Ulf Schiewe - Der Bastard von Tolosa

  • Kurzmeinung

    Hirilvorgul
    Einziges Manko: das offene Ende. Reinhard Kuhnert hat die Stimme eines Chronisten und die passt perfekt.
  • Kurzbeschreibung (von amazon):


    Wie Tausende »Soldaten Christi« folgt auch der junge Edelmann Jaufré Montalban 1096 dem Aufruf des Papstes, Jerusalem von den Ungläubigen zu befreien. Viele grausame Schlachten später beginnt er, am Sinn des Kreuzzugs zu zweifeln. Als seine Geliebte brutal niedergemetzelt wird, will er sich auf seine Burg nahe dem heutigen Toulouse zurückziehen. Doch dort erwartet ihn eine Gattin, die er nur unter Zwang geheiratet hatte – und eine tödliche Intrige um das Rätsel seiner Herkunft.


    Über den Autor (von amazon):


    Ulf Schiewe wurde 1947 geboren. Eigentlich wollte er Kunstmaler werden, doch statt der “brotlosen Kunst” widmete er sich der Technik und wurde Software-Entwickler und später Marketingmanager für Softwareprodukte.Seit frühester Jugend war Ulf Schiewe eine Leseratte, den spannende Geschichten in exotischer Umgebung faszinierten. Im Lauf der Jahre erwuchs aus der Lust am Lesen der Wunsch, selbst einen großen historischen Roman zu schreiben, der in den “Bastard von Tolosa” , seinen ersten Roman, mündete. Ulf Schiewe ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt in München.


    Meine Meinung:


    Nachdem ich vor kurzem "Die Hure Babylon" gelesen hatte, war ich sehr neugierig auf die weiteren Bücher von Ulf Schiewe. "Der Bastard von Tolosa" ist der erste Teil der Montalban-Reihe. Da ich die Reihe mit dem dritten Teil begonnen hatte, wusste ich natürlich von einigen Figuren schon manches aus ihrem späteren Leben, dies hat aber der Spannung beim Lesen keinen Abbruch getan. "Der Bastard von Tolosa" ist eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der der ältere Jaufré dem jungen Mönch Aimar sein Leben erzählt. Das Buch besteht aus drei Teilen, jeder davon beginnt mit einem Kapitel aus der Sicht des älteren Jaufré.


    Jaufrés Bericht beginnt in Outremer, 14 Jahre nach Beginn des ersten Kreuzzuges. Jaufré ist inzwischen Kastellan der Festung Mons Pelegrinus. Er ist ein gerechter Kastellan, aber in seiner Position schafft er sich natürlich nicht nur Freunde, sondern auch mächtige Feinde. Nach all den Jahren im Heiligen Land ist Jaufré des Kämpfens müde und er sehnt sich nach einem ruhigen Leben. Nach dem Tod seiner Geliebten Noura entschließt er sich, endlich nach Hause zurückzukehren. Begleitet von seiner Tochter Adela und seinem Freund Hamid macht er sich auf den Weg in die Heimat. Bei einem ersten Treffen mit seinem Großonkel, dem Erzbischof von Narbona, erwähnt dieser ein Familiengeheimnis, ein Geheimnis, das sich als gefährlich erweisen könnte. Jaufré hat daran zunächst kein Interesse, will er doch nach all den Jahren nur endlich Ruhe und Frieden finden.
    Zurück auf Rocafort muss er erkennen, dass seine Frau Berta nicht mehr das schüchterne Mädchen ist, das er damals zurückgelassen hat, und so erweist sich seine Heimkehr als problematischer, als er angenommen hatte. Nicht nur, dass er von seiner Familie nicht gerade freudig empfangen wird, es erwarten ihn auch in seiner Heimat Feinde und Intrigen, und die ersehnte Ruhe scheint in weite Ferne gerückt.


