Carlos Ruiz Zafón - Der Gefangene des Himmels / El Prisionero del Cielo

  • Klappentext:
    Nach ›Der Schatten des Windes‹ und ›Das Spiel des Engels‹ der neue große Barcelona-Roman von Carlos Ruiz Zafón. - Barcelona, Weihnachten 1957. Der Buchhändler Daniel Sempere und sein Freund Fermín werden erneut in ein großes Abenteuer hineingezogen.
    In der Fortführung seiner Welterfolge nimmt Carlos Ruiz Zafón den Leser mit auf eine fesselnde Reise in sein Barcelona. Unheimlich und spannend, mit unglaublicher Sogkraft und viel Humor schildert der Roman die Geschichte von Fermín, der »von den Toten auferstanden ist und den Schlüssel zur Zukunft hat«. Fermíns Lebensgeschichte verknüpft die Fäden von ›Der Schatten des Windes‹ mit denen aus ›Das Spiel des Engels‹.
    Ein meisterliches Vexierspiel, das die Leser rund um die Welt in Bann hält.
    (von der Verlagsseite kopiert)


    Zum Autor:
    Carlos Ruiz Zafón wurde 1964 in Barcelona geboren und lebt heute in Los Angeles. Mit den großen Barcelona-Romanen ›Der Schatten des Windes‹ und ›Das Spiel des Engels‹ begeisterte er ein Millionenpublikum auf der ganzen Welt; seine Bücher wurden in über 40 Sprachen übersetzt. ›Das Spiel des Engels‹ stand wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Nur kurze Zeit vor ›Der Schatten des Windes‹ schuf Carlos Ruiz Zafón den Roman ›Marina‹, der bereits die gleiche Magie und erzählerische Kraft verströmt. (von der Verlagsseite kopiert)


    Allgemeine Informationen:
    Originaltitel: El Prisionero del Cielo
    Erstmals erschienen 2011 bei Editorial Planeta, S.A.
    Aus dem Spanischen übersetzt von Peter Schwaar
    Fünf Teile, untergliedert in nummerierte Kapitel. Der 2. und 3. Teil führen den Leser mit Fermins Erinnerungen – als Rückblende aus seiner Sicht in der 3. Person geschrieben – ins Barcelona des Jahres 1939. Die anderen Teile aus dem Jahr 1957, gleichzeitig Rahmenerzählung und Fortgang der Handlung, sind aus Daniels Ich-Perspektive geschildert.
    403 Seiten
    Auch wenn in einem Vorwort gesagt wird, jeder Band der Reihe um den „Friedhof der vergessenen Bücher“ stünde für sich und könne unabhängig von den anderen gelesen werden, hilft es einem Leser sicher, sich zurechtzufinden, wenn er die Vorgängerbände kennt, wobei für das Geflecht und die Beziehungen der Personen „Der Schatten des Windes“ entscheidender ist.


    Inhalt:
    Daniel Sempere ist glücklich mit Bea und seinem Sohn Julian, aber er macht sich Sorgen um seinen Freund Fermín, der in letzter Zeit geistesabwesend und bedrückt scheint, obwohl er kurz vor der Hochzeit steht.
    Ein mysteriöser Fremder kauft das teuerste Buch aus Semperes Antiquariat, eine Ausgabe von „Der Graf von Monte Christo“, in das er eine Widmung für Fermín schreibt.
    Von dieser Widmung und Daniels Sorge animiert offenbart Fermín seinem Freund schließlich die Geschichte seines Lebens während der dunkelsten Jahre der spanischen Diktatur.
    Daniel erfährt, wie eng sein eigenes Schicksal und das seiner verstorbenen Mutter mit Fermíns Vergangenheit verknüpft ist, und dass er mit jemandem noch eine Rechnung offen hat.


    Eigene Meinung / Bewertung:
    Zafóns dritter großer Wurf rund um den „Friedhof der vergessenen Bücher“. Zum dritten Mal gelingt ihm die Sogkraft, den Leser in seine Geschichte hineinzuziehen und nicht loszulassen.


    Vor allem das Herzstück des Romans, Fermíns Erzählung, die man der tatsächlichen Historie zurechnen kann, bewegt, und sie fesselt mit der Spannung eines Thrillers. Zwischen 1939 und 1943 wurden in Spanien schätzungsweise 250 000 Menschen ermordet, zahlreiche Regimegegner landeten in Gefängnissen, wo sie der Willkür der Justiz und ihrer Handlanger ausgesetzt waren. Diese Zeit ist zwar auch schon in den andere Bänden präsent, doch hier wird sie mit einer Lebensgeschichte verknüpft und dadurch „erlebbar“. Ein Element des „Graf von Monte Christo“ hat der Autor verarbeitet; es bleibt zu hoffen, dass die weiteren Motive –

    im nächsten Band zum Tragen kommen.


    Im Vergleich zu den Vorgängern setzt Zafón die Mystery-Elemente hier sparsamer ein, auch wenn geheimnisvolle Zufälle und Geschehnisse weiterhin eine Rolle spielen. Handlung und Personengefüge sind nicht so verschachtelt und komplex, sondern einfacher und linearer gestaltet.
    Der Horror nährt sich hier nicht aus dem Unheimlichen, sondern aus den realen Fakten der Epoche der Diktatur. Also: Weniger Fantasy, aber mehr History, weniger Grusel, aber mehr schwer zu zügelnder Zorn für den Leser.


    Wieder gelingt es dem Autor, den Zauber und die Farben, aber auch das Düstere eines fernen Barcelonas einzufangen, seine Figuren weiter zu entwickeln und eine innere Verbindung zu den Handlungen von „Der Schatten des Windes“ und „Das Spiel des Engels“ zu schaffen. Wie Puzzlesteine fügen sich die drei Bücher ineinander, und gleichzeitig lässt Zafón noch Platz für weitere Ereignisse. Einige wenige unpassende Szenen kann man dem Buch nachsehen.
    Wer „Der Schatten des Windes“ und „Das Spiel des Engels“ liebt, wird auch diesen Band mögen, und man darf gespannt sein und sich auf Nummer vier freuen.


    Fazit:
    Das bisher realste Buch der Tetralogie, ebenso begeisternd und fesselnd wie die Vorgänger.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • @ hasewue,


    ob Zafon selbst etwas dazu gesagt hat, weiß ich nicht. Die Information zur Tetralogie habe ich auf der hinteren Klappe in Zafons Vita gefunden.

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  • @ hasewue,


    ob Zafon selbst etwas dazu gesagt hat, weiß ich nicht. Die Information zur Tetralogie habe ich auf der hinteren Klappe in Zafons Vita gefunden.

    Ok danke! Das Buch habe ich noch nicht und bei den Inhaltsangaben war auch immer nur von einer Trilogie zu lesen. Dass nun noch ein Teil kommt freut mich sehr, solange es nicht künstlich in die Länge gezogen wird. :)

  • @ hasewue,
    den Eindruck habe ich (noch) nicht. Zafon hat das Leben seiner Personen und einzelne Handlungsmotive weitergeführt, doch er wiederholt sich nicht, und weil Fermín im Mittelpunkt steht, kommt noch ein weiterer Erzählstrang dazu. Außerdem hat sich Zafon am Ende selbst eine Steilvorlage gegeben, um nun noch einen Band zu liefern.
    Ich jedenfalls freue mich heute schon auf Band 4.

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  • Schöne Rezension, danke. :)
    Ich habe den Schatten des Windes so geliebt wie kein Buch zuvor. Zeitweise fiel es mir echt schwer, mir bewusst zu machen,

    ... Der Sog war damals definitiv da.

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Das Cover erinnert an die vorherigen Romane: “Der Schatten des Windes” und “Das Spiel des Engels”. “Der Gefangene des Himmels” erzählt nun zum dritten Mal die Geschichten des jungen Mannes Daniel Sempere sowie seiner Freunde, die den Leser in das geheimnisvolle Barcelona der 40er – 60er und auf den Friedhof der vergessenen Bücher entführen.


    Eines Tages, in der Vorweihnachtszeit, betritt ein Unbekannter die Buchhandlung Sempere & Söhne und erkundigt sich nach dem kostbarsten Buch, welches sich in der Buchhandlung befindet. Er zahlt dem jungen Sempere einen hohen Preis dafür, dass er das Buch auch an seinen Empfänger ausliefert – doch der Empfänger ist niemand geringerer als Daniels bester Freund Fermín Romero de Torres. Der Unbekannte hinterlässt eine geheimnisvolle Nachricht, die besagt, dass Fermín von den Toten auferstanden sein soll…


    Zafón erzählt dieses Mal die bisher unbekannte Geschichte Fermíns, der im Jahr 1939 festgenommen und an einen Ort gebracht wurde, in denen die Gefangenen auf ihren Tod warten und nicht mehr lebend herauskommen. Dort lernte Fermín auch den Gefangenen des Himmels kennen…


    Wort für Wort entführte Zafón mich wieder einmal in eine unglaubliche Welt, in ein malerisches, aber düsteres Barcelona, in ein Leben voller Schicksalsschläge, aber auch voller Überlebenskraft und großen Willen. Fünf separat betitelte Teile beinhaltet die gesamte Handlung im Roman und jeder einzelne Titel rief eine leichte Gänsehaut auf meiner Haut hervor. Schon seit seinem ersten Roman bin ich der Meinung, das Zafóns Worte absolut magisch sind – der Friedhof der vergessenen Bücher steht für mein persönliches Paradies und ist mein großer Wunsch für die späte Zukunft. Auch dieses Mal begegnete mir dieser innerhalb dieser 400 Seiten und dazu noch vieles mehr, was schon aus den vorherigen Büchern bekannt war. Meiner Meinung nach ist es genau diese perfekte Mitschung aus altbekannten, geliebten Geschichten, Gestalten und Wörtern und neuen, überraschenden Handlungen, die diesen Roman wieder einmal so einzigartig machen. Jedes der drei Bücher kann zwar auch für sich allein begeistern, aber zusammen ergeben sie solch eine explosive und zauberhafte Geschichte, dass ich meine Begeisterung nicht in Worte fassen kann.


    “Der Gefangene des Himmels” nimmt seine Leser gefangen und lässt sie auch nach dem letzten Satz nicht so schnell los. Zafón begeistert zum wiederholten Male mit seinem einzigartigen Schreibstil und den atemberaubenden Geschichten, die so viele Bilder enthalten, dass man meint, sich selbst im vergangenen Barcelona zu befinden und den Duft der alten Bücher bei Sempere & Söhne riechen kann.


    Ich kann es mehr als guten Gewissens weiterempfehlen und empfehle vor allen denjenigen, die es bisher verpasst haben, einen der wunderbaren Bücher der Reihe um den Friedhof der vergessenen Bücher zu lesen, es nun endlich nachzuholen!


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Ich dachte bisher immer es wäre eine Trilogie. Anscheinend wurde es nun erweitert, weißt du zufällig ob Zafón sich dazu geäußert hat?



    Ich war letzte Woche auf der Lesung zum Buch - es wird noch das 4. Buch in der Reihe geben und das war's :-) Mehr zur Lesung und was Zafón noch alles gesagt hat, gibt es auf meinem Blog nachzulesen ;-)

  • Das vorliegende Buch ist nach „Der Schatten des Windes“ und „Das Spiel des Engels“ der dritte in der Reihe der großen Barcelona-Romane von Carlos Ruiz Zafon rund um den legendären „Friedhof der vergessenen Bücher“. Wieder begegnen wir dem Buchhändler Daniel Sempere und seinem älteren Freund Fermin.


    Zwar kann man dieses Buch durchaus mit Gewinn ohne die Kenntnis der beiden vorausgegangenen Bücher lesen, kennt man aber insbesondere die Personen schon aus „Die Schatten des Windes“, wird man diesen neuen Roman einer bemerkenswerten Reihe viel besser verstehen.


    Zu Beginn der Handlung kurz vor Weihnachten des Jahres 1957 begegnen wir einem mit seinem gegenwärtigen Leben sehr zufriedenen Daniel Sempere, der sich aber schon seit geraumer Zeit um die Verfassung seines Freundes Fermin seine Gedanken macht. Obwohl der sich auf seine Hochzeit vorbereitet, scheint er seltsam bedrückt und mit seinen Gedanken woanders.


    Da betritt eines Tages ein fremder Mann unter sehr geheimnisvollen Umständen das Antiquariat und erwirbt von den beiden unter einer wirtschaftlichen Krise leidenden Buchhändlern das teuerste Stück der Abertausende von Büchern umfassenden Sammlung: eine seltene Ausgabe von „Der Graf von Monte Christo“.


    Der fremde Mann zieht einen Füllfederhalter hervor und schreibt etwas in das Buch hinein. Auf die Frage Daniels, wohin er das Buch expedieren soll, antwortet der Fremde kryptisch: „ Es steht alles da“ und verschwindet durch die Tür.
    Daniel schlägt das Buch auf und liest:
    „Für Fermin Romero de Torres, der von den Toten auferstanden ist und den Schlüssel der Zukunft hat.“


    Nun lässt Daniel erst recht nicht locker und nötigt Fermin geradezu zu einer persönlichen Erzählung, die sich über das ganze Buch erstreckt und die als das Zentrum des Romans bezeichnet werden kann. Es ist die dramatische Geschichte eines Lebens während der spanischen Diktatur, die nach dem Ende des Bürgerkriegs ab 1939 ihre republikanischen Gegner gnadenlos verfolgte und in den Gefängnissen foltern und darben ließ. Zwar war diese Zeit auch in den beiden Vorgängerbänden immer wieder Thema, nun aber bildet sie das Zentrum einer biographischen Erzählung, die sich spannend liest wie ein Thriller.


    Zafon entführt seine Leser mit der Geschichte Fermins und dessen Verbindungen zu Daniels Leben und dem seiner verstorbenen Mutter in ein faszinierendes und bewegendes literarisches Universum, in dem sich die Wege der Figuren und die Handlungsstränge auf eine überaus komplexe Weise kreuzen. „Der Gefangene des Himmels“ ist ein Mithäftling Fermins, der ihm im Gefängnis ein zweites Leben schenkt. Schon nach wenigen Seiten befindet sich der Leser in einem geheimnisvollen Labyrinth, in dem seine Orientierung umso besser gelingt, je mehr er sich an die beiden ersten Bücher erinnert.


    Irgendwann wird deutlich, warum der fremde Mann gerade das berühmte Buch von Alexander Dumas gewählt hat, um es Fermin zu schenken.
    Der Roman fesselt seinen Leser sofort und er lässt ihn nicht los. Es gibt Bücher, für die opfert man einen Nachtschlaf, um sie sofort und jetzt zu Ende zu lesen. Die Romane Zafons gehören dazu. Und so darf man auf den angekündigten vierten Band der Romanreihe um den „Friedhof der vergessenen Bücher“ schon heute gespannt sein.

  • Fermín Romero de Torres steht kurz vor seiner Hochzeit mit der Bernada. Seit einiger Zeit wird der lebensfrohe Mann, der immer einen aufbauenden Spruch auf den Lippen hat, zusehends stiller und wirkt bedrückt. Daniel Sempere trifft es tief seinen besten Freund von Sorgen gequält zu sehen. Stets hat Fermín einen guten Rat auf Lager und steht Daniel in allen Lebenslagen zur Seite. So auch als der junge Buchhändler zufällig einen Brief an seine Frau Bea entdeckt, der ihn zu der Annahme verleitet, sie betrüge ihn mit einem anderen Mann. Als der junge Sempere Fermíns kläglichen Anblick nicht mehr ertragen kann, bringt er ihn endlich dazu über seine Sorgen zu reden. Fermíns Geschichte beginnt im Jahr 1939 als er als Gefangener in Zelle Nr. 13 des Kastells in Barcelona gesperrt wird. Er erzählt von den Begebenheiten im Gefängnis, dem Umgang der Wärter mit den Gefangenen und den Häftlingen untereinander. Er erzählt von David Martín, dem „Gefangenen des Himmels“ und von seiner – Fermín Romero de Torres‘ – Auferstehung von den Toten. Und Daniel stellt fest, dass Fermíns Lebensgeschichte weitaus mehr mit seiner Familie zu tun hat, als er bisher angenommen hat.


    „Der Gefangene des Himmels“ ist der dritte Band um den Friedhof der vergessenen Bücher, der wie in den vorhergegangenen Bänden aber nur im entsprechenden Moment eine größere Rolle spielt. Eigentlich wollte ich ja die Taschenbuchausgabe des Romans abwarten, als ich jedoch den Klappentext las, in dem beschrieben wird, dass das Geheimnis um Fermíns Vergangenheit gelüftet wird, war klar, dass ich nicht so lange warten kann – so hätte ich bis dahin nämlich einen wahren Lesegenuss verpasst.


    Es beginnt sehr geheimnisvoll als ein merkwürdiger Mann die Buchhandlung Sempere & Söhne betritt. Er kauft ein Werk des bekannten Schriftstellers Alexandre Dumas und hinterlässt dahin eine Widmung für Fermín, dann verschwindet er bis zu seinem nächsten Besuch. Fermín selbst ist kaum wiederzuerkennen, er macht seit einiger Zeit einen sehr bedrückten Eindruck auf Senór Sempere und seinen Sohn Daniel. Ob er so kurz vor seiner Hochzeit plötzlich kalte Füße bekommt? Um der Sache auf den Grund zu gehen, bittet Daniel seinen besten Freund um ein Gespräch und Fermín vertraut ihm schließlich seine Sorgen an. Er beginnt seine Lebensgeschichte zu erzählen, die von Gewalt, Hass und Leid geprägt ist, in der er aber auch Freunde findet, denen er sein Leben verdankt. All dies, die Zeit der Gefangenschaft, seine Gedanken und Gefühle, schildert Zafón sehr spannend und eindringlich. Man kann sich sehr gut in Fermín hineinversetzen und sich eine eigene Meinung über seine Mitgefangenen bilden, von denen man nie so genau weiß, ob sie jetzt zu den Guten oder zu den Bösen gehören.


    Während des Erzählens stellt Daniel fest, dass Fermíns Vergangenheit enger mit seiner Familie verknüpft ist, als er glaubte. Er muss verhindern, dass seine Frau Bea nicht dasselbe Schicksal erleidet wie vor Jahren seine Mutter. Gleichzeitig macht er Fermín am Ende das schönste Geschenk, das er seinem Freund je hätte machen können.


    Carlos Ruiz Zafón nimmt seine Leser mit seinem unvergleichbaren Schreibstil ein weiteres Mal mit auf die Reise durch ein bezauberndes Barcelona voller Geheimnisse. Bereits von der ersten Seite an nimmt die Geschichte den Leser gefangen und lässt ihn bis zum Schluss nicht mehr los. Fermín Romero de Torres mauserte sich schon im ersten Band zu meiner Lieblingsfigur. Seine Erscheinung mag gewöhnungsbedürftig sein, ebenso seine verträumte, philosophische Art, doch dies, sein Lebensmut und seine Menschenkenntnis machen ihn zu einem sympathischen Zeitgenossen. Allgemein verkörpern Zafóns Charaktere meistens bestimmte Eigenschaften. Manchmal werden sie dadurch etwas durchsichtig, andererseits erhält man so einen Einblick in die Seele der Menschen. Manche sind aber auch für eine Überraschung gut, z. B. Daniel, dessen sonst so ruhige Art auch mal ins handgreifliche wechseln kann, wenn es darum geht seine Familie zu verteidigen. Aber wer kann es ihm verdenken? Es macht den Protagonisten nur noch menschlicher.


    Neben Fermín und den Semperes trifft man auf weitere bereits bekannte Charaktere aus „Der Schatten des Windes“ und „Das Spiel des Engels“. Es ist wirklich beeindruckend wie Zafón die vermeintlich einzelnen Geschichten mit jedem Band immer mehr miteinander verwebt und kombiniert ohne dabei auffällige Logikfehler zu begehen. Manche Zusammenhänge aus den ersten beiden Bänden wurden mir hier sogar noch viel klarer vor Augen geführt.


    Neben den bis ins kleinste Detail ausgearbeiteten Charakteren, spielen in Zafóns Romanen Liebe und Freundschaft eine große Rolle, was auch in „Der Gefangene des Himmels“ sehr deutlich wird.


    Mein einziger Kritikpunkt ist, dass die Spannung kurz vor Schluss, der leider viel zu schnell erreicht war, etwas zu sehr abflacht. Das hat der Autor aber fast schon wieder dadurch wettgemacht, indem er dem Leser einen Vorgeschmack auf das nächste Buch gibt, in dem Daniel den Spuren seiner Geschichte folgt. Meine Neugier wurde so gesteigert, dass ich am liebsten gleich zum vierten Buch gegriffen hätte. Hoffentlich lässt uns der Autor nicht allzu lange darauf warten!


    Mit „Der Gefangene des Himmels“ hat Carlos Ruiz Zafón wieder einmal sein unglaubliches schriftstellerisches Talent bewiesen. Die bemerkenswerten Charaktere und die dichte Atmosphäre machen jedes einzelne Buch des Schriftstellers zu etwas Besonderem.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Dieser dritte Teil des Zyklus' um den Friedhof der vergessenen Bücher knüpft in einer perfekten Weise an seine beiden Vorgänger an und nimmt den Leser mit in das oftmals düstere aber immer wieder vor Hoffnung strahlende Barcelona der 1940/1950er - Jahre.


    Da jeder Teil für sich genommen eine eigenständige und geschlossene Geschichte abgibt, war meine anfängliche Sorge, nicht mehr alle Einzelheiten aus den vorherigen Bänden parat zu haben, völlig unbegründet. Zwar finden sich viele Verweise zueinander in den einzelnen Geschichten, aber auch ohne diese vollständig entschlüsseln zu können, bietet dieses Buch ein wunderbares Lesevergnügen.


    Diesmal befassen wir uns näher mit der ungeklärten Vergangenheit des Fermín Romero de Torres, von dem man eigentlich nur weiß, dass dieser Name nicht sein Taufname ist. Dieser Fermín, der Daniel und seinem Vater der beste Freund und Beschützer ist, die wunderbarsten Kettensätze bauen kann und insgesamt eine der raffiniertesten Charaktere ist, von denen ich bisher das Vergnügen hatte zu lesen, erhält hier endlich seinen verdienten Raum, um sich vollständig zu entfalten.


    Los geht es dabei wie in einem Deja vu damit, dass ein myteriöser Fremder erscheint, merkwürdige Aussagen von sich gibt und von einem neugierigen Daniel verfolgt wird. So beginnt Daniels Reise der Erkenntnis, die auch am Ende des Buches - nachdem Fermíns Geschichte beendet ist - noch lange nicht aufhört und sicherlich im vierten Teil fortgeführt wird. Auch das gefällt mir sehr gut an dem Buch; obwohl Fermíns Lebensgeschichte, die von Leid, Hass und Willkür der Justiz genauso geprägt ist wie von Selbstlosigkeit und echter Freundschaft, im Fokus steht, bleibt innerhalb der Handlung genug Raum, um auch andere Figuren zu Wort kommen zu lassen.


    Auch wenn ich mich mit meiner Meinung dem allgemeinen Tenor zu Zafóns Werken anschließen muss, kann ich nichts anderes tun, als diesen Schreibstil und die Geschichte als durchweg wunderbar zu bezeichnen. Eine Mischung aus treffenden aber nicht ausgelutschten Metaphern, ausgewählte Sprache und diesen völlig individuellen Geschichten, die dennoch so eng miteinander verwoben sind, begeistern mich jedes Mal aufs Neue.


    In diesem dritten Teil gibt es deutlich weniger Fantasy-Elemente als bei den Vorgängern, aber auch das tut dem Lesegenuss keinen Abbruch. Im Gegenteil ist dieser Teil mehr den je politisch ausgerichtet: die fiesen Elemente kommen nun nicht aus eine magischen, sondern aus einer sehr realen Welt der Diktatur und des institutionalisierten Verbrechens.


    Gesamturteil: Großartig. Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: und eine absolute Leseempfehlung!

  • Wer die beiden Vorgängerromane von Zafón 'Das Spiel des Engels' und 'Der Schatten des Windes' gelesen hat, wird hier bald auf bekannte Namen stoßen. Daniel Sempere und David Martín spielen eine wichtige Rolle, doch zum Verständnis ist das Lesen der anderen Bücher nicht vonnöten, vielleicht erhöht es den Lesegenuss ein bisschen.
    Wieder spielt die Geschichte im Barcelona vergangener Zeiten, in den Jahren 1957/58 und von dort mit Rückblicken in die Zeit des Franco-Regimes. Als Daniels bester Freund heiraten will, muss er seine Vergangenheit offenbaren, die intensiver mit der Daniels verbunden ist als dieser weiß. Und gleichzeitig taucht ein unheilvoller Bekannter aus jener Zeit auf - Zufall? Es geht um Liebe, Verrat, Betrug, Macht und Geld. Und wie bei Zafón üblich, ist alles miteinander verbunden und verworren, der Rückblick offenbart nur einen Teil der Wahrheit.
    Doch gegenüber den beiden anderen Büchern ist diese Geschichte deutlich kürzer gefasst, auch wenn das Taschenbuch mit mehr als 400 Seiten angegeben wird. Wäre die Schrift nur etwas kleiner und das Format nur geringfügig größer, hätten 250 Seiten vermutlich vollauf genügt. So fehlt dem Ganzen jedoch der Umfang zu einem richtigen Schmöker: Kaum ist man dabei ganz und gar in die Geschichte einzutauchen, vollzieht sich ein Wechsel in eine andere Richtung. Keine Frage, das Buch ist voll mit überraschenden Wendungen und unterhält die Lesenden bis zum Ende ohne jede Schwierigkeit. Doch zum wirklichen Schmökern fehlt die intensive Darstellung der einzelnen Bereiche. Vieles wird angerissen, manches auch geklärt, doch allzu viele Frage bleiben offen. Stoff für den Folgeband gibt es mehr als genug. Es wäre schön, wenn dieser wieder die Opulenz der ersten beiden Barcelona-Bände hätte.

    :study: Das Eis von Laline Paul

    :study: Der Zauberberg von Thomas Mann
    :musik: QUALITYLAND von Marc-Uwe Kling

  • Soeben habe ich dieses Buch beendet - es war ein Reread, auch wenn ich vom ersten Lesen überhaupt keine Erinnerung mehr hatte.


    Das Buch hat mir insgesamt besser gefallen als das Spiel des Engels, jedoch weniger gut als der Schatten des Windes.


    Wie immer bei Zafón ist der Schreibstil toll und hat mich dazu gebracht, das Buch in zwei langen Lesungen ohne Pausen zu beenden.

    Mir hat es sehr gefallen, mehr über Fermín zu erfahren, denn er ist für mich der Star der Buchreihe. Und das, was ich dann zu lesen bekam, hat mir oft mehr Schauer über den Rücken gejagt, als die teils gruseligen ersten beiden Bände, weil es eben zumindest in Teilen sicherlich so abgelaufen sein könnte in den Gefängnissen der damaligen Zeit. Ich hatte auch gar nicht damit gerechnet, David Martín noch einmal wieder zu begegnen und war sehr positiv überrascht. Vor allem konnten dadurch noch einige offene Fragen aus dem letzten Band geklärt werden.

    Überhaupt hat die Geschichte für mich ganz großartig begonnen und es gab so einige spannende Szenen, in denen ich richtig mitgefiebert habe.


    Obwohl man während des ganzen Buchs (wenn Fermín nicht gerade von seiner Vergangenheit erzählt) Daniel Sempere begleiten, blieb der für mich jedoch irgendwie blass, ebenso seine Frau Bea.

    Insgesamt muss ich dann auch sagen, dass mir in der gesamten Geschichte eine Pointe oder ein besonderer Höhepunkt fehlte. In einer anderen Rezension habe ich gelesen, dass das Buch wie ein Trailer für den nächsten Teil wirke, und um ehrlich zu sein empfinde ich ähnlich. Diese atemlose Spannung und diese aneinandergereihten Szenen, in denen alles Schlag auf Schlag geht und die unfassbarsten Dinge aufgedeckt werden - das alles fehlte mir in diesem Buch sehr! Ich bin mir absolut sicher, genau das im nächsten und letzten Teil der Buchreihe zu bekommen und ich freue mich schon sehr darauf, diesen Teil schnellstmöglich zu lesen, doch aus diesem Grund lässt mich der Gefangene des Himmels ziemlich unbefriedigt zurück. Es wirkt auf mich unfertig. Zafón hätte gut und gerne noch 200-300 Seiten anhängen können oder gleich aus den letzten beiden Teilen ein (zugegeben sehr dickes) Buch machen können. Aber das hätte sicherlich weniger Geld eingebracht...


    Der Behauptung Zafóns, dass man alle Titel dieser Buchreihe durcheinander und ohne Vorkenntnis der anderen Teile lesen könne, kann ich nicht zustimmen. Meiner Meinung nach bauen die Teile schon sehr aufeinander auf und besonders in diesem Teil könnte man sich langweilen, wenn man die Personen und deren Hintergründe nicht bereits kennen würde.


    Trotz meiner Kritikpunkte hatte ich sehr schöne und mitreißende Lesestunden und vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:. Ich freue mich sehr auf den nächsten Teil!