Mark Haddon, Das rote Haus

  • Inhalt(Klappentext):
    Das rote Backsteinhaus war früher ein Bauernhof und liegt nahe der Grenze zu Wales, umgeben von Seen und den Black Mountains. Die acht Menschen aus zwei miteinander verwandten Familien, die hier eine Woche Urlaub machen, haben - mit Ausnahme des erst achtjährigen Benjy vielleicht - eines gemeinsam: Ihre Koffer sind randvoll mit ungelösten Rätseln und emotionalen Altlasten.
    Richard, der erfolgsgewohnte Radiologe aus Edinburgh, muss öfter als ihm lieb ist an seine Verwicklung in ein Fehldiagnose denken, die für eine Patientin im Rollstuhl endete. Ist er wirklich von aller Schuld frei? Seine neue Ehefrau, die er nach dem trostlosen Ende seiner ersten Ehe geheiratet hat, die selbstbewusste Louisa hingegen, weiß nicht, ob und wie sie ihm ihre amourösen Abenteuer beichten soll, in die sie sich ais Verzweiflung gestürzt hatte, bevor Richard in ihr Leben trat. Auch ihre Tochter Melissa wird hier im Urlaub via Handy von ihrer Vergangenheit heimgesucht: Sie erfährt von den dramatischen Folgen eines Schulstreiches, in dem sie eine zentrale Rolle gespielt hat.
    Doch ungleich schlimmer noch ist der Albtraum, den Richards Schwester, Angela, durchleidet. Ausgerechnet hier im idyllischen Herefordshire, stürmen mit neuer Wucht die Erinnerungen an ein tragisches Ereignis auf sie ein, das fast achtzehn Jahre zurückliegt. Mit ihrem Mann Dominic, dem Musiker, dem ewigen Talent ohne geregeltes Einkommen, konnte sie nie offen darüber sprechen, ist ihre Ehe deswegen so leer und still geworden?


    Autor:
    Mark Haddon, geboren 1962 in Northampton, studierte am Merton College, Oxford, Literatur. Er schrieb Kinderbücher, einen Gedichtband und Drehbücher, bevor er 2003 mit "Supergute Tage" einen Weltbestseller vorlegte. Sein zweiter Roman "Der wunde Punkt" wurde ebenfalls ein Erfolg.
    Er lebt mit Frau und Kindern in Oxford.


    Meine Meinung u.Bewertung:
    Bei der Beerdigung der Mutter treffen alle zusammen. Angela und Richard hatten die letzten fünfzehn Jahre kaum Kontakt zueinander. Deshalb lädt Richard seine Schwester nebst Mann und den drei Kindern für eine Woche aufs Land ein. Mit von der Partie sind seine Frau und deren Tochter.
    Der achtjährige Benjy soll plötzlich einen fremden Mann Onkel nennen, was ihm doch sehr merkwürdig erscheint, aber so ist sie nun mal die Erwachsenenwelt, die er meist kämpfend erobert. Sein großer Bruder Alex verguckt sich in Richards Stieftochter, aber auch seine Schwester fühlt sich von der eigensinnigen Prinzessin angezogen.
    Die ungewohnte Ruhe sorgt für alle nicht nur für Entspannung. Alle haben irgendwelche Altlasten und dunkle Erinnerungen mitgebracht, die sich nun ans Tageslicht graben. Dabei kommt es zu komischen Situationen, aber auch tragischen Momenten und Enthüllungen.
    Mark Haddon vertieft sich in die Gedankenwelt des Einzelnen, manchmal wirr, dann abschweifend, an einem Lied hängenbleibend, um schließlich den wunden Punkt zu finden, zu analysieren, den Alarm auszulösen. Dabei richtet er nie, läßt jeden zu Wort kommen, und dies im ständigen Wechsel. Manchmal in wenigen Sätzen, dann wieder etwas länger. Diese Schreibweise wird wohl nicht jedem gefallen. Man liest sehr konzentriert um nicht Gedanken der falschen Person zuzuordnen. Das behindert zeitweise den Lesefluß. Geraume Zeit hatte ich das Gefühl in einem Zimmer zu stehen, in welchem alle gleichzeitig reden. Dennoch hat dieses tiefe Eintauchen in die Gedankenwelt der genannten Personen etwas sehr fesselndes. Man staunt was jeder so mit sich herumträgt. Überzeugende Charaktere.
    Fazit: Ein tiefenpsychologisches, teils poetisches, fesselndes und auch spannendes Buch für all jene die sich durch das Stimmengewirr nicht aus der Ruhe bringen lassen. Dann ist auch beste Unterhaltung garantiert.
    Meine Bewertung: :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Danke für deine Rezension, Wirbelwind :winken: Das Buch kommt bei mir auf jeden Fall auf meine Wunschliste.
    Ich habe beide Bücher des Autors gelesen, und obwohl die beiden mir nicht gleich gut gefallen haben, lasse ich mir sein neues Buch sicher nicht entgehen. :)

    2024: Bücher: 87/Seiten: 38 703

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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  • Dann viel Spaß damit Emili. Wie gesagt es tut sich ne Menge, und die Familienmitglieder bieten einiges zum Nachdenken.
    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









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  • Wenn das Buch nur halb so gut ist wie "Supergute Tage", würde sich das Lesen lohnen. Schon wieder ein Buch, das ich haben muss ...

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich kenne bereits Mark Haddons “The Curious Incident of the Dog in the Night-Time”, das ich sehr gut fand. “The Red House” ist allerdings noch besser. Es ist urkomisch, sehr traurig und es macht nachdenklich. All das zu vereinen, das muss ein Buch erstmal schaffen.
    Jeder, der schon mal eine größere Familienfeier überlebt erlebt hat, weiß, dass Familienzusammenführungen selten so schön sind wie im Fernsehen. Mark Haddon fängt dieses Problem ziemlich gut ein – er lässt einen personalen Erzähler permanent zwischen den einzelnen Figuren hin- und herspringen, höchstens eine Seite am Stück kommt eine Figur zu Wort, dann sieht der Leser schon aus einer anderen Perspektive auf das Geschehen. Dadurch hat man nicht nur einen allumfassenden Blick auf das Geschehen, man sympathisiert auch nicht so schnell nur mit einer Seite. Melissa und Daisy sind zum Beispiel absolut gegensätzlich, aber Haddon schafft es, dass man beide versteht. Einzig Dominic, Angelas Ehemann, war mir durch und durch unsympathisch; und seine Perspektive einzunehmen, hat das eher noch verstärkt.
    Die Probleme, die die einzelnen Familienmitglieder umtreiben, sind glaubwürdig und werden auch nicht zu sehr aufgebauscht. Es hat mir gefallen, dass Haddon keine Friede-Freude-Eierkuchen-Story aus der Handlung macht; Verlauf und Ende passen einfach.
    Wer die Gegend kennt, in der Haddons Roman spielt, wird durch das Nennen der Orte voll auf seine Kosten kommen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf Hay-on-Wye, da Haddon hier sogar einzelnen Läden und Cafés benennt, die tatsächlich existieren.
    Ein Familienroman, der keine 800 Seiten braucht, um eine Familie authentisch zu porträtieren. Daumen hoch!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • nun habe ich das Buch auch gelesen.

    Mark Haddon vertieft sich in die Gedankenwelt des Einzelnen, manchmal wirr, dann abschweifend, an einem Lied hängenbleibend, um schließlich den wunden Punkt zu finden, zu analysieren, den Alarm auszulösen. Dabei richtet er nie, läßt jeden zu Wort kommen, und dies im ständigen Wechsel. Manchmal in wenigen Sätzen, dann wieder etwas länger. Diese Schreibweise wird wohl nicht jedem gefallen.

    sehr treffend formuliert, Wirbelwind. Besser könnte man das nicht zusammenfassen. Genau so habe ich seinen Schreibstil in diesem Roman empfunden, und letztendlich tendiere ich dazu, dass es mir eher weniger gefallen hat. Auch wenn es von der Thematik her ein Thema ist, dass ich auf jeden Fall interessant finde, konnte ich mich mit seiner Art zu erzählen in diesem Fall nicht anfreunden.



    Wenn das Buch nur halb so gut ist wie "Supergute Tage", würde sich das Lesen lohnen.

    @ Marie
    Seit dem Roman "Supergute Tage..." habe ich sowohl "Der wunde Punkt" von Mark Haddon als auch jetzt "Das rote Haus" gelesen in der Hoffnung, die gleichen genussvollen Lesestunden zu erleben, wie bei "Supergute Tage oder Die sonderbare Welt des Christopher Boone", doch leider, vergebens.

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