    Auch in diesem Buch gelingt es dem Autor wieder sehr gut, das damalige Leben farbenfroh und zum Greifen nahe zu schildern. Der erste Teil des Buches spielt in Outremer. Ulf Schiewe hat das Leben dort sehr gut eingefangen. Er schildert nicht nur die politischen Zusammenhänge verständlich - die Intrigen und Machtkämpfe, sondern auch das alltägliche Leben wie z. B. einen Rundgang über einen der Märkte. Es war fast so, als wäre ich mit dabei gewesen, als könnte ich all die wundersamen Dinge, die es da zu kaufen und zu bestaunen gab, selbst sehen, anfassen und riechen. Er hat es aber auch geschafft, zu verdeutlichen, welche Auswirkungen der Kreuzzug auf die Menschen hatte, die schon immer im Heiligen Land gelebt haben - wie die Eintracht, mit der Christen und Muslime bis dahin zumeist zusammengelebt haben, durch die Ankunft der Kreuzfahrer gestört wurde.


    Auch der Teil der Handlung, der rund um Rocafort spielt, ist sehr spannend geschildert. Ich habe noch nicht so viele Bücher aus dieser Zeit gelesen und so war es für mich sehr interessant zu erfahren, wie das Leben damals organisiert war, wie das Zusammenleben auf so einer Burg geregelt war. Genauso interessant ist auch der Einblick in die damaligen Erbfolgeregelungen erzählt, auch hier war vieles für mich neu.


    Es gibt natürlich in dem Buch auch Szenen, die sehr brutal und grausam wirken. Aber auch diese Szenen zeigen wohl nur, wie hart das Leben damals gewesen ist und mit welcher Rücksichtslosigkeit Einzelne ihre Interessen durchsetzen wollten.


    Die Zeichnung der Figuren fand ich auch in diesem Buch wieder überaus gelungen, angefangen von den Hauptpersonen bis hin zu den kleinsten Nebenfiguren. Jaufré ist dargestellt als ein Mensch, der aufgrund seiner kriegerischen Vergangenheit zwar schon auch zu gewalttätigen Handlungen fähig ist, wenn es die Lage erfordert, andererseits jedoch ist er ein Mensch, der sehr loyal und ehrenwert in seiner Vorgehensweise ist. Ihm zur Seite steht Hamid, sein arabischer Freund, der Jaufré sein Leben verdankt. Hamid ist ein Freund, wie man ihn sich nur wünschen kann. Er ist absolut ehrlich und mehr als einmal gelingt es ihm, Jaufré durch das Aussprechen auch unangenehmer Wahrheiten wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen. Und mit Berta, Jaufrés Ehefrau, wird deutlich, wie schwierig damals die Lage für die zurückgebliebenen Frauen war, die in der Heimat alles regeln und zusammenhalten mussten, während ihre Männer auf dem Kreuzzug waren.


    Fazit:


    Auch "Der Bastard von Tolosa" ist wieder ein sehr spannendes Buch. Die historischen Fakten sind, zumindest soweit ich es beurteilen kann, sehr gut wiedergegeben. Diese Fakten verknüpft der Autor mit einer sehr spannenden, fiktiven Geschichte und erzählt diese so, dass man sich beim Lesen in die damalige Zeit hineinversetzt fühlt und das Gefühl hat, selbst mit dabei zu sein. Die Personen in dem Buch sind bis hin zu den kleinsten Nebenfiguren lebensnah und greifbar geschildert und so manche davon ist mir beim Lesen ans Herz gewachsen. Mir hat das Buch sehr gut gefallen, weil es mir einen wirklich guten Einblick in die damalige Zeit verschafft hat. Ich fand es sehr spannend zu lesen und von mir gibt es :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

    "Vergiss nie, was du bist, denn die Welt wird es ganz sicher nicht vergessen. Mach es zu deiner Stärke, dann kann es niemals deine Schwäche sein. Mach es zu deiner Rüstung, und man wird dich nie damit verletzen können."
    (Aus "Die Herren von Winterfell" von George R. R. Martin)


    :study: "Auris - Die Frequenz des Todes" von Vincent Kliesch

  • Kann mich nur " Solitude " anschließen, ein faszinierendes und spannendes Buch. Kleiner Makel, die Heimreise von Outremer nach Rocafort ist zu langatmig geraten.
    Aber ab der Erzählung von der Ankunft in Rocafort ist es wieder super interessant und wird immer spannender.


    Fazit
    Ein lehrreicher aber auch gut unterhaltenter historischer Roman. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

  • Aus dem Leben eines Kreuzritters


    1096, Jaufré Montalban folgt dem Aufruf des Papstes und verbringt einen großen Teil seines Lebens in Outremer. Als Ritter kämpft er für die Freiheit der Christen. Aber nach Jahren erkennt er, dies ist nicht das was er sich für seine Zukunft wünscht. Als dann die Frau, die er über alles liebt, brutal getötet wird, ist dies für ihn das Zeichen das Land zu verlassen und nach Hause zurückzukehren. Seine Heimat ist eine Burg Namens Rocafort in der Nähe von Toulouse. Dort hat er eine Ehefrau und seinen Sohn, vor 14 Jahren zurückgelassen, diese ist wenig begeistert von seiner Heimkehr. Obendrein hat sein Onkel seltsame Andeutungen gemacht, was die Herkunft von Jaufré betrifft. Eine Intrige von ungeahntem Ausmaß ist längst im Gange und so beginnt auch hier ein Kampf um eine sichere Zukunft.


    Der Autor startet seine Geschichte im Jahre 1131 auf der Burg Rocaford. Jaufré Montalban ist bereits in die Jahre gekommen und beschließt seine Lebensgeschichte einem jungen Mönch anzuvertrauen. Dieser lauscht nun gespannt den Ausführungen des Ritters. Aus der Ich-Perspektive erzählt Jaufré nun seine Geschichte. Er beginnt damit, wie es zu seiner Reise nach Outremer kam, was er dann dort erlebte und im zweiten Teil des Buches, seine Heimkehr und sein Kampf um sein Erbe. Dadurch, dass die Geschichte in der Rückblende erzählt wird, ist natürlich klar, dass Jaufré überlebt hat, aber es mindert in keinem Fall die Spannung des Buches. Im Gegenteil. Ausführlich schildert Schiewe zunächst die Ereignisse im Heiligen Land, von den Kreuzzügen und der Grausamkeit des Krieges. Krieg ist immer furchtbar und hier wird nichts verschwiegen. Aber genauso wurden auch Freundschaften und Bündnisse geschlossen. Ab und an schweift Jaufré in seinen Erzählungen auch mal ab. So sind zum Beispiel seine Gespräche mit seiner Tochter sehr weitläufig, er holt hier noch weiter aus und erzählt eben aus der Vergangenheit. Ich mag solche Ausschweifungen, zeigen sie doch noch mehr Seiten von dem Protagonisten und man lernt ihn eben noch besser kennen und auch verstehen.


    Der zweite Teil erzählt dann von den Intrigen in der Heimat und davon wie die politischen Gegebenheiten waren. Denn auch hier kämpften die Mächtigen und Reichen des Landes um ihre Ziele. Insgesamt wurde im Vorfeld gut recherchiert und dies ist eben auch beim Lesen spürbar.
    Aber nicht nur die brutalen Kämpfe werden geschildert, sondern auch viel aus dem Leben des Ritters. Seine Frauen, sein eigener Kampf mit seinem Gewissen und nicht zuletzt von seinen Kindern. Der Bastard von Tolosa ist eine gelungene Mischung aus historischem Roman mit Wissen und Fakten aus den Kreuzzügen und Liebesgeschichten. Denn auch die Frauen haben hier eine wichtige Rolle gespielt. Gerade im zweiten Teil wird dies deutlich. Seine Ehefrau Berta sorgt zum Beispiel für einiges an Heiterkeit.


    Der Bastard von Tolosa ist ein gelungenes Debüt des Autors. Über mehr als 900 Seiten versteht er es, seine Leser zu fesseln. Jedes neue Kapitel bringt neue Spannung, auch wenn vielleicht das eine oder andere vorhersehbar war und dem Leser ziemlich schnell klar sein dürfte, was das Rätsel um die Herkunft von Jaufré betrifft, macht es einfach Spaß in diesem opulenten Schmöker zu versinken. Am Ende klärt ein Nachwort noch kurz Fiktion und Wahrheit und eine kleine Karte vorn im Buch sorgt dafür, dass der Leser genau weiß, wo sich die Protagonisten aufhalten. Außerdem gibt es ein Personenregister der historisch belegten Charaktere. Und wer jetzt noch nicht genug von dieser Geschichte gelesen hat, kann gleich mit dem nächsten Teil starten, denn hier handelt es sich um eine Trilogie.


    1. Der Bastard von Tolosa
    2. Die Comtesa
    3. Die Hure Babylon


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: