Ruth Cerha, Zehntelbrüder

  • Inhalt (Klappentext):
    Mischa, ein junger Wiener DJ, hat zwei Stiefbrüder, einen Halbbruder, und dann sind da auch noch die Töchter der ersten Frau des Stiefvaters aus zweiter Ehe. Seine Mutter verschwindet oft und taucht wieder auf, bis sie irgendwann das Zurückkommen vergisst. Da ist Mischa elf Jahre alt. Er wächst bei seinem Stiefvater und dessen wechselnden Partnerinnen auf und versucht zwischen Zehntelbrüdern und Achtelschwestern, sich selbst nicht zu verlieren. Als er sich verliebt, gerät die bis dahin immer wieder mühsam austarierte Balance seines Lebens aus dem Gleichgewicht.


    Autorin:
    Ruth Cerha wurde 1963 in Wien geboren. Sie stammt aus einer Künstlerfamilie und begann mit vier Jahren ihre musikalische Ausbildung. 1982 folgte das Abitur am Wiener Musikgymnasium. Sie studierte Psychologie, arbeitete als Musikerin und Komponistin und ist seit vielen Jahren Klavierpädagogin. Sie hat zwei Kinder und lebt in Wien.


    Meine Meinung u. Bewertung:


    Zitat

    "Meine Familie ähnelte eher einem Wok-Gericht. Man schmiss einfach alles hinein, was man gerade zuhause hatte, und von dem was man nicht zuhause hatte, behauptet man, es gehöre gar nicht hinein.
    Aber wenn die Sojasauce fehlte, dann war das ein Mangel. Und es blieb einer."


    Mischa liebt Hannah, aber als sie einen Besuch bei ihren Eltern vorschlägt, um ihn vorzustellen, bekommt Mischa es mit der Angst zu tun. Er fürchtet sich vor den Fragen um seine Familie. Nein so eine Familie konnte er nicht präsentieren. Es kommt zum Streit und zur Trennung.
    Mischa erzählt von seiner außergewöhnlichen Kindheit und seiner Selbstfindung nach der Trennung.
    Doch zunächst wird der Leser mit den äußerst verwirrenden Familienverhältnissen vertraut gemacht. Ein Personenregister wäre dabei sehr hilfreich gewesen, denn die Zusammenhänge sind mehr als chaotisch. Man muß zwischen biologischen und erzieherischen Elternteilen unterscheiden, wechselnden Lebenspartnern mit immer neuen "Familienkonstellationen". Dazu kommen noch Freundschaften, Liebschaften und wie der kleine Max, der wissen will ob er mit Mischa verwandt ist.
    Die Männer kommen dabei am schlechtesten weg, strotzen vor Egoismus oder sind mit Blindheit geschlagen, wobei ich mich mehr als einmal fragte, ob die Autorin eigene miese Erfahrungen eingebaut hat.
    Nun schuldig ist selten nur ein Teil. Dazu kommt noch Mischas kompliziertes Liebesleben, denn er glaubt sich verliebt zu haben,wofür er schmerzlich büßen muß, kann aber Hannah nicht aus dem Kopf bekommen. Langweilig wird es im Roman keine Sekunde, denn Probleme gibt es zu genüge. Nichtbeachtung, Bevorzugung, Einengung durch übersteigerte Bemutterung, Einsamkeit, das Gefühl von Verlassenheit, Minderwertigkeitsgefühle, Neid, Trauer, Schmerz und Hilflosigkeit. Es gibt viel aufzuarbeiten.
    Dennoch gelingt es der Autorin mit einer Leichtigkeit einen feinen Rhythmus zu finden. Die Schallplattensammlung des Stiefvaters Janek spielt dabei eine wichtige Rolle und Mischas Tätigkeit als DJ. Irgendwann beginnt man sich fast wohl zu fühlen in diesem Menschengewirr und Mischa ist ein Sympathieträger mit verständlichen Schwächen.
    Jeder muß seinen Platz im Leben finden.
    Ein turbulenter, unterhaltsamer Roman mit leichter Ironie und Nachdenkpotential. Wer ungewöhnliche Familienromane mag, und die Frage "darf es ein bisschen mehr sein?" mit ja beantworten kann, wird schnell die magische Anziehungskraft spüren und sich an den kunterbunten Charakteren erfreuen.
    Von mir gibt es dafür :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::thumleft:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.