Ende dann doch etwas zu viel
  • Inhalt (Quelle: Verlagsseite)
    Zwei Tote in Salzburg. Sie stranguliert, er erschossen. Die Tat eines zurückgewiesenen Liebhabers?
    Aber die beiden scheinen zu Lebzeiten keinerlei Kontakt miteinander gehabt zu haben. Oder täuscht der erste Blick? Das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger ist ratlos. Aber Beatrice mag die Sache nicht auf sich beruhen lassen und verfolgt die Spuren, die die Toten im Internet hinterlassen haben. Auf Facebook wird Beatrice fündig: Beide waren dort Mitglieder in einem Forum, das sich ausgerechnet mit Lyrik befasst. Gedichte werden hier mit stimmungsvollen Fotos kombiniert und gepostet. Ganz harmlos.
    Ganz harmlos?
    Bald ahnt Beatrice, dass die Gedichte Botschaften enthalten, die nur wenige Teilnehmer verstehen. Düstere Botschaften, in denen es um Angst und Tod geht. Und dann stirbt eine der Lyrik-Liebhaberinen...


    Autorin (Quelle: Verlagsseite)
    Ursula Poznanski wurde 1968 in Wien geboren. Sie war als Journalistin für medizinische Zeitschriften tätig. Inzwischen widmet sie sich ganz dem Schreiben und lebt mit ihrer Familie im Süden von Wien.


    Aufbau/Allgemeines
    "Blinde Vögel" ist nach "Fünf" der zweite Fall des Salzburger Ermittlungsteams Beatrice Kaspary und Florin Wenninger.
    Erscheinungstermin: 2.April 2013 im Wunderlich Verlag
    Broschiertes Taschenbuch mit 480 Seiten
    Erzählung aus der personalen Perspektive
    Der auf 20 Kapitel verteilten Haupthandlung sind ein Auszug aus einer Facebook-Diskussion und ein Prolog vorangestellt. Zwischen den Kapiteln befinden sich Abschnitte, in denen ein (zunächst) Unbekannter als Ich-Erzähler zu den Vorgängen Stellung nimmt.


    Zum Inhalt
    In Salzburg wird ein junges Paar tot aufgefunden, der Mann hat sich offenbar erschossen, nachdem er die junge Frau erdrosselt hat. Das Szenario deutet auf eine Beziehungstat hin, aber nach Auskunft seines Mitbewohners hat der Germanistikstudent Gerald Pallauf die aus Hannover angereiste Sarah Beckendahl bis vor wenigen Tagen gar nicht gekannt.
    Beatrice Kaspary, Florin Wenninger und ihrem Kollegen Stefan Gerlach gelingt es zunächst nicht, eine Verbindung zwischen den beiden Toten herzustellen, doch Beatrice glaubt nach der Vernehmung von Pallaufs Vater nicht mehr an die Täterschaft des schüchternen Studenten. Ihr Misstrauen scheint gerechtfertigt, als ein Anrufer, der bezeugen will, dass die beiden jungen Leute ermordet wurden, vor seinem geplanten Treffen mit Beatrice und Florin tot aus der Salzach gefischt wird. Der zum Schweigen gebrachte Mann verkehrte im Drogenmilieu. Während die offiziellen Ermittlungen sich auf dieses Umfeld konzentrieren sollen, meldet sich Beatrice sich mit einem Fake-Account als "Tina Herbert" in einer Lyrik-Gruppe auf Facebook an, denn sie hat inzwischen festgestellt, dass die Mitgliedschaft in dieser Gruppe die einzige dünne Verbindung zwischen dem jungen Paar war.
    Hoffmann, der bereits aus dem ersten Buch bekannte Chef der Abteilung "Leib und Leben", dem Beatrice ein Dorn im Auge ist, hält sich in diesem Fall mit Einmischungen zurück, da er wegen der Krebserkrankung seiner Ehefrau wenig im Präsidium anwesend ist. Umso gedeihlicher verläuft die Zusammenarbeit von Florin und Beatrice. Die Nachforschungen in der Facebook- Gruppe werden immer bedeutsamer, denn es scheint zwischen einigen Mitgliedern Kontakte jenseits der Lyrik-Gruppe zu geben. Schließlich wird die Gruppe durch neuerliche Todesfälle um zwei weitere Mitglieder dezimiert und ein Unbekannter hackt sehr geschickt "Tina Herberts" Account und postet unter ihrem Namen verstörende Beiträge.
    Im Laufe der Ermittlungen verdichtet sich der Verdacht, dass das Motiv für die Todesfälle weit in die Vergangenheit zurückreicht. Mit höchster Energie bemühen sich Beatrice und Florin, hinter den tieferen Sinn der im Lyrik-Forum geposteten düsteren Gedichte und Fotos zu kommen, bevor es zu spät ist...


    Eigene Meinung
    "Blinde Vögel" setzt die Geschichte des Ermittlerduos Kaspary/Wenninger fort, neben dem aktuellen Fall erfährt der Leser auch einiges über das Privatleben der beiden Hauptfiguren. Beatrice und ihr Ex-Ehemann Achim bemühen sich den beiden gemeinsamen Kindern Mina und Jakob zuliebe um einen friedlicheren Umgang. Achim hält sich mit seiner Kritik an Beatrices großem beruflichen Engagement zurück und nimmt die Kinder öfter zu sich, sodass seine Ex-Frau entlastet wird. Auch ihre Mutter und ihr Bruder kümmern sich um die Kinder, sonst wäre es Beatrice gar nicht möglich, solchen Einsatz bei der Arbeit zu leisten. Auch in Florins Leben gibt es Veränderungen: seine Fernbeziehung zu der Holländerin Anneke steckt in einer Krise, die offensichtlich mit Beatrice zusammenhängt. Seit dem dramatischen Finale des letzten Falls ("Fünf") entwickelt sich die Beziehung von Beatrice und Florin über ein rein kollegiales Verhältnis hinaus...
    Das Privatleben der Ermittler wird jedoch nicht so intensiv behandelt, dass die eigentliche Krimihandlung darunter leiden würde. Die Nachforschungen der Mordkommission werden sehr realistisch dargestellt, besonders die zahllosen Ausdrucke der Diskussionen auf Facebook vermitteln den selbst in Internetforen aktiven Lesern das Gefühl, alltägliche Situationen mitzuerleben. Die Mordfälle werden eher unblutig geschildert, sodass auch sensible Leser mit dem Buch keine Probleme haben werden. Aber dann folgen Rückblicke auf Kriegsereignisse, in denen unbeschreibliche Gräueltaten schonungslos geschildert werden. Diese Abschnitte sind äußerst fesselnd geschrieben, aber auch schwer zu ertragen.
    Diese beeindruckenden und bedrückenden Szenen lassen die aktuellen Ereignisse in Salzburg und die seltsame Dynamik im Lyrik-Forum in einem ganz neuen Licht erscheinen und werfen Fragen nach Schuld und Sühne im Zusammenhang mit jahrelang ungesühnten Verbrechen auf.
    Die Handlung des Romans ist intelligent konstruiert, glaubwürdig präsentiert und mit dem Schluss, der die Facebook-Diskussion der allerersten Seite wieder aufnimmt, perfekt abgerundet. Nachdem sich alle zuvor unverbundenen Puzzleteilchen zu einem komplexen Gesamtbild zusammengesetzt haben und der Leser jetzt alle Hintergründe kennt, fühlt er sich versucht, das Buch gleich noch einmal zu lesen.


    Fazit
    Eine gelungene Fortsetzung der Serie um das Ermittlerteam Kaspary/Wenninger, ansprechend geschrieben, intelligent und glaubwürdig konstruiert. Unbedingt lesenswert!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

    Einmal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Die Handlung des Romans ist intelligent konstruiert, glaubwürdig präsentiert und mit dem Schluss, der die Facebook-Diskussion der allerersten Seite wieder aufnimmt, perfekt abgerundet. Nachdem sich alle zuvor unverbundenen Puzzleteilchen zu einem komplexen Gesamtbild zusammengesetzt haben und der Leser jetzt alle Hintergründe kennt, fühlt er sich versucht, das Buch gleich noch einmal zu lesen.

