Cathy Woodman: "Schnupperküsse"

  • Cathy Woodmans neuester Roman “Schnupperküsse”, erschienen im Blanvalet Verlag, entführt uns wieder einmal aus der Großstadt London auf das schöne, gemütliche, aber auch chaotische Land, nach Talyton St. George.


    Nach der Trennung von ihrem Mann zieht Jennie gemeinsam mit ihren drei Kindern in ein altes, aber charmantes Farmhaus. Sie hat sich in das Häuschen sofort verliebt, doch für ihren 14-jährigen Sohn bedeutet es die völlige Abschottung vom Großstadtleben und seinen Freunden. Die jüngeren Mädchen sind da schon leichter zu begeistern – die Aussicht auf ein Pony, einen Hund und Hühner muntert sie sichtlich auf. Doch die Umstellung von Stadt- auf Landleben gestaltet sich weitaus schwerer als gedacht – im Haus und im Garten muss vieles noch gemacht werden, eine eigene und rentable Kuchen-Back-Firma ist nicht ganz so leicht auf die Beine zu stellen wie gedacht, die neu angeschafften Tiere müssen versorgt und gepflegt werden und nebenher muss sich Jennie noch um die Kinder kümmern. Kein leichter Job, da ist es doch ganz praktisch, dass ihr einziger Nachbar der nette Milchfarmer Guy Barnes ist, der Jennie mehrmals aus der Patsche hilft…


    Die Handlung klingt interessant und unterhaltsam, was sie auch zum größten Teil tatsächlich ist. Allerdings wirkt die gesamte Handlung auf mich teilweise sehr langatmig, da stellenweise oft so gut wie gar nichts aufregendes passiert, wenn die Protagonistin beispielsweise ihren Gedanken nachhängt. Wo schon der nächste Punkt kommt: der Schreibstil der Autorin erinnert an der ein oder anderen Stelle im Buch an Tagebucheinträge, was zwar nicht unbedingt etwas Negatives sein muss, mich aber persönlich ein wenig verwirrt hat. Auch hatte ich das Gefühl, die Autorin versucht mit aller Macht am Ende eines Kapitels Spannung zu erzwingen – wodurch, kann ich nicht einmal genau beschreiben, es war lediglich ein durchgehender Eindruck. Was mir sehr gut gefallen hat, waren die niedlichen Kapitelüberschriften, die alle das Gebäck, die Törtchen oder den Kuchen enthielten, welche im darauffolgenden Kapitel erwähnt wurden. Ein schönes, zusätzliches Extra wäre es gewesen, wenn die Autorin noch im Anhang die Rezepte dieser ‘Überschriften’ hinzugefügt hätte – die Zubereitung wurde in der Handlung oft grob beschrieben und da ich selbst gerne backe, hätte ich das ein oder andere Rezept allzu gerne nachgebacken.


    Des Öfteren springt die Autorin bei Jennie sehr plötzlich von der Gegenwart in ihre Vergangenheit – da denkt Jennie eben noch über das bald anstehende Abendessen nach und auf einmal schwelgt sie in Erinnerungen an den Abend, als ihr (Ex-)Mann ihr eröffnet hat, dass er sich in eine andere Frau verliebt hat. Diese Rückblenden sind zwar in der Tat sehr interessant und tragen maßgeblich zur plastischen Handlung bei, allerdings geschehen diese Sprünge zu plötzlich und ohne Vorwarnung – hier hätte ich mir wenigstens einen kleinen Absatz gewünscht, der Gegenwart und Vergangenheit zumindest optisch trennen würde, da man sonst oft ein paar Zeilen hindurch verwirrt ist.


    Die Charaktere sind dafür ausnehmend sympathisch und vielseitig. Jennie ist war eine typische Mutter, hat aber auch noch ihren eigenen Kopf und das nötige Selbstvertrauen, durch welches sie sich überhaupt traut, alleine mit drei Kindern mehrere Autostunden entfernt von Freunden und Familie, aufs Land zu ziehen. Ihre Kinder könnten verschiedener nicht sein: der 14-jährige Adam ist ein typischer, pubertierender Junge, der sich gegen alles Familiäre auflehnt, die Mädchen, Sophie und Georgia, dafür sind noch liebevoll und zauberhaft begeistert vom Landleben, mit Hühner, Kühen und dem eigenen Pony. So herrschen im Hause Copeland nie Langeweile und alle Launen, die es nur geben kann. Der Nachbar Guy Barnes ist mir persönlich am sympathischsten – tüchtig, verletzbar, aber auch stark, sehr hilfsbereit, mit einer harten Schale, aber einem weichen Kern, so dass er Jennie und die Kinder wunderbar ergänzt. Lustiger wird es stellenweise noch durch Jennies Freundin Summer, die kein Blatt vor den Mund nimmt oder durch Jennies miesepetrige Schwester.


    Im Großen und Ganzen – und vor allem trotz obriger Kritikpunkte – hat mir “Schnupperküsse” ganz gut gefallen, da es doch eine etwas andere Geschichte war, die nicht nur unterhalten, sondern auch berührt hat. Wegen der kleinen, aber feinen Kritikpunkte meinerseits, bekommt der Roman trotzdem leider Abzug bei der Bewertung. Nichtsdestotrotz: allen, die mal von der großstädterischen Frauenunterhaltung aufs Land abtauchen wollen, kann ich “Schnupperküsse” wärmstens empfehlen! [3/5 Sterne]