Masako Togawa - Der Hauptschlüssel/ Ooinaru Gen`ei

  • Klappentext:
    Ein Frauenwohnheim in Tokio, in dem allein stehende und berufstätige Frauen leben, soll versetzt werden. Die Bewohnerinnen bringt das bevorstehende Ereignis in Aufruhr. Denn jede hat ihre verborgenen Geheimnisse und Leidenschaften - und alle belauern einander, um ihre Neugier zu stillen. Masako Togawa entwirft ein kriminologisches Verwirrspiel, das kunstvoll und komisch die Psyche der Frauen im Japan der Nachkriegszeit auslotet. (von der Verlagsseite kopiert)


    Zur Autorin:
    Masako Togawa arbeitete als Nachtclubsängerin, bevor sie begann Kriminalromane zu verfassen. Im Alter von 24 Jahren gewann sie bei einem Wettbewerb für Krimiautoren den ersten Preis. Ihre psychologischen Kriminalromane sind Bestseller und wurden zwischenzeitlich vielfach preisgekrönt und in fremde Sprachen übersetzt. Masako Togawa betreibt einen Nachtclub in Tokio, in welchem sie selbst als Sängerin auftritt. In Japan ist sie eine bekannte Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die als Autorin nicht nur berühmt für ihre Kriminalromane ist, sondern auch für Essays und sozialkritische Beiträge. Darüber hinaus veröffentlicht sie auch Musik-CDs und ist als Schauspielerin in mehreren Filmen aufgetreten. (von Wikipedia kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: Ooinaru Gen'ei
    Erstmals erschienen 1962
    Titel der englischen Ausgabe: The Master Key
    Aus dem Englischen übersetzt von Helma Gianonne
    Erschienen bei Century Publishing Co Ltd., London
    Aus der Sicht verschiedener Personen erzählt, die kapitelweise wechseln, z.T. Ich-Erzählung, z.T. personale Perspektive.
    175 Seiten


    Inhalt:
    Im Prolog liest man vom tödlichen Verkehrsunfall einer vermeintlichen Frau im Jahr 1951, wobei das Opfer sich als Mann in Frauenkleidern entpuppt. Seine Identität kann nicht geklärt werden.
    Anschließend wird der Leser Zeuge, wie ein Mann und eine Frau eine Babyleiche im Keller eines Hauses einbetonieren, und er erfährt von der Kindesentführung des vierjährigen Sohnes eines amerikanischen Majors.
    Die eigentliche Handlung dreht sich um die Ereignisse, die zeitlich mit den Bauarbeiten an dem Frauenwohnheim zusammenfallen, und geht in der Chronologie rückwärts: Genau genommen sollte der Generalschlüssel in der Pförtnerloge sicher verwahrt werden, dennoch wird er nacheinander von verschiedenen Frauen entwendet, die ihn zur Bespitzelung ihrer Nachbarinnen einsetzen und dabei zahlreiche Geheimnisse entdecken.


    Eigene Meinung / Bewertung:
    Dicht an dicht wohnen die Frauen in kleinen Appartements in dem viergeschossigen Wohnheim. Alle sind alleinstehend, einige berufstätig, andere pensioniert. Jeder Besuch muss bei der Pförtnerin angemeldet werden, Männerbesuch ist generell verboten. Herzliche Freundschaften sind Mangelware, jede versucht, ihren kleinen privaten Bereich vor den Blicken und dem Gerede der anderen zu schützen. Jede Etage wählt eine Mietervertreterin, und alle vier entscheiden in der Vertreter-Konferenz über Wohl und Wehe des Hauses und geben allgemeine Bestimmungen und Regeln heraus. Dennoch kommt es trotz Überwachung und permanenter Beobachtung zum Diebstahl einer wertvollen Geige, zu einem Selbstmord und dubiosen Machenschaften einer Sekte.
    Der Ort des Geschehens wirkt also bedrückend wie ein Gefängnis, und im Nachwort des Verlegers erfährt man, dass dieser Komplex von der Autorin als Anklage an die Verhältnisse, unter denen Frauen dieser Jahrzehnte in Japan lebten, gemeint ist.


    Einige Frauen spielen im Zusammenhang mit dem verschwundenen Schlüssel eine Hauptrolle und kommen persönlich zu Wort, z.B. die beiden Pförtnerinnen, eine Musikerin, eine pensionierte Lehrerin, eine Bettlerin, deren Umtriebe näher beleuchtet werden und die auf irgendeine Weise in die beiden Verbrechen an Kindern verwickelt sind oder sich verwickeln lassen. Das Buch erzählt also keine stringente Handlung; es setzt sich zusammen aus einer Vielzahl einzelner Geschichten, die erst mit dem abschließenden Bericht einer Pförtnerin ein Ganzes ergeben.
    Die Menge japanischer Frauennamen mit den für unsere Ohren sehr gleichlautenden Silben verwirrt v.a. in den Anfangskapiteln, erst nach und nach bekommen ein paar Frauen ein Gesicht. Zur Verwirrung trägt die Vorliebe der Autorin bei, Szenen mit mehreren Frauen (z.B. die Mietervertreterkonferenz oder die Seance) lang und breit zu beschreiben, ihnen also eine Bedeutung zu verleihen, die ihnen auch im Zusammenhang mit der Lösung nicht zusteht.
    Ob das Gefühl, dass der Krimi nicht in die Gänge kommt, mit dem europäischen Blick zu tun hat? Mit einer Erwartung an das Genre des Kriminalromans, die geprägt ist von Engländern, Skandinaviern und Amerikanern?


    Die Auflösung der Geheimnisse rund um den Schlüssel, die man aus dem Mund einer Beteiligten erfährt, ist zwar überraschend, aber nicht spektakulär, und zur Wahrheit, die hinter der Kindesentführung steckt, kann man nur sagen: Hab ich mir doch gedacht.


    Fazit:
    Ein vor sich hin plätschernder Krimi, dem der innere Zusammenhalt und die durchgehende Spannung fehlen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Schade! Ich freue mich im Hinblick auf zukünftige Geschenke für den "japanomanischen" Sohn immer über die Rezis von japanischen Romanen, aber diesen brauche ich wohl nicht zu notieren.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

    Einmal editiert, zuletzt von €nigma ()

  • Dem Klappentext nach hätte ich es mir auch interessanter vorgestellt.
    Gut, dass Du's für uns gelesen hast, Marie, so vermeidet man Fehlgriffe, wo doch Lesezeit so kostbar ist.

  • Originaltitel: Ooinaru Gen'ei
    Erstmals erschienen 1962
    Titel der englischen Ausgabe: The Master Key


    Da es zum Originaltitel keine ISBN gibt, hier die englische Version.

    :study: Ich bin alt genug, um zu tun, was ich will und jung genug, um daran Spaß zu haben. :totlach: na ja schön langsam nicht mehr :puker:

  • so vermeidet man Fehlgriffe, wo doch Lesezeit so kostbar ist


    ... hätte ich das mal früher gewusst. So liegen noch zwei Krimis der Autorin auf meinem SuB, die ich blind in einer "japanischen Phase" gekauft habe - glücklicherweise auf dem Flohmarkt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Sorry, aber ich habe das Buch mit Spannung gelesen. Es ist sogar mein Lieblingsbuch!
    Vielleicht liegt es ja an der mentalität, aber Masako Togawa wurde mit dem Edogawa Rampo-Preis ausgezeichnet, d.h. esmüsste schlechtere Autoren geben, als sie. Schade, dass Euch das Buch nicht gefällt. Bei mir hat es sehr viel Interesse geweckt. Teilweise war das Buch so gut, dass ich mich nciht traute dasnächste zu lesen, weil ich an schlechten Tagen immer etwas habe möchte, vorüber ich mich freuen kann.

  • Masako Togawa wurde mit dem Edogawa Rampo-Preis ausgezeichnet, d.h. es müsste schlechtere Autoren geben, als sie.


    Es hat niemand gesagt, dass sie eine schlechte Autorin ist. Ich finde lediglich dieses Buch schlecht und habe die anderen noch nicht angerührt.


    Literaturpreise sind im übrigen keine Garantie für gute Literatur. Nicht mal der Nobelpreis.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Nein. Aber da das Buch Vielen nicht zusagt, werden sie wohl nicht zu einem anderen Buch von ihr greiffen, weil sie sie für eine "schlechte" Autorin halten. Und, nunja, eigentlich sollte so ein Preis schon eine Garantie sein. Sonst gäbe es ihn ja nicht und er wäre wertlos, hätte keine Bedeutung.

  • Ich besitze dieses Buch ebenfalls, habe es aber noch nicht gelesen. Kann daher erst darüber urteilen, wenn das passiert ist.


    @Johnny:
    Das mit den Literaturpreisen ist so eine Sache.
    Ich will das mal mit einem Autokauf vergleichen. Da gibt es auch meist Prämierungen zum "Besten Auto des Jahres XX". Einerseits von den Autofahrerverbänden, dann von irgendwelchen Testmagazinen etc.
    Meist ist das Hauptaugenmerk auf eine gewisse Eigenschaft des Fahrzeuges gerichtet (z.B.: sparsamster Verbrauch, Raumwunder, super neue Technik, etc.). Und nicht immer stimmen die unterschiedlichen Testergruppen für ein und dasselbe Fahrzeug. Weil es einfach nicht das einzig-tolle-überdrüber-Auto gibt, das für jeden einzelnen optimal passt.
    Wenn ich nun losgehe und mir das Auto des Jahres XX kaufe möchte, weil ich ja soviel darüber gelesen habe, und dann entspricht es nicht meinen Anforderungen (Kombi mit großem Kofferraum, genügend Platz für so eine große Person wie mich auf dem Fahrersitz und trotzdem genügend Beinfreiheit für Personen auf dem Rücksitz, sparsamer Verbrauch, nicht zu viel elektronischer Schnick-Schnack) dann hilft mir auch nicht, dass zig Tester das Auto angepriesen haben. Da können mir die Verkäufer noch so das Auto anpreisen mit "Testurteil sehr gut" (was ich ja auch als Garantie wie du schreibst werten könnte).


    Und genauso sehe ich das bei einem Buch. Ich habe gewissen Erwartungen und auch gewisse Anforderungen. Und da können mir 1000 Tester und das Nobelpreiskomittee noch so viel vorschwärmen, es passt dann halt einfach nicht zu mir.
    Damit ist aber weder gesagt, dass die Juroren falsch liegen, noch dass ich falsch liege. Es ist halt dann nicht LIebe auf den ersten Blick. Und ob ich dann einen zweiten Blick riskieren will? Jein. Wahrscheinlich erst nach genügend Abstand, wenn überhaupt.


    Ich finde es toll, wenn dir das Buch gefallen hat, und du es als eines deiner Lieblingsbücher bezeichnest. Und es gab hier im Forum schon einige Bücher, die extrem unterschiedlich ankamen bei den Lesern.
    Deswegen würde mich auch interessieren, WAS dir genau an dem BUch so gut gefallen hat. Alleine die Preisverleihungen an die Autorin sind mir zu wenig, da schätze ich persönliche Eindrücke von Lesern bedeutend mehr.
    Vielleicht hast du ja Lust, mir deine Eindrücke etwas näher zu schildern? Und welches Buch der Autorin würdest du "Einsteigern" empfehlen?

    :study: Audre Lorde: Sister Outsider (eBook)

    :study: Joseph Roth: Hiob (eBook) - MLR

    :study: Thomas Chatterton Williams: Selbstportrait in Schwarz und Weiss - Unlearning Race



    „An allem Unrecht, das geschieht, ist nicht nur der Schuld, der es begeht, sondern auch der, der es nicht verhindert.“

    Erich Kästner

    "Das fliegende Klassenzimmer"


    Warnhinweis:
    Lesen gefährdet die Dummheit

    :study:

  • Juup, gestern Abend war etwas wenig Zeit und ich hatte befürchet, etwas zu viel zu schreiben.Die Sache mit dne Autos ist so: Man kann sich die Ausstattung der Autos aussuchen, d.h. Kilmaanlage, getönte Scheiben, Radio, DVD-Player etc.. EIn Buch kann man da nciht vergleichen, da es nciht auf jede Person einzeln zugeschnitten werden kann. Man hat ja vorher schon eine Ahnung, ob man sich einen krimi oder ein Sachbuch, einen LKW oder ein PKWholt.


    An erster Stelle faszinierte mich das Setting des Buches und Beschreibung dessen. Geheimnisse,gegenseitiges Spionieren und die Rolle des Schlüssels, aus dem jede ihre Vorteile ziehen kann, das Wohnheim, in dem es zwei Gruppen gibt: die Berufstätigen und die nicht-Berufstätigen, das erzeugt ziemlich viel Spannung und Abneigungen, die man(n) nicht auf Anhieb nachvollziehen, Hass, Habgier. Außerdem der schlichte Titel, man wusste genau worum es ging, einfach zu erklären. Vor allemder Anfang war ... unglaublich erschreckend. Ein relativ schneller Handlungsverlauf, der aber nicht lückenhaft ist, was mir sehr gefällt. Gelegentlich werden Details aufgedeckt, die man vorher als nichtig betrachtet hat. Keine Hauptperson, nur die Frauen, von denen manche sehr gutmütig sind,andere, naja. Und mittendrin das Großstadt treiben, welches allerdings wie eine andere Welt scheint. Das Ende ist ziemlich gut, ich hatte dasGefühl, ich müsste ein weiteres Buch von ihr lesen, damit ich erfahren würde, wie sie bestimmte DInge gemeint hat. Zuletzt gibt es eine so große Reihe an Figuren (ist in anderen Roman anders). Diese Figuren erscheinen gleich wichtig und man braucht sich keine gedanken zu machen, welche stirbt ( wie bei George R. R. Martin).


    Johnny :).