Inhalt:
Seit drei Jahren ist Emmy Witwe. Ihr Mann Gustav Bronnen war Geograph und ist bei einer Expedition in Tibet verschollen. Die Erinnerungen lassen sie nicht los. Die junge Malerin brachte seitdem kein Bild mehr zustande.
Jetzt nach der Überwindung vieler Schwierigkeiten, befindet sie sich endlich auf dem Postdienstdampfer. Sie will den Unglücksort kennenlernen um zu begreifen, zu verstehen. Mit an Bord hat sie die Tagebücher ihres Mannes, die erst vor kurzem überraschend aufgetaucht sind. Vom Lesen derselben erhofft sie sich Nähe und Einblick in die letzten Monate seines Lebens.
Autorin:
Susanne Amtsberg, geboren 1963, studierte Archäologie. Von 1995 bis 2003 veröffentlichte sie mehrere Kriminalromane. Sie wohnt und schreibt am Rhein.
Sie gräbt im In- und Ausland.
Allgemeines:
334 Seiten
11 Kapitel: Abschiede, Orte, Botschaften, Salween, Ferne, Mekong.Jang tse hiang und Ta tsien lu.
Nähe, Kham, Passage, Tschang tang, Ankünfte
Im Anhang: Zu diesem Roman
historische Personen
Quellenauswahl
Im Buchdeckel befindet sich eine von Susanne Amtsberg selbst erstellte Kartenskizze mit Verlauf der Expedition
Meine Meinung u. Bewertung:
Eine junge Frau auf der Spurensuche ihres verschollenen Mannes. Das verspricht Abenteuer pur. Doch sehr schnell kristallisiert sich heraus, das Emmys Reise nur den Rahmen der eigentlichen Geschichte bildet. Unterhaltsam, aber wenig aufregend. Der Schwerpunkt des Buches sind die Tagebucheintragungen von Gustav Bronnen.
Diese lohnen sich aber doppelt. Der ehrgeizige Geograph beschreibt genau das Fortkommen der Expedition. Er ist unterwegs mit dem Fotografen Cohn und dem Zoologen Beermann. Die geplante Route kann nicht eingehalten werden. Kein guter Anfang für das Trio. Bronnen ordnet daher eine völlig neue Wegstrecke an. Es kommt zu ersten Zwistigkeiten mit dem Fotografen. Die Neuorientierung birgt enorme Gefahren, führt in extreme Höhen, in menschenleere Gebiete. Man bedenke die nur mäßige technische Ausrüstung, anno 1906 eben. Zwischen den Männern entwickelt sich keine echte Kameradschaft oder gar Freundschaft, sondern nur eine Zweckgemeinschaft, die notgedrungen zusammenhalten muß.
Nun erwartet man bei Tagebucheinträgen auch Persönliches. Man wird vergebens danach suchen. Die Tagebücher sind hoch interessant, man folgt gerne der Karte mit genau eingezeichnetem Weg, informiert sich zusätzlich, erlebt Anstrengung, Mut, Verbissenheit, und staunt über das noch heutzutage geheimnisvolle Tibet. Begeisterung auch für die Flora und Fauna. Die bildhafte Beschreibung führt zum einmaligen Kopfkino.
Mit Emotionen geizt die Autorin bzw. Bronnen jedoch. Kein Heimweh, keine Sehnsucht nach seiner Frau in weiter Ferne. Bronnen ist ein extrem nüchterner, sachlicher Mensch, der als Wegbegleiter sicher oft schier unerträglich ist. Stellenweise kommt auch Ironie ins Spiel. Einzige Gemütsregung zeigt er gegenüber den Yaks, auf die sie alle angewiesen sind.
Mir gefielen die Tagebücher außerordentlich gut, aber ich interessiere mich für Expeditionen. Wer diese Leidenschaft nicht mit mir teilt, sich am "eigentlichen" Roman festhält, wird enttäuscht sein, dem Buch eventuell sogar Langatmigkeit vorwerfen. Auch Sympathieträger vermag die Autorin nicht hervorzuzaubern. Ins Herz schließt man weder Emmy noch Gustav. Der Entschluß die Tagebücher erst auf dem Schiff zu lesen, kann ich nicht nachvollziehen.
Sprachlich ist der Roman anspruchsvoll. Besonders in den Tagebüchern ist jeder Satz ausgefeilt, wohlüberlegt.
Fazit: Ein unerwartet, anderer Roman, für alle die der Erforschung und Entdeckung Tibets 1906, Reiselust und Neugier entgegenbringen. Mehr dokumentarisch als romanhaft, dennoch enorm faszinierend und fesselnd.
Meine Bewertung:
Liebe Grüsse
Wirbelwind