Marina Kopanitsa - Drei Erzählungen aus vergangener Zeit

  • Hinweis: Womöglich Eigenvorstellung der Autorin!
    Unter der Überschrift "Das Geschenk des Sternenhimmels" hat Marina Kopanitsa drei Erzählungen veröffentlicht. Vor den Leserinnen und Lesern liegen 93 kleinformatige Druckseiten, die inhaltlich und auch sprachlich von einem ganz bestimmten Gepräge sind.


    Es ist so, als müsste das Kleinformat umso dichter beschrieben sein. Wer in die Texte hineinliest, erkennt rasch, dass diese nicht für Überflieger geschaffen sind. Die Inhalte sind kompress angelegt. Es erscheint beinahe so wie im Lateinunterricht. Wer eine Silbe verpasst, vermag die Aussage nicht zu verstehen. Kein temporeiches Hindurchlesen also, mehr eine gemächliche Aufnahme, Schritt für Schritt.
    Es ist nicht von der hektischen Gegenwart die Rede, sondern von zurückliegenden Zeiten. Da schaltet das Lesevermögen ohnehin auf eine ganz andere Gangart um. Von Kriegszeiten handelt das Geschehen, schon auf den ersten Seiten wird man in die unseligen Zeiten der Vierzigerjahre zurückgeworfen, dorthin, wo im Osten der verbissene Krieg tobt, eingeleitet durch den stolzen Namen "Barbarossa", ausgelitten in Einkesselung und Kälte, in Tod oder Gefangenschaft.


    Der Tod ist allgegenwärtig, schon in der ersten Erzählung "Das zweite Leben". Aber die Titelung sagt es: Eine neue Chance ist denkbar und möglich. Ein im Baum hängengebliebener Pilot wird in die Realität seiner Retter übernommen, und nachdem er gestorben war, nahm ihn die Erde des Friedhofs als Sohn auf. Der einst als Held gefeierte deutsche Pilot liegt neben Katjas zuvor verstorbenen Söhnen.


    Um einiges stärker als der Tod wirkt die Liebe. Sie ist mit einer Zuversicht verbunden, die erwartungsvoll den Himmel betrachten lässt. Im Buch scheint immer wieder starke Symbolik auf. In der ersten Erzählung steckt sie im Zugang zum Sternenhimmel, der zum "einzigen Zeugen" des Seelenzustandes wird. Von hier kommt Rettung und Ruhe, auch innere Erneuerung. Alle Passagen dieser Art sind, dem Sprachstil des ganzen Buches angemessen, kurz auf den Punkt gebracht. Es gibt in diesem Buch kein Plattwalzen von süßen Gefühlen, so wie es kein Wiederholen von Fakten gibt.


    Die Sprache ist nicht nur dicht, sondern auch direkt. Es ist reine Erzählersprache, und man ist versucht zu sagen: Es gibt sie noch, die reine Erzählung, die vom Berichten und Deuten lebt. Alles wirkt konkret und tritt vor den Augen auf, als wäre man als Zeuge dabei gewesen. Mit ihrer Unmittelbarkeit berühren Kopanitsas Texte sehr direkt.


    Das gilt auch für die beiden andern Erzählungen: "Ein Anruf aus dem Grab", knapp im Umfang, und "Schlangenaugen", die längste der drei Stücke. Neu kommt hier der direkte Dialog hinzu. Auch hier fehlt es nicht an Dramaturgie, an Streit und blutigen Kämpfen. Und wiederum ist die Erzählung sorgfältig in Teile verpackt.


    Man wird die Aussage dieses kleinen Werkes erst richtig erfassen, wenn man alle drei Erzählungen aufgenommen hat. Denn auch das Nachwort fasst nicht etwa zusammen, wie es eilige Leser gerne gehabt hätten. Und "Verlustpunkt", das Stück ganz am Schluss, nimmt den Faden gar neu wieder in die Hand. Kein einfaches Buch, was Marina Kopanitsa vorlegt, auf keinen Fall. Das wäre bei den Widersprüchlichkeiten des Lebens, die sie beschreibt, auch nicht möglich und nicht sinnvoll gewesen.


    (von Ronald Roggen )

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „Marina Kopanitsa: Drei Erzählungen aus vergangener Zeit“ zu „Marina Kopanitsa - Drei Erzählungen aus vergangener Zeit“ geändert.