    Hach, jetzt bin ich erst recht superneugierig auf das Buch! Danke für die tolle Rezension, €nigma! :thumleft:

  • Danke für die Rezension, €nigma. Da konnte ja anscheinend der hohe Standard von "Fünf" gehalten werden.
    Ich muss gestehen, ich habe die Rezension nur überflogen, weil ich das Buch vorbestellt habe und es hoffentlich bald eintrifft. :lechz: Dann werde ich mich nochmals genauer damit beschäftigen. :wink:

  • Wow, was für ein Buch! "Blinde Vögel" finde ich sogar noch besser als den Vorgänger, dem ich ebenfalls die Höchstwertung gegeben habe. Mit Facebook hat die Autorin nun nach dem Geocoaching ein weiteres sehr modernes Thema angeschnitten, das mich von Anfang an gefesselt hat. Es war einfach genial als sich Beatrice unter falschem Namen in die Gruppe eingeschleust hat. Man spürt, obwohl dort fast alle einen normalen Eindruck machen, dass hier irgendetwas Seltsames vorgeht. Man verdächtigt alles und jeden und es war einfach ein Riesenspaß, mitzuraten wer denn hinter den Morden stecken könnte und warum. Später nimmt die Geschichte allerdings eine sehr ernste Wendung, die sogar mir sehr stark an die Nieren ging und nur schwer zu ertragen war wie auch €nigma schon geschrieben hat. Und normalerweise passiert mir das nicht so schnell, aber dies war wirklich harter Tobak und ich musst erst einmal durchschnaufen. Auch den Showdown, der zu der ohnehin schon kaum schwer auszuhaltenden Spannung noch einen draufsetzt, kann als perfekt bezeichnet werden.


    "Blinde Vögel" war einfach nur genial und dafür kann es nur eine Wertung geben, die Höchstwertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • "Blinde Vögel" war einfach nur genial und dafür kann es nur eine Wertung geben, die Höchstwertung: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    Es freut mich, dass Dir das Buch auch so gut gefallen hat. Jetzt bin ich schon sehr gespannt auf die Lesung von Frau Poznanski in unserer Bücherei.
    Da werde ich mir meine blinden Vögel signieren lassen.

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    (Francis Bacon)
    :study:
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    Einmal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Warum habt ihr das Buch schon gelesen, wenn es doch erst am 2. April erscheint?!? Selbst das Ebook kann noch nicht downgeloaded werden. :scratch:


    Ich hatte es vorbestellt und bekam von Amazon die Meldung, dass es früher verfügbar sein wird und dann bekam ich es letzten Donnerstag schon geliefert. :) Wo allerdings der Februar herkommt, keine Ahnung.

  • Offizieller Erscheinungstermin ist der 2. April. Aber ok: Den neuen Metzger-Roman von Thomas Raab habe ich in einer Buchhandlung auch schon am 23. Februar gekauft, obwohl er offiziell erst am 26. erschienen ist.

  • Der Osterhase hats gebracht!! :bounce:


    Dann wünsche ich Dir viel Spaß! :study: Du wirst das Lesesofa bestimmt nicht so schnell verlassen.

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  • Er klein und unscheinbar, sie groß und hübsch. Er Österreicher, sie Deutsche. Auf den ersten Blick verbindet die beiden nichts miteinander. Trotzdem wurden sie tot nebeneinander aufgefunden. Das Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger verfolgt jede Spur, schließlich muss es einen Grund geben, warum sie zusammen gestorben sind. Der erste Hauch eines Anhaltspunktes bietet eine Facebookgruppe, in der beide Opfer Mitglied waren. Dort geht es ausschließlich um Lyrik - nicht gerade das, was die Polizei erwartet hatte. Aber weitere Spuren lassen sich nicht finden und als dann ein weiteres Mitglied dieser Gruppe stirbt ist Kaspary sich sicher, dass die Gedichte versteckte Botschaften enthalten.


    "Blinde Vögel" ist der zweite Fall für das Salzburger Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger und somit auch Poznanskis zweiter Thriller für Erwachsene. Bisher habe ich alle ihre Romane gelesen und vor allem die Jugendbücher konnten mich begeistern. Aber auch den Auftakt der neuen Thrillerreihe in Form des Romans "Fünf" fand ich damals sehr interessant und war daher auf die Fortsetzung gespannt. Nach Geocaching spielen nun Facebook und Lyrik die übergeordnete Rolle im Roman. Diese Facebook-Gruppe ist bisher die einzige Spur, die gegen eine Beziehungstat spricht und Kaspary versucht verzweifelt weitere Hinweise zu finden, denn sie ist überzeugt, dass es sich bei der Tat nicht um Mord mit anschließendem Selbstmord handelt. Lange wissen die Ermittler nicht, welcher Spur sie wirklich nachgehen sollen, aber dieser Teil der Geschichte ist trotzdem nicht langweilig. Relativ ruhig wird die Handlung begonnen und wie in dem Roman "Fünf" hätte ich mir etwas mehr Spannung erhofft. Mit Fortschreiten der Geschichte wird die Geschichte spannender, aber erreicht nicht wirklich ein Thriller-Niveau.


    Die Figuren Kaspary und Wenninger mag ich sehr gerne. Deren Privatleben spielt stets eine Rolle, aber dominiert das Geschehen nie. Ich finde beide sympathisch und freue mich schon auf weitere Bände mit den beiden.


    Auch, wenn mir erneut etwas Spannung fehlte, mag ich die Erwachsenen-Thriller gerne, da sie sich gut lesen lassen und Ursula Poznanski es versteht die Thematik in vielen kleinen Handlungsstränge zu verpacken, die erst am Ende ein Gesamtbild ergeben und vorher schwebt man etwas im Ungewissen, versucht sich selbst etwas zusammenzureimen und ist auf die Auflösung gespannt, die wieder einmal interessant ist und für mich nicht vorherzusehen war. Dieses beherrscht Poznanski einfach richtig gut und deswegen sind ihre Thriller lesenswert.


    Fazit: Interessanter Thriller, der zwar nicht vor Spannung trieft, aber eine interessante Handlung bietet und Poznanskis toller Schreibstil sorgt für einen Lesegenuss. 4/5 Sterne.


    • Broschiert: 480 Seiten
    • :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:
  • Das Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger hat mir schon in "Fünf" gut gefallen und Ursula Poznanski hat in meinen Augen noch eine Schippe draufgelegt. Den Inhalt hat man durch die bisherigen Rezensionen sicherlich bereits zu Genüge kennengelernt, so dass ich mich auf mein Leseempfinden beschränke.
    Ein intelligent konstruierter Krimi, der bis zu einem gewissen Zeitpunkt viel Spielraum lässt um selber zu rätseln und Verdächtige zu haben bzw. wieder zu verwerfen. Die fundiert geschilderten Ermittlungsarbeiten sind nicht zu detailliert um langweilig zu werden. Das Privatleben der einzelnen Protagonisten ist sehr interessant in Szene gesetzt, aber nicht zu umfangreich, um vom eigentlichen Geschehen abzulenken. Der Spannungsbogen ist sehr geschickt aufgezogen, er startet auf einem recht hohen Niveau ohne zwischenzeitlich abzufallen gipfelt er in einem rasanten und schlüssigen Finale. Ab dem Zeitpunkt, wo auf seiten des Lesers der Fall "gelöst" ist, ist die Spannung kaum auszuhalten und man dürstet förmlich nach Einzelheiten und Erklärungen.
    Poznasnki schafft es in allen von mir bisher gelesenen Werken ein aktuelles oder zeitgemäßes Thema sehr stimmungsvoll und rund in eine spannende Geschichte einzubetten. Ob Onlinespiel ("Erebos"), Geocachen ("Fünf"), Live Rollenspiel ("Saeculum") oder halt hier virtuelle Identitäten via Facebook, sie greift sich Dinge aus dem Leben ihrer Leser, die ungewöhnlich oder alltäglich sind und spielt damit äußerst gekonnt. Dadurch hat man immer den Eindruck, nah am Geschehen zu sein und einen gewissen Realitätsbezug zur Geschichte.
    Anzumerken für dieses Buch ist vielleicht noch, dass man bis auf wenige schwer verständliche Querverweise zum ersten Fall von Kaspary/Wenninger und deren persönliche Hintergründe, durchaus auch auf seine Kosten kommt, wenn man es liest ohne "Fünf" zu kennen. Sollte man allerdings ohnehin beide lesen wollen, dann macht es auch Sinn, die Reihenfolge einzuhalten um die Entwicklung der Protagonisten chronologisch zu verfolgen.
    Fazit: Für mich noch besser als "Fünf", spannend, unterhaltsam und jede Seite lesenswert - ich freue mich auf weitere Fälle aus dieser Feder - demzufolge: volle Punktzahl :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Imagination, rather than mere intelligence, is the truly human quality."


    "Chaos is found in greatest abundance wherever order is being sought. It always defeats order, because it is better organized."

    Terry Pratchett

    "The person, be it gentleman or lady, who has not pleasure in a good novel, must be intolerably stupid."

    Jane Austen


    :study:

    Alex Haley - Roots

    Andrew Jefford - Whisky Island

    Randale Munroe - What if 2


    :bewertung1von5: 2024: 5 :bewertung1von5:

  • Die Idee für diesen Krimi fand ich nicht schlecht. Ich bin ja selbst keine Facebook-Nutzerin, aber es hat mir trotzdem Spaß gemacht, mit Bea Kaspary in die Tiefen der Facebookwelt einzutauchen. Hier wird ziemlich deutlich, was das Netzwerk ausmacht und wie schnell sich dort Dinge verselbständigen können. Gut gefallen hat mir aber, dass es hier nicht einfach um einen “Facebook-Mörder” geht, sondern dass Ursula Poznanski sich da noch viel mehr ausgedacht hat.
    Ich habe mir vielleicht zu viel von “Blinde Vögel” versprochen, und ich will auf keinen Fall sagen, dass es sich nicht um einen sehr guten, sehr intelligenten und toll erzählten Thriller handelt, denn all das ist dieser Thriller durchaus. Ich hatte mir nach “Fünf” aber einfach viel mehr versprochen und finde, der Nachfolgeband kann mit dem Nervenkitzel aus dem ersten Band der Reihe echt nicht mithalten.
    Die Auflösung kam ziemlich unerwartet. Darauf wäre ich nun wirklich nicht gekommen. Es gibt eine Stelle, an der ich einmal schon eine Idee hatte, die in die richtige Richtung ging, aber nie bis zum Ende hin. Das ist ein echtes Plus, denn am Ende fügen sich so viele kleine Bemerkungen vom Anfang ineinander und passen in das große Bild, dass man echt den Hut ziehen will.
    Natürlich ist mir auch die Geschichte zwischen Bea und Florin nicht egal. Ich mag es, wie Ursula Poznanski hier so eine ganz vorsichtige Annäherung zwischen den beiden erzählt, die einfach passt. Beide sind erwachsen, beide haben eine Vergangenheit, mit der sie umgehen müssen, und dass sie Kollegen sind, macht es auch nicht leichter… gerade aus dieser Situation heraus erzählt Poznanski diesen Handlungsstrang sehr glaubwürdig und sehr sensibel. Das finde ich sehr schön und absolut gelungen. Allein dafür lohnt sich schon das Weiterlesen.
    Ein wirklich guter, toll erzählter Thriller, und auch wenn er nicht ganz mit “Fünf” mithalten kann, auf jeden Fall ein Thrillerhighlight.
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ein neuer Fall für Beatrice Kaspary und Florin Wenninger: Auf einem Campingplatz in Salzburg werden die Leichen eines jungen Mannes und einer jungen Frau gefunden. Sie erwürgt, er erschossen, die Pistole noch in den Händen. Die Umstände deuten auf Mord mit anschließendem Selbstmord hin, doch Beatrices Bauchgefühl sagt ihr das Gegenteil. Nichts weist darauf hin, dass die beiden Menschen je miteinander zu tun hatten, außer, dass beide in der Facebook-Gruppe „Lyrik lebt“ Mitglied waren. Unter falschen Namen erstellt sich Beatrice dort zu Ermittlungszwecken ein Profil und tritt der Gruppe bei, denn sie ist überzeugt, dass der Schlüssel zur Lösung des Falls in den dort geposteten Gedichten und Fotos zu finden ist. Sie versucht sich mit einem Mädchen anzufreunden, das ausschließlich Gedichte, die vom Tod handeln einstellt. Handelt es sich um Botschaften, die auf einen bevorstehenden Suizid hinweisen oder liegt die Antwort zwischen den Zeilen in denen auch immer wieder von einem Panther die Rede ist? Kurze Zeit später wird das Mädchen tot aufgefunden. Beatrice wittert auch hier Mord – jemand wollte sie zum Schweigen bringen, da die junge Frau wusste etwas, das eine unbequeme Wahrheit über eine andere Person ans Licht gebrächt hätte. Die Spuren in dem Fall, der schon zu viele Opfer gefordert hat, sind alles andere als eindeutig, daher setzt Beatrice auf ihre Intuition – und riskiert dadurch ihr Leben …


    „Blinde Vögel“ ist der zweite Band um das Ermittlerduo Kaspary und Wenninger und wie schon im ersten Teil beschäftigt sich Ursula Poznanski mit einem gegenwärtigen Thema. Im Gegensatz zu Geocaching, das mir zuvor unbekannt war, gibt es wohl kaum jemanden, der noch nicht auf irgendeine Weise mit Facebook konfrontiert wurde, auch wenn man selbst kein Mitglied ist.


    In „Blinde Vögel“ sterben mehrere Menschen deren einzige Gemeinsamkeit darin besteht, Mitglied in einer Facebookgruppe zu sein, die sich mit Gedichten beschäftigt. Indirekt weist Poznanski in ihrer Geschichte auf die Gefahren hin, die das soziale Netzwerk birgt. Es ist erschreckend wie leicht Accounts gehackt und missbraucht werden können. Außerdem kann man sich nie hundertprozentig sicher sein, wer sich wirklich hinter den Profilen versteckt. Es gibt genügend Fakeaccounts und nicht jeder registriert sich dort mit guten Absichten. Ich denke, dass die Autorin ihren Lesern damit durchaus die Augen öffnen und darauf hinweisen möchte, nicht allzu leichtsinnig mit Persönlichem gegenüber Fremden und im Internet allgemein umzugehen – etwas, das nie oft genug erwähnt werden kann.


    Poznanski hat ein besonderes Talent für die Charakterisierung ihrer Figuren. Selbst von der nebensächlichsten Person kann man sich noch ein gutes Bild machen. Während des Falls werden Beatrice und Florin immer wieder mit ihrem Privatleben konfrontiert in dem beide jeweils schwierige Zeiten meistern müssen. Obwohl dies öfters in den Fokus rückt, nimmt dieser Teil der Geschichte nie überhand sondern fügt sich nahtlos in das eigentliche Geschehen ein und trägt zu einem runden Ganzen bei. Durch ihre Ecken und Kanten, dass auch sie nicht unfehlbar sind, wirken die Protagonisten sehr authentisch, was dazu beiträgt, dass man sich viel besser in die Charaktere hineinversetzen kann. Bislang ist mir auch noch keine Figur – egal, ob gut oder böse - aufgefallen, die mir gänzlich unsympathisch gewesen wäre.


    Weiterhin bewundernswert an Poznanskis Romanen ist, dass über lange Zeit hin die Identität des Täters unvorhersehbar ist und die Spannung stets auf gleichem Niveau gehalten wird. Besonders irreführend sind in „Blinde Vögel“ die Namen mancher Personen, sowie die falschen Fährten, die die Autorin geschickt legt. Erst wenn sie es wirklich zulassen möchte, gibt sie entsprechende Hinweise auf das Geschehen. Dass es letztendlich mit der Vergangenheit einiger Personen zu tun hat, stellte eine Überraschung für mich dar. Zur Spannung tragen außerdem die Abschnitte bei, die einen Einblick in die Gedanken und die Geschichte des Täters geben.


    Im Text weist die Autorin an ein, zwei Stellen auf die Jugoslawienkriege und das Massaker von Srebrenica hin. Scheinbar dienten diese tragischen Ereignisse unter anderem als Anregung, nur leider fehlte mir ein Nachwort der Autorin, in dem sie zu ihrem Geschrieben Stellung nimmt und im Bezug auf den Panther und das Dorf Gornia Trapinska aufzeigt, was ihrer Fantasie entsprungen ist oder der Wahrheit entspricht.


    „Blinde Vögel“ ist ein äußerst spannender, gut durchdachter und vielschichtiger Krimi in dem die Autorin gekonnt verschiedene Themen zu einer Geschichte verbindet, die sich mit tragischen Schicksalen von Menschen und gegenwärtigen Angelegenheiten beschäftigt.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: