Joan Didion - Blaue Stunden / Blue Nights

  • Bruchstücke und Erinnerungsfetzen,


    mehr ist es nicht, man darf sich dieses Buch nicht als fließende Gedankengänge vorstellen, diese sind leider in der Minderheit. Gut die Hälfte des Buches dreht sich zudem um eine Welt, die für mich als Leser fremd und undurchdringlich erscheint – die Medienwelt. Didion erzählt von Freunden, von Festen, von Kleidungsstücken und wirft ganz viele Namen in den Raum. Namen, die scheinbar ganz wichtig sind, da jeder sie kennt, nur ich als Leser nicht. Sie beschreibt in diesen Sequenzen Situationen einer Gesellschaft, die mir nichtig erscheinen – Situationen, die ich als uninteressant werten würde, die für sie aber einen enormen Wert besitzen.


    Dazwischen schildert dann die Autorin von ihrer Adoptivtochter, ihrer Kindheit und von ihrem Tod. Sie erzählt von ihrem verstorbenen Mann und ihrer Krankheit. Diese Einschübe haben teilweise eine sehr poetische Atmosphäre, aber man hat den Eindruck als ob sie eine rosa-rote Brille über ihr Leben stülpen möchte. Auch konnte ich nicht feststellen, dass sie sich in die Leben der anderen hinein versetzen wollte, Didion lässt nur ihre Sichtweise fließen – eben Bruchstücke und Erinnerungsfetzen.


    Joan Didion geboren 1934 in Sacramento, Kalifornien, arbeitete als Journalistin für große amerikanische Zeitungen und war u. a. Redakteurin der >Vogue<. Sie hat fünf Romane und zahlreiche Sachbücher veröffentlicht, darunter >Das Jahr magischen Denkens< ihr bewegendes Buch über die Trauer um den plötzlichen Tod ihres Mannes, das auch in Deutschland Presse wie Leser tief berührte. Joen Didion lebt in New York.

  • Originaltitel: Blue Nights
    Erstmals erschienen 2011 bei Alfred A. Knopf, New York
    Aus dem Amerikanischen übersetzt von Antje Rávic Strubel
    35 Kapitel
    208 Seiten


    Zwischen all den Lobpreisungen und glänzenden Rezensionen scheinen nur die BücherTreff-Leser anderer Meinung zu sein.
    Ich auch.


    Zunächst halte ich das Buch für Etikettenschwindel, denn angekündigt ist ein autobiographischer Erfahrungsbericht nach dem Tod der Tochter Quintana. Ich habe also mit einem ähnlichen Buch wie „Paula“ von Isabel Allende gerechnet.


    Doch es geht der Autorin vor allem um ihr eigenes Leben und das Altern, das einhergeht mit der Angst vor dem eigenen Tod. Nur in einzelnen Passagen taucht die Tochter auf, und an welcher Krankheit sie starb, wie deren Verlauf war und wie die erst 39-jährige sich mit ihrem Schicksal auseinandersetzte, erfährt man nichts. Auch der Ehemann, mit dem sie erst zwei Jahre verheiratet war, als sie ins Koma fiel, taucht als Person nicht auf.
    Zu keiner Zeit gelang es mir, ein Bild der Tochter zu sehen. Und eigentlich sollte es in dieser Art Nachruf darum gehen: Einen Menschen mit Lesern vertraut zu machen, die ihn nicht kennen und ihm so ein Stück (wenigstens) literarisches Überleben zu schenken.


    Statt dessen Erinnerungen. Wenn es wenigstens Erinnerungen an die Kinder- oder Jugendzeit der Tochter wären – nein, meist geht es um irgendwelche Film- oder Medienleute (Joan und ihr Mann schrieben u.a. Drehbücher) und die Aufenthalte am Set, gespickt mit Namen, die ich erst googeln müsste.
    Nach einer Chronologie sucht man vergeblich. Didion springt thematisch-assoziativ zwischen Zeiten und Ereignissen umher.


    Immerhin habe ich eines erfahren: Didions Ehemann war John Gregory Dunne, der das Drehbuch zu „Fesseln der Macht“, einem meiner Lieblingsfilme geschrieben hatte. Damit hat sich meine jahrelange Suche nach dem Buch oder der Erzählung, der der Film zugrunde liegt, erübrigt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • ich würde den Thread eher zu den Biografien einordnen,

    Auf jeden Fall. Ich hatte nur über den Reziindex nach dem Namen der Autorin gesucht und nicht weiter nachgesehen, unter welchem Forum der Beitrag eingeordnet ist.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